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des Landes Oberösterreich
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VwSen-104450/25/GU/Di/Mm

Linz, 21.10.1997

VwSen-104450/25/GU/Di/Mm Linz, am 21. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer (Vorsitzender: Dr. Langeder, Berichter: Dr. Guschlbauer, Beisitzer: Dr. Bleier) über die Berufung des Herrn F. V., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P., gegen Faktum 1 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft .. vom 31. Jänner 1997, Zl. VerkR96-21632-1996-Shw, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 6.10.1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung hinsichtlich des Schuldspruches wird abgewiesen. II. Der Berufung bezüglich der Strafhöhe wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von 13.000 S auf 12.000 S herabgesetzt wird. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser, wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von elf Tagen und zwei Stunden verhängt.

III. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten. Für das Verfahren erster Instanz, ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 Prozent der neu bemessenen Strafe, das sind 1.200 S.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 19 und § 24 VStG, § 5 Abs.1 und 99 Abs.1 lit.a StVO 1960. Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 31.1.1997, VerkR96-21632-1996-Shw, wurde über den Rechtsmittelwerber unter den Punkten 1-3, wegen Übertretung 1.) des § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960, 2.a.) des § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960, 2.b.) des § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 3.) des § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 zu 1.) eine Geldstrafe von 13.000 S (EFS 12 Tage), zu 2.a.) eine Geldstrafe von 1.500 S (EFS 72 Stunden), zu 2.b.) eine Geldstrafe von 1.500 S (EFS 72 Stunden) und zu 3.) eine Geldstrafe von 1.500 S (EFS 72 Stunden), verhängt, weil er am 30.11.1996, gegen 04.00 Uhr, den Kombi, Kennzeichen .., in M. auf der L.-Straße, auf dem H.rweg und über die M. Landesstraße zum Parkplatz vor dem Haus M.straße 35 a in M. gelenkt hat, wobei er sich hiebei aufgrund des bei ihm gemessenen Atemluftalkoholgehaltes von über 0,4 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat; es, nachdem er im Zuge der oben angeführten Fahrt auf Höhe des Hauses L.Straße Nr. 7, einen Verkehrsunfall mit Sachschaden (Beschädigung des Gartenzaunes des Hauses L.-Straße 7), verursacht hat, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, unterlassen hat, a) sofort anzuhalten, b) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, zumal er sich und das Fahrzeug vor der amtlichen Tatbestandsaufnahme von der Unfallsstelle entfernte; es, nachdem er im Zuge der oben angeführten Fahrt auf Höhe des Hauses L.-Straße Nr. 7, eine Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (Verkehrsspiegel) beschädigt hat, unterlassen hat, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter von der Beschädigung unter Bekanntgabe seiner Identität ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.

I.2. In seiner dagegen erhobenen Berufung beantragte der Rechtsmittelwerber die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses im wesentlichen mit der Begründung, daß es zwar richtig sei, daß im vorliegenden Fall ein positives Alkomatmeßergebnis vorliege, die gewonnenen Meßwerte jedoch nicht dem Lenkzeitpunkt 04.00 Uhr, sondern dem Zeitpunkt der Durchführung des Alkotestes um 07.58 Uhr und 08.00 Uhr dieses Tages betreffen.

Da die zitierte Strafnorm auf den Lenkzeitpunkt abstelle, sei die Frage zu prüfen, ob dies auch für den Tatzeitpunkt 04.00 Uhr des 30.11.1996 gelten würde, dies, da der Rechtsmittelwerber aus Frust wegen dem Verkehrsunfall nach dem Nachhausekommen gegen 04.00 Uhr, zuhause noch zwei Flaschen Bier und etwa einen Viertel Liter französischen Weinbrand getrunken hätte, und sich zwischen 05.30 und 06.00 Uhr auf das Sofa gelegt und bis zum Eintreffen der Gendarmerie geschlafen hätte.

Bezüglich dem Erkenntnis der Erstbehörde, in dem seiner Nachtrunkverantwortung kein Glauben geschenkt wurde, da er den einschreitenden Organen hievon nichts gesagt habe, führte der Rechtsmittelwerber aus, daß die erstbehördliche Beweiswürdigung nur in Fällen trittfest sei, in denen der Proband gleich nach dem Vorfall oder zumindest im Zuge des Erstkontaktes mit der Gendarmerie behauptet, keinen Nachtrunk getätigt zu haben. In solchen Fällen würde es der Judikatur entsprechen, daß die Beweiswürdigung der Verwaltungsstrafbehörde, es handle sich bei einer nachträglich geänderten Verantwortung um eine Schutzbehauptung, einer Überprüfung standhält. Dies selbst nur dann, wenn keine anderen bzw. zusätzlichen Ermittlungsergebnisse bzw. Beweismittel vorliegen würden.

