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VwSen-104477/2/GU/Mm

Linz, 20.03.1997

VwSen-104477/2/GU/Mm Linz, am 20. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des P.V., vertreten durch RAe Dr. K. und Dr. M., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft G. vom 5. Februar 1997, Zl. VerkR96-6319-1996, wegen Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 60 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5 Abs.1, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 23 Abs.4, § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft G. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am 31.10.1996 um 14.55 Uhr im Stadtgebiet von G. auf der G. Landesstraße 528, auf der Höhe des Hauses XX in Richtung T. gesehen, als Lenker des PKWs der Marke Honda Type Civic, mit dem behördlichen Kennzeichen XX, die linke Fahrzeugtür seines Kraftfahrzeuges so geöffnet zu haben, daß die auf der G. Landesstraße in Richtung T. fahrende Fahrradlenkerin P.W., gegen die zu etwa drei Viertel geöffnete Fahrzeugtüre stieß, in der Folge auf die Fahrbahn stürzte und sich dabei verletzte, obwohl die Türen eines Fahrzeuges so lange nicht geöffnet werden und auch nicht geöffnet bleiben dürfen, als dadurch andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden können.

Wegen Verletzung des § 23 Abs.4 StVO 1960 wurde ihm deswegen in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 300 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 30 S auferlegt.

In seiner, durch einen rechtsfreundlichen Vertreter, eingebrachten Berufung, macht der Rechtsmittelwerber im wesentlichen geltend, daß er im erstinstanzlichen Verfahren keine Gelegenheit zur Geltendmachung des rechtlichen Gehörs gehabt habe (was allerdings aufgrund der Niederschrift der im Rechtshilfewege eingeschalteten Stadt P. vom 7.1.1997 zur Zl. VerkR-201/1997, durch Urkundenbeweis eindeutig widerlegt ist).

In der Sache habe sich die Behörde mit der Verantwortung des Beschuldigten anläßlich seiner Einvernahme vor der Gendarmerie P. am 10.11.1996, wonach der Beschuldigte nach dem Einparken in den linken Außenspiegel geschaut habe, den Zündschlüssel abgezogen habe und mit der linken Hand die Fahrertür geöffnet habe, wobei er noch kurz in den Außenspiegel geblickt habe, und niemanden gesehen habe, wobei ihm nach Öffnen der Tür zu etwa drei Viertel die Türe aus der Hand gerissen worden sei, nicht hinreichend auseinandergesetzt. Durch dieses Verhalten habe der Rechtsmittelwerber nämlich alles erforderliche getan um einen Unfall bzw. eine Beeinträchtigung anderer Straßenbenützer bei Öffnen der Fahrzeugtüre zu vermeiden. Offensichtlich sei die Radfahrerin zu schnell gefahren und habe einen zu geringen Seitenabstand zum Fahrzeug des Berufungswerbers gehalten.

Diesbezüglich fehlten Feststellungen.

Aus all diesen Gründen, beantragt der Rechtsmittelwerber, unter Berücksichtigung seiner Aussage entsprechend Feststellungen zu treffen und das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Sache an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Nachdem nur eine Geldstrafe von 300 S verhängt wurde und weder vom Berufungswerber noch von der Bezirkshauptmannschaft G. die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich begehrt wurde, konnte die Entscheidung aufgrund der Aktenlage erfolgen (§ 51e Abs.2 VStG).

Demnach steht folgendes fest:

Zum gegenständlichen Verfahren mit dem angefochtenen Straferkenntnis kam es, nachdem aufgrund des vorzitierten Lebenssachverhaltes ein Unfall einherging, bei dem die Schülerin P.W. leicht verletzt wurde, aus der Tat keine Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit von mehr als dreitägiger Dauer erfolgt ist (§ 88 Abs.2 Z 4 StGB) und der Staatsanwalt die erstattete Anzeige gemäß § 90 Abs.1 StPO am 3.12.1996 zurückgelegt hatte.

Zum Unfall mit Personenschaden war es gekommen, als der Beschuldigte am 31.10.1996 gegen 14.55 Uhr seinen PKW, Marke Honda Civic, mit dem Kennzeichen XX, am oberen Stadtplatz in G. am rechten Fahrbahnrand in Fahrtrichtung Krankenhaus, parallel zum Fahrbahnrand im Bereich der Kurzparkzone geparkt hatte. Danach blickte er in den linken Außenspiegel um zu sehen, ob jemand nachkommt. Als er niemanden sah, zog er den Zündschlüssel ab und öffnete mit der linken Hand die Fahrertüre. Dabei blickte er noch kurz in den Außenspiegel, sah aber niemanden. Er öffnete die Türe ungefähr zu drei Viertel, als ihm die Türe irgendwie aus der Hand und aufgerissen wurde. Danach kam es zu einem Geräusch. Er hat zunächst nur einen "Huscher" wahrgenommen, stieg aus und sah ein Mädchen mit ihrem Fahrrad auf der Fahrbahn liegen und zwar ca. 2,5 m linksseitig vor seinem PKW. Er begab sich zum Mädchen, half ihr auf und fragte sie, ob sie verletzt worden sei. Zunächst erklärte die Genannte, daß sie keine Verletzungen erlitten hat. Nachdem sich die Betroffene, über Ersuchen des Beschuldigten, an den Fahrbahnrand begeben hatte und das Fahrrad zur Seite geschoben hatte, fragte der Beschuldigte, ob das Mädchen einen Arzt oder die Polizei zur Unfallaufnahme holen wolle, was von der Beteiligten verneint wurde. Der Beschuldigte fragte nochmals, ob dem Mädchen nichts passiert sei, worauf sie erklärte, daß sie nur leichte Schmerzen im Bereich des Brustkorbes verspüre aber keinen Arzt aufsuchen werde. Die Beteiligten tauschten ihre Personalien aus und der Beschuldigte erklärte, daß er den Unfall auf der Gendarmerie melden werde, was er auch anschließend tatsächlich erledigte.

