Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104429/9/Sch/Rd

Linz, 16.06.1997

VwSen-104429/9/Sch/Rd Linz, am 16. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des H vom 14. Februar 1997, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 15. Jänner 1997, VerkR96-5049-1996, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung und Verkündung am 15. Mai 1997 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verfahren eingestellt. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Insoweit der Berufung Folge gegeben wurde, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge. Im Zusammenhang mit dem abweisenden Teil der Entscheidung hat der Berufungswerber als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von insgesamt 700 S (20 % der zu Fakten 2 und 3 verhängten Geldstrafen) zu leisten. Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 und 45 Abs.1 Z1 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 15. Jänner 1997, VerkR96-5049-1996, über Herrn H, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 7 Abs.1 StVO 1960, 2) § 31 Abs.1 StVO 1960 und 3) § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.000 S, 2) 1.500 S und 3) 2.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 30 Stunden, 2) 45 Stunden und 3) 75 Stunden verhängt, weil er am 1. September 1996 gegen 16.45 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen in St. Ägidi, Ortschaftsbereich A, auf der Keßla Landesstraße in Richtung St. Sixt auf Höhe des Straßenkilometers 16,140 nicht so weit rechts gefahren sei, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen sei, da er bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 70 bis 80 km/h rechts von der Fahrbahn auf das Bankett abgekommen sei, den PKW nach links verrissen habe, gegen die Straßenböschung gestoßen und anschließend wieder über die Fahrbahn in den rechten Straßengraben geschlittert sei. Weiters habe er bei diesem Verkehrsunfall eine Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (Leitpflock) beschädigt und die nächste Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter von der Beschädigung unter Bekanntgabe seiner Identität nicht ohne unnötigen Aufschub verständigt und nach diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt, da er nach dem Unfallzeitpunkt zwischen 18.00 Uhr und 18.30 Uhr des 1. September 1996 im Gasthaus R in St. Ägidi einen verbotenen Nachtrunk in Form von Bier (zwei Seidel) getätigt habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 450 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Zum stattgebenden Teil der Berufung:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, 95/02/0276, ausgesprochen, daß § 7 StVO 1960 unter Überschrift "Allgemeine Fahrordnung" im hier in Betracht kommenden ersten Satz des Absatzes 1 bestimme, daß der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergebe, so weit rechts zu fahren habe, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich sei. Dieser Bestimmung könne nur entnommen werden, sich bei Benützung der Fahrbahn so weit als hier umschrieben (Sicherheitsabstand) rechts zu halten, nicht jedoch ein Verbot, die Fahrbahn nach rechts hin zu verlassen. Im vorliegenden Fall ist der Berufungswerber letztlich nach rechts von der Fahrbahn abgekommen und in den rechten Straßengraben geschlittert. Dieser Sachverhalt kann als faktisch identisch mit jenem angesehen werden, der der obigen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, veröffentlicht in ZVR 2/1997, zugrundegelegen ist, weshalb der Berufung in diesem Punkt Erfolg beschieden zu sein hatte.

Zu den Fakten 2 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses:

Wie der Zeuge G anläßlich der eingangs erwähnten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung angegeben hat, sei er aufgrund eines entsprechenden Ersuchens hin zur Unfallstelle gefahren und habe dort in der Folge zusammen mit dem Berufungswerber sowohl Schäden an der Straßenböschung als auch einen beschädigten bzw. umgefahrenen Leitpflock festgestellt. Für den Zeugen sei kein Zweifel daran entstanden, daß diese Schäden, also auch der Leitpflock, durch den vorangegangenen Verkehrsunfall des Berufungswerbers entstanden waren. Angesichts dieser Kenntnisnahme hätte der Berufungswerber die Beschädigung des Leitpflockes entweder bei der nächstgelegenen Gendarmeriedienststelle oder beim Straßenerhalter ohne unnötigen Aufschub zu melden gehabt. Statt dessen hat sich der Rechtsmittelwerber vorerst in ein Gasthaus, dann zu einem Arzt, in der Folge ins Krankenhaus und schließlich zu sich nach Hause bringen lassen. Erst von dort aus hat er gegen 20.15 Uhr (Unfallzeitpunkt gegen 16.45 Uhr) die Gendarmerie telefonisch vom Unfall verständigt. Angesichts dieses langen Zeitraumes kann von einer Unfallmeldung ohne unnötigen Aufschub keinesfalls mehr die Rede sein. Selbst wenn man einem Unfallenker zugesteht, daß ihm die Behandlung eigener Verletzungen wichtiger ist als eine Unfallmeldung, so kann hieraus für den Berufungswerber im konkreten Fall nichts gewonnen werden, da er sich unbestrittenerweise vorher nicht in ärztliche Behandlung, sondern in ein Gasthaus begeben hat. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre die Unfallmeldung von ihm zu erwarten gewesen.

Zur Frage des getätigten Nachtrunks in Form von zwei Seidel Bier ist zu bemerken, daß das Verbot eines Nachtrunkes so lange besteht, als mit einer amtlichen Tatbestandsaufnahme, zu der auch die Feststellung eines allfälligen alkoholbeeinträchtigten Zustandes des Lenkers im Unfallzeitpunkt gehört, gerechnet werden muß (VwGH 24.2.1982, 03/3848/80).

Die Verpflichtung der Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes schließt grundsätzlich auch das Verbot ein, nach dem Unfall Alkohol zu trinken, wenn dadurch die Feststellung, ob zum Zeitpunkt des Unfalles ein durch Alkohol beeinträchtigter Zustand gegeben war, erschwert werden kann, und zwar unabhängig davon, ob vor dem Unfall Alkohol konsumiert wurde oder nicht (VwGH 13.3.1981, 02/2245/80).

Wenngleich laut amtsärztlicher Stellungnahme vom 2. Dezember 1996 letztlich davon auszugehen ist, daß der Berufungswerber zum Unfallzeitpunkt nicht alkoholisiert war bzw. eine solche Alkoholisierung forensisch nicht zu beweisen wäre, so ändert dies nichts daran, daß der Berufungswerber nach dem Verkehrsunfall keinen Alkohol hätte konsumieren dürfen. Eine solche "ex-post-"Betrachtungsweise kann im Zusammenhang mit den Pflichten iSd § 4 StVO 1960 nicht entscheidend sein. Angesichts des Vorfalles (schwerer Verkehrsunfall ohne eindeutig nachvollziehbare Ursachen) hatte zur amtlichen Sachverhalts-aufnahme auch die Feststellung eines allfälligen alkoholbeeinträchtigten Zustandes des Lenkers zum Unfallzeitpunkt gehört, weshalb sich für den Berufungswerber damit ein Nachtrunk verbot. Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ist ein mehrfacher. Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folgen eines Verkehrsunfalles hintangehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlangen, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinanderzusetzen haben wird. Der Unrechtsgehalt von Übertretungen des § 4 StVO 1960 muß daher als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG Bedacht zu nehmen ist. Die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde bereits von der Erstbehörde berücksichtigt, Erschwerungsgründe lagen nicht vor. Das monatliche Nettoeinkommen des Berufungswerbers von ca. 12.000 S läßt erwarten, daß er zur Bezahlung der Verwaltungsstrafen in der Lage sein wird, ohne seine Lebensführung unangemessen einschränken zu müssen.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

S c h ö n

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