Seiner Berufung legte der Rechtsmittelwerber auch ein Schreiben seiner Lebensgefährtin bei, in dem sie bestätigte, "daß zwei leere Bierflaschen und eine leere Weinbrandflasche auf dem Tisch gestanden hätten, als sie am 30.11.1996 aufgestanden und der Rechtsmittelwerber auf der Couch gelegen sei, dies, obwohl diese Flaschen am Vorabend, als sie zu Bett gegangen sei, nicht am Tisch gestanden hätten und Herr V. bereits fortgefahren wäre".

Ferner führte der Rechtsmittelwerber aus, daß die Erstbehörde gegenständlich undifferenziert die Beweiswürdigungsjudikatur in Fällen übernehme, in denen der Beschuldigte vor der Gendarmerie einen Nachtrunk verneint habe und die diesbezügliche Verantwortung später ändere.

Ein derartiger Fall würde gegenständlich keinesfalls vorliegen. Die üblicherweise für die Anzeigenbeilage in Verwendung findenden Formulare, würden sogar eine eigene Rubrik betreffend Nachtrunk enthalten. Dies fehle in der "Beilage zur Anzeige" vom 1.12.1996, worin lediglich angeführt werde, daß er über den Alkoholkonsum keine Angaben hätte machen können. Es würde sich somit gegenständlich um seine erste und einzige Nachtrunkverantwortung, welche keinen anderen Beweisergebnissen entgegenstehen würde, handeln.

In seiner schriftlich eingebrachten Äußerung vom 24.3.1997 schränkte der Rechtsmittelwerber seine Strafberufung auf Punkt 1 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ein.

Da im bekämpften Straferkenntnis vom 31.1.1997 die Bezirkshauptmannschaft .. im Rahmen der Strafbemessung auf Seite 6 der Begründung hinsichtlich des Punktes 1 des Spruches des Straferkenntnisses eine einschlägige Verwaltungsvormerkung straferschwerend berücksichtigt habe, obwohl bei der Verhängung dieser Strafe zu Ungunsten des Rechtsmittelwerbers das Gesetz offenkundig verletzt worden sei, stellte der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 27.5.1997 den Antrag, das Berufungsverfahren möge bis zum Vorliegen der Entscheidung der Verwaltungsstrafbehörde über seine Anregung nach § 52 a VStG ausgesetzt werden.

Mit Schreiben vom 29.8.1997 teilte der Rechtsmittelwerber mit, daß der Grund der Verfahrensaussetzung im Sinne seines Antrages vom 27.5.1997 weggefallen sei, da die Kraftfahrbehörden seine Anregung nach § 52 a VStG verworfen hätten.

I.3. Aufgrund der Berufung wurde am 6.10.1997 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Rechtsmittelwerber F. V., sein Vertreter Rechtsanwalt Dr. P., eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft .., Frau Mag. S. erschienen. In der Verhandlung wurden die Zeugen S. M., Insp. J.F. und Rev.Insp. S. vernommen, das Verzeichnis der verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen vom 4.12.1996 und über Antrag des Beschuldigtenvertreters die Anzeige des GPK M. vom 1.12.1996, GZ P 2260/96-Sieg, samt Meßstreifen der Alkomatmessung vom 30.11.1996 erörtert, sowie dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten.

I.4. Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen:

I.4.1. Der Rechtsmittelwerber verursachte am 30.11.1996 gegen 04.00 Uhr auf der L.-Straße in M. auf Höhe des Hauses L.-Straße Nr. 7 einen Verkehrsunfall, wobei der Gartenzaun des genannten Hauses und ein Verkehrsspiegel der Stadtgemeinde M. beschädigt wurden. Im Anschluß setzte der Rechtsmittelwerber die Fahrt fort, ohne sich mit den Geschädigten in Verbindung zu setzen bzw. die nächste Gendarmeriedienststelle von dem Unfall zu verständigen. Aufgrund des am Unfallort gefundenen Kennzeichens konnte der Rechtsmittelwerber als Zulassungsbesitzer des Unfallautos ausgeforscht werden.

