Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104256/10/Ki/Shn

Linz, 06.03.1997

VwSen-104256/10/Ki/Shn Linz, am 6. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Paul W, vom 20. Dezember 1996 gegen das Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 3. Dezember 1996, VerkR96-3375-1996-OJ/SI, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 27. Februar 1997 zu Recht erkannt:

I: Der ausschließlich gegen die Strafhöhe erhobenen Berufung hinsichtlich Faktum 1 wird keine Folge gegeben und es wird die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängte Strafe bestätigt.

Bezüglich Faktum 2 wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 5.000 S bzw die Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage herabgesetzt wird. Im übrigen wird diesbezüglich die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Hinsichtlich Faktum 3 wird der Berufung Folge gegeben.

Diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II: Hinsichtlich Faktum 1 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten zum Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag von 800 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Hinsichtlich Faktum 2 wird der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten für das erstinstanzliche Verfahren auf 500 S herabgesetzt; ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Hinsichtlich Faktum 3 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: §§ 64 Abs.1 und 2, 65 und 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 3. Dezember 1996, VerkR96-3375-1996-OJ/SI, dem Berufungswerber (Bw) vorgeworfen, er habe am 16.7.1996 um 11.08 Uhr den Kombi, Chrysler Voyager, Kennzeichen, auf der Mühlkreisautobahn A7 von Unterweitersdorf kommend in Richtung Linz 1) von km 21,000 bis km 19,000 mit einer Fahrgeschwindigkeit von 175 km/h gelenkt und dadurch die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 45 km/h überschritten, 2) bei Strkm 19,500 mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 verstoßen, da er bei einer Fahrgeschwindigkeit von 175 km/h zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug lediglich einen Abstand von ca 5 Meter einhielt, 3) dabei ein 6-jähriges Kind mitbefördert und nicht dafür gesorgt, daß hiebei geeignete, der Größe und dem Gewicht des Kindes entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet wurden.

Er habe dadurch 1) § 99 Abs.3 lit.a iVm § 20 Abs.2 StVO 1960, 2) § 99 Abs.2 lit.c iVm § 18 Abs.1 StVO 1960 und 3) § 134 Abs.1 iVm § 106 Abs.1 lit.b KFG 1967 verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Bw 1) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden), 2) gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 7.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 168 Stunden) und 3) gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 1.130 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. In der Berufung vom 20. Dezember 1996 beantragt der Rechtsmittelwerber das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Punkte 2 und 3 aufzuheben und hinsichtlich des Punktes 1 die Strafe tat- und schuldangemessen herabzusetzen.

Im wesentlichen bestreitet er die von der Behörde erster Instanz angenommene Geschwindigkeitsüberschreitung und insbesondere auch den Umstand, daß er zum vor ihm fahrenden Fahrzeug lediglich einen Abstand von 5 m eingehalten habe.

Für die Annahme einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch das Nachfahren sei es erforderlich, daß das nachfahrende Fahrzeug ständig einen gleichbleibenden Abstand einhalte.

Dies sei in der gegenständlichen Angelegenheit nicht der Fall gewesen und die angenommene Geschwindigkeit liege somit nicht vor. Er gebe zu, daß er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten habe, keinesfalls sei er jedoch mit einer Geschwindigkeit von 175 km/h gefahren. Seine Geschwindigkeit habe maximal 150 km/h betragen.

Es sei auch vollkommen unrichtig, daß er zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug lediglich einen Nachfahrabstand von 5 m eingehalten habe. Das Gendarmeriefahrzeug habe ihn nicht überholt. Der von ihm gelenkte PKW sei aufgrund der Bauart voluminös, sodaß eine Durchsicht zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug keinesfalls möglich gewesen sei. Ein Abschätzen eines Abstandes vom voranfahrenden Fahrzeug sei somit auf keinen Fall möglich gewesen.

Was die Übertretung gemäß § 106 Abs.1 lit.b KFG betreffe, so habe sich sein jüngerer Sohn unmittelbar vor der Anhaltung durch den Gendarmeriebeamten abgegurtet. Vorher sei er jedoch angegurtet gewesen und er habe keine Möglichkeit gehabt, seinen Sohn wiederum anzugurten, da er auf der Autobahn nicht unverzüglich anhalten konnte.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da hinsichtlich der einzelnen Verwaltungsstraftaten weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27. Februar 1997. Bei dieser Verhandlung wurden der Bw sowie als Zeugen Oblt.

Klaus S und Herr Herbert S einvernommen. Eine Vertretung der Erstbehörde ist zur Verhandlung nicht erschienen.

