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des Landes Oberösterreich
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VwSen-104285/5/Ki/Shn

Linz, 03.02.1997

VwSen-104285/5/Ki/Shn Linz, am 3. Februar 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Karl Hubert Z, vom 29. November 1996 gegen das Straferkenntnis der BPD Linz vom 15. November 1996, GZ: Cst.-6796/96, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Straferkenntnis der BPD Linz vom 15. November 1996, GZ: Cst.-6796/96, wurde über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) verhängt, weil er am 9.2.1996 um 21.15 Uhr in Linz, Promenade Nr.3, das Kfz, Kz., abgestellt hat, obwohl an dieser Stelle ein durch Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" kundgemachtes Halte- und Parkverbot besteht (übertretene Rechtsvorschrift: § 24 Abs.1 lit.a StVO). Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 50 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Bw erhob gegen dieses Straferkenntnis am 29. November 1996 Berufung und er rechtfertigt sich im wesentlichen damit, daß er sein Fahrzeug deswegen im Halteverbot abgestellt habe, um die Alarmanlage im Juweliergeschäft zu kontrollieren. Er sei über Funk verständigt worden, daß die Alarmanlage ausgelöst worden ist. Er habe sich ca eine halbe bis eine Minute im Geschäft aufgehalten und festgestellt, daß es sich lediglich um einen Fehlalarm gehandelt habe. Da er beabsichtigt habe, am nächsten Tag Schi zu fahren, habe er ein paar Schi, welche sich in unmittelbarer Nähe der Eingangstür befunden haben, bei dieser Gelegenheit gleich mitgenommen.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte unterbleiben, zumal im bekämpften Bescheid keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt und die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Weiters wurde der Meldungsleger am 21. Jänner 1997 zeugenschaftlich einvernommen. Bei dieser Einvernahme führte der Meldungsleger aus, daß er sich an den Vorfall noch im groben erinnern könne. Er könne nicht sagen, wie lange das Fahrzeug abgestellt war, der Bw sei jedenfalls ca zwei Minuten später bei seinem Fahrzeug eingetroffen. Er habe ein paar Schi bei sich gehabt, von dem Umstand, daß die Alarmanlage in seinem Geschäft ausgelöst worden wäre, habe er jedoch nichts erwähnt. Er habe in diesem Zusammenhang diverse Nachforschungen angestellt, bei diesen Einrichtungen sei jedoch von einem Alarm jedoch nichts bekannt gewesen.

Abschließend führte der Meldungsleger aus, daß die Angaben in der Anzeige bezüglich Rechtfertigung natürlich nur sinngemäß wären, er führe jedoch nochmals aus, daß er sich nicht erinnern könne, daß der Bw von der Alarmanlage etwas erwähnt hätte.

Die Niederschrift über die Zeugeneinvernahme wurde dem Bw im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Dieser rechtfertigte sich im Rahmen einer Vorsprache am 31. Jänner 1997 im Sinne seines Berufungsvorbringens. Er wiederholte, daß der tatsächliche Grund für das Abstellen des PKW am Vorfallsort die Alarmanlage seines Geschäftes gewesen sei.

Diese Alarmanlage sei mit keiner externen Überwachungsstelle verbunden, sondern löse im Alarmfall einen Funkkontakt zu seinem Handy bzw zum damaligen Zeitpunkt zu einem Pager aus.

Kurz vor dem gegenständlichen Vorfall habe er mit dem Fahrzeug die in der Nähe situierte Hauptplatztiefgarage verlassen, als der Pager ein Signal gegeben habe. Nachdem sich die erwähnte Tiefgarage in der Nähe seines Geschäftes befinde, sei er sofort dorthin gefahren und habe natürlich aufgrund dieser Situation sein Fahrzeug für einen kurzen Zeitraum unmittelbar vor seinem Geschäft abgestellt. Im konkreten Fall habe es sich zwar um einen Fehlalarm gehandelt, er habe aber vor nicht allzu langer Zeit tatsächlich einen Einbrecher in seinem Geschäft stellen können, weshalb er natürlich beim gegenständlichen Alarm einen dringenden Handlungsbedarf gesehen habe. Er habe diesen Umstand im Verlauf eines etwa 20 minütigen Gesprächs dem Meldungsleger zu erklären versucht, dieser habe seine Rechtfertigung jedoch nicht akzeptiert. Es mag zutreffen, daß er diese Rechtfertigung im Verlauf der Diskussion nicht unbedingt in aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht habe, weshalb es durchaus sein könnte, daß der Meldungsleger, welcher offensichtlich dachte, daß lediglich die Schi verladen werden sollten, sich nicht mehr daran erinnern konnte.

I.5. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt der O.ö.

Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die Aussage des Bw nicht schlechthin als unglaubwürdig dargestellt werden kann.

Wohl hat er als Bw das Recht, sich in jede Richtung hin zu verteidigen, im konkreten Fall sind jedoch seine Aussagen schlüssig und nachvollziehbar. Nach den Erfahrungen des Lebens ist es durchaus denkbar, daß tatsächlich die Alarmanlage in seinem Geschäft ausgelöst wurde und er, nachdem er sich in der Nähe befunden hat, einen dringenden Handlungsbedarf dahingehend gesehen hat, daß er sein Fahrzeug kurz vor seinem Geschäft abgestellt hat, um der Ursache für das Auslösen des Alarms unverzüglich nachzugehen. Die Aussage des Meldungslegers ist ebenfalls durchaus glaubwürdig und schlüssig und es wird dem Meldungsleger auch nicht unterstellt, daß er den Bw willkürlich mit einer Verwaltungsübertretung belasten würde.

Es ist jedoch durchaus denkmöglich, daß im Verlauf eines 20 minütigen Disputes zwar von der Alarmanlage gesprochen wurde, der Meldungsleger sich jedoch nicht mehr an den Umstand erinnern kann, zumal er den Bw augenscheinlich lediglich beim Herbeischaffen der Schi beobachtet hat.

I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der O.ö. Verwaltungssenat rechtlich wie folgt erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 lit.a StVO 1960 ist das Halten und Parken im Bereich des Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z13b verboten.

Der Bw hat sein Fahrzeug unbestritten am vorgeworfenen Tatort zumindest zum Halten abgestellt und somit den Tatbestand der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt.

Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH kann unter Notstand iSd § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, indem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht; es muß sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, Freiheit oder das Vermögen handeln (vgl VwGH 17.2.1992, 91/19/0328 ua).

Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß der Bw bedingt durch das Auslösen der Alarmanlage und im Hinblick auf die Tatsache, daß er bereits vor nicht allzu langer Zeit tatsächlich einen Einbrecher in seinem Geschäft vorgefunden hat, damit rechnen mußte, daß eine schwere und unmittelbare Gefahr für sein Vermögen besteht. In einem solchen Fall ist es durchaus gerechtfertigt, daß er zur Abwehr der schweren und unmittelbaren Gefahr sich nicht auf eine langwierige Parkplatzsuche für sein Fahrzeug eingelassen hat, sondern daß er sein Kraftfahrzeug unmittelbar vor seinem Geschäft kurzfristig abgestellt hat. Daß es sich letztlich um einen Fehlalarm gehandelt hat, ist in diesem Zusammenhang nicht relevant. Demnach würde bei einer derartigen Sachverhaltskonstellation ein Rechtfertigungsgrund iSd § 6 VStG vorgelegen sein, welcher die Strafbarkeit der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ausschließt.

Nach dem für das Verwaltungsstrafverfahren gültigen Grundsatz "in dubio pro reo" ist das für den Beschuldigten günstigste Verfahrensergebnis der Entscheidung zugrundezulegen. Wenn sohin nach Durchführung aller Beweise und eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft bzw Schuld des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

Wie bereits oben dargelegt wurde, ist nicht auszuschließen, daß der Bw sein Fahrzeug ausschließlich wegen des ausgelösten Alarmes am vorgeworfenen Tatort kurzfristig abgestellt hat und sohin die Verwaltungsübertretung iSd § 6 VStG gerechtfertigt sein könnte.

Die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat kann somit nicht erwiesen werden. Es war daher der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren - in dubio pro reo - einzustellen (§ 45 Abs.1 Z1 AVG).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

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