Am Abend nahm er Kontakt mit der Mutter des Mädchens auf und erfuhr, daß die Unfallbeteiligte doch im Krankenhaus G. gewesen und untersucht worden ist. Dabei hat sich herausgestellt, daß als Unfallsfolge eine leichte Rippenprellung und eine Druckverletzung am rechten Oberarm, sowie Schmerzen in einem Knie eingetreten waren.

Vom Blickwinkel der unfallbeteiligten Schülerin stellte sich die Sache so dar, daß sie zum vorerwähnten Termin mit ihrem Fahrrad in G. auf der G. Landesstraße in Richtung T. stadtauswärts fahrend, auf der Höhe des Kaufgeschäftes DM am Stadtplatz in G. plötzlich damit konfrontiert war, daß ein PKW-Lenker - wie sich nachmals herausstellte der Beschuldigte - der sein Fahrzeug am rechten Fahrbahnrand geparkt hatte, seine linke Fahrzeugtür öffnete und daß sie sich gerade auf dieser Höhe befand, durch das Öffnen der Fahrzeugtüre vom Fahrrad gestoßen wurde und zum Sturz kam. Die Angaben der Unfallbeteiligten vor der Gendarmerie erschienen sachlich, leidenschaftslos und schlüssig.

Bei diesem Sachverhalt war folgendes rechtlich zu bedenken:

Gemäß § 23 Abs.4 StVO 1960 dürfen die Türen eines Fahrzeuges so lange nicht geöffnet werden und auch nicht geöffnet bleiben, als dadurch andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden können.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer unter anderem als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 2, 2a, 2b oder 4, zu bestrafen ist.

Schon aus dem Wortlaut des § 23 Abs.4 StVO 1960 ergibt sich eindeutig, daß der an einem parkenden Fahrzeug vorbeifahrende oder gehende Verkehrsteilnehmer darauf vertrauen kann, daß die Fahrzeugtüre nicht unvermutet also nicht so geöffnet wird, daß er dadurch gefährdet oder behindert werden könnte. Eine Verpflichtung, wonach jeder Verkehrsteilnehmer an einem abgestellten Fahrzeug so weit vorbeifahren oder vorbeigehen muß, daß er selbst niemals von einer sich öffnenden Türe gefährdet oder behindert werden kann, kennt das Gesetz nicht (VwGH 12.1.1983, 82/03/0247).

Gemäß § 5 Abs.1 genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Obwohl die Aktenlage dem Beschuldigten in seinem spezifischen Verhalten nach dem Unfallgeschehen und auch sonst hinsichtlich seiner Lebensführung ein tadelloses Verhalten bescheinigt, ist ihm, wie sich aus der Zusammenschau ergibt, für Sekundenbruchteile beim Öffnungsvorgang der Türe ein Versehen unterlaufen, welches Folgen hatte und wozu ein Freispruch nicht zulässig war. Nach seinen glaubwürdigen Angaben hat sich der Beschuldigte nach dem Abstellen durch einen Blick in den Rückspiegel überzeugt, daß niemand sich annäherte. Dann aber zog er den Zündschlüssel, öffnete mit der linken Hand die Fahrertüre, blickte dabei noch kurz in den Außenspiegel, sah niemanden und öffnete die Türe ungefähr bis zu drei Viertel, als dann sogleich die Türe aus der Hand gerissen wurde. Durch dieses gleichzeitige Öffnen der Türe mit (bloßem) Blick in den Rückspiegel - uno akto - kam es offensichtlich zu einem folgenbegleiteten Aufmerksamkeitsfehler, den er in der Form einer leichten Fahrlässigkeit zu verantworten hat.

Im Ergebnis war daher der Schuldspruch zu bestätigen. Nachdem mit der Tat Folgen verbunden waren, konnte die Rechtswohltat des § 21 Abs.1 VStG (Absehen von einer Bestrafung) nicht greifen.

Bei der Strafbemessung hat die erste Instanz, die für den Beschuldigten sprechenden Umstände, seine geschätzten Einkommensverhältnisse und persönlichen Verhältnisse, entsprechend gewürdigt, die Unbescholtenheit als mildernd gewertet und offensichtlich das geringe Verschulden auch dadurch gewürdigt, daß sie es mit einem Strafausspruch an der Untergrenze des Strafrahmens bewenden ließ.

Aus diesem Grunde ist auch unter Zugrundelegung des § 19 VStG bei der Strafbemessung kein Ermessensfehler festzustellen.

Eine Zurückverweisung an die erste Instanz ist im übrigen seit dem 1.1.1991 im Gesetz nicht mehr vorgesehen.

Die Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses hatte zur Folge, daß der Rechtsmittelwerber gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG einen Beitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafe zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Guschlbauer

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