Gegen 7.30 Uhr fuhren die beiden Beamten Insp. F. und Rev.Insp. S. zur Wohnung des Rechtsmittelwerbers. Die Beamten haben zunächst mit der Lebensgefährtin - die ihnen öffnete - des Rechtsmittelwerbers gesprochen und ihr erzählt, daß sie zwecks Aufklärung eines Verkehrsunfalles, bei dem das Kennzeichen des Rechtsmittelwerbers gefunden wurde, ermitteln. Als die beiden Beamten die Wohnung betraten, schlief der Rechtsmittelwerber auf einer Couch, neben einem leeren Tisch, sodaß er geweckt werden mußte. Der darauffolgenden Aufforderung, zum Gendarmerieposten M. mitzufahren kam der Rechtsmittelwerber nach. Bei der nach Aufforderung durchgeführten Alkomatuntersuchung erzielte er um 07.58 Uhr einen Wert von 0,77 mg/l Atemluftalkoholgehalt und um 08.00 Uhr einen Wert von 0,81 mg/l Atemluftalkoholgehalt. Auf die Frage der Beamten an den Rechtsmittelwerber, was dieser getrunken hätte, antwortete dieser nicht, sondern machte nur eine abweisende Handbewegung. Angaben über einen etwaigen Nachtrunk wurden weder vom Rechtsmittelwerber in dessen Wohnung bzw. am Gendarmerieposten, noch von dessen - über den Verkehrsunfall informierten - Lebensgefährtin gemacht.

Erstmals, als der Beschuldigte Tage danach seinen Anwalt konsultiert hatte, brachte dieser in der Stellungnahme vom 13.1.1997 vor, daß er, nachdem er den PKW zuhause abgestellt habe zwischen rund 04.00 Uhr und 05.30 Uhr zwei halbe Liter Bier und etwa 1/4 Liter französischen Weinbrand getrunken hätte.

1.4.2. Zur Beweiswürdigung: Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab der Rechtsmittelwerber an, daß er am 30.11.1996 kurz vor 04.00 Uhr früh auf dem Nachhauseweg vom Lokal ".." in M., wo er einige Kaffee und drei bis vier Seiterl Bier konsumiert hätte, mit einem Gartenzaun touchiert sei. Da der Rechtsmittelwerber sich nicht sicher fühlte, ob er nicht doch zuviel getrunken hätte, sei er kurz zurückgefahren und habe sich dann sofort nach Hause begeben. Wegen dieses Vorfalles hätte der Rechtsmittelwerber nicht schlafen können und habe daher, zuhause angekommen, zwei Bier und den Inhalt, schätzungsweise 8-10 cm, einer Cognac-Flasche Marke Napoleon, ausgetrunken.

Danach sei er auf der Couch des Wohnzimmers eingeschlafen, währenddessen seine Lebensgefährtin während der ganzen Zeit im Schlafzimmer geschlafen habe. Die konsumierten Flaschen hätte er auf den Tisch stehen lassen.

Der Rechtsmittelwerber wisse nicht mehr, ob, als er von der Gendarmerie aufgeweckt worden sei, die zuvor erwähnten Flaschen noch am Tisch gestanden hätten, da ihm nach dem Aufwecken noch etwas schwummerig gewesen sei. Auch wisse er nicht, ob er von einem Nachtrunk zu den Gendarmen noch etwas gesagt habe und ob er von den Gendarmen bezüglich eines Nachtrunkes befragt worden sei. Er sei jedenfalls von der Gendarmerie zum Alkomattest aufgefordert worden, den er dann auch abgelegt hätte. Weiters könne er sich nicht erinnern, ob er von den Gendarmen darüber befragt worden sei, ob er vor Fahrtantritt etwas gegessen oder welchen Alkoholgenuß er gehabt habe.

Der Zeuge Insp. F. gab an, daß, als er in die Wohnung des Rechtsmittelwerbers kam, dieser auf einem Sofa geschlafen habe. Als der Rechtsmittelwerber gefragt worden sei, ob er etwas getrunken habe, habe dieser nicht geantwortet, sondern nur eine abweisende Handbewegung gemacht. Er sei überhaupt sehr wortkarg gewesen und schien stark benommen zu sein. Er sei nicht über einen etwaigen Nachtrunk befragt worden. Die Wohnung sei sehr ordentlich aufgeräumt gewesen und sei nichts herumgestanden, zumindest sei für ihn kein Glas oder keine Flasche sichtbar gewesen.

