Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104410/2/BI/FB

Linz, 07.04.1998

VwSen-104410/2/BI/FB Linz, am 7. April 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn H S, F, L, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E H und Dr. R L, L, L, vom 13. Februar 1997 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 5. Februar 1997, St. 29249/96-3, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in beiden Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren jeweils eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z.2 und 3 und 66 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 46 Abs.4 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 und 2) §§ 46 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 4.000 S (7 Tage EFS) und 2) 700 S (24 Stunden EFS) verhängt, weil er "am 30. 7. 1996 um 20.25 Uhr vom Parkplatz des R-Restaurants zur Auffahrt A der A-FR W zurück bis zur A Bezirksstraße (Gemeindegebiet A) mit dem KFZ, Kz. , auf der Autobahn eine Richtungsfahrbahn entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung befahren und 2) am 30. 7. 1996 kurz vor 19.00 Uhr und um 20.25 Uhr vom Parkplatz des R-Restaurants zur Auffahrt A der A-FR W bis zum Parkplatz des R-Restaurants (es?) die Autobahn mit einem KFZ benützt habe, das eine Bauartgeschwindigkeit von mindestens 60 km/h nicht aufweise." Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 470 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.1 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, es sei richtig, daß er mit dem Moped von der A Bezirksstraße über die Zufahrt zum Autobahnparkplatz "R" gefahren sei, und zwar über die Distanz von acht Metern. § 46 Abs. 2 StVO unterscheide begriffsmäßig zwischen "Autobahn" und einer durch Hinweiszeichen gekennzeichneten Zufahrtsstraße zur Autobahn. Er sei niemals auf der Autobahn selbst gefahren, sondern nur auf den genannten Parkplatz und zurück. Hinsichtlich des Vorwurfs "Autobahn" sei der Tatort falsch angelastet worden. Er beantrage daher die Einstellung des Verfahrens wegen Verfolgungsverjährung. Überdies habe er bei der Erstinstanz deponiert, daß er als Präsenzdiener lediglich 3.000 S monatlich beziehe, und er sei unbescholten. Eine Geldstrafe von 4.700 S sei aus diesem Grund als überzogen anzusehen, abgesehen davon, daß kein schweres Verschulden vorliege. Er habe damals kein anderes Fahrzeug gehabt und beruflich in der Autobahnraststätte zu tun gehabt; es sei ihm auch keine zweite Zufahrt bekannt gewesen. Er verstehe auch nicht, daß der zweite Lenker mit grundsätzlich denselben Delikten lediglich eine Geldstrafe von 1.800 S bekommen habe. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie durch einen Ortsaugenschein im Bereich der Autobahnraststätte A am 6. April 1998.

Nach der unbestrittenen Aktenlage ist davon auszugehen, daß der Rechtsmittelwerber am 30. Juli 1996 um ca. 20.25 Uhr von den Meldungslegern BI H und RI S, die von der damaligen S-(heute: J) Tankstelle an der A Bezirksstraße aus die Kreuzung mit der Zufahrt zur A - RFB W beobachteten, gesehen wurde, wie er als Lenker eines Motorfahrrades vom Autobahnparkplatz A kommend über die Autobahnzufahrt entgegen der Fahrtrichtung zur A Bezirksstraße fuhr. Bei der Anhaltung gab er an, bei einer in der Autobahnraststätte stattgefundenen Verkaufsschulung gewesen zu sein, zu der er gegen 19.00 Uhr über die genannte Strecke hin- und nun zurückgefahren sei. Auf die Autobahn sei er nur gekommen, weil er sich zuwenig ausgekannt habe. Beim Ortsaugenschein hat sich ergeben, daß die Autobahnraststätte A in FR W, die aus einer Autobahn-Tankstelle und dem Restaurant R, die auch in dieser Reihenfolge passiert werden, besteht, rechtsseitig der A so situiert ist, daß rechts neben der Raststätte ein über die Autobahn-Tankstelle erreichbarer Parkplatz, der von der baulichen Einrichtung her offensichtlich für Kraftfahrzeuge mit größeren Längsabmessungen bestimmt ist, liegt. Von diesem Parkplatz zweigt nach rechts eine Straße ab, die an einem kleinen, hinter dem Raststättengebäude liegenden und für Lieferanten uä bestimmten Parkplatz vorbei in Richtung Autobahnauffahrt A, FR W, führt. Bei dieser Kreuzung ist beidseitig ein Vorrangzeichen "Stop" und das Hinweiszeichen "Vorgeschriebene Fahrtrichtung nach links" angebracht. Die Autobahnauffahrt A, FR W, führt von der A Bezirksstraße, die sich tatsächlich ca. acht Meter weiter befindet, hinter dem Raststättengebäude zur A - RFB W. Kurz nach der Abzweigung der Zufahrtsstraße zum Autobahnparkplatz befindet sich in ihrem Verlauf rechtsseitig das Hinweiszeichen "Autobahn". Aufgrund der örtlichen Lage ist es zwar möglich, vom Autobahnparkplatz kommend nach links auf die Autobahnauffahrt A, FR W, einzubiegen, nicht aber, nach rechts Richtung A Bezirksstraße zu fahren. Dies deshalb, weil die Autobahnauffahrt als Einbahn Richtung A führt und bei der Einmündung der Parkplatzausfahrt die Fahrtrichtung nach links vorgeschrieben ist. Die Sicht von der J-Tankstelle zur Kreuzung Autobahnauffahrt A - A Bezirksstraße ist einwandfrei gegeben, sodaß die beiden Beamten des GP A den Rechtsmittelwerber uneingeschränkt beobachten konnten. Dieser hat nach ihren Schilderungen die Strecke zwischen der Einmündung der Parkplatzzufahrt in die Autobahnauffahrt und der A Bezirksstraße entgegen der Einbahnregelung befahren, was auch in der Berufung zugestanden wird.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses: Gemäß § 46 Abs.4 lit.a StVO 1960 ist es auf der Autobahn verboten, eine Richtungsfahrbahn entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung zu befahren, sofern sich nicht aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen etwas anderes ergibt.

