Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104348/16/BI/FB

Linz, 10.02.1998

VwSen-104348/16/BI/FB Linz, am 10. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn F S, S, G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H G, R, H, vom 10. Dezember 1996 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 27. November 1996, III/ S 30816/96 V1P, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 2.Alt. VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 9.000 S (9 Tage EFS) verhängt, weil er am 13. August 1996 gegen 23.25 Uhr in L von der A, RFB Süd, kommend über die Abfahrt zur Kreuzung mit der A - Auf- bzw Abfahrt A, RFB Nord, Einfahrt V den PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 900 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil aufgrund ergänzender Erhebungen ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er bestreite nicht, daß er den PKW gelenkt habe und an einem Verkehrsunfall mit Sach- und Personenschaden beteiligt gewesen sei. Er habe sich zur Unfallszeit aber nicht in alkoholisiertem Zustand mit einem Atemalkoholwert von 0,44 mg/l befunden. Das Gutachten Dris. W berücksichtige nicht, daß er kurz vor Fahrtantritt noch rasch Alkohol getrunken habe. Es hätte die Anflutungsphase angenommen werden müssen, wobei sich ergeben hätte, daß die Alkoholspitze nach dem Unfall erreicht wurde und er zur Unfallszeit noch unter 0,4 mg/l gelegen sei. Beantragt wurde dazu die Ergänzung des medizinischen Gutachtens sowie die Einvernahme eines namentlich angeführten Zeugen, im übrigen die Aufhebung des Bescheides und Rückverweisung an die Erstinstanz, in eventu Einstellung des Verfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie in den Akt 19U 883/96 des Bezirksgerichtes L.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich: Der Rechtsmittelwerber lenkte am 13. August 1996 gegen 23.25 Uhr seinen PKW, Kz. , in L, von der A, RFB Süd, kommend über die Abfahrt zur Kreuzung mit der A, um die Kreuzung geradeaus Richtung V, zu überqueren, wobei sich vor der Kreuzung ein Vorrangzeichen "Vorrang geben" befindet. Zur gleichen Zeit kam R W mit ihrem PKW von der A, RFB Nord, zur genannten Kreuzung, um diese geradeaus zu durchfahren. Hinter ihr befand sich mit der gleichen Absicht J F mit seinem PKW. Zwischen den Fahrzeugen des Rechtsmittelwerbers und der Zeugin W kam es im Kreuzungsbereich zu einer Kollision, wobei der Zeuge F auf den PKW W auffuhr. Beim Unfall erlitt die Zeugin W eine Zerrung der Halswirbelsäule, sohin eine über drei Tage dauernde Verletzung. Die im PKW F mitfahrenden Zeugen W und L wurden ebenfalls verletzt.

Der Rechtsmittelwerber gab laut Unfallprotokoll gegenüber RI H an, er habe das Vorrangzeichen übersehen. Da der Meldungsleger Alkoholgeruch in seiner Atemluft feststellte, wurde der Rechtsmittelwerber noch an der Unfallstelle einer Atemluftalkoholuntersuchung mit dem geeichten und vom Hersteller Siemens überprüften Alkomat Nr.W0572 unterzogen, die um 0.19 und 0.20 Uhr jeweils einen Wert von 0,38 mg/l AAG ergab. Seinen Alkoholkonsum gab er mit einer Halben Bier von 20.30 bis 20.45 Uhr und 4/4 Cola-Weißwein von 21.00 bis 23.00 Uhr des 13. August 1996 an. Eine Vorführung zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung im Sinne des § 5 Abs.5 StVO 1960 fand nicht statt. Da aber laut Gutachten des Polizeiarztes Dr. W die Rückrechnung des AAG auf die Unfallzeit 23.25 Uhr ein Überschreiten der 0,4 mg/l-Grenze ergab, erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

