Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104366/2/Sch/Rd

Linz, 08.09.1997

VwSen-104366/2/Sch/Rd Linz, am 8. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des F vom 14. Jänner 1997, vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 2. Jänner 1997, VerkR96-20194-1994, wegen Übertretungen des GGSt, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 2. Jänner 1997, VerkR96-20194-1994, über Herrn F, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 32 Abs.3 GGSt, 2) § 32 Abs.3 GGSt, 3) § 32 Abs.3 GGSt und 4) § 32 Abs.3 GGSt Geldstrafen von 1) 1.000 S, 2) 500 S, 3) 500 S und 4) 1.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 48 Stunden, 2) 24 Stunden, 3) 24 Stunden und 4) 48 Stunden verhängt, weil er am 18. November 1994 gegen 15.00 Uhr den Sattelzug mit den Kennzeichen und auf der Drautal Bundesstraße (B 100) bei Kilometer 146,6 im Gemeindegebiet von Sillian, Arnbach, in Richtung österreichisches Zollabfertigungsgebäude gelenkt habe und anläßlich der Kontrolle festgestellt worden sei, daß, obwohl er sechs Fässer ätzende Flüssigkeit Phynol-Sulfon-Säure mitgeführt und es sich dabei um Gefahrengut gehandelt habe, 1) kein Unfallmerkblatt in deutscher Sprache mitgeführt habe, 2) keine orangefarbenen Leuchten vorhanden gewesen seien, 3) keine gefüllte Augenspülflasche vorhanden gewesen sei und 4) kein Beförderungspapier in deutscher, englischer oder französischer Sprache mitgeführt worden sei. Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 300 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

In der Anzeige des GPK Sillian vom 24. November 1994, welche dem abgeführten erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren zugrundeliegt, hat der Berufungswerber ein bestimmtes namentlich und von der Menge ("Angaben des Angezeigten") näher umschriebenes Gefahrgut transportiert. Demgegenüber enthält der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hinsichtlich der Menge keine Angaben mehr.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt in seiner einschlägigen Judikatur (vgl. VwSen-110074/2/Weg/Ri vom 27. Februar 1996, VwSen-104582/2/Sch/Rd vom 1. Juli 1997) die Rechtsansicht, daß zur Konkretisierung einer entsprechenden Tat iSd § 44a Z1 VStG, die Angabe von Art und Menge des beförderten Gutes gehört. Diese Rechtsprechung fußt zum einen auf der generell zur oben erwähnten Bestimmung ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und zum anderen darauf, daß klargestellt sein muß, daß der Transport angesichts der Menge des Gefahrgutes nicht mehr unter Inanspruchnahme der Randnummer 10011 des ADR durchgeführt worden sein konnte. Daß nach der Aktenlage im konkreten Fall von einer Kleinmenge nicht mehr die Rede sein konnte, mußte außer Betracht bleiben, zumal eine fristgerechte Verfolgungshandlung der Erstbehörde bezüglich der beförderten Gefahrgutmenge, welche die Berufungsbehörde die Ergänzung des Bescheidspruches hätte erwägen lassen können, nicht vorlag. Abgesehen davon ist es durch die Änderungen der Anlagen A und B zum Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), verlautbart durch BGBl.Nr. 22/1997, zu einer Neufassung von einschlägigen Rechtsvorschriften gekommen, die zumindest teilweise auch auf den vorliegenden Fall Auswirkungen hat. Da die Berufungsbehörde grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zu beurteilen hat, die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung gegeben ist (vgl. § 66 Abs.4 AVG bzw. § 1 Abs.2 VStG), war im Zusammenhang mit den Fakten 1 und 2 des angefochtenen Straferkenntnisses auf die diesbezüglich nunmehr für den Lenker günstigere Rechtslage Bedacht zu nehmen (vgl. die Rn 10385 Abs.2 bzw. 10260 lit.d sublit ii der oben erwähnten ADR-Novelle). Die Formulierung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Zusammenhang mit Faktum 3 erfüllt nicht zur Gänze die vom Gesetz normierten Erfordernisse, wobei ebenfalls auf den entsprechenden einschlägigen Teil der Rn 10260 in Form der oben erwähnten Novelle hingewiesen wird.

Ausgehend von diesen grundsätzlichen formalrechtlichen Erwägungen konnte eine Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen weitgehend unterbleiben, wobei aber der Vollständigkeit halber zu bemerken ist, daß die entsprechenden Einwendungen im Hinblick auf eine angeblich fehlende Inbetriebnahme des Fahrzeuges durch den Berufungswerber auf österreichischem Bundesgebiet nach der Aktenlage hinreichend widerlegt sind. Auch ist der Begriff der "Beförderung" keinesfalls so eng auszulegen, wie dies der Berufungswerber tut. Gemäß § 3 Abs.1 Z2 GGSt umfaßt dieser Begriff auch zeitweilige Unterbrechungen im Verlauf der Beförderung, worunter eine Anhaltung im Zuge einer Grenz- bzw. Zollkontrolle zweifellos fällt.

Dem Berufungswerber ist allerdings beizupflichten, daß die Einvernahme des damals die Beanstandung an die Gendarmerie gemeldet habenden Zollwacheorganes zur Beurteilung des angezeigten Sachverhaltes erforderlich gewesen wäre, wobei im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat diesbezüglich sogar eine gesetzliche Notwendigkeit gesehen wird (vgl. § 51i VStG). Immerhin wurde von diesem Organ das "Merkblatt für Gefahrgutwaren" mit den entsprechenden später angezeigten Mängeln - in einem Teil im Widerspruch zu den Angaben in der Anzeige - ausgefüllt. Eine solche Einvernahme würde aber zum nunmehrigen Zeitpunkt mit größter Wahrscheinlichkeit keinerlei Ergebnisse mehr bringen, wo doch der genannte Zollwachebeamte, der sich zwischenzeitig in Pension befindet, schon im Rahmen des erstbehördlichen Verfahrens angegeben hat, sich an die Angelegenheit nicht mehr erinnern zu können, was zum Teil auch auf den von der Erstbehörde einvernommenen Gendarmeriebeamten zutrifft (Niederschrift vom 15. März 1996). Schließlich ist im Zusammenhang mit Faktum 4 des Straferkenntnisses, also dem nicht in deutscher, englischer oder französischer Sprache mitgeführten Beförderungspapier, zu bemerken, daß diesbezüglich in der Anzeige ausgeführt ist, der Lenker habe das Beförderungspapier in englischer Ausfertigung nach der Beanstandung "beigebracht" (ebenso wie ein Unfallmerkblatt in deutscher Sprache). Da Beförderungspapiere ladungsspezifische Dokumente (Frachtbrief, Lieferschein) sind, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, daß solche Papiere - möglicherweise zum Unterschied von Ausrüstungsgegenständen - an der Staatsgrenze erworben werden können. Es kann daher nicht gänzlich ausgeschlossen werden, daß das Beförderungspapier bereits mitgeführt worden ist. Auch das Faxdatum auf den laut Anzeige "beigebrachten" Papieren - bis auf eine Ausnahme das Datum 17.11.1994 (Vorfallstag 18.11.1994) - wäre angesichts dessen zu erörtern. Weitere Erhebungen in diese Richtung würden aber nicht mehr als verwaltungsökonomisch vertretbar anzusehen sein und in keiner Relation zur verhängten Geldstrafe stehen.

Es ist daher zusammenfassend festzustellen, daß der Berufung aus den oben genannten Gründen Erfolg beschieden zu sein hatte. Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

S c h ö n

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