Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104326/18/BI/FB

Linz, 31.07.1997

VwSen-104326/18/BI/FB Linz, am 31. Juli 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn K S, S, D, D, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. A S & Partner, K, B, vom 3. Jänner 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 12. Dezember 1996, VerkR96-11539-1996, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 11. Juni 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch der verhängten Strafe bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 800 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: §§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG, §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 4.000 S (108 Stunden EFS) verhängt, weil er am 11. Mai 1996 um 11.10 Uhr den PKW (D) auf der Westautobahn A in Fahrtrichtung W gelenkt habe, wobei er im Gemeindegebiet von S bei km 237,900 die für Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 49 km/h überschritten habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 400 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 11. Juni 1997 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Beschuldigtenvertreters Mag. K, des Zeugen RI K und des technischen Amtssachverständigen Ing. M durchgeführt. Die Berufungsentscheidung wurde im Anschluß daran mündlich verkündet. 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die vorgelegten Radarfotos reichten für eine Feststellung, er habe die Höchstgeschwindigkeit um 49 km/h überschritten, nicht aus. Üblicherweise würden bei Geschwindigkeitsmessungen durch Radar die Fahrzeuge beim Durchfahren des Radarstreifens regelmäßig, dh mehrmals gemessen, die Einzelmessungen verglichen und die Messungen insgesamt verworfen, soweit die Einzelmessungen um mehr als +/- 3 km/h voneinander abweichen. Beim im gegenständlichen Fall verwendeten Radargerät Multanova 6 FM werde nur eine Einmalmessung vorgenommen und im auflaufenden Verkehr gebe es bei der fotografischen Registrierung keine exakt definierte Fotoposition. Bei gleichzeitigem Vorhandensein zweier Fahrzeuge des auflaufenden Verkehrs sei eine beweissichere Zuordnung des Geschwindigkeitswertes zu einem der beiden Fahrzeuge nur dann möglich, wenn sich das zweite auf dem Foto ersichtliche Fahrzeug des auflaufenden Verkehrs in einer Entfernung von mehr als 20 m zum gemessenen Fahrzeug befinde, was im gegenständlichen Fall nicht vorliege. Außerdem führe gerade dieses Gerät wegen seiner Sendefrequenz zu massiven Reflexionen zB mit Leitplanken. Auch das sei nicht auszuschließen, weshalb er das Meßergebnis entschieden anfechte und die Einstellung des Verfahrens beantragt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Beschuldigtenvertreter gehört, der oben genannte Beamte der Autobahngendarmerie S zeugenschaftlich einvernommen, das vorliegende Radarfoto sowie der Eichschein für das verwendete Gerät eingesehen und auf dieser Grundlage ein technisches Sachverständigengutachten durch den Amtssachverständigen gestellt wurde.