I.5. Der Bw führte bei seiner Einvernahme aus, daß er ein Transportunternehmen besitze, sein Einkommen belaufe sich auf ca 8.000 S netto monatlich und er sei für drei Kinder sorgepflichtig. Vermögen sei keines vorhanden.

Er habe nicht mitbekommen, daß ihm ein Gendarmeriefahrzeug nachgefahren ist. Er bestreite, daß er die ihn vorgeworfene Geschwindigkeit gefahren sei, er sei lediglich 150 km/h gefahren. Er könne dies deshalb aussagen, weil ihm das nachfolgende Fahrzeug in kurzem Abstand verfolgt und er zu seinem Beifahrer bemerkt hätte, daß dieses Fahrzeug so knapp hinter ihm herfahre, obwohl er selbst schon eine Geschwindigkeit von 150 km/h habe. Bedingt durch den Fahrstreifenwechsel eines vorausfahrenden Fahrzeuges habe er sein Fahrzeug abbremsen müssen und er sei auf ca 10-15 m auf dieses Fahrzeug aufgefahren. Dieses Fahrzeug habe dann beschleunigt und sei weiter gefahren, er habe es nicht mehr überholen können. Er habe dann noch ein am rechten Fahrstreifen fahrendes Fahrzeug überholt und dann auf den rechten Fahrstreifen gewechselt. Das Gendarmeriefahrzeug habe in der Folge überholt und es habe sich der Beamte durch Winken mit einer Art Kelle zu erkennen gegeben.

Das erwähnte Fahrzeug, welches den Fahrstreifenwechsel durchgeführt hat und deswegen er abbremsen mußte, sei für ihn völlig überraschend vom rechten auf den linken Fahrstreifen gewechselt. Er sei zu diesem Zeitpunkt etwa 30 bis 50 m von diesem Fahrzeug entfernt gewesen.

Der als Zeuge einvernommene Gendarmeriebeamte führte aus, daß er seit 1988 Aufgaben im Rahmen der Verkehrsüberwachung durchführe und er auch jetzt trotz seiner Funktion (stellvertretender Leiter der Verkehrsabteilung beim LGK ) noch etwa 30 % im Außendienst tätig sei. Im konkreten Fall sei er in einer anderen Angelegenheit mit dem Zivilstreifenfahrzeug, in welchem eine Providaanlage fix eingebaut ist, unterwegs gewesen. Der Zeuge wies in diesem Zusammenhang den Eichschein für die gegenständliche Providaanlage vor.

Der Zeuge erklärte, daß ihm der Bw bereits im Bereich vor dem Beginn der Mühlkreisautobahn aufgefallen ist und zwar durch sogenanntes Dichtauffahren auf voranfahrende Fahrzeuge. Auf der Autobahn ist ihm der Bw deshalb besonders aufgefallen, weil er im Bereich der Linkskurve am Anfang der Autobahn äußerst dicht hinter dem voranfahrenden Fahrzeug nachgefahren sei. Er habe dann mit der Messung zugewartet, bis der Bw freie Fahrt gehabt hat und dann den konkreten Kilometer abgewartet. Die Messung werde von einem konkreten Fixpunkt aus durchgeführt, um den Tatort konkretisieren zu können. Generell werde auf Autobahnen eine Meßstrecke von 100 m herangezogen, um Unsicherheiten auszuschalten. Die Messung erfolge derart, daß, wenn das verfolgte Fahrzeug den Meßpunkt passiert hat, auf der Providaanlage ein Knopf gedrückt und damit die Wegmessung aktiviert wird. Nach Erreichen der eingestellten Metermarke (1 km) werde die Wegzeitmessung automatisch deaktiviert. Während der Messung werde versucht, den Abstand zum gemessenen Fahrzeug konstant zu halten, dies sei im konkreten Fall leicht möglich gewesen, weil wenige Fahrzeuge unterwegs gewesen sind und außerdem das Dienstfahrzeug leistungsstark war. Er habe dann nach der Aktivierung der Wegzeitmessung die Nachfahrt fortgesetzt, um zu schauen, wie sich das Geschwindigkeitsverhalten des Bw ändert. Er habe weiterhin einen konstanten Abstand zum Fahrzeug des Bw eingehalten und eben feststellen können, daß er seine Geschwindigkeit jedenfalls bis km 19,000 nicht verringere. Im Zuge dieser Nachfahrt sei der Bw auf ein ebenfalls am linken Fahrstreifen fahrendes Fahrzeug aufgelaufen, er sei dicht aufgefahren und das betreffende Fahrzeug habe dann auf den rechten Fahrstreifen gewechselt. Es könne durchaus möglich sein, daß das letzterwähnte Fahrzeug selbst ein anderes überholt hat. Er habe beim Fahrzeug des Bw kein Aufleuchten der Bremslichter feststellen können, der Vorfall sei eher harmonisch verlaufen. Der Abstand habe lediglich eine Fahrzeuglänge betragen. Um den Abstand besser einschätzen zu können, habe er mit seinem Fahrzeug auf den rechten Fahrstreifen gewechselt und dadurch habe er einen günstigeren Blickwinkel gehabt. Anschließend habe er wieder auf den linken Fahrstreifen gewechselt, durch dieses Fahrmanöver sei, bezogen auf die zurückgelegte Wegstrecke, die Durchschnittsgeschwindigkeit nicht tangiert worden. Das Fahrzeug, auf welches der Bw aufgelaufen ist, dürfte mit einer Geschwindigkeit von etwa 130 bis 140 km/h unterwegs gewesen sein. Im Vorbeifahren bzw während des Überholens des Bw habe er gesehen, daß jene Person, die links im Fahrzeug gesessen ist, auf dem Rücksitz geturnt habe und nicht gesichert gewesen sei. Dieses Kind sei auch bei der Anhaltung nicht gesichert gewesen.

