Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104360/10/Weg/Km

Linz, 29.09.1997

VwSen-104360/10/Weg/Km Linz, am 29. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des J K vom 4. Februar 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 16. Jänner 1997, VerkR96-10723-1996, nach der am 22. September 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i VStG. Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 300 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt, weil dieser am 7. Mai 1996 gegen 17.15 Uhr den Pkw auf der H Bundesstraße B aus Richtung E in Richtung R gelenkt hat und bei Km 21,150 in einer Linkskurve auf eine Länge von ca. 30 m mit allen vier Rädern auf dem linken Fahrstreifen gefahren sei. Dadurch habe er sein Fahrzeug nicht so weit rechts gelenkt, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Verkehrsbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen sei. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 30 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde begründet den Schuldspruch dieses Straferkenntnisses auf die Wahrnehmungen zweier zeugenschaftlich befragter Straßenaufsichtsorgane, welche den Vorfall beobachten konnten und welche angaben, von einem Hasen, der sich laut Aussage des Beschuldigten am rechten Fahrstreifen befunden hätte, nichts bemerkt zu haben.

3. Der Berufungswerber dagegen bringt in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung vor, daß mitten auf dem von ihm benützten Fahrstreifen ein Hase gesessen sei und er diesen überfahren hätte, wäre er nicht auf den linken Fahrstreifen ausgewichen. Er verwies dabei auf seine bisherige Verantwortung, in welcher er Frau R R und Frau M P, welche bei ihm mitgefahren seien, als Zeuginnen anführte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen, durch zeugenschaftliche Befragung der Frau M P, durch Verlesung der zeugenschaftlichen Aussagen der Meldungsleger sowie durch Vernehmung des Beschuldigten anläßlich der mündlichen Verhandlung am 22. September 1997, in deren Anschluß auch ein Lokalaugenschein durchgeführt wurde.

Die Zeugin P (Schwester des Beschuldigten) führte nach ausdrücklicher Wahrheitserinnerung und Belehrung, daß eine falsche Beweisaussage ein gerichtlich zu sanktionierendes Delikt ist, aus, es sei richtig, daß auf der Fahrbahn ein Hase gesessen sei, welchem der Beschuldigte (Bruder) dadurch ausgewichen sei, daß er auf den linken Fahrstreifen wechselte. Die Zeugin wirkte etwas eingeschüchtert und unsicher, beispielsweise verwechselte sie eine Linkskurve mit einer Rechtskurve. An der Glaubwürdigkeit der Aussage bestanden zunächst Zweifel. Der Beschuldigte führte aus, daß vom Beobachtungsstandort der Meldungsleger nicht erkennbar sei, ob dort ein Hase gesessen sei, weil eine Leitschiene die Sicht auf einen Teil dieser Kurve im untersten halben Meter der Fahrbahn verdecke. Er führte unter Anfertigung einer Skizze an, wo das Patrouillenfahrzeug der Exekutivorgane gestanden sei. Daß er dem Hasen nicht durch abruptes Verlenken ausgewichen ist, sondern durch eine gleichmäßige Lenkbewegung, begründet er damit, daß er kein Fahranfänger sei. Die ebenfalls als Zeugin geladene R R konnte sich an den Vorfall nicht mehr erinnern.

In Anschluß an die Verhandlung wurde ein Lokalaugenschein durchgeführt, bei dem sich zum Teil bestätigte, was der Berufungswerber ausführte. Vom Standort der Gendarmeriebeamten bei Km 21,000 (es gibt keine andere Möglichkeit, das Patrouillenfahrzeug abzustellen) besteht zwar ungehinderte Sicht auf den Verlauf dieser Linkskurve, nicht jedoch in der gesamten Linkskurve auf den Fahrbahnbelag selbst. Etwa auf eine Länge von 15 m wird der Fahrbahnbelag durch die dort beginnende Leitschiene verdeckt, sodaß in diesem Bereich (Ende des ersten Drittels der Linkskurve) ein Hase gesessen sein könnte, der vom Beobachtungsstandort der Gendarmeriebeamten nicht gesehen werden konnte.

Es ist zwar insgesamt unwahrscheinlich, daß sich um diese Uhrzeit (17.15 Uhr des 7. Mai) ein Hase sitzend auf der Fahrbahn befindet, denkunmöglich jedoch ist dies nicht. Im Hinblick auf diese Denkmöglichkeit und der Aussage der Zeugin P wurde somit im Zweifel für den Beschuldigten angenommen, daß tatsächlich ein auf dem rechten Fahrstreifen sitzender Hase die Ursache für das Auslenkmanöver war. Einen Widerspruch zwischen der Aussage des Beschuldigten am 30.7.1996 vor der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck und der Berufungsschrift kann die Berufungsbehörde (anders als die Erstbehörde) nicht sehen. Am 30.7. führte der Berufungswerber aus, ein Hase sei am rechten Fahrstreifen gesessen, in der Berufung führte er aus, der Hase sei mitten auf dem von ihm benützten (somit dem rechten) Fahrstreifen gesessen. Die Gendarmeriebeamten gaben in ihren Zeugenaussagen nicht an, daß sich kein Hase auf der Fahrbahn befunden hätte, sie gaben lediglich zu Protokoll, daß sie keinen Hasen bemerkt hätten. Dies ist im Hinblick auf die oben beschriebene Sichtbehinderung kein Widerspruch mit dem zumindest denkmöglichen Vorhandensein eines Hasen auf dem rechten Fahrstreifen am Ende des ersten Drittels der gegenständlichen Linkskurve.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erweisbar ist.

Wie oben ausgeführt, liegt diese Beweisbarkeit mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit nicht vor, sodaß das Benutzen des linken Fahrstreifens die einzige Möglichkeit war, einem Verkehrsunfall auszuweichen.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Wegschaider

Beschlagwortung: Berufung verspätet

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