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VwSen-104246/7/WEG/Ri

Linz, 16.07.1997

VwSen-104246/7/WEG/Ri Linz, am 16. Juli 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des A K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, vom 13. Dezember 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 25. November 1996, VerkR96-17223-1996-Kb, zu Recht erkannt:

Der Berufung gegen das Faktum 1 (§ 7 Abs.1 StVO 1960) wird Folge gegeben, diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis samt dem Straf- und Kostenausspruch behoben und das Verfahren eingestellt.

Der Berufung hinsichtlich des Faktums 2 (§ 4 Abs.1 lit.c StVO 1960) wird keine Folge gegeben und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Der Berufung gegen das Faktum 3 wird keine Folge gegeben und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die verletzte Rechtsvorschrift zu lauten hat: "§ 99 Abs.2 lit. e StVO 1960".

Kosten: Zusätzlich zu den Verfahrenskosten vor der ersten Instanz (500 S und 300 S) hat der Berufungswerber als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 1.600 S (20% der verhängten Geldstrafe) zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1 (betreffend das Faktum 1), § 51 Abs.1, § 51e Abs.2, § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat gegen den Beschuldigten unter der Zahl VerkR96-17223-1996-Kb am 25. November 1996 nachstehendes Straferkenntnis (wörtliche Wiedergabe) erlassen:

"Sie lenkten am 12.5.1996, gegen 22.00 Uhr den PKW, B, auf der E Bezirksstraße aus Richtung Grenzübergang E kommend in Richtung O bis zur Kreuzung mit der St. R Bezirksstraße in E, Gemeinde O, Bezirk B bogen in die St. R Bezirksstraße ein und haben als Lenker eines Fahrzeuges dieses nicht so weit rechts gelenkt, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, zumal Sie beim Linksabbiegen von der E Bezirksstraße in die St. R Bezirksstraße auf der St. R Bezirksstraße über den rechten Fahrbahnrand gerieten, in der Folge einen Leitpflock beschädigten und mit dem PKW an der abfallenden Böschung hängen blieben; haben es unterlassen, nach diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil Sie sich vor der amtlichen Tatbestandsaufnahme von der Unfallstelle entfernten und als die Gendarmeriebeamten im Zuge der Fahndung nach Ihnen neuerlich zur Unfallstelle kamen, Sie vor ihnen flüchteten; haben hiebei als ein an einem Verkehrsunfall beteiligter Lenker eines Fahrzeuges, Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs beschädigt und es unterlassen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter von der Beschädigung unter Bekanntgabe Ihrer Identität ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 7 Abs.1 StVO 1960 § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 § 31 Abs.1 StVO 1960 Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt: gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 Geldstrafe von: S 1.500,-S 5.000,-S 3.000,-Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von: 48 Stunden 5 Tage 3 Tage Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen: S 100,-S 500,-S 300,-als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 200,-- angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) beträgt daher: S 9.900,--." 2. Die Erstbehörde sah die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen auf Grund der Anzeige des Gendarmeriepostens O als erwiesen an. Hinsichtlich des Tatvorwurfes zum Faktum 3 wird im Straferkenntnis auf die diesbezügliche Berichtigung vom 9. September 1996 hingewiesen.

Zur Verwaltungsübertretung nach Punkt 1 wird seitens der Erstbehörde dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1995 ein anderer Sinn beigemessen und wurde dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht, der Vorschrift des § 7 Abs.1 StVO 1960 dadurch zuwidergehandelt zu haben, daß er den Sicherheitsabstand zum rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten habe und hiebei einen Leitpflock beschädigt habe.

Zur Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 führt die belangte Behörde ua. aus, daß dieser Bestimmung die Verpflichtung innewohne, das Eintreffen der Organe der öffentlichen Sicherheit abzuwarten, auch um Feststellungen zur Person des beteiligten Fahrzeuglenkers in der Richtung treffen zu können, ob dieser äußerlich den Anschein erweckt, sich geistig und körperlich in einem zur Lenkung des Fahrzeuges geeigneten Zustand befunden zu haben. Diesen Feststellungen habe sich der Beschuldigte entzogen, indem er vor der amtlichen Tatbestandsaufnahme die Unfallstelle verlassen habe, anschließend zwar wieder zurückgekehrt sei, jedoch als die Gendarmeriebeamten im Zuge der Fahndung nach ihm neuerlich zur Unfallstelle gekommen seien, er vor diesen geflüchtet sei.

Zur Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 führt die Erstbehörde aus, daß beim gegenständlichen Verkehrsunfall ein Leitpflock total beschädigt worden sei und dieser Leitpflock habe ersetzt werden müssen. Strafbefreiend wäre diese Beschädigung nur dann gewesen, wenn der Beschuldigte die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter von der Beschädigung unter Bekanntgabe seiner Identität ohne unnötigen Aufschub verständigt hätte.

