Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104275/9/Ki/Shn

Linz, 04.03.1997

VwSen-104275/9/Ki/Shn Linz, am 4. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Gerhard M, vom 30. Dezember 1996 gegen das Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 13. Dezember 1996, VerkR96-3226-1995/SR/HM, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27. Februar 1997 zu Recht erkannt:

I: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

II: Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von insgesamt 1.280 S, ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Urfahr-Umgebung hat über den Berufungswerber (Bw) mit Straferkenntnis vom 13. Dezember 1996, VerkR96-3226-1995/SR/HM, gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 32 Geldstrafen in Höhe von jeweils 200 S (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 12 Stunden) verhängt, weil er zu bestimmten, im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Zeiten, den PKW, Kennzeichen, in Linz, Riesenhofstraße-Mitterbergerweg-Keimlgutstraße-Emil-Futterstraße unter Mißachtung des Vekehrszeichens "Fahrverbot (in beide Fahrtrichtungen) ausgenommen Anliegeverkehr" gelenkt hat (verletzte Rechtsvorschriften: jeweils § 99 Abs.3 lit.a iVm § 52a Z1 StVO 1960). Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 640 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 1996 erhob der Rechtsmittelwerber Berufung gegen das Straferkenntnis mit dem Antrag, dieses Straferkenntnis dahingehend abzuändern, als das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird, in eventu möge allenfalls die Bestrafung hinsichtlich einer Tatbegehung ausgesprochen werden.

Im wesentlichen wird das Rechtsmittel damit begründet, daß der Bw in Linz, Nißlstraße wohnhaft sei und zweifelsohne eine "Anrainereigenschaft" vorliege.

Weiters werden Bedenken erhoben, daß der Meldungsleger nicht 32 mal anwesend gewesen sein konnte. Aus diesem Grund sei eine diesbezügliche Auskunft von der BPD Linz beantragt worden, diese wurde jedoch nicht eingeholt. Auch sei ein beantragter Ortsaugenschein unterblieben. Diesbezüglich seien erhebliche Verfahrensmängel gegeben.

Die Häufung der Anzeigen stelle auch eine Schikane dar und es würden die 32 Anzeigen des Meldungslegers gegen die guten Sitten sowie gegen das Schikaneverbot verstoßen.

Die Anrainereigenschaft sei insbesondere für Eigentümer und Mieter gegeben. Weiters wurde darauf hingewiesen, daß die Anwendung des Kumulationsbegriffes im Verwaltungsstrafverfahren mehr als problematisch sei. Es sei sohin von einem Dauerdelikt auszugehen und es wäre Aufgabe der Behörde gewesen, lediglich die Bestrafung in einem höheren Strafrahmen durchzuführen, nicht jedoch für sämtliche einzelne Delikte eine Strafe zu verhängen.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27. Februar 1997 Beweis erhoben. Bei dieser Verhandlung wurden der Bw sowie als Zeuge Mag. Erwin F einvernommen. Eine Vertretung der Erstbehörde ist zur Verhandlung nicht erschienen.

Der Bw führte bei seiner Einvernahme aus, daß er mittlerweile für eine Tochter sorgepflichtig sei, er in einer Lebensgemeinschaft lebe und Alleinverdiener ist. Er habe zwar gewußt, daß ein entsprechendes Verkehrszeichen aufgestellt war, er sei jedoch der Meinung gewesen, daß er als Anrainer berechtigt wäre, diese Strecke zu befahren. Es würden auch andere Verkehrsteilnehmer diese Strecke stets benützen. Er habe die gegenständliche Strecke zwar befahren, jedoch nicht immer zu diesen Zeiten, wie sie in der Strafverfügung angeführt wären. Er beginne seine Arbeit um 7.00 Uhr früh und beende diese um 16.00 Uhr. Er müsse mindestens 10 Minuten vor 7.00 Uhr in der Arbeit sein, das bedeute, daß er ziemlich schnell unterwegs sein müßte, wenn die angegebenen Zeiten stimmen würden. Er habe nie eine Person gesehen, welche seine Fahrt beobachtet habe und er sei auch nie darauf aufmerksam gemacht worden, daß er diese Strecke nicht befahren dürfe. Es sei nicht möglich, die Strecke von seinem ursprünglichen Wohnort bis zur Dienststelle innerhalb von 10 Minuten zurückzulegen.