Auf ausdrückliches Befragen führte der Zeuge aus, daß er während der Nachfahrt einen 2-sec-Abstand eingehalten hat.

Der vom Bw namhaft gemachte Zeuge Herbert S hat ausgesagt, daß er sich zum Vorfallszeitpunkt als Beifahrer im Fahrzeug befunden habe, er sei beim Bw als LKW-Chauffeur beschäftigt.

Sie hätten sich auf der Überholspur befunden, als vor ihnen ein PKW von der rechten Fahrspur ausgeschert sei und sie hätten im Hinblick auf dieses Ausscheren einen ziemlich knappen Abstand zu diesem Fahrzeug gehabt. Der Bw habe dahingehend reagiert, daß er das Gas etwas zurückgenommen habe, das andere Fahrzeug habe andererseits beschleunigt.

Der Bw habe gebremst bzw das Bremspedal betätigt.

Was die Geschwindigkeit anbelangt, so führte der Zeuge aus, daß er sich nicht genau erinnern könne, wie schnell dieser zum vorgeworfenen Zeitpunkt gefahren ist. Er könne sich nur erinnern, daß der Bw bemerkt habe, daß trotz einer Geschwindigkeit von 150 km/h ein anderes Fahrzeug knapp nachgefahren ist.

Die Kinder des Bw seien beim Wegfahren gesichert gewesen, ein Kind dürfte nervös geworden sein und sich abgehängt haben.

I.6. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt der O.ö.

Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die Aussagen des Gendarmeriebeamten der Entscheidung zugrundegelegt werden können. Der Beamte ist stellvertretender Leiter der Verkehrsabteilung des LGK für und seit dem Jahr 1988 mit Aufgaben im Rahmen der Verkehrsüberwachung betraut. Demnach handelt es sich um einen erfahrenen Beamten, der in der Lage ist, ein verwaltungsstrafrechtlich relevantes Geschehen zu erkennen bzw im Rahmen seiner Agenden zu beurteilen. Er hat seine Aussage unter Wahrheitspflicht getätigt und es ist diese Aussage auch schlüssig und steht nicht im Widerspruch zu den Denkgesetzen bzw Erfahrungen des Lebens. Auch ist dem Gendarmeriebeamten nicht zu unterstellen, daß er den Bw willkürlich mit Verwaltungsübertretungen belasten würde.

Der vom Bw namhaft gemachte Zeuge scheint zwar seine Aussage nach bestem Wissen und Gewissen gemacht zu haben, es ist jedoch zu bedenken, daß erfahrungsgemäß ein Beifahrer, auch wenn es sich um einen erfahrenen Kraftwagenlenker handelt, dem Verkehrsgeschehen nicht die nötige Beachtung schenkt. Es mag zutreffen, daß der Bw ihm gegenüber eine Äußerung in bezug auf die Geschwindigkeit gemacht hat, tatsächlich hat der Zeuge jedoch keine Beobachtung diesbezüglich gemacht.

Der Bw selbst konnte sich in jede Richtung verteidigen.

Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im vorliegenden Fall werden jedoch die Aussagen des Gendarmeriebeamten für glaubwürdiger befunden.