Der Zeuge Rev.Insp. S. gab an, daß er den Rechtsmittelwerber, als er in die Wohnung gekommen sei, auf dem Sofa schlafend angetroffen habe und dieser wachgerüttelt habe werden müssen. Der Rechtsmittelwerber habe dabei einen sehr schläfrigen und betrunkenen Eindruck gemacht. Die Wohnung sei sehr sauber aufgeräumt gewesen und habe er keine Flaschen oder sonstiges Trinkgefäß herumstehen sehen. Der Rechtsmittelwerber sei der Aufforderung zur Ablegung des Alkomattestes anstandslos gefolgt. Der Rechtsmittelwerber sei am Posten, als er gefragt worden sei, was er denn getrunken hätte, nachdem dieser durch eine abwehrende Handbewegung signalisiert hätte, dazu nichts von sich geben zu wollen, nicht differenziert befragt worden, was er vor Fahrtantritt getrunken habe, oder ob ein allfälliger Nachtrunk erfolgt sei.

Auch von der Lebensgefährtin, welcher deutlich gemacht worden sei, weshalb die Gendarmen erschienen seien, nämlich wegen der Aufklärung eines Verkehrsunfalles nach einem aufgefundenen Kennzeichen, des auf den Lebensgefährten zugelassenen PKWs, sei keine Spontaninformation über ein allfälliges Trinken ihres Lebensgefährten zuhause oder, daß sie etwa Flaschen oder Gläser weggeräumt hätte, gemacht worden.

Die Zeugin M. gab an, daß sie am 30.11.1996 etwa um 07.00 Uhr aufgestanden sei und ihren Lebensgefährten im Wohnzimmer auf der Couch schlafend vorgefunden hätte. Am Wohnzimmertisch seien zwei Bierflaschen und eine Flasche Cognac sowie Gläser gestanden, welche sie weggeräumt hätte. Bei den Gläsern habe es sich um ein Bierglas und um ein Stamperl, offensichtlich für den Cognacgenuß gehandelt. Beim Wegräumen der Cognac-Flasche habe sie bemerkt, daß sie leer und vorher noch etwas mehr als die Hälfte drinnen gewesen sei.

Beim Eintreffen der Gendarmen sei ihr erklärt worden, daß sie Herrn V. suchen würden, um einen Verkehrsunfall aufzuklären.

Auf die Frage nach der in der Berufung erliegenden Schreiben mit dem Titel "Bestätigung" befragt, erklärt die Zeugin, daß das Schreiben von ihr sei und auf Empfehlung des Verteidigers von ihr verfaßt worden sei. Dies, da sie vom Lebensgefährten gebeten worden sei ihm zu bestätigen, wie es gewesen sei mit dem Trinken.

Daraufhin legte der Verteidiger zum Beweis dafür, daß nach Aufforderung zum Alkomattest um Angaben über den Nachtrunk befragt werde, und diese Angaben dann in der entsprechenden Rubrik der "Beilage zu der Anzeige" ausgefüllt würden, wenn solche Fragen gestellt worden seien, drei Ablichtungen von Gendarmerieaufzeichnungen anläßlich von aufgeforderten anderen Probanden vor.

In seiner Schlußäußerung bringt der Vertreter des Rechtsmittelwerbers vor, daß angesichts des Umstandes, daß der Beschuldigte total benommen gewesen sei, als er zum Alkomattest aufgefordert worden sei, ihm daher nicht zumutbar gewesen sei, bereits anläßlich dieser Gelegenheit auf den Nachtrunk hinzuweisen. Seiner Auffassung nach, habe er bei der ersten sich bietenden Gelegenheit auf den Nachtrunk hingewiesen. In eventu werde infolge Wegfalles einer einschlägigen Vorstrafe durch Zeitablauf beantragt, die Geldstrafe auf 12.000 S herabzusetzen.

