Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104214/26/BI/FB

Linz, 30.06.1997

VwSen-104214/26/BI/FB Linz, am 30. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn G S, D, S, vom 14. Oktober 1996 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 30. September 1996, S 2906/ST/96, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 5. Juni 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in beiden Punkten hinsichtlich Schuld und Strafe bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 1) 100 S und 2) 80 S, ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG, §§ 16 Abs.2a, 9 Abs.1 und 99 Abs.3a StVO 1960. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 16 Abs.2a iVm 99 Abs.3a StVO 1960 und 2) §§ 9 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 Geldstrafen in Höhe von 1) 500 S (16 Stunden EFS) und 2) 400 S (14 Stunden EFS) verhängt, weil er am 6. April 1996 gegen 10.30 Uhr in W auf der W Landesstraße Nr. zwischen Strkm 21,66 bis 21,64 kurz vor der Kreuzung mit der W aus Richtung S kommend in Richtung S als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem polizeilichen Kennzeichen 1. ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet ist, überholt und dabei 2. eine Sperrlinie überfahren habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 90 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber - damals noch rechtsfreundlich vertreten - fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 5. Juni 1997 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des nicht mehr rechtsfreundlich vertretenen Rechtsmittelwerbers, der Behördenvertreterin Frau S sowie der Zeugen D S, A A und G A durchgeführt und im Anschluß daran die Berufungsentscheidung mündlich verkündet.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er sei damals zusammen mit seiner Gattin Richtung S gefahren und habe kurz vor der Kreuzung mit der W auf einen PKW aufgeschlossen, der hinter einem äußerst langsamen Traktor nachgefahren sei. In einem durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichneten Streckenabschnitt habe sich der Lenker des PKW vor ihm offenbar Sicht verschaffen wollen und sei einmal am äußerst rechten Straßenrand und einmal im Bereich der Leitline gefahren. Am Ende des Überholverbotsbereichs sei dieser PKW unmittelbar hinter dem Traktor gefahren und habe in keiner Weise einen Überholvorgang beabsichtigt oder angezeigt. Er selbst habe damals aber genügend Sicht gehabt und deshalb diesen PKW und den Traktor überholt. Der PKW-Lenker dürfte äußerst verärgert gewesen sein, weil er seinen Überholvorgang abwarten mußte und sei ihm dann unter Betätigung der Lichthupe und Nichteinhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes nachgefahren. Zum Beweis dafür beantragt der Rechtsmittelwerber die zeugenschaftliche Einvernahme seiner Gattin. Er macht weiters geltend, er habe, da er nach Ende des Überholverbotsbereichs und nach Ende der Sperrlinie überholt habe, die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht zu verantworten. Auch die Behörde sei offenbar den Ausführungen der Zeugen A nicht gefolgt, weil einzelne Punkte des Strafverfahrens, die auf der Aussage dieser Zeugen beruhen, eingestellt worden seien. Es sei keine Begründung, daß Privatpersonen glaubwürdig seien, weil sie nur schwerwiegende Verstöße anzeigen und sich dem damit verbundenen Zeitaufwand aussetzen. Der jugendliche Lenker, der selbst einen Überholvorgang durchführen wollte und deshalb mehrmals die Straßenverkehrsordnung übertreten habe, indem er mit einem Sicherheitsabstand unter 10 m und die Lichthupe betätigend ihm nachgefahren sei, könne nach seiner Meinung nicht glaubwürdiger sein als er. Er beantragt daher die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, im übrigen die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, in dem sich auch ein Foto des Kreuzungsbereichs der W Landesstraße mit der W in Fahrtrichtung des Rechtsmittelwerbers, aufgenommen am Tag der Anzeigeerstattung, befindet, sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die oben angeführten Zeugen einvernommen wurden.

Das Beweisverfahren hat ergeben, daß der Rechtsmittelwerber am 6. April 1996 gegen 10.30 Uhr als Lenker des PKW mit seiner Gattin als Beifahrerin auf der W Landesstraße in Richtung S unterwegs war, wobei er kurz nach der Ortszufahrt W auf den PKW des Zeugen A A aufschloß, der zu diesem Zeitpunkt hinter einem Traktor mit Anhänger mit etwa 15 bis 20 km/h nachfuhr. In Fahrtrichtung S besteht auf der W Straße zwischen km 21,750 und 21,587, das ist kurz vor bis unmittelbar nach der Kreuzung der W Straße mit der N Straße und der W, ein Überholverbotsbereich, der durch entsprechende Vorschriftszeichen gekennzeichnet ist. Im genannten Bereich befindet und befand sich am Vorfallstag in Fahrtrichtung S außerdem eine Sperrlinie. Diese Feststellung ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Lichtbild und auch aus dem vom erkennenden Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates auf dem Weg zum Verhandlungsort durchgeführten Ortsaugenschein.