Der Zeuge führte aus, daß die Beobachtungsörtlichkeit im wesentlichen zwischen der Haltestelle Bergbahn Schableder und der Kreuzung Oberladt Straße/Emil Futterstraße war.

Diese Strecke betrage ca 200 Meter. Die Beobachtungen wären teilweise von der Haltestelle der Bergbahn aus, teilweise vom Garten bzw vom Weg zur Bergbahnstation aus erfolgt. Der Bw sei ihm besonders aufgefallen, weil er öfters die Strecke befahren habe.

Der Zeuge führte weiters aus, daß er sich wegen der vorgeworfenen Zeiten Aufzeichnungen auf einem Notizblock gemacht habe. Die Anrainer des gegenständlichen Gebietes hätten beschlossen, mit Privatanzeigen gegen die Fahrzeuglenker, welche die gegenständliche Strecke befahren, vorzugehen. Er habe die in seiner Anzeige festgestellten Daten persönlich wahrgenommen und aufgezeichnet.

Auf Befragung führte der Zeuge aus, daß sein Dienstbeginn zwischen 7.00 und 8.00 Uhr früh liege. Die exakte Tatzeit habe er dadurch festgestellt, daß er auf die Uhr geschaut habe, wenn er das Fahrzeug des Bw feststellen konnte und diese Zeit sofort notierte. Als Begründung für die Anzeige führte der Zeuge aus, daß ihm überhaupt nichts an einer Bestrafung des Bw liege, es gehe ihm ausschließlich darum, daß die Wohnqualität erhalten bleibe bzw die Anrainer nicht belästigt werden.

I.5. In freier Beweiswürdigung gelangt die erkennende Berufungsbehörde zur Auffassung, daß der Aussage des Zeugen Glauben zu schenken ist. Der Zeuge hat seine Aussage in Kenntnis der Konsequenzen einer unrichtigen Zeugenaussage getätigt und es sind seine Angaben durchaus schlüssig und plausibel. Es ist durchaus nachvollziehbar, daß sich die Bewohner eines "verkehrsberuhigten Gebietes" gegen das unerlaubte Befahren dieses Gebietes durch Nichtberechtigte zur Wehr setzen und daher entsprechende Anzeigen veranlassen.

Der Bw konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, letztlich gesteht er jedoch selbst zu, daß er das gegenständliche Gebiet befahren hat. Daß er selbst sich nicht an die genauen Tatzeiten erinnern kann, ist durchaus nachvollziehbar, der Anzeiger hat jedoch glaubhaft dargestellt, daß er sich entsprechende Notizen gemacht hat.

Es bestehen sohin keine Bedenken, die Angaben des Anzeigers der Entscheidung zugrundezulegen.

Dem Beweisantrag um zeugenschaftliche Einvernahme eines Vertreters der BPD Linz zum Beweis dafür, daß der Zeuge aufgrund der Dienstzeiten die gegenständlichen Wahrnehmungen nicht zu den im Straferkenntnis angegebenen Zeiten machen konnte, wurde keine Folge gegeben, da der Zeuge seine Aussagen unter Wahrheitspflicht bzw in Kenntnis der strafrechtlichen Folgen einer falschen Zeugenaussage getätigt hat. Auf die Durchführung des ursprünglich beantragten Lokalaugenscheines wurde seitens des Bw verzichtet.

I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der O.ö.

Verwaltungssenat rechtlich wie folgt erwogen:

Gemäß Verordnung des Magistrates der Landeshauptstadt Linz (Bezirksverwaltungsamt) vom 4. November 1974, ist für den Fahrzeugverkehr auf der Emil-Futter-Straße, Oberladt Straße, Keimelgutgasse, Riesenwiese, Dannerweg und dem Mitterbergerweg das Fahren in beiden Richtungen verboten (§ 52a Z1 StVO 1960). Von diesem Verbot ist der Anliegerverkehr bei schnee- und eisfreier Fahrbahn ausgenommen. Diese Verordnung wurde durch Aufstellung der gesetzlich vorgesehenen Verkehrszeichen kundgemacht.

Dem Verfahren liegt eine Anzeige des Meldungslegers zugrunde, welche dieser ausschließlich als Privatperson gemacht hat. Das oben dargelegte Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß der Bw zu den vom Meldungsleger festgestellten Zeiten die verfahrensgegenständlichen von der obzitierten Verordnung erfaßten Straßenzüge befahren hat und es werden die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen objektiv als erwiesen angesehen.

