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des Landes Oberösterreich
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VwSen-104465/2/Ki/Shn

Linz, 06.05.1997

VwSen-104465/2/Ki/Shn Linz, am 6. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des L, vom 18. Februar 1997 gegen das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 21. Jänner 1997, VerkR96-5862-1996-Hu, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, daß das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Fakten 1, 2 und 3 behoben und diesbezüglich das Verfahren eingestellt wird. Hinsichtlich der Fakten 4 und 5 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber hinsichtlich der Fakten 4 und 5 des Straferkenntnisses als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von insgesamt 300 S, ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, zu entrichten. Hinsichtlich der Fakten 1, 2 und 3 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und Z3 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 bzw 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Straferkenntnis vom 21. Jänner 1997, VerkR96-5862-1996-Hu, hat die BH Linz-Land dem Berufungswerber (Bw) vorgeworfen, er habe am 25.3.1996 um 20.40 Uhr im Gemeindegebiet von Neuhofen/Kr., auf der Kremstalbundesstraße B139, in Richtung Neuhofen/Kr., den PKW, Kz., gelenkt und dabei vorerst zwischen Strkm 19,4 und Strkm 19,6 1) eine Sperrfläche verbotenerweise befahren und 2) sich nicht entsprechend der vorübergehend geltenden Bodenmarkierung verhalten, indem er beim Überholen den Linksabbiegestreifen befuhr und 3) eine weitere Sperrfläche verbotenerweise befahren und 4) die Sperrlinie verbotenerweise überfahren und in der Folge bei Strkm 19,79 5) das Fahrzeug im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit 50 km/h") mit einer Geschwindigkeit von 73 km/h gelenkt. Er habe dadurch 1) § 9 Abs.1 und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 2) § 9 Abs.8 und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 3) § 9 Abs.1 und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 4) § 9 Abs.1 und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 5) § 52 lit.a Z10a und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verletzt. Jeweils gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurden über ihn Geldstrafen in Höhe von 1) 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden), 2) 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden), 3) 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden), 4) 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) und 5) 700 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 340 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet. I.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber am 18. Februar 1997 Berufung erhoben und hinsichtlich des Sachverhaltes ausgeführt, daß er die ihm vorgeworfenen Übertretungen niemals bestritten habe. Er habe sich jedoch aufgrund des Fehlverhaltens der Zivilstreife bedroht gefühlt. Weiters bringt er vor, daß es sich bei den Fakten 4 und 5 um eine doppelte Vorschreibung für das gleiche Delikt handeln würde.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte unterbleiben, zumal im bekämpften Bescheid - bezogen auf die einzelnen Verwaltungsübertretungen - keine 3.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt und die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und wie folgt erwogen:

Dem gegenständlichen Verfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Ansfelden vom 29. März 1996 zugrunde, wonach die Meldungsleger den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt im Zuge eines Zivilstreifendienstes wahrgenommen hätten. Danach habe der Bw zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt zwischen Strkm 19,4 und Strkm 19,6 der Kremstalbundesstraße B139 eine Sperrfläche, einen Linksabbiegestreifen, eine weitere Sperrfläche und anschließend eine Sperrlinie überfahren. Weiters sei er bei Strkm 19,79 bei beginnender Geschwindigkeitsbeschränkung (50 km/h) eine Geschwindigkeit zwischen 64 km/h und 73 km/h gefahren. Die Meldungsleger haben diese Angaben im erstinstanzlichen Verfahren zeugenschaftlich bestätigt.

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt die erkennende Berufungsbehörde zur Auffassung, daß die Angaben der Meldungsleger der Entscheidung zugrundegelegt werden können. Die Aussagen sind schlüssig und stehen nicht im Widerspruch zu den Denkgesetzen bzw den Erfahrungen des Lebens. Die Gendarmeriebeamten haben ihre Aussagen unter Wahrheitspflicht getätigt und es ist ihnen nicht zu unterstellen, daß sie den Bw willkürlich mit Verwaltungsübertretungen belasten würden. Der Bw konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im vorliegenden Fall hat er die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen selbst nicht bestritten.

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der O.ö. Verwaltungssenat rechtlich wie folgt erwogen:

Zu den Fakten 1 und 3: Gemäß § 44 Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dabei ist die Tat hinsichtlich der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (Ort und Zeit udgl) unverwechselbar feststeht. Demnach muß dem Beschuldigten die Tat so konkretisiert vorgeworfen werden, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und es muß der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Im vorliegenden Fall wurde dem Bw vorgeworfen, daß er im Bereich einer bestimmten Tatstrecke, nämlich zwischen Strkm 19,4 und Strkm 19,6, zweimal eine Sperrfläche verbotenerweise befahren habe. Im Hinblick darauf, daß es sich dabei offensichtlich um zwei verschiedene Sperrflächen handelt, wird der Schuldspruch jedenfalls hinsichtlich des Tatortes dem vorhin erwähnten Konkretisierungsgebot nicht gerecht, zumal letztlich auch nicht auszuschließen ist, daß lediglich eine Doppelbestrafung vorliegt. Sollte der Bw tatsächlich zwei verschiedene Sperrlinien überfahren haben, so hätte diesbezüglich der jeweilige Tatort konkreter gefaßt werden müssen. Mangels Konkretisierung des gegenständlichen Tatvorwurfes innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist, kann daher hinsichtlich der Fakten 1 und 3 die Bestrafung nicht aufrechterhalten werden, weshalb der Berufung in diesen Punkten Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war. Zu Faktum 2: Gemäß § 9 Abs.8 StVO 1960 haben sich im Fall des § 55 Abs.6 zweiter Satz die Verkehrsteilnehmer ausschließlich entsprechend den vorübergehend geltenden Bodenmarkierungen zu verhalten.

