Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104297/2/Bi/Fb

Linz, 20.01.1997

VwSen-104297/2/Bi/Fb Linz, am 20. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. G S, M, L, vom 30. Dezember 1996 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 10.

Dezember 1996, S 38114/96 V1S, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 49 Abs.1 VStG, §§ 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2a StVO 1960 und §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3b StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Bescheid die in der zur gleichen Geschäftszahl ergangenen Strafverfügung festgesetzten Geldstrafen wegen Übertretungen gemäß 1) §§ 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3b StVO 1960 von 1) 3.000 S auf 1.000 S und von 2) 1.500 S auf 500 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 144 Stunden auf 2 Tage und 2) 36 Stunden auf 12 Stunden herabgesetzt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da in der zugrundeliegenden Strafverfügung keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er sehe durch die Bemessung der Strafe seine Argumentation zu wenig gewürdigt, insbesondere deswegen, weil die "Berührung" des anderen Kraftfahrzeuges wegen der geringen Geschwindigkeit von ihm nur schwer wahrgenommen werden konnte und zweitens diese keinerlei Schaden am eigenen wie am anderen Kraftfahrzeug verursacht habe. Er ersuche daher um Senkung bzw Erlaß der Strafe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, daß der Rechtsmittelwerber zur Anzeige gebracht wurde, weil er am 25. Oktober 1996 um 7.50 Uhr als Lenker des Kombi in L im Bereich des Hauses G beim Vorbeifahren am abgestellten PKW den rechten Außenspiegel gestreift und es danach unterlassen habe, nach einem Verkehrs unfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, sein Fahrzeug sofort anzuhalten und 2) nach dem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) unterblieben sei.

Im dagegen rechtzeitig ergangenen Rechtsmittel, das als "Einspruch gegen Strafhöhe" übertitelt war, hat der Rechtsmittelwerber ausgeführt, daß ihm die Besitzerin des "beschädigten" KFZ versichert habe, daß der Rückspiegel lediglich aus seiner Verankerung gesprungen sei und von ihrem Mann sehr leicht manuell wieder in den ordnungsgemäßen Zustand gebracht werden habe können. Er hat außerdem darauf verwiesen, daß, wie aus der leichten "Beschädigung" zu schließen sei, die gegenseitige Berührung sehr leicht gewesen sei, sodaß es durchaus glaubhaft sei, daß er diese Berührung nicht wahrgenommen habe. Er habe sich noch dazu auf den engen Raum zwischen ihm und dem in der Gegenrichtung stehenden oder langsam fahrenden Fahrzeug beim Durchfahren konzentrieren müssen. Lediglich der letzte Punkt des Rechtsmittels enthält Ausführungen zur Strafhöhe.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 49 Abs.2 VStG ist, wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung iSd § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem aufgrund des Einspruchs ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden, als in der Strafverfügung.

Damit ist sichergestellt, daß, wenn sich der Einspruch auch gegen den Schuldspruch richtet, die gesamte Strafverfügung außer Kraft tritt und die Erstinstanz das ordentliche Verfahren einzuleiten hat. Der Terminus "ausdrücklich" im 3.

Satz ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates restriktiv auszulegen, dh es reicht nicht aus, das Rechtsmittel allein nach der Formulierung der Überschrift und des Rechtsmittelantrages zu beurteilen, sondern das gesamte Vorbringen muß sich ausdrücklich nur auf das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten beziehen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua Erkenntnis vom 15. Mai 1991, 91/02/0002) wird, wenn die abschließende Antragsformulierung des Einspruchs auf Herabsetzung der Strafe lautet, jedoch aus der Begründung eindeutig hervorgeht, daß der Beschuldigte auch die Vorwerfbarkeit des ihm angelasteten Verhaltens bestreitet, keinesfalls nur das Strafausmaß, sondern der Ausspruch über die Schuld bekämpft.

Der Antragsformulierung kommt keine entscheidende Bedeutung zu, weil es in einem Einspruch keines Antrages bedarf und auch dann, wenn Schuld und Strafe bekämpft werden, keine Verpflichtung besteht, die Einstellung des Verfahrens zu beantragen.

Im gegenständlichen Fall ist außerdem zu berücksichtigen, daß der Rechtsmittelwerber offensichtlich kein Jurist ist, sodaß ihm aus der Formulierung "Einspruch gegen Strafhöhe" kein Nachteil erwachsen kann.

Zusammenfassend vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, daß das Rechtsmittel vom 3. Dezember 1996 eindeutig und zweifelsfrei als Einspruch hinsichtlich Schuld und Strafe in bezug auf die Strafverfügung vom 14. November 1996 anzusehen ist. Die Erstinstanz wäre daher verpflichtet gewesen, das ordentliche Verfahren einzuleiten und die Tatvorwürfe umfassend zu prüfen, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, daß sie dabei zu einem anderen Ergebnis gelangt, als bloß zur Verhängung einer niedrigeren Strafe.

Aus diesem Grund war von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates der angefochtene Bescheid zur Gänze zu beheben, wobei aber die Voraussetzungen für eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nicht vorlagen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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