Der Bw rechtfertigt sich nun damit, daß er als Anrainer berechtigt gewesen wäre, die angeführten Straßenzüge zu benutzen. Im Hinblick darauf, daß er jedoch nicht innerhalb der genannten Straßenzüge wohnt, ist er weder als Anrainer noch als Anlieger iSd verfahrensgegenständlichen Straßenzüge anzusehen. Er ist diesbezüglich offenbar einem Verbotsirrtum unterlegen.

Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte (§ 5 Abs.2 VStG).

Von einer fachlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen befähigten Person (Inhaber einer Lenkerberechtigung) ist jedoch zu erwarten, daß er die maßgeblichen Bestimmungen ua der Straßenverkehrsordnung 1960 kennt. Aus diesem Grund hätte der Bw wissen müssen, daß er im konkreten Fall für die gegenständlichen Straßenzüge nicht Anlieger ist und es ihm daher nicht gestattet war, die Straßenzüge zu befahren. Eine allfällige Unkenntnis der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen ist daher im vorliegenden Fall nicht unverschuldet und es hat der Bw, da auch keine in subjektiver Hinsicht entlastende Umstände hervorgekommen sind, die ihm vorgeworfenen Übertretungen in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht zu vertreten.

Mit der Argumentation, eine Flut von Anzeigen würde seitens des Meldungslegers gegen die guten Sitten und gegen das Schikaneverbot verstoßen, ist nichts zu gewinnen. Es mag zutreffen, daß fairerweise die Anzeige bereits hätte früher erstattet werden können bzw daß der Bw vom Meldungsleger zur Rede gestellt werden hätte können. Dieser hat jedoch seine Anzeige ausschließlich als Privatperson gemacht und es ist für die staatlichen Behörden letztlich ohne Belang, wie diese Anzeige zustandegekommen ist. Nach Bekanntwerden verwaltungsstrafrechtlicher Tatbestände haben die Verwaltungsstrafbehörden von Amts wegen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Der Bw argumentiert weiters, daß im vorliegenden Fall von einem Dauerdelikt ausgegangen werden müsse. Hat jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind diese Strafen nebeneinander zu verhängen (§ 22 Abs.1 VStG).

Aufgrund der zitierten Vorschrift des § 22 Abs.1 VStG handelt es sich demnach im vorliegenden Fall um eine Reihe von selbständig begangenen Einzeldelikten, weshalb für jede im Strafverfahren festgestellte Übertretung eine gesonderte Strafe festzusetzen ist. Die Annahme eines Dauerdeliktes bzw eines fortgesetzten Deliktes scheidet aus diesem Grund aus.

Was die Strafbemessung (§ 19 VStG) für die gegenständlichen Delikte im einzelnen anbelangt, so wurden die einzelnen Strafen bei dem vorgesehenen Strafrahmen von bis zu 10.000 S pro Delikt extrem milde bemessen, zumal aus objektiver Sicht durchaus auch höhere Strafen festgesetzt werden könnten. Die Strafbemessung ist nämlich das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, also im konkreten Fall die Mißachtung von Fahrverboten.

Im Hinblick auf diese milde Strafbemessung konnte auch der Umstand, daß der Bw nunmehr für eine Tochter sorgepflichtig ist, nicht mehr berücksichtigt werden. Der Strafmilderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt dem Bw im Hinblick auf im Verfahrensakt aufscheinende Vormerkungen nicht zugute.

Von der Erstbehörde wurde auch berücksichtigt, daß erschwerende Umstände im Verfahren nicht zutage getreten sind, wobei jedoch seitens der Berufungsbehörde bemerkt wird, daß die Anzahl der einzelnen gegenständlichen Übertretungen doch Überlegungen erschwerender Umstände nach sich ziehen könnten. Die von der Erstbehörde festgelegten Strafen erscheinen geeignet, dem Bw die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens spürbar vor Augen zu halten und ihn vor weiteren gleichartigen Verhaltensweisen abzuhalten. Darüber hinaus ist auch aus generalpräventiven Gründen eine entsprechende Bestrafung erforderlich, weshalb eine Herabsetzung der äußerst milde bemessenen Strafen nicht vertretbar ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

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