Entscheidungswesentlich ist, daß der PKW am 11. Mai 1996 um 11.10 Uhr auf der Fahrt auf der Westautobahn im Gemeindegebiet von S bei km 237,900 in Richtung W unterwegs war, als seine Geschwindigkeit mit dem Radargerät Multanova 6 FM 02-90-511 mit 188 km/h gemessen wurde. Unter Berücksichtigung des für solche Geräte vorgeschriebenen Toleranzabzuges wurde eine Geschwindigkeit von 179 km/h ermittelt und dieser Wert der Anzeige sowie dem daraufhin eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren zugrundegelegt. Als Halter dieses Kraftfahrzeuges wurde beim deutschen Kraftfahrt-Bundesamt der Rechtsmittelwerber erhoben. Dieser hat durch seinen deutschen Rechtsvertreter Akteneinsicht begehrt, sich letztendlich zum Tatvorwurf aber in keiner Weise geäußert, sodaß schließlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erging. Aus dem im Akt befindlichen Radarfoto läßt sich ersehen, daß die Geschwindigkeitsmessung so erfolgte, daß im abfließenden Verkehr nur das angeführte Fahrzeug erkennbar ist, wobei in der Vergrößerung auch das Kennzeichen einwandfrei ablesbar ist. Aus dem Eichschein für das verwendete Gerät Nr. 511 geht hervor, daß dieses zuletzt am 26. April 1994 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeicht wurde, wobei die gesetzliche Nacheichfrist mit 30. Dezember 1997 abläuft. Der Meldungsleger RI K hat bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme angeführt, er habe das Radargerät damals bei km 237,900 bei der Lärmschutzwand in Richtung W äußerst rechts am Pannenstreifen, so wie es in den Verwendungsbestimmungen vorgeschrieben sei, aufgestellt. Er habe die vorgeschriebenen Probemessungen und Tests durchgeführt, sei im Hinblick auf den Umgang mit den Radargeräten Multanova speziell geschult, führe solche Amtshandlungen ca seit sechs bis sieben Jahren durch und ihm seien keinerlei Anzeichen für irgendwelche Fehler in der Funktion dieses Radargerätes aufgefallen. Der Zeuge hat das Kalibrierfoto, aufgenommen am 11. Mai 1996, 11.00 Uhr, vorgelegt und ausgeführt, er habe an diesem Tag, seiner Erinnerung und seinen Aufzeichnungen nach, mehrere Messungen vorgenommen und auch mehrere Filme angefertigt und es habe sich hinsichtlich dieser Filme kein Anhaltspunkt für irgendeinen Fehler des Radargerätes ergeben, woraus er schließe, daß auch bei der gegenständlichen Messung kein Fehler passiert sein könne. Der technische Amtssachverständige Ing. M, der vor dem Verhandlungstermin den Meßort besichtigt und auch Fotos davon angefertigt hat, hat bei der mündlichen Verhandlung die Funktionsweise der Radargeräte dieser Bauart näher erläutert und im wesentlichen ausgeführt, daß das hier verwendete geeichte Radarmeßgerät keine Einmalmessung vornimmt, sondern, nachdem ein Fahrzeug in die Radarmeßkeule einfahre, dessen Fahrtrichtung registriere und dessen Geschwindigkeit messe und auf einer Konstanzstrecke selbständig ablaufend den erstgemessenen Geschwindigkeitswert auf seine Konstanz kontrolliere. Wenn innerhalb des ersten Streckenabschnittes von etwa 2 m keine Konstanzstrecke gefunden werde, werde die Messung anulliert und es komme zu keiner Geschwindigkeitsanzeige und damit auch zu keiner Fehlmessung oder Anzeige einer falschen Geschwindigkeit. Werde eine Konstanzstrecke gefunden und der ermittelte Geschwindigkeitswert verifiziert, so erfolge eine Anzeige am Display und in weiterer Folge komme es zu einer Fotoauslösung mit Geschwindigkeitsanzeige. Der Sachverständige hat weiters ausgeführt, daß das auf dem Foto auf der Gegenfahrbahn erkennbare Fahrzeug die Messung schon deshalb nicht beeinflußt habe, weil im gegenständlichen Fall der abfließende Verkehr gemessen und das sich in der Gegenrichtung bewegende Fahrzeug daher vom Gerät ignoriert worden sei. Er hat auch Reflexionen der Doppler-Signale durch die Mittelleitschienen und damit eine Verfälschung des Meßergebnisses ausgeschlossen, zumal es beim Vorliegen von Reflexionen zu differierenden Doppler-Signalen gekommen wäre, die eine Verifizierung des Meßergebnisses auf der Konstanzstrecke verhindert und damit zu einer Anullierung des Meßergebnisses und zum Nichterscheinen auf der Display-Anzeige geführt hätten. Außerdem hat der Sachverständige auf den Strauchbewuchs auf dem Mittelstreifen im Meßbereich hingewiesen, der die Möglichkeit einer Reflexion der Doppler-Signale noch um ein weiteres verringert habe. Er hat weiters betont, daß im Meßbereich nicht eine Durchschnittsgeschwindigkeit ermittelt werde, sondern die am Anfang gemessene und in weiterer Folge kontrollierte Geschwindigkeit. Die Zuordnung des gemessenen Geschwindigkeitswertes zum Beschuldigtenfahrzeug sei damit so erfolgt, daß eine Messung des abfließenden Verkehrs vom rechten Fahrbahnrand durchgeführt wurde und sich daraus ein definierter Auswertebereich im Radarfoto, nämlich links der Bildmitte bis zur linksseitig davon auf dem Originalradarfoto am unteren Bildrand ersichtlichen dreieckförmigen Markierung bzw vertikal mit dem gedachten Horizont, ergibt. In diesem Auswertebereich lasse sich auf dem gegenständlichen Radarfoto nur das Heck des Beschuldigtenfahrzeuges ersehen, sodaß entsprechend den Auswertekriterien in der Bedienungsanleitung für das verwendete Radarmeßgerät die gemessene Geschwindigkeit nur diesem Fahrzeug zuzuordnen sei. Entsprechend der Gerätezulassung für das verwendete Radarmeßgerät sei vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen von der gemessenen Geschwindigkeit ein Abzug von 3 % als Verkehrsfehlergrenze und ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor von 2 % angeordnet, sodaß die nunmehr dem Tatvorwurf zugrundeliegende Geschwindigkeit nachvollziehbar sei. Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates hat der technische Amtssachverständige schlüssig begründet, daß die bei der gegenständlichen Messung ermittelte Geschwindigkeit eindeutig und zweifelsfrei dem Beschuldigtenfahrzeug zuzuordnen ist. Die vom Parteienvertreter im Berufungsvorbringen angeführten Argumente hinsichtlich der möglichen Reflexion von Doppler-Signalen aus der Mittelleitschiene bzw sonstigen Gegenständen im Meßbereich wurden eindeutig und zweifelsfrei widerlegt, wobei auch zu betonen ist, daß der Rechtsmittelwerber solche Reflexionen nicht für den gegenständlichen Fall konkret behauptet, sondern nur deren Möglichkeit aufgezeigt hat. Hinweise auf ein tatsächliches Zutreffen im gegenständlichen Fall ergaben sich aus dem Beweisverfahren nicht. Es war auch kein Anhaltspunkt dafür zu finden, daß die Aufstellung des Radarmeßgerätes oder die Durchführung der Messung durch den Meldungsleger mangelhaft oder ungenau gewesen wäre, und auch ein Fehler beim Radargerät konnte nicht gefunden werden. Zum Berufungsvorbringen ist außerdem auszuführen, daß der Rechtsmittelwerber möglicherweise damit ausdrücken wollte, daß nur ein Radarfoto an der gegenständlichen Stelle angefertigt wurde. Dazu ist zu sagen, daß zwei Radarfotos, aus denen selbständig eine Zeit-Weg-Berechnung erfolgen kann, nur bei stationären Radarkabinen automatisch erfolgt, nicht aber bei Radargeräten, die nur zeitweise von dafür entsprechend geschulten Gendarmeriebeamten für kurzzeitige Messungen aufgestellt werden. Im gegenständlichen Fall handelt es sich nicht um eine dauernd aufgestellte Radarkabine, sodaß nur ein Meßfoto ausgelöst wurde. Das übrige Berufungsvorbringen hinsichtlich mehrerer Fahrzeuge im auflaufenden Verkehr ist nicht auf den gegenständlichen Fall zu beziehen und schlichtweg unverständlich, zumal ein auflaufender Verkehr auf dem Radarbild nicht erkennbar und daher auch ein eventueller Abstand eines Nachfolgefahrzeuges irrelevant ist. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß auf österreichischen Autobahnen der Lenker eines Fahrzeuges nicht schneller als 130 km/h fahren darf. Dabei handelt es sich nicht um eine Richtgeschwindigkeit wie in Deutschland, sondern um eine bei besten Bedingungen erlaubte Höchstgeschwindigkeit.