I.5. Hinsichtlich der Beweiskraft von Behauptungen des Beschuldigten (über Zeitpunkt und Menge des genossenen Alkohols) hat die Behörde nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 AVG) vorzugehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12.10.1970, Zl. 133/70, und vom 12.11.1987, Zl. 87/02/0134) im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes dem Umstand Bedeutung beigemessen, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Behauptung aufgestellt hat. In Anbetracht der Wichtigkeit dieses Umstandes ist davon auszugehen, daß auf einen allfälligen Nachtrunk bei erster sich bietender Gelegenheit - von sich aus - hingewiesen wird (vgl. VwGH vom 26.1.1996, Zl. 95/02/0289). Im vorliegenden Beschwerdefall hat der Rechtsmittelwerber allerdings trotz der bei der Alkomatuntersuchung sofort gegebenen Gelegenheit die Behauptung eines Nachtrunkes erst nach erteilter Aufforderung zur Rechtfertigung durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter erhoben. Daß der Rechtsmittelwerber anläßlich der in Rede stehenden Amtshandlung den Nachtrunk - so sein Vorbringen - infolge "seines schwummerigen Gefühles nach dem Aufwecken" nicht erwähnt habe, konnte bei ihm als eine Person der mit dem Spannungsfeld Alkoholkonsum und Fahrzeuglenken schon eine deutliche Berührung hatte, nicht glaubwürdig erscheinen. Auch die Lebensgefährtin, die den Beamten gegenüber - angesichts der für den Lebensgefährten bestehenden äußerst unangenehmen Situation - von einem, auf etwaigen Alkoholgenuß und somit Nachtrunk hindeutenden Wegräumen von Flaschen vor Eintreffen der Beamten, nichts sagte, konnte nicht überzeugen, zumal auch ihre Aussage sie habe mit dem Beschuldigten erst am Sonntag (also einen ganzen Tag später) über den immerhin nicht alltäglichen Vorfall gesprochen, der allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht. Von konkreten Angaben des Beschuldigten über Zeitraum, Menge und Trinkabfolge eines Nachtrunkes bei einer "ersten sich bietenden Gelegenheit" erst im Wege über den Anwalt konnte somit keine Rede sein, zumal der Rechtsmittelwerber zwecks Durchführung der Atemluftprobe zum Gendarmerieposten mitgenommen wurde und es der Lebenserfahrung widerspricht, wenn der Beschwerdeführer trotz des von ihm angeführten körperlichen Zustandes im Zuge der immerhin geraume Zeit in Anspruch nehmenden Amtshandlung auf den Nachtrunk nicht hingewiesen hat.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangte daher zur Überzeugung, daß der Rechtsmittelwerber den von ihm behaupteten Nachtrunk nicht konsumiert hat, sodaß der bei der Atemalkoholuntersuchung um 7.58 Uhr und 8.00 Uhr des 30.11.1996 festgestellte Wert auf einen Alkoholkonsum vor 4.00 Uhr zurückzuführen war. Angesichts des auch noch um 7.58 Uhr des Tattages festgestellten hohen Alkoholspiegels und den allgemein aus Literatur und Presse bekannten Abbauwerten nach Alkoholgenuß, bedurfte es keines medizinischen Sachverständigenbeweises, daß der Beschuldigte zur Lenkzeit einen, dem gesetzlichen Grenzwert bei weitem überschreitenden Atemalkoholgehalt hatte. Die objektive Tatseite war daher als verwirklicht anzusehen. Bezüglich der subjektiven Tatseite hat der Rechtsmittelwerber nichts entschuldigendes glaubhaft machen können. Bezüglich des rechts oben stehenden Datums des Formblattes "Alkoholuntersuchung", "Beilage zur Anzeige" des GPK M. mit "1.12.1995", konnte aufgrund der Angabe des Kontrollzeitpunktes im Text dieser Angabe mit 30.11.1996, 7.35 Uhr, und des Datums der Messung mit 30.11.1996, von einem offensichtlichen Schreibfehler ausgegangen werden, welcher das gesamte Beweisergebnis nicht beeinflußte.

I.6. Zur Strafbemessung: Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Infolge des Wegfalles der einschlägigen Vorstrafe durch Zeitablauf, war kein Erschwerungsgrund anzunehmen und wird die Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als strafmildernd gewertet. Jedoch wog die objektive Tatseite durch die hohe Alkoholisierung und der damit verbundenen großen Gefährdung schwer.

Dies rechtfertigte selbst bei einem durchschnittlichen Monatsnettoeinkommen von 16.000 S bis 17.000 S und keinen Sorgepflichten, sogar wenn man von einer Untergrenze des Strafrahmens von 4.000 S ausginge, nur eine geringfügige Herabsetzung der Strafe, die im Eventualantrag des Rechtsmittelwerbers ohnedies (mit Augenmaß) enthalten war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Ausspruch der Verfahrenskosten gründet in der bezogenen Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. Langeder

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