Die Zeugen A haben übereinstimmend ausgesagt, der hinter ihnen fahrende PKW habe noch im Bereich des Überholverbotsbereiches zu überholen begonnen, wobei der Überholvorgang ihren PKW und den Traktor mit Anhänger umfaßt habe. Die Einleitung des Überholmanövers sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem beide Zeugen keinerlei Sicht auf den Straßenabschnitt im und nach dem Kreuzungsbereich hatten, sodaß sie bei der Fahrt über die gefährliche Situation, die durch einen mit 100 km/h ankommenden Gegenverkehr entstehen könnte, sprachen. Nach der Kreuzung überholte G A den Traktor und schloß in weiterer Folge auf den BeschuldigtenPKW auf, der einem LKW nachfuhr, den er aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht überholen konnte. Er habe laut eigenen Angaben beabsichtigt, den ihm unbekannten Rechtsmittelwerber auf seinen Fehler aufmerksam zu machen und deshalb mehrmals die Lichthupe betätigt, was dieser mit dem Zeigen des Mittelfingers quittierte. Aufgrund dieses Vorfalls entschloß sich der Zeuge endgültig, den Rechtsmittelwerber zur Anzeige zu bringen. Die Aussagen der beiden Zeugen waren unabhängig voneinander übereinstimmend und nachvollziehbar, wobei beide keinen leichtfertigen, sondern im Gegenteil einen weitgehend überlegten und besonnenen Eindruck machten. Auch hat der Rechtsmittelwerber selbst ausgeführt, die Zeugen seien ihm völlig unbekannt und er könne sich die Anzeigeerstattung nicht erklären. Allerdings sei ihm der Zeuge G A mit einem so geringen Abstand nachgefahren, daß er seine mitfahrende Gattin darauf aufmerksam gemacht und den Zeugen tatsächlich den Mittelfinger gezeigt habe. Zu überholen begonnen habe er sicher nach Ende des Überholverbotsbereiches und nach der Sperrlinie.

Die Zeugin D S konnte sich an einen sehr geringen Nachfahrabstand des PKW der Zeugen erinnern und auch, daß ihr Gatte gemeint habe, er bleibe jetzt stehen und frage den Lenker, was er damit wolle. Sie habe ihn aber wegen ihres mitfahrenden Kindes davon abgehalten. An die Lage des Überholverbotes konnte sich die Zeugin nicht erinnern, nur mehr an die Äußerung ihres Gatten, warum der vor ihnen fahrende PKW (der Zeugen) den Traktor nicht überhole.

Nach Auffassung des UVS liegt die Aussage der Zeugin, die auf ihr Entschlagungsrecht als Ehegattin des Rechtsmittelwerbers aufmerksam gemacht wurde, davon aber nicht Gebrauch machte, zwar auf einer Linie mit der Beschuldigtenverantwortung, jedoch beschränkt sich ihre Erinnerung im wesentlichen auf das damalige Gespräch mit ihrem Gatten und nicht auf die örtlichen Gegebenheiten der Einleitung oder Beendigung des Überholvorganges. Insbesondere vermochte die Zeugin keinen Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen A zu erwecken und sie konnte sonstige schlüssige Gründe für die Anzeigeerstattung der Zeugen nicht nennen. Der UVS gelangt zu der Auffassung, daß die Zeugin keine eigene Wahrnehmung zum Ort des Überholvorganges hatte, sodaß eine verläßliche Aussage zur Frage, ob der Rechtsmittelwerber erst nach Ende des Verbotsbereichs oder davor zu überholen begonnen hat, nicht möglich war.

Das Argument des Rechtsmittelwerbers, die Glaubwürdigkeit der Zeugen Adlassnig sei eingeschränkt, weil die Behörde teilweise von ihnen angezeigte Übertretungen gar nicht weiterverfolgt habe, geht deshalb ins Leere, weil ein Schuldspruch im Verwaltungsstrafverfahren gewisse Kriterien im Hinblick auf Bestimmtheit und Nachvollziehbarkeit erfüllen muß. Die bereits von der Erstinstanz eingestellten Vorwürfe betrafen den nicht ausreichend bestimmten Nachfahrabstand, das nicht nachvollziehbare Ausmaß der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h und das Überholen trotz ungenügender Sicht, die allerdings nur anhand des Straßenverlaufs der W Landesstraße beurteilt wurde. Die Glaubwürdigkeit der Zeugen wurde dadurch nicht in Zweifel gezogen.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 der Lenker eines Fahrzeuges mehrspurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind, nicht überholen darf. Gemäß § 9 Abs.1 StVO 1960 dürfen Sperrlinien nicht überfahren werden.

Im gegenständlichen Fall waren, wie aus dem im Akt befindlichen Lichtbild eindeutig hervorgeht, die Vorschriftszeichen gemäß § 52a Z4a und 4b StVO 1960 auf beiden Seiten der W Landesstraße angebracht und auch die Sperrlinie war zum Vorfallszeitpunkt einwandfrei sichtbar.

Das Verhalten des Rechtsmittelwerbers ist unter beide ihm vorgeworfene Tatbestände zu subsumieren, zumal auf der Grundlage des Beweisverfahrens davon auszugehen war, daß der Überholvorgang noch innerhalb des Verbotsbereichs und im Bereich der Sperrlinie begonnen wurde. Es war auch nicht rechts zu überholen. Es ist dem Rechtsmittelwerber nicht gelungen, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der genannten Verwaltungsvorschriften kein Verschulden traf. Er hat daher sein Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung zu verantworten, wobei fahrlässige Begehung anzunehmen ist.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 bis 10.000 S Geldstrafe bzw. bis zu 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat bei der Strafbemessung ein Nettomonatseinkommen von ca. 20.000 S, die Sorgepflicht für ein Kind und das Nichtbestehen von Vermögen angenommen. Die finanziellen Verhältnisse haben sich nicht geändert und sind daher auch der Rechtsmittelentscheidung zugrundezulegen. Mildernd oder erschwerend war kein Umstand.

Die verhängten Strafen liegen im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, entsprechen dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen ebenso wie den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers und halten auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Eine Herabsetzung war daher nicht gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Beweisverfahren hat ergeben, daß Überholmanöver im Verbotsbereich beonnen wurde; Strafbemessung

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