Bei der Bemessung der Strafhöhe ist die Behörde von einem monatlichen Einkommen in der Höhe von 18.000 S, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Die bisherige Unbescholtenheit sei als strafmildernd gewertet worden.

3. Der Berufungswerber führt in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung zum Faktum 1 sinngemäß aus, daß im Hinblick auf die diesbezüglich eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Tatvorwurf nicht vom Zweck der Norm des § 7 StVO 1960 erfaßt sei und kein Rechtswidrikeitszusammenhang bestehe.

Zum Tatvorwurf nach § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 wird unter Hinweis auf eine diesbezügliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, es habe keine Verpflichtung bestanden, an der Unfallstelle zu verbleiben, weil der Sachverhalt einschließlich des Verschuldens auch ohne Anwesenheit klar und ohne Schwierigkeiten zu rekonstruieren gewesen sei.

Zum Faktum 3 bringt der Berufungswerber sinngemäß vor, daß eine strafbefreiende Meldung an die Straßenmeisterei U ohnehin erfolgt sei und daß diese ca. 7 Stunden nach dem Vorfall erstattete Anzeige eine solche sei, die noch als "ohne unnötigen Aufschub" zu bezeichnen sei. Der Berufungswerber beantragt vorerst eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach der Kundmachung der Verhandlung zieht jedoch der Berufungswerber diesen Antrag sowie die (so die Behauptung) bislang unerledigt gebliebenen Beweisanträge ausdrücklich zurück.

4. Auf Grund der Aktenlage steht nachstehender Sachverhalt fest:

Der Berufungswerber lenkte am Tattag gegen 22 Uhr den verfahrensgegenständlichen PKW, kam dabei über den rechten Fahrbahnrand hinaus und beschädigte (zerstörte) einen Leitpflock, der später erneuert werden mußte und dessen Erneuerungskosten mit 535 S feststehen. Dabei blieb das Fahrzeug an der abfallenden Böschung hängen. Noch vor dem Eintreffen der Gendarmeriepatrouille flüchtete er von der Unfallstelle und versteckte sich im angrenzenden Augebiet. Als die Gendarmeriepatrouille im Zuge der Fahndung um 22.50 Uhr erneut zur Unfallstelle zurückkam, flüchtete der dort nunmehr anwesende Beschuldigte über die Felder und verschwand in der Nacht, offensichtlich um den Gendarmen nicht Rede und Antwort stehen zu müssen. Nach eigenen Angaben flüchtete der Berufungswerber zu seinem Bruder und blieb dort über Nacht. Er sei nach seinen eigenen Angaben deshalb zweimal von der Unfallstelle geflüchtet, da er einen Schock bekommen habe, als er die Gendarmeriebeamten gesehen habe. In der niederschriftlich aufgenommenen Aussage vor der Gendarmerie O bringt der Berufungswerber auch noch vor, daß er im Jahre 1994 in der BRD und in Österreich einen Lenkerberechtigungsentzug über sich ergehen habe lassen müssen und zwar wegen Lenkens eines PKWs in alkoholisiertem Zustand. Am Tattag selbst habe er zwischen 16.30 Uhr und 22.00 Uhr im Gasthaus S lediglich eine Halbe Bier getrunken. Ob diese Angabe des Alkoholkonsums zutreffe Die Kostenentscheidung ist eine gesetzliche Folge der §§ 64 und 65 VStG. nd ist bzw ob tatsächlich Fahrtauglichkeit vorlag, konnte wegen der Flucht des Berufungswerbers vor den Gendarmeriebeamten letztlich nicht geklärt werden.

Gesichert ist auch, daß der Berufungswerber um 7.30 Uhr des nächsten Tages (also ca. 9 Stunden nach dem Unfall) die Straßenmeisterei O telefonisch vom Unfall verständigte. Daß er nach dem Unfall versucht hätte, zumindest die Gendarmerie vom Unfall zu verständigen wird weder behauptet und wäre schon dadurch widerlegt, daß der Berufungswerber im Gegenteil vor der Gendarmerie flüchtete.

Was das Abkommen von der Fahrbahn betrifft, so sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß dieses Abkommen von der Fahrbahn die Ursache in einem zu geringen seitlichen Abstand zum rechten Fahrbahnrand gehabt hätte. Vielmehr dürfte es Unachtsamkeit des Berufungswerbers, möglicherweise auch mangelnde Fahrtauglichkeit gewesen sein, die zu diesem Verkehrsunfall geführt haben. Durch das Geständnis des Berufungswerbers, schon einmal in alkoholisiertem Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben und durch den aktenkundigen Entzug der Lenkerberechtigung zwischen 10. Juni 1994 und 8. Juli 1994 ist nicht von der strafmildernden Unbescholtenheit auszugehen. Er hat also iSd § 34 Z2 StGB bisher keinen ordentlichen Lebenswandel geführt und steht die gegenständliche Tat mit seinem sonstigen Verhalten nicht in auffallendem Widerspruch.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Faktum 1: Diesbezüglich wird den Ausführungen des Berufungswerbers beigetreten und wird im Abkommen von der Fahrbahn keine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs.1 StVO 1960 erblickt. Die Begründung hiefür liegt im Sachverhalt und in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (10. Oktober 1995, 95/02/0276).

Das Verhalten des Berufungswerbers stellt somit keine Verletzung des § 7 Abs.1 StVO 1960 und in weiterer Folge keine Verwaltungsübertretung dieser Art dar, weshalb iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG spruchgemäß zu entscheiden war.

Zum Faktum 2: Zuerst wird auf die zutreffenden Ausführungen der Erstbehörde verwiesen, wonach die Verpflichtung bestanden hätte, das Eintreffen der Organe der öffentlichen Sicherheit abzuwarten, um Feststellungen zur geistigen und körperlichen Eignung des Lenkers zu ermöglichen.

Nach einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.2.1991, 90/02/0152, welchem ein ähnlicher Sachverhalt zugrundeliegt, wurde im Verlassen der Unfallstelle eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 gesehen.

Es heißt dort: "Nicht nur die Verständigungspflicht nach dem allgemeinen Tatbestand des § 4 Abs.5 zieht die Mitwirkungspflicht gemäß § 4 Abs.1 lit.c nach sich, sondern Entsprechendes gilt auch für den Fall des besonderen Tatbestandes nach § 31 Abs.1 iVm § 99 Abs.2 lit.e. Auch der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach dieser Vorschrift kann durch ein Verlassen der Unfallstelle erfüllt werden. Voraussetzung ist, daß die persönliche Anwesenheit des Unfallbeteiligten an der Unfallstelle noch zur ordentlichen Erhebung des Sachverhaltes notwendig war. Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes reicht nur so weit, als es zur Feststellung von Sachverhaltselementen, insbesondere zur Sicherung von Spuren am Unfallsort und sonstiger konkreter Beweismittel, aber auch zur Person des beteiligten Fahrzeuglenkers erforderlich ist, so etwa, ob er zur Lenkung des am Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuges berechtigt war oder ob er äußerlich den Anschein erweckt, daß er sich geistig und körperlich in einem zur Lenkung eines Kraftfahrzeuges geeigneten Zustand befindet." Auf den konkreten Fall übersetzt entzog sich der Berufungswerber durch Flucht der Überprüfung, ob er sich geistig und körperlich in einem zur Lenkung eines Kraftfahrzeuges geeigneten Zustand befand. Er hat somit dem § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 zuwidergehandelt.

Zum Faktum 3:

Der strafbare Tatbestand und die Strafsanktion selbst sind im § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 normiert, weshalb die übertretene Rechtsvorschrift zulässigerweise korrigiert wurde. Schon die Erstbehörde hat eine ebenfalls zulässige Korrektur vorgenommen und ist innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vom Tatvorwurf nach § 4 Abs.5 StVO 1960 auf jenen des § 31 Abs.1 iVm § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 umgeschwenkt.

Wie in der obigen Sachverhaltsdarstellung ersichtlich ist, hat der Berufungswerber eine Verkehrsleiteinrichtung bei einem Verkehrsunfall beschädigt und hat in der Folge nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter verständigt. Im Gegenteil, vor den Gendarmeriebeamten flüchtete er und in der telefonischen Meldung des Unfalles 9 Stunden nach dem Verkehrsunfall an die Straßenmeisterei wird keine Meldung ohne unnötigen Aufschub verstanden. Der Berufungswerber hätte - weil der Straßenerhalter zur nächtlichen Stunde nicht antreffbar war - eben die Gendarmerie ohne unnötigen Aufschub verständigen müssen, um Strafbefreiung zu erwirken. Das Tatbild des § 99 Abs.2 lit.e ist somit erfüllt, strafbefreiende Handlungen hat der Täter nicht gesetzt.

Hinsichtlich der Strafhöhe wird den Ausführungen der Erstbehörde mit der Maßgabe beigepflichtet, daß der Milderungsgrund nach § 34 Z2 StGB nicht als vorliegend angesehen wird. Selbst wenn dieser Milderungsgrund vorläge, wird in der Festsetzung der Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen kein Ermessensmiß- brauch, den die Berufungsbehörde zu korrigieren hätte, erblickt. 6. Die Kostenentscheidung ist eine gesetzliche Folge der §§ 64 und 65 VStG.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Wegschaider

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