§ 55 Abs.6 zweiter Satz StVO 1960 besagt, daß, wenn es erforderlich ist, eine durch Bodenmarkierung zum Ausdruck gebrachte Verkehrsregelung vorübergehend durch eine andere Regelung zu ersetzen, die dafür notwendigen Bodenmarkierungen in einer anderen Farbe auszuführen sind.

Die Meldungsleger haben in diesem Punkt weder in der Anzeige noch in ihren Zeugenaussagen erwähnt, daß es sich bei dem gegenständlichen Linksabbiegestreifen um eine bloß vorübergehend geltende Bodenmarkierung handle und es sind auch sonst aus dem Verfahrensakt keinerlei Anhaltspunkte für diesen Sachverhalt zu entnehmen. Der von der Erstbehörde diesbezüglich erhobene Tatvorwurf kann daher seitens der erkennenden Berufungsbehörde nicht nachvollzogen werden bzw kann nicht festgestellt werden, daß der Beschuldigte die ihm zur Last gelegt Verwaltungsübertretung - in der vorgeworfenen Art und Weise - begangen hat. Es war daher auch in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zu Faktum 4: Gemäß § 9 Abs.1 StVO 1960 dürfen Sperrlinien (§ 55 Abs.2) nicht überfahren werden.

Dieser Tatvorwurf wurde durch die Anzeige bzw die Zeugenaussagen der Meldungsleger belegt und auch seitens des Bw nicht bestritten, weshalb der ihm vorgeworfene Sachverhalt objektiv als erwiesen angesehen wird. Anders als beim vorgeworfenen Befahren der Sperrflächen handelt es sich hier offensichtlich um lediglich eine Sperrlinie, weshalb diesbezüglich hinsichtlich des Tatortes dem Konkretisierungsgebot genüge getan wurde. Zu Faktum 5: Gemäß § 52 lit.a Z10a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker eines Fahrzeuges das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbe- schränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" mißachtet.

Auch diesbezüglich hat der Bw den erhobenen Tatvorwurf nicht bestritten bzw wurde diese Verwaltungsübertretung seitens der Meldungsleger durch Nachfahren mit einem Gendarmeriedienstwagen in konstantem Abstand festgestellt. Das Dienstkraftfahrzeug wurde mittels Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser überprüft, die Abweichung zwischen angezeigter und tatsächlicher Geschwindigkeit wurde in der Anzeige berücksichtigt. Nachdem laut Rechtsprechung des VwGH das Nachfahren mit einem Dienstfahrzeug in einem konstanten Abstand eine durchaus taugliche Methode zur Feststellung der gefahrenen Geschwindigkeit ist, wird auch dieser Sachverhalt objektiv als erwiesen angesehen.

Was die subjektive Tatseite (§ 5 VStG) anbelangt, so rechtfertigt sich der Bw damit, daß er sich durch das knappe Nachfahren mit dem Dienstkraftfahrzeug der Gendarmeriebeamten bedroht gefühlt hätte. Dieser Argumentation ist zu entgegnen, daß von einem verantwortungsbewußten Kraftwagenlenker zu erwarten ist, daß er sich in einer derartigen Situation nicht provozieren läßt und sich defensiv verhält (vgl § 3 StVO 1960). Die vom Bw behauptete Provokation durch die Gendarmeriebeamten könnte ihn daher im vorliegenden konkreten Fall auch in subjektiver Hinsicht nicht entlasten. Nachdem auch sonst keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen sind, daß der Bw in subjektiver Hinsicht nicht in der Lage gewesen wäre, die Verwaltungsvorschriften einzuhalten, hat er sein Verhalten in verwaltungsstrafrechtlicher Relevanz zu vertreten. Was die Strafbemessung (§ 19 VStG) anbelangt, so wurde die Bestrafung von der Erstbehörde tat- und schuldangemessen festgelegt. Bei dem gegebenen Strafrahmen (Geldstrafe von jeweils bis zu 10.000 S) wurde im vorliegenden Fall die bloße Ordnungswidrigkeit des Verhaltens des Bw geahndet. Die Erstbehörde hat die bisherige Unbescholtenheit des Bw als strafmildernd gewertet, straferschwerend werden auch seitens der Berufungsbehörde keine Umstände festgestellt. Die Erstbehörde hat ferner auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw Bedacht genommen, diese werden seitens des Bw nicht bestritten.

Der O.ö. Verwaltungssenat gelangt zusammenfassend zur Auffassung, daß bei den gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen die festgesetzten Strafen durchaus zumutbar sind, eine Herabsetzung ist sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen nicht vertretbar. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Mag. K i s c h

Beschlagwortung: Überfahren von mehreren Sperrflächen - Tatortkonkretisierung (§ 19 Abs.1 StVO)

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