Die beantragte Einholung eines Gutachtens eines verkehrstechnischen Sachverständigen im Zusammenhang mit dem Nichteinhalten des Sicherheitsabstandes wird aus objektiver Sicht für entbehrlich erachtet, zumal, rein abstrakt betrachtet, unter Zugrundelegung der angeführten Fakten (Geschwindigkeiten bzw Entfernungen) es tatsächlich zu einem Auffahrunfall hätte kommen müssen. Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß naturgemäß die Angaben über Vorgänge, welche im Zuge eines Verkehrsgeschehens wahrgenommen werden, nicht exakte Angaben zu jeder Phase des Geschehens enthalten können. So mag es zwar zutreffen, daß aufgrund der Angaben des Zeugen das dem Bw zur Last gelegte Verhalten rein wissenschaftlich betrachtet unmöglich sein muß, im konkreten Fall ist jedoch zur Beurteilung das vom Zeugen tatsächlich wahrgenommene Geschehen einer rein theoretischen wissenschaftlichen Betrachtungsweise vorzuziehen.

Was die Feststellung der vom Bw gefahrenen Geschwindigkeit anbelangt, so hat der Gendarmeriebeamte die Messung mittels Providaanlage ordnungsgemäß vorgenommen. Die Anlage war zum Zeitpunkt der Messung geeicht und es bestehen sohin auch diesbezüglich keine Bedenken dahingehend, daß die Messung nicht ordnungsgemäß zustandegekommen wäre.

I.7. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der O.ö.

Verwaltungssenat rechtlich wie folgt erwogen:

I.7.1. Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Bei der verfahrensgegenständlichen Verkehrsfläche handelt es sich um eine Autobahn, sodaß der Beschuldigte, da weder eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlassen noch eine höhere Geschwindigkeit erlaubt war, nicht schneller als 130 km/h fahren durfte.

Im gegenständlichen Fall wurde die vom Bw am Tatort gefahrene Geschwindigkeit durch Nachfahrt mit einem Gendarmeriedienstfahrzeug bzw Messung durch eine Providaanlage festgestellt. Das Gerät war ordnungsgemäß geeicht und es hat der Gendarmeriebeamte, wie die zeugenschaftliche Aussage im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergab, die Vorschriften bezüglich Feststellung der Geschwindigkeit durch Nachfahren unter Verwendung einer Providaanlage eingehalten. Demnach geht der O.ö. Verwaltungssenat davon aus, daß eine ordnungsgemäße Messung der vom Bw gefahrenen Geschwindigkeit zustandegekommen ist und daher die angefochtene Bestrafung zu Recht erfolgt ist.

I.7.2. Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Wer als Lenker eines Fahrzeuges unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen.

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß der Bw im Bereich des vorgeworfenen Tatortes mit seinem Fahrzeug einem voranfahrenden Fahrzeug zumindest kurzfristig in einem Abstand von bloß einer Fahrzeuglänge, ds ca 5 m, nachgefahren ist. Es mag zutreffen, daß das andere Fahrzeug mehr oder minder plötzlich zwecks eines Überholmanövers vor dem Fahrzeug des Bw vom rechten auf den linken Fahrstreifen gewechselt hat. Zu diesem Fahrzeug befand sich der Bw laut dessen eigenen Angaben noch 40 bis 50 m entfernt und es wäre jedenfalls geboten gewesen, durch ein Bremsmanöver das allzu dichte Auffahren zu verhindern. Laut Angaben des Gendarmeriebeamten, welcher mit seinem Dienstfahrzeug hinter dem Bw nachgefahren ist, war kein Aufleuchten der Bremslichter festzustellen, woraus resultiert, daß der Bw sein Fahrzeug nicht mit der Betriebsbremse verzögert hat.

Der Bw ist demnach dem gesetzlichen Gebot des § 18 Abs.1 StVO 1960 nicht nachgekommen und es wurde daher der diesbezügliche Tatvorwurf zu Recht erhoben.

Was den Vorwurf der besonderen Rücksichtslosigkeit anbelangt, so hat der VwGH, wie in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ausgeführt wurde, mit Erkenntnis vom 25.9.1986, 86/02/0058, ausgesprochen, daß das Auffahren an das Vorderfahrzeug bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca 85 km/h bis auf 3 m ein besonders rücksichtsloses Verhalten darstellt. Um so mehr ist dieses Verhalten als rücksichtslos zu bewerten, wenn bei einer Geschwindigkeit von 175 km/h ein Abstand von ca 5 m zum Vorderfahrzeug eingehalten wird. Ungeachtet des Umstandes, daß unter diesen Verhältnissen bei einem plötzlichen Abbremsen des Vorderfahrzeuges es unweigerlich zu einer Kollision kommen muß, ist auch zu berücksichtigen, daß das allzu dichte Auffahren den Lenker des voranfahrenden Fahrzeuges in äußerst unangenehmer Art und Weise belastet bzw dieses Verhalten zumindest einer Nötigung gleichkommt.