Daß die Einhaltung dieser erlaubten Höchstgeschwindigkeit entsprechend überwacht wird, liegt auf der Hand, wobei bei der mündlichen Verhandlung die Richtigkeit der durchgeführten Messung festgestellt wurde. Radargeräte der Bauart Multanova 6 FM sind in Österreich zugelassen und für solche Geschwindigkeitsmessungen geeignet. Nach Einsichtnahme in die Eichunterlagen und unter Berücksichtigung der vorgesehenen Abzüge vom Meßwert wurde die Richtigkeit des dem Tatvorwurf zugrundegelegten Geschwindigkeitswertes von 179 km/h bestätigt.

Die Geschwindigkeit von 179 km/h stellt zweifellos eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit in eklatantem Ausmaß dar, sodaß der Rechtsmittelwerber, der nie bestritten hat, das Fahrzeug zum angeführten Zeitpunkt selbst gelenkt zu haben, zweifellos den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem nicht unerheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung entspricht, als auch den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen ist - der Schätzung durch die Erstinstanz auf ein monatliches Nettoeinkommen von umgerechnet 15.000 S, dem Nichtvorhandensein von Vermögen und der Sorgepflicht für zwei Kinder wurde nicht widersprochen, sodaß auch im Rechtsmittelverfahren von solchen Verhältnissen ausgegangen wurde. Mildernd wurde bereits von der Erstinstanz zutreffend die bisherige Unbescholtenheit, erschwerend das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung, nämlich 49 km/h, gewertet. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist im gegenständlichen Fall jedenfalls von grober Fahrlässigkeit, wenn nicht dolus eventualis auszugehen, zumal die eingehaltene Geschwindigkeit den Schluß auf eine gewisse Sorglosigkeit und Gleichgültigkeit des Rechtsmittelwerbers, der sich als ausländischer Kraftfahrzeuglenker zweifellos an in Österreich geltende Geschwindigkeitsbeschränkungen zu halten hat, zuläßt. Die verhängte Strafe liegt noch im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.3 StVO sieht Geldstrafen bis zu 10.000 S bzw bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe vor); eine Herabsetzung ist aus general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen nicht gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Beweisverfahren ergab Richtigkeit des Lasermeßwertes; Strafhöhe gerechtfertigt iSd § 19 VstG - Bestätigung des Straferkenntnisses

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