Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104224/2/Weg/Km

Linz, 04.02.1997

VwSen-104224/2/Weg/Km Linz, am 4. Februar 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des J K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F B, vom 3.

Dezember 1996 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 13. November 1996, CSt. 27.471/96-3, womit ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Versäumung der Frist zur Erhebung eines Einspruches gegen die Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Linz vom 20. September 1996, GZ.

27471/LZ/96, bewilligt.

Rechtsgrundlage:

§ 71 Abs.1 Z1, § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid den Antrag des nunmehrigen Berufungswerbers vom 5. November 1996 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Einspruchsfrist betreffend die Strafverfügung vom 20.

September 1996 (um einen Tag) wird damit begründet, daß der Berufungswerber den Einspruch zwar noch rechtzeitig, nämlich am 8. Oktober 1996 abdiktiert und unterschrieben habe, jedoch seine Gattin, die in seinem Betrieb mit dem Posteingang und mit dem Postausgang betraut sei, trotz des ausdrücklichen Hinweises, daß das Schriftstück noch am selben Tag zur Post gebracht werden müsse, dies nicht gemacht habe, sondern den Einspruch erst am nächsten Tag zur Post gebracht habe. Da seine Gattin ansonsten sehr zuverlässig sei und ihm nicht bekannt sei, daß sie jemals eine Frist versäumt habe, sei die verspätete Abgabe des Einspruches für ihn ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis gewesen, an dessen Eintreten ihn kein Verschulden, allenfalls nur ein minderer Grad des Versehens treffe. Im Wiedereinsetzungsantrag beantragt der nunmehrige Berufungswerber die zeugenschaftliche Einvernahme der Zäzilia Klambauer zum Beweis für die Richtigkeit der geltend gemachten Wiedereinsetzungsgründe.

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat jedoch ohne weiteres Ermittlungsverfahren, insbesondere ohne die beantragte Zeugeneinvernahme durchzuführen, den Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen. Die Erstbehörde war vielmehr der Ansicht, daß die Wiedereinsetzungsgründe des § 71 Abs.1 Z1 AVG nicht vorlägen und zitiert dazu einige - auf den konkreten Sachverhalt nicht immer zutreffende - Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes. Zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muß bemerkt werden, daß diese immer auf den Einzelfall abstellt und hinsichtlich der Wiedereinsetzungsproblematik von der ursprünglich restriktiven Tendenz zunehmend abging.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Vorausgeschickt wird, daß die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das Korrekturmittel zur Erzielung der materiell richtigen Entscheidung ist (Fasching). Bei aller Wertschätzung der Funktion des Verfahrensrechtes (und der darin enthaltenen Fristen) darf nicht vergessen werden, daß dieses institutionell seine Berechtigung daraus ableitet, daß es die Durchsetzbarkeit des materiellen Rechtes im weitest möglichen Umfang garantiert. Das Institut der Wiedereinsetzung soll verhindern, daß einer Partei bei Vorliegen einer der Voraussetzungen, die sie glaubhaft zu machen hat, wegen der prozessualen Folgen etwa der Fristversäumnis die Prüfung ihres materiellen Anspruches verweigert wird. Auch der Verwaltungsgerichtshof ist von seiner bisherigen Rechtsprechung zunehmend abgegangen und hat die Möglichkeit der Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch für Fälle bejaht, in denen z.B.

eine Frist durch ein Verhalten von Angestellten des Bevollmächtigten der Partei versäumt wurde, es sei denn, es läge Verschulden auf seiten der Partei vor.

Nicht anders verhält es sich im konkreten Fall. Der Berufungswerber hat glaubhaft gemacht, daß seine Gattin, die mit dem Posteinlauf und mit dem Postauslauf betraut ist, bisher fehlerlos gearbeitet und noch niemals eine Frist versäumt hat. Eine Einvernahme der namhaft gemachten Zeugin bedarf es nicht, weil unter Glaubhaftmachung lediglich zu verstehen ist, daß die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich ist.

Diese Wahrscheinlichkeit wird als vorliegend angesehen.

Das Vergessen der Abgabe des Einspruches ist ein Ereignis.

Es war für den Berufungswerber unvorhersehbar. Es trifft ihn an diesem Vergessen seiner ansonsten zuverlässigen Gattin (wenn überhaupt) nur ein minderer Grad des Versehens.

Somit liegen alle Voraussetzungen für die Bewilligung des Wiedereinsetzungsantrages vor, sodaß entsprechend der gesetzlichen Diktion (ist zu bewilligen) der Berufung ohne weiteres Verfahren Folge zu geben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Wegschaider

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