Die Erstbehörde hat daher im konkreten Fall zu Recht das Verhalten des Bw als besonders rücksichtslos qualifiziert.

I.7.3. Gemäß § 106 Abs.1 lit.b KFG 1967 hat der Lenker dafür zu sorgen, daß Kinder unter 12 Jahren, die kleiner als 115 cm sind, unbeschadet des Abs.1c, in Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen auf Sitzen, die mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind, nur befördert werden, wenn dabei geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet werden, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringern können.

In diesem Fall rechtfertigt sich der Bw dahingehend, daß sein mitfahrender Sohn ursprünglich gesichert war, er sich jedoch im Zuge der Fahrt kurz vorher abgegurtet habe und er keine Möglichkeit hatte, seinen Sohn wiederum anzugurten, da er auf der Autobahn nicht unverzüglich anhalten konnte.

Diese Rechtfertigung des Bw ist nicht zu widerlegen, wäre es doch unverantwortlich, wenn sich der Fahrzeuglenker durch ein derartiges Verhalten des Kindes von seiner Aufmerksamkeit auf das Verkehrsgeschehen ablenken ließe.

Offenbar bestand vorerst keine Möglichkeit, das Fahrzeug an einer sicheren Stelle anzuhalten, um das Kind wieder zu sichern.

Demnach kann in diesem Fall nicht mit einer verwaltungsstrafrechtlich relevanten Sicherheit als erwiesen angesehen werden, daß der Bw eine Verwaltungsübertretung begangen hat, weshalb in diesem Punkt - in dubio pro reo der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

I.7.4. Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so wird festgestellt, daß die Erstbehörde im Hinblick auf Faktum 1 den Ermessensspielraum nicht überschritten hat. Sie hat die Strafe entsprechend den Kriterien des § 19 VStG festgesetzt und die Umstände und Erwägungen in bezug auf die Strafbemessung ausreichend aufgezeigt. Seitens der erkennenden Berufungsbehörde wird dazu festgestellt, daß im Hinblick auf das Ausmaß der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung bzw die diesbezüglich einschlägige Vormerkung die Ausschöpfung des Strafrahmens um 40 % jedenfalls vertretbar ist, um dem Bw sein - rechtswidriges Verhalten spürbar vor Augen zu führen.

Was die Straffestsetzung hinsichtlich Faktum 2 anbelangt, so mißt der Gesetzgeber einem besonders rücksichtslosen Verhalten einen besonderen Unrechtsgehalt bei. In diesem Sinne wurde auch für derartige Übertretungen ein höherer Strafrahmen (Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S) festgelegt.

Aus diesem Grund ist einem besonders rücksichtslosen Verhalten iSd StVO 1960 mit einer besonders strengen Bestrafung entgegenzutreten. Dennoch erscheint es im vorliegenden konkreten Fall vertretbar, die von der Erstbehörde festgesetzte Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe auf das nunmehr festgelegte Ausmaß zu reduzieren, zumal die gegenständliche Situation auch dadurch heraufbeschworen wurde, daß kurz vor dem Bw ein anderer Fahrzeuglenker den Fahrstreifenwechsel durchführte, obwohl dieser offensichtlich hätte bemerken müssen, daß er vom Bw überholt wird.

Generell ist festzustellen, daß bei erheblichen Überschreitungen der höchstzulässigen Geschwindigkeiten auf Autobahnen bzw durch allzu dichtes Auffahren die Verkehrssicherheit erheblich reduziert wird, weil durch diese Verhaltensweisen immer wieder schwere und schwerste Verkehrsunfälle entstehen. Eine entsprechend strenge Bestrafung ist daher auch aus generalpräventiven Gründen notwendig.

Zusammenfassend wird festgestellt, daß die nunmehr verhängten Geldstrafen unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw tatund schuldangemessen sind. Strafmildernde Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen, straferschwerend mußte hinsichtlich Faktum 1 eine einschlägige Vormerkung gewertet werden. Sowohl aus spezialpräventiven als auch aus generalpräventiven Gründen ist eine Herabsetzung bzw eine weitere Herabsetzung der verhängten Strafen nicht vertretbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

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