Gemäß § 99 Abs.2 lit.c leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, zB beim Überholen, als Wartepflichtiger oder im Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung, unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt, insbesondere Fußgänger, die Schutzwege vorschriftsmäßig benützen oder Radfahrer, die Radfahrerüberfahrten vorschriftsmäßig benützen, gefährdet oder behindert.

Dem Rechtsmittelwerber wird vorgeworfen, auf der Autobahn eine Richtungsfahrbahn entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung befahren zu haben. Als Strafnorm wurde die Zitierung nach § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 herangezogen, worauf aber im Spruch mit keinem Wort eingegangen wurde, nämlich welcher der die höhere Strafdrohung bestimmenden Umstände im gegenständlichen Fall tatsächlich herangezogen wurde. Abgesehen davon, daß dieser Umstand, zB die besonders gefährlichen Verhältnisse, in einer einer eindeutigen Zuordnung zugänglichen Umschreibung bereits innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist dem Beschuldigten entsprechend vorzuwerfen gewesen wäre - schon hier ergäbe sich ein formaler Grund für eine Verfahrenseinstellung - hat offenbar die Erstinstanz auch den Sachverhalt im Hinblick auf die örtlichen Gegebenheiten nicht ausreichend erhoben, um zu einer Aussage gelangen zu können, der Rechtsmittelwerber hätte eine "Richtungsfahrbahn" befahren, geschweige denn den Tatvorwurf, er habe als "Geisterfahrer" die Autobahn benützt, zu begründen. Unter dem Begriff "Richtungsfahrbahn" ist gemäß § 2 Abs.1 Z.3a StVO 1960 eine Fahrbahn zu verstehen, die für den Verkehr in einer Fahrtrichtung bestimmt und von der Fahrbahn für den Verkehr in der entgegengesetzten Fahrtrichtung durch bauliche Einrichtungen getrennt ist. Damit sind bezogen auf Autobahnen die tatsächlich für den Schnellverkehr bestimmten, baulich voneinander getrennten und als Einbahnen geführten Richtungsfahrbahnen gemeint, nicht aber schlechthin jede als Einbahn geführte Straße innerhalb der im Zuge einer Autobahn befindlichen baulichen Anlagen, zB Autobahnparkplätze und Zufahrten zu Raststätten.

Im gegenständlichen Fall kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, daß der Rechtsmittelwerber keine "Richtungsfahrbahn" befahren hat, sondern vielmehr auf nicht zulässigem Weg, nämlich "von hinten", an die Raststätte A herangefahren ist und diese auf demselben Weg verlassen hat. Auch wenn der genaue Abstellort seines Motorfahrrades während der Verkaufsschulung nicht mehr zu eruieren ist, so ist davon auszugehen, daß er gar nicht bis zur Richtungsfahrbahn W der A vorgedrungen ist und solches auch nie beabsichtigt hat.

Das Verwaltungsstrafverfahren war daher im Grunde des § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen. Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses: Gemäß § 46 Abs.1 StVO 1960 dürfen Autobahnen nur mit Kraftfahrzeugen benützt werden, die eine Bauartgeschwindigkeit von mindestens 60 km/h aufweisen und mit denen diese Geschwindigkeit überschritten werden darf; dies gilt nicht für Fahrzeuge des Straßendienstes. Jeder andere Verkehr, insbesondere der Fußgängerverkehr, der Verkehr mit Fahrrädern, Motorfahrrädern und Fuhrwerken, der Viehtrieb und das Reiten, ist auf der Autobahn verboten...

Dem Rechtsmittelwerber wurde vorgeworfen, ein Kraftfahrzeug auf einer Autobahn gelenkt zu haben, das keine Bauartgeschwindigkeit von mindestens 60 km/h aufgewiesen habe. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates enthält § 46 Abs.1 im oben zitierten Umfang zwei Kathegorien von Fahrzeugen, denen das Befahren der Autobahn untersagt ist, und zwar eine allgemeine Kathegorie, bestehend aus Kraftfahrzeugen mit zu niedriger Bauartgeschwindigkeit, und eine besondere Kathegorie, bestehend aus konkret bezeichneten (Kraft)Fahrzeugen, Fußgängern und Tieren.

Das vom Rechtsmittelwerber gelenkte Kraftfahrzeug war ein Motorfahrrad, das schon begrifflich, dh ohne Rücksicht auf die Bauartgeschwindigkeit, vom Befahren der Autobahn ausgeschlossen war. Daraus folgt, daß der Tatvorwurf nicht nach § 46 Abs.1 1.Satz StVO 1960, sondern nach der im 2. Satz dieser Bestimmung enthaltenen spezielleren Norm zu gestalten gewesen wäre. Dem Rechtsmittelwerber wurde aber innerhalb der Frist nur das Lenken eines "KFZ" vorgeworfen, obwohl schon der Anzeige zweifelsfrei zu entnehmen war, daß es sich bei diesem KFZ um ein Motorfahrrad gehandelt hat. Es war daher auch in diesem Punkt spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß keine Verfahrenskostenbeiträge anfallen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: 1) Beweisverfahren (Ortsaugenschein) hat ergeben, daß eine Richtungsfahrbahn nie befahren wurde -> Einstellung 2) Verkehr mit Motorfahrrädern ist ex lege auf Autobahnen verboten; Umschreibung über Bauartgeschwindigkeit unzulässig -> Einstellung.

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