Nach Antrag des Bezirksanwalts beim Bezirksgericht L auf Bestrafung des Rechtsmittelwerbers wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung betreffend R W gemäß §§ 88 Abs.1 und 3 (§ 81 Z2) StGB erging das Urteil des Bezirksgerichts L vom 7. April 1997, 19 U 883/96, mit dem der Rechtsmittelwerber wegen fahrlässiger Körperverletzung nach §§ 88 Abs.1 und 3 (§ 81 Z1) StGB schuldig gesprochen wurde. Begründet wurde dies damit, die Tat sei unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen worden, wobei als Kriterien dafür nach der Mosaiktheorie die regennasse Fahrbahn, Dunkelheit, die Mißachtung des Vorranges des Querverkehrs durch mangelnde Reaktion und Aufmerksamkeit und weiters eine erhebliche Übermüdung und Alkoholisierung des Beschuldigten gewertet wurden. Laut Begründung habe sich der Beschuldigte auch noch in einem die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand befunden, zumal das Ergebnis der Atemluftalkoholkontrolle nur 0,02 mg/l unter dem Grenzwert des § 5 Abs.1 StVO gelegen sei. Sollten daher keine besonders gefährlichen Verhältnisse anzunehmen sein, wäre jedenfalls der Tatbestand der §§ 88 Abs.1 und 3 (81 Z2) StGB verwirklicht. Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung wurde mit Urteil des Landesgerichtes L vom 1. Oktober 1997, 31 Bl 129/97, keine Folge gegeben, weil zwar die Auffassung vertreten wurde, daß nicht von besonders gefährlichen Verhältnissen auszugehen sei - eine gegenüber spezifischen Normalfällen qualitativ verschärfte Gefahrenlage im Sinne einer außergewöhnlich hohen Unfallwahrscheinlichkeit wurde nicht erblickt -, jedoch wurde eine Fahruntauglichkeit im Sinne des § 81 Z2 StGB ausdrücklich bejaht, wobei der knapp unter der 0,4 mg/l-Grenze liegende Atemalkoholgehalt, die zwangsläufig vorhandene Ermüdung und die verminderte Aufmerksamkeit und Konzentration des Beschuldigten, der das Vorrangzeichen "Vorrang geben" ebenso wie den PKW W übersehen habe, als Begründung angeführt wurden. Eine Abänderung des Urteilsspruches in dem Sinn, die verfehlte Heranziehung des Z1 des § 81 StGB durch die Heranziehung der Z2 zu ersetzen, wurde für unzulässig befunden. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wobei der Zustand einer Person bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 %o oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt gilt. Gemäß § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 idF BGBl.Nr. 16/1997 liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht. Die gerichtliche Verurteilung des Rechtsmittelwerbers erfolgte zwar formell, dh nach dem Urteilsspruch, wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach den §§ 88 Abs.1 und 3 (§ 81 Z1) StGB, jedoch materiell, dh der Urteilsbegründung nach, in der Qualifikation des § 81 Z2 StGB, nämlich weil er als Lenker eines PKW R W fahrlässig am Körper verletzt hat, nachdem er sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig, durch Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt hat, obwohl er vorhergesehen hat oder verhersehen hätte können, daß ihm eine Tätigkeit bevorstehe, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeizuführen oder zu vergrößern geeignet sei. Damit wurde er bereits wegen der Begehung einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bestraft, wobei der vom Strafgericht zu ahndende Tatbestand - hier kommt es nicht darauf an, ob das Strafverfahren tatsächlich mit einem Schuldspruch endet - den ihm im Verwaltungsstrafverfahren zur Last gelegten Vorwurf der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO in sich trägt. Ein dem Tatvorwurf des Verwaltungsstrafverfahrens entsprechender Schuldspruch würde im Ergebnis eine unzulässige Doppelbestrafung nach sich ziehen. Aus diesem Grund erübrigt sich nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates eine weitere Prüfung des verwaltungsstrafbehördlichen Tatvorwurfs dahingehend, ob sich der Rechtsmittelwerber zur Unfallzeit in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat.

Da die dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet, war mit der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens im Grunde des § 45 Abs.1 Z1 2. Alt. VStG vorzugehen, wobei naturgemäß auch Verfahrenskostenbeiträge nicht erwachsen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: gerichtliche Verurteilung nach §§ 88 Abs.1 und 3 (81 Z1) StGB, wobei aus der Urteilsbegründung hervorgeht, daß Z1 nicht gegeben ist, aber Z2, eine Spruchänderung aber nicht zulässig ist, entspricht dem Vorwurf der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO, so daß eine unzulässige Doppelbestrafung die Folge wäre -> Einstellung gemäß § 45 Abs.1 Z1 2. Alternative VStG.

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