Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104184/2/Bi/Fb

Linz, 13.01.1997

VwSen-104184/2/Bi/Fb Linz, am 13. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn K S, A, T, vom 25. November 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4.

November 1996, VerkR96-4766-1996-Hu, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z2 zweite Alternative und 66 VStG, §§ 9 Abs.1 und 6 und 11 Abs.1 jeweils iVm 99 Abs.3a StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 9 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960, 2) §§ 9 Abs.6 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 und 3) §§ 11 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 800 S, 2) 500 S und 3) 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 24 Stunden verhängt, weil er am 1. März 1996 um 14.25 Uhr in L, H, stadtauswärts fahrend - Kreuzung Auffahrt A-Richtungsfahrbahn N, den PKW, Kennzeichen , gelenkt und dabei 1) die Sperrlinie verbotenerweise überfahren habe, 2) sich entsprechend den auf der Fahrbahn für das Einordnen angebrachten Richtungspfeilen zur Weiterfahrt nach geradeaus eingeordnet habe, dann aber verbotenerweise nach links weitergefahren sei und 3) den Fahrstreifen gewechselt habe, ohne sich vorher zu überzeugen, daß dies ohne Gefährdung und ohne Behinderung anderer Straßenbenützer möglich sei.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von insgesamt 180 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, er habe sich bis 14.10 Uhr des 1. März 1996 an seinem Arbeitsplatz der Firma H G S, H, befunden und habe anschließend nach U fahren wollen. Er sei bis zur Kreuzung H/H gefahren, habe dort die Grünphase für Linksabbieger an der Kreuzung H - Auffahrt A abgewartet, sich überzeugt, daß der geradeaus fahrende Verkehr und die Linkseinbieger nicht behindert werden, sei anschließend rechts in die H eingebogen und habe sofort unter ständiger Betätigung des linken Blinkers mit dem Einreihmanöver in die Linksabbiegespur begonnen. Er habe mit einem links neben ihm fahrenden Lenker Blickkontakt aufgenommen, der in weiterer Folge die Geschwindigkeit verminderte und ihm das Einreihen ermöglicht habe. Dieses sei unmittelbar vor Beginn der Sperrlinie erfolgt und sei auch nicht eher möglich gewesen, weil die Entfernung zwischen der Ausfahrt H und der Auffahrt A nur ca 100 m betrage und das Einreihen nicht aus dem Stillstand, sondern nur in Bewegung möglich sei. Bei starkem Verkehr erfolge somit das Einreihen erst knapp vor der Kreuzung H/A.

Die Angaben des Meldungslegers, er wäre an der Fahrzeugkolonne vorbeigefahren, um sie zu überholen, entspreche daher nicht den Tatsachen, ebenso habe eine Behinderung der hinter bzw neben ihm fahrenden Lenker nicht vorgelegen, da er den Spurwechsel durch Blickkontakt und Blinkzeichen angezeigt habe und ihm das Umspuren auch von einem Fahrzeuglenker ausdrücklich ermöglicht worden sei.

Es sei nicht nachzuvollziehen, wo sich das Polizeifahrzeug zu diesem Zeitpunkt befunden habe, weil es zur Beurteilung dieses Sachverhalts notwendig wäre, ihn von unmittelbar hinter oder neben ihm mitzuverfolgen. Aus der Aussage der Meldungsleger in der die Rede davon sei, er habe hinter ihm fahrende Fahrzeuge behindert, schließe er, daß es sich beim hinteren Fahrzeug nicht um die Polizei gehandelt habe, sondern diese mindestens einige Fahrzeuge hinter ihm gewesen sein mußte. Für die Beamten dürfte es aufgrund des großen Verkehrsaufkommens nicht ersichtlich gewesen sein, daß er aus der Ausfahrt H gekommen sei, unmittelbar vor der Sperr linie die Spur gewechselt und auch niemanden behindert habe.

Weiters macht der Rechtsmittelwerber geltend, seinen Ausführungen bezüglich Strafmilderung sei nicht Rechnung getragen worden, da die Strafhöhe in der Strafverfügung und im Straferkenntnis gleich geblieben sei. Mildernd wäre aber jedenfalls seine Unbescholtenheit zu berücksichtigen gewesen.

Der Berufung beigelegt ist eine "Frequenzliste" vom 1. März 1996, aus der hervorgeht, daß der mit "D" bezeichnete Rechtsmittelwerber von 13.00 Uhr bis 14.10 Uhr einen Kunden bediente.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung eines Ortsaugenscheins im Bereich der H zwischen der Ausfahrt H und der Auffahrt zur A-Richtungsfahrbahn N am 9. Jänner 1997 durch das erkennende Mitglied.

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, daß der Rechtsmittelwerber als Lenker des PKW zur Anzeige gebracht wurde, weil der Meldungsleger RI R zusammen mit GI H auf einer Dienstfahrt am 1. März 1996 um 14.25 Uhr festgestellt habe, daß sich der besagte Lenker an einer Fahrzeugkolonne, die sich auf der H zum Linkseinbiegen Richtung A-Richtungsfahrbahn N eingereiht hatte, rechts vorbeifuhr, unmittelbar vor der Auffahrt sein Fahrzeug plötzlich nach links lenkte und auf die Autobahn auffuhr. Laut Anzeige habe der Angezeigte beim überraschenden Linksabbiegen, das lediglich den Sinn gehabt habe, die gesamte Fahrzeugkolonne zu überholen, an der angeführten Kreuzung eine Sperrlinie überfahren und die gut sichtbar angebrachten Richtungspfeile für das Weiterfahren mißachtet.

Er habe beim Fahrstreifenwechsel einen hinter ihm fahrenden Fahrzeuglenker behindert. Eine Anhaltung sei wegen der Verkehrslage nicht möglich gewesen.

Beide Polizeibeamte gaben bei der Bundespolizeidirektion Linz zeugenschaftlich einvernommen an, die in der Anzeige gemachten Angaben seien richtig und der Lenker habe sowohl die Sperrlinie als auch die Bodenmarkierungen mißachtet und andere PKW-Lenker behindert. Wo sich die beiden Polizeibeamten zum Zeitpunkt ihrer Wahrnehmungen befunden haben, geht aus beiden Zeugenaussagen nicht hervor.

Beim Ortsaugenschein wurde festgestellt, daß sich die Ausfahrt der Firma S, H, rechtsseitig der H unmittelbar nach der Autobahnbrücke befindet, wobei die Richtungsfahrbahn stadtauswärts der baulich von der Gegenrichtung getrennten H im dortigen Bereich drei durch Leitlinien gekennzeichnete Fahrstreifen aufweist, die mit Richtungspfeilen - der linke Fahrstreifen zum Linkseinbiegen, der mittlere und rechte Fahrstreifen zum Geradeausfahren - markiert sind. Unmittelbar vor der Auffahrt zur A befindet sich eine Verkehrslichtsignalanlage. Die Sperrlinie, die den Linksabbiegestreifen vom mittleren Fahrstreifen trennt, beginnt maximal 2 m vor der Haltelinie. Festgestellt wurde außerdem, daß sich vor allem in der Stoßzeit schnell eine Kolonne auf dem Linkseinbiegestreifen bildet, die in Extremfällen sogar auf den mittleren Fahrstreifen am Ende des Linkseinbiegestreifens für die Auffahrt Richtungsfahrbahn S hinausreicht. Die Grünphasen stadtauswärts werden nur geringfügig von dem von der Autobahn kommenden Verkehr unterbrochen, sodaß in Fahrtrichtung stadtauswärts eine Verkehrsbehinderung auch zu Stoßzeiten nicht eintritt.

Für einen aus der Parkplatzausfahrt des Hauses H kommenden PKW-Lenker, der auf die Autobahn Richtung N auffahren möchte, bleibt aufgrund der beim Ortsaugenschein gemachten Beobachtungen nur die umständlichere Möglichkeit, nach dem Rechtseinbiegen geradeaus in der H weiterzufahren, um an einer geeigneten Stelle umzukehren und von der Gegenrichtung auf die V-Brücke aufzufahren, oder die einfachere Möglichkeit, nach dem Rechtseinbiegen sofort links umzuspuren, um sich in die dort befindliche Kolonne einreihen zu können, wobei diese Möglichkeit vom Entgegenkommen der dort eingereihten Fahrzeuglenker abhängt.

Aufgrund des Ortsaugenscheins ergibt sich für den unabhängigen Verwaltungssenat zweifelsfrei, daß die vom Rechtsmittelwerber geschilderte Vorgangsweise glaubwürdig und nachvollziehbar ist, wobei ein Einordnen in die Linksabbiegespur aufgrund der dort angebrachten Leitlinien auch bis unmittelbar vor der Kreuzung mit der Autobahnabfahrt möglich ist. Für eine umständlichere Fahrweise besteht kein Anlaß. Zu betonen ist außerdem, daß ein Umspuren nur dann möglich ist, wenn ein PKW-Lenker in der Kolonne dieses Einordnen ausdrücklich ermöglicht. Daß dieser damit den hinter ihm befindlichen Fahrzeugverkehr kurze Zeit behindert, liegt auf der Hand.

Zu den Aussagen der beiden Zeugen ist zu schließen, daß sich das Polizeifahrzeug offenbar in einer solchen Position befunden haben muß, aus der ihnen nicht erkennbar war, daß der Rechtsmittelwerber aus der Parkplatzausfahrt H kam. Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt außerdem die Auffassung, daß es für die Insassen eines in der Linksabbiegespur eingereihten Fahrzeuges, das in der Kolonne mitfährt, schwierig bis unmöglich zu beurteilen ist, ob das weit vorne durchgeführte Umspuren eines PKW vom mittleren auf den linken Fahrstreifen schon im Bereich der Sperrlinie oder noch im Bereich der Leitlinien erfolgt.

Nicht zu übersehen ist aber, daß es im Bereich der gegenständlichen Autobahnauffahrt immer wieder vorkommt, daß Fahrzeuglenker tatsächlich die Kolonne auf dem Linkseinbiegestreifen überholen, um sich vorne hineinzudrängen und sich die langen Wartephasen vor der VLSA zu sparen. Daß der Rechtsmittelwerber nicht ein solcher PKW-Lenker war, hat er aufgrund seines Naheverhältnisses zur Firma S und auch aufgrund der vorgelegten "Frequenzliste" glaubwürdig dargelegt.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen hat, wenn Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Aufgrund der oben ausgeführten Überlegungen war spruchgemäß zu entscheiden, wobei auch Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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