Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-104194/12/Ki/Shn

Linz, 30.06.1997

VwSen-104194/12/Ki/Shn Linz, am 30. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Mario M, vom 28. November 1996, gegen das Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 12. November 1996, VerkR96-5632-1995-SR/SI, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26. Juni 1997 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 12. November 1996, VerkR96-5632-1995-SR/SI, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1996 eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt, weil er am 30.11.1995 um 02.05 Uhr, den PKW, Mercedes 250D, Kennzeichen, in Linz, Knabenseminarstraße von der Hauptstraße in Richtung Bachlbergweg mit einer Geschwindigkeit von ca 100 km/h gelenkt hat und dadurch die durch das Verkehrszeichen "Zonenbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um ca 70 km/h überschritt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 500 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 28. November 1996 Berufung mit den Anträgen, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und das Straferkenntnis als rechtswidrig aufzuheben bzw die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 VStG zu verfügen.

Im wesentlichen argumentiert der Bw inhaltlich, daß eine für eine strafrechtliche Verurteilung verläßliche Feststellung der Geschwindigkeit des Beschuldigtenfahrzeuges nicht möglich gewesen sei.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26. Juni 1997. Bei dieser Berufungsverhandlung wurden die Meldungsleger, RI Gottfried M und Insp. Jürgen R als Zeugen einvernommen. Der Bw, welcher zur Verhandlung nicht erschienen ist, war durch seinen Rechtsanwalt vertreten. Ein Vertreter der Erstbehörde hat ohne Angabe von Gründen an der Verhandlung nicht teilgenommen.

Weiters wurde im Rahmen des berufungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens im Beisein eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen am 3. April 1997 ein Augenschein vorgenommen unter dessen Zugrundelegung der Amtssachverständige die Angaben der Meldungsleger im erstbehördlichen Verfahren gutächtlich überprüfte.

I.5. RI M hat im wesentlichen ausgesagt, daß er zum Vorfallszeitpunkt Lenker des Dienstfahrzeuges war. Die Beamten seien damals von der Wischerstraße Richtung stadteinwärts gefahren. Zu diesem Zeitpunkt sei der Bw in die Knabenseminarstraße eingefahren. Die Beamten hätten vorgehabt, den Bw einer Routineverkehrskontrolle zu unterziehen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Bw nicht auffällig gewesen, insbesondere sei er nicht zu schnell gewesen. Er habe das Dienstkraftfahrzeug voll beschleunigt und das Blaulicht eingeschaltet, er habe jedoch trotz einer Beschleunigung auf glaublich 90-100 km/h das Fahrzeug des Bw nicht einholen können bzw sei der Abstand auch nicht geringer gewesen.

Insp. R führte aus, daß er sich bezüglich Nachfahrt in der Knabenseminarstraße noch erinnern könne. Die Meldungsleger hätten damals im Bereich der Knabenseminarstraße gehalten, zumal Verkehrsüberwachungen durchgeführt werden mußten. Er sei Beifahrer im Dienstfahrzeug gewesen. Im Zuge des Wartens sei ihnen der PKW des Bw aufgefallen, weil dieser mit überhöhter Geschwindigkeit die Knabenseminarstraße hinaufgefahren sei. Auf ausdrückliches Befragen führte der Zeuge aus, daß der Bw bereits im Vorbeifahren eine überhöhte Geschwindigkeit hatte und dies der Auslöser dafür gewesen sei, daß die Nachfahrt erfolgte. Es sei eine für das Dienstfahrzeug größtmögliche Beschleunigung vorgenommen worden, das Bw-Fahrzeug habe jedoch nicht eingeholt werden können.

Der verkehrstechnische Amtssachverständige hat nachstehendes Gutachten erstattet:

"Wenn die Meldungsleger behaupten, sie wären dem Fahrzeug des Beschuldigten mit größtmöglicher Beschleunigung nachgefahren, so kann aufgrund der nicht wesentlich differierenden Beschleunigungswerte nicht nachvollzogen werden, wieso der Beschuldigte einen derart großen Abstand zwischen sein Fahrzeug und das der nachfahrenden Beamten in einem relativ kurzen Zeitraum bzw einer kurzen Wegstrecke gebracht hätte. Es müssen in den Angaben der Meldungsleger gewisse Fehler hinsichtlich der Positionen der Fahrzeuge aufgetreten sein, oder es wurde dem Fahrzeug des Beschuldigten bei weitem nicht unter Ausnützung der größtmöglichen Beschleunigung nachgefahren, ansonsten der gravierende Unterschied zwischen 70 m Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug am Anfang und 269 m Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug zu dem Zeitpunkt, als dieses die Knabenseminarstraße 52 erreicht hat, nicht erklärbar ist." I.6. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung hat der O.ö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

Ohne den Meldungslegern eine vorsätzliche falsche Aussage unterstellen zu wollen, sind deren Angaben, welche im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung getätigt wurden, insofern im wesentlichen widersprüchlich, als einer der Beamten aussagte, der Bw sei ursprünglich nicht auffällig gewesen bzw insbesondere ursprünglich auch nicht zu schnell gefahren, während der zweite Beamte ausführte, die Nachfahrt sei deshalb aufgenommen worden, weil der Bw bereits im Vorbeifahren eine erhöhte Geschwindigkeit hatte und dies der Auslöser dafür gewesen sei, daß die Nachfahrt erfolgte. Weiters findet sich ein Widerspruch dahingehend, daß ein Beamter ausführte, das Dienstfahrzeug sei in der Wischerstraße unterwegs gewesen, während der zweite Beamte ausführte, daß das Dienstfahrzeug im Bereich der Knabenseminarstraße gehalten hat, um Verkehrsüberwachungen durchzuführen.

Darüber hinaus wurden die von den Meldungslegern im Rahmen des erstbehördlichen Verfahrens getätigten Ortsangaben bzw Angaben über die Beschleunigung des Dienstfahrzeuges nach Durchführung eines Augenscheines gutächtlich überprüft und es ist in diesem Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen enthalten, daß in den Angaben der Meldungsleger gewisse Fehler hinsichtlich der Positionen der Fahrzeuge aufgetreten sein müssen oder dem Fahrzeug des Bw bei weitem nicht unter Ausnützung der größtmöglichen Beschleunigung nachgefahren wurde.

I.7. Der O.ö. Verwaltungssenat hat wie folgt erwogen:

Zunächst wird festgestellt, daß auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist. Nach diesem Grundsatz ist das für den Beschuldigten günstigste Verfahrensergebnis der Entscheidung zugrundezulegen. Wenn sohin nach Durchführung der Beweise und eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

Im Hinblick auf die bereits dargelegten Widersprüche in den Aussagen der beiden Meldungsleger bzw auf die gutächtlichen Aussagen des verkehrstechnischen Amtssachverständigen vertritt die erkennende Berufungsbehörde die Auffassung, daß die dem Bw vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit als erwiesen angesehen werden kann. Wenn auch nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich der Bw durch das ihm zur Last gelegte Verhalten einer Lenker- bzw Fahrzeugkontrolle durch die Meldungsleger entziehen wollte, so war doch nach dem vorliegenden Verfahrensergebnis der oben erwähnte Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden und daher der Berufung Folge zu geben bzw das Strafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z1 VStG).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Mag. K i s c h

Beschlagwortung: Im Falle der Nichtbehebung des durch Hinterlegung zugestellten Auftrages um Lenkerauskunftserteilung stellt die Nichterteilung der Auskunft kein strafbares Verhalten dar.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum