Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104371/11/Sch/<< Rd>> Linz, am 17. April 1997 VwSen104371/11/Sch/<< Rd>>

Linz, 17.04.1997

VwSen-104371/11/Sch/<< Rd>> Linz, am 17. April 1997
VwSen-104371/11/Sch/<< Rd>> Linz, am 17. April 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des R vom 22. Jänner 1997, vertreten durch die RAe, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. Jänner 1997, VerkR96-17398-1996, wegen zweier Übertretungen der Straßen-verkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 16. April 1997 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die zu Faktum 1 verhängte Geldstrafe auf 2.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage sowie die zu Faktum 2 verhängte Geldstrafe auf 1.200 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag herabgesetzt werden. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 370 S. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 10. Jänner 1997, VerkR96-17398-1996, über Herrn R, wegen der Verwal-tungsübertretungen gemäß 1) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2) § 4 Abs.5 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 3.000 S und 2) 1.500 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 96 Stunden und 2) 60 Stunden verhängt, weil er am 31. Oktober 1996 gegen 15.20 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der Schulstraße in St. Georgen iA. in Richtung Kreuzung mit der Dr. Greilstraße gelenkt habe. Auf Höhe des Gasthauses K habe er wegen eines anhaltenden Reisebusses an diesem vorbeifahren wollen, er habe aufgrund von Gegenverkehr jedoch anhalten müssen und sei in der Folge zurückgefahren, wobei er an dem hinter ihm anhaltenden PKW links vorne angefahren sei, wodurch dieser PKW beschädigt worden sei. Obwohl sein Verhalten am Unfallort mit dem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, habe er 1) nicht sofort angehalten und 2) nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt, obwohl er dem (richtig: der) Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 450 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Der Berufungswerber bestreitet nicht, zum relevanten Zeitpunkt ein Rückfahrmanöver mit seinem PKW durchgeführt zu haben, wohl aber, daß er hiebei am Fahrzeug der damals hinter ihm anhaltenden Zeugin H angestoßen sei. Er habe nach dem Zurücksetzen mit seinem Fahrzeug verkehrsbedingt noch etwa ein bis zwei Minuten warten müssen. In dieser Zeit habe die hinter ihm befindliche Fahrzeuglenkerin ihn nicht auf einen vermeintlichen Unfall aufmerksam gemacht.

Dieser Verantwortung steht aber die glaubwürdige und im wesentlichen schlüssige Aussage der genannten Zeugin entgegen. Dieser zufolge sei sie aufgrund eines haltenden Autobusses hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers zum Stehen gekommen. Die Entfernung zwischen den beiden Fahrzeugen hat sie mit etwa einem Meter angegeben. Dann habe der Berufungswerber den Rückwärtsgang eingelegt und begonnen sein Fahrzeug rückwärts zu lenken. Als sie diesen Umstand erkannte, habe sie sofort zu hupen begonnen. Trotzdem sei der Rechtsmittelwerber seitlich vorne im Bereich des linken Kotflügels ihres Fahrzeuges angestoßen. Dieser Anstoß war für die Zeugin mit einem leichten Ruck ihres Fahrzeuges wahrnehmbar gewesen. Hienach sei der Berufungswerber sofort weggefahren. Die Berufungsbehörde sieht keinerlei Grund, an dieser Aussage zu zweifeln. Wenn der Berufungswerber den Umstand, daß der Unfall in dieser Form nicht abgelaufen sein kann, da bei einem Abstand von einem Meter zwischen den beiden Fahrzeugen ein Anstoß seitlich vorne am Fahrzeug der Zeugin nicht möglich gewesen sei, zum Anlaß nimmt, ihr zu unterstellen, sie habe fälschlicherweise einen "Altschaden" als vom Berufungswerber verursacht bezeichnet, so ist ihm zwar zu konzedieren, daß das von der Zeugin geschilderte Fahrmanöver des Berufungswerbers bei einem derartig geringen Abstand zwischen den Fahrzeugen diese Schäden nicht erklärt. Der Abstand muß um einiges größer gewesen sein, wobei diese Tatsache allein aber keinesfalls die Aussage der Zeugin als gänzlich unglaubwürdig und unschlüssig erscheinen läßt. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung haben viele Menschen Probleme mit der Abschätzung von Entfernungen und werden nur deshalb, daß ihre Schätzungen um einige Meter daneben liegen, keineswegs unglaubwürdig. Die Zeugin hat überdies nicht den Eindruck hinterlassen, als würde sie dem Berufungswerber einen "Altschaden" unterschieben wollen, vielmehr wurde ihr der Schaden von der gegnerischen Haftpflichtversicherung ersetzt, welcher Umstand ebenfalls für ihre Schilderung spricht, zumal Versicherungen bekanntlich nicht ungeprüft Leistungen erbringen.

Des weiteren ist es zu einer Stellprobe mit den beiden Fahrzeugen gekommen, welche ebenfalls ein Ergebnis zu Lasten des Berufungswerbers erbracht hat. Bei der Behauptung des Berufungswerbers, der Umstand, daß auch die (vordere) Spur des Fahrzeuges der Zeugin verstellt worden sei, müsse größere Schäden am Fahrzeug des Genannten bewirkt haben, handelt es sich um eine nicht zwingend zutreffende Feststellung. Jeder Fahrzeuglenker schon mit geringen technischen Kenntnissen weiß, daß eine (geringfügige) Spurverstellung nicht eines massiven seitlichen Anstoßes am Rad bedarf. Dazu kommt noch, daß nach der Lage des gegenständlichen Falles der Anstoßpunkt beim Fahrzeug des Berufungswerbers die Stoßstangenkante gewesen sein dürfte, welche naturgemäß besonders widerstandsfähig ist.

Voraussetzung für die Verpflichtungen nach § 4 StVO 1960 ist nicht nur das objektive Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens, sondern in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens. Der Tatbestand ist daher schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände (Anstoßgeräusch, ruckartige Anstoßerschütterung) zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit wenigstens einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (VwGH 6.7.1984, 82/02A/0072). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß der Berufungswerber aufgrund seines durchgeführten Fahrmanövers nach hinten von vornherein ein besonderes Maß an Sorgfältigkeit an den Tag hätte legen müssen. Dazu kommt noch, daß die Zeugin, wie sie glaubwürdig angegeben hat, sofort, als mit dem Fahrmanöver begonnen wurde, die Hupe, und zwar durchgehend, betätigt hat. Des weiteren hat sie in ihrem Fahrzeug den Anstoß durch einen Ruck wahrgenommen. Die Berufungsbehörde geht davon aus, daß der Rechtsmittelwerber bei gehöriger Aufmerksamkeit in der Lage gewesen wäre, von der Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden Kenntnis zu erlangen. Es wäre nicht schlüssig anzunehmen, daß der Anstoß nur im Fahrzeug der Zeugin durch einen Ruck wahrnehmbar gewesen wäre, nicht aber in jenem des Rechtsmittelwerbers. Zum anderen hat die Zeugin während des Rückfahrmanövers ständig gehupt, welche Tatsache gleichfalls dem Berufungswerber nach dem Anhalten die Verpflichtung auferlegt hat, sich entsprechend zu vergewissern.

Die Berufungsbehörde hat den Angaben der Zeugin gegenüber dem bestreitenden Berufungsvorbringen den Vorzug gegeben. Die Glaubwürdigkeit des Berufungswerbers ist insbesondere deshalb erschüttert, da er behauptet hat, nach der Rückwärtsfahrt noch etwa ein bis zwei Minuten angehalten zu haben. Demgegenüber wurde von der Zeugin wesentlich glaubwürdiger angegeben, er sei sofort weggefahren. Wäre der Berufungswerber tatsächlich noch so lange an Ort und Stelle verblieben, hätte die Zeugin zweifellos mit ihm entsprechend Verbindung aufnehmen können. Obwohl sie sofort ihren am Beifahrersitz befindlichen Sohn beauftragt hatte, auszusteigen um mit dem Berufungswerber Kontakt aufzunehmen, ist ihm dies aufgrund dessen sofortiger Weiterfahrt nicht gelungen. Es muß daher festgestellt werden, daß der Berufungswerber bestrebt ist, eine für ihn günstige Version des Vorfalles darzutun, ohne hiebei auf den Wahrheitsgehalt seiner Angaben besonderes Augenmerk zu legen.

Da sohin der Genannte nach dem Verkehrsunfall weder sofort im rechtlichen Sinne (vgl. insbesondere VwGH 2.7.1979, 1781/77) angehalten noch die nächste Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall verständigt hat, waren die beiden Übertretungen von ihm zu verantworten.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ist ein mehrfacher. Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folgen eines Verkehrsunfalles hintangehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlangen, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinanderzusetzen haben wird. Der Unrechtsgehalt von Übertretungen des § 4 StVO 1960 muß daher als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG Bedacht zu nehmen ist.

Milderungsgründe lagen nicht vor, zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung war aber gemäß § 55 Abs.2 VStG von dem von der Erstbehörde (damals noch zu Recht) angenommenen Erschwerungsgrund der einschlägigen Verwaltungs-strafvormerkungen nicht mehr gegeben. Die Berufungsbehörde hat allenfalls auch erst während des Berufungsverfahrens eingetretene Umstände bei der Strafbemessung wahrzunehmen. Dies gilt auch für den Ablauf der Tilgungsfrist hinsichtlich einer Vorstrafe (VwGH 15.4.1991, 90/19/0586).

Allein in diesem Umstand ist die Herabsetzung der beiden Geldstrafen gelegen. Den von der Erstbehörde angenommenen persönlichen Verhältnissen wurde nicht entgegengetreten, sodaß sie auch der Berufungsentscheidung zugrundegelegt werden konnten. Angesichts seines monatlichen Durchschnittseinkommens von geschätzten 15.000 S wird der Berufungswerber in der Lage sein, die verhängten Geldstrafen zu bezahlen. Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. S c h ö n



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