Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104488/26/WEG/Ri

Linz, 29.01.1998

VwSen- 104488/26/WEG/Ri Linz, am 29. Jänner 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine erste Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr.  Keinberger) über die Berufung des J K vom 3. März 1997 gegen Punkt 5 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft L vom 15. Jänner 1997, VerkR96-22631-1995/Rö, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 nach der am 27. Jänner 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die verletzte Rechtsnorm zu lauten hat: "§ 99 Abs.1 lit.b iVm. § 5 Abs.2 und Abs.4 StVO 1960." II. Aus Anlaß der Berufung wird die Geldstrafe auf 9.000 S reduziert, die Ersatzfreiheitsstrafe bleibt unverändert.

III. Der Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren betreffend das Faktum 5 des Straferkenntnisses vermindert sich von 1.200 S auf 900 S. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 19 Abs.2 letzter Satz, § 51 Abs.1, § 51i, § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft L hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis unter Punkt 5 über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 12.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, weil dieser am 19. November 1995 um 23.18 Uhr in L auf der S nächst dem Hause Nr. trotz begründeter Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung und trotz Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat verweigert hat, obwohl er kurz vor diesem Alkotest auf Straßen mit öffentlichem Verkehr den PKW mit dem Kennzeichen L gelenkt hat.

Außerdem wurde hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretung ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.200 S in Vorschreibung gebracht.

Angemerkt wird noch, daß im zitierten Straferkenntnis der Beschuldigte noch wegen vier anderer Verwaltungsübertretungen schuldig erkannt und bestraft wurde. Über die auch dagegen eingebrachte Berufung entscheidet das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

2. Der Berufungswerber bringt in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß vor, es liege Verfolgungsverjährung vor, weil keine rechtzeitige Verfolgungshandlung einer zuständigen Behörde erfolgt sei und der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses vom Inhalt der Anzeige erheblich abweiche. Er halte seine bisherige Verwantwortung aufrecht und beantrage die neuerliche Einvernahme der G G. Das Straferkenntnis stütze sich auf die Aussagen der Polizeibeamten. Diese seien aber bekanntlich nicht unfehlbar und irrtumsfrei, wozu die amtsbekannte Tatsache komme, daß Polizeibeamte grundsätzlich am Inhalt ihrer Aussage beharren, selbst wenn diese durch Fakten widerlegt erscheint. Die Ursache hiefür sei ein unangebrachter Korpsgeist. Die Aussagen der Polizeibeamten seien unglaubwürdig, was sich schon daraus ableiten ließe, daß - falls er tatsächlich dem Exekutivbeamten den Führerschein entrissen hätte - dies wohl Widerstand gegen die Staatsgewalt (verbunden mit einer Festnahme) gewesen sei. Er verweist in der Folge auf die Berufungsausführungen gegen das wegen örtlicher Unzuständigkeit vom UVS behobene Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion L welches mit dem gegenständlichen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft L im übrigen wortgleich war. In dieser Berufung vom 4. November 1996 - die Zeitangaben werden als technisch unmöglich hingestellt - wird noch einmal auf die sogenannte Unfehlbarkeit der Sicherheitswachebeamten hingewiesen und wird ein Ortsaugenschein beantragt, aus welchem sich ergeben werde, daß bei einem Nachfahren über 400 m mehrere Möglichkeiten der Anhaltung bestanden hätten. Er beantragt in dieser Berufung vom 4. November 1996 die Behebung des von der Bundespolizeidirektion L erlassenen Straferkenntnisses wegen örtlicher Unzuständigkeit. Dieser Beschwerdepunkt erwies sich als zutreffend, weshalb das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion L mit Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 18. November 1996 behoben wurde, ohne daß jedoch die Einstellung des Verfahrens verfügt wurde. In der nunmehr zu behandelnden Berufung vom 3. März 1997 beantragt der Beschuldigte Verfahrenshilfe, welche ihm mit Beschluß des O.ö. Verwaltungssenates vom 16. Juni 1997 gewährt wurde. In der Folge wurde Rechtsanwalt Dr. J K, T, vom Ausschuß der Rechtsanwaltskammer für O.ö. zum Verfahrenshelfer bestellt. Ein neues Vorbringen erstattete der Rechtsfreund des Berufungswerbers für den Beschuldigten vor der Verhandlung nicht. Er nahm allerdings Akteneinsicht beim unabhängigen Verwaltungssenat und erklärte dabei, anläßlich der mündlichen Verhandlung allfällige Argumente für den Berufungswerber vorzubringen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch zeugenschaftliche Vernehmung der Polizeibediensteten Insp. R und Bez. Insp. W, durch Befragung des Beschuldigten und durch Verlesung der Zeugenaussage der G G (Beifahrerin) vom 3. Mai 1996 vor der Bundespolizeidirektion L anläßlich der am 27. Jänner 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der auch der bestellte Vefahrenshelfer anwesend war. Die geladene Zeugin konnte wegen einer knapp bevorstehenden Niederkunft nicht erscheinen. Der Verlesung der Zeugenaussage wurde zugestimmt.

Nach der Beweislage steht betreffend das Faktum 5 des Straferkenntnisses fest, daß der Berufungswerber Lenker eines PKWs war, daß er zum Alkotest, welcher mittels Alkomat beim nächsten Wachzimmer zu absolvieren gewesen wäre, aufgefordert wurde, daß die in der Anzeige enthaltenen Zeitangaben keinesfall denkunmöglich sind und vor allem eine Verwechslung mit einer anderen Tat auszuschließen ist, daß der Berufungswerber schließlich die Durchführung des Alkotestes verweigerte, indem er sich weigerte zum Wachzimmer mitzufahren. Im Hinblick auf die Tatbildmäßigkeit des Verhaltens iSd § 5 Abs.2 und § 5 Abs.4 StVO 1960 war zu ermitteln und war auch strittig, ob der Berufungswerber Alkoholisierungssymptome gezeigt hat, weil nur bei Vorliegen derartiger Symptome bzw bei der Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung eine Verbringung ins Wachzimmer zum Zwecke des Alkotests zulässig ist.

Beide Straßenaufsichtsorgane konnten - direkt dem Beschuldigten gegenüberstehend - Alkoholgeruch wahrnehmen und gerötete Bindehäute feststellen. Wenn nun der Berufungswerber behauptet, den ganzen Tag keine alkoholischen Getränke zu sich genommen zu haben, sohin aus dem Munde nicht nach Alkohol gerochen haben kann, so steht dem die eindeutige Aussage der beiden Straßenaufsichtsorgane gegenüber, wonach der Alkoholgeruch und zwar aus dem Munde deutlich wahrnehmbar war. Der Beschuldigte hat den ganzen Tag über als Kellner gearbeitet und stellt es als möglich hin, daß der von den Straßenaufsichtsorganen wahrgenommene Alkoholgeruch an der Kleidung haftete (Beschütten der Kleidung). Die geröteten Bindehäute erklärt der Berufungswerber mit Augenproblemen und dem Rauch im Gastlokal.

Die Einrede des Berufungswerbers, der Alkoholgeruch sei möglicherweise von seiner Kleidung ausgegangen und die geröteten Bindehäute hätten ihre Ursache nicht im Alkoholkonsum, kann den Berufungswerber - was die Tatbildmäßigkeit seines Verhaltens anlangt - nicht entlasten. Selbst dann nämlich, wenn der Alkoholgeruch von der Kleidung gekommen wäre und die Rötung der Augenbindehäute eine andere Ursache gehabt hätte, so ändert dies nichts daran, daß die Straßenaufsichtsorgane eine Alkoholbeeinträchtigung vermuten konnten und sohin die Aufforderung, zum nächsten Wachzimmer mitzukommen, um dort einen Alkotest mittels Alkomat zu absolvieren, rechtmäßig war. Die Weigerung, zum Wachzimmer mitzukommen stellt eine Verweigerung des Alkotests dar. Im übrigen führte der die Aufforderung zum Alkotest ausgesprochen habende Polizeibeamte aus, daß die Weigerung ohnehin verbal und eindeutig erfolgt sei. Die Zeugin K (die vom Berufungswerber als Entlastungszeugin genannt wurde) sprach dagegen davon, daß der Beschuldigte lediglich die Mitfahrt zum Wachzimmer verweigert hätte, den Alkotest an Ort und Stelle jedoch absolviert hätte. Wie dem auch sei, der Berufungswerber hat den Alkotest (durch welche der beiden Tatvarianten auch immer) entgegen der Vorschrift des § 5 Abs.2 im Zusammenhang mit § 5 Abs.4 StVO 1960 verweigert.

Was die Zeitangaben anlangt, so hat Bez.Insp. W bei seiner Aussage vor dem UVS von etwa 1.00 Uhr in der Früh gesprochen, während entsprechend der Anzeige und dem Tatvorwurf die Verweigerung um 23.18 Uhr stattgefunden hat. Dies ist jedoch für das Beweisverfahren nicht schädlich, weil der Zeuge nach nunmehr über zwei Jahren und einer Menge von anderen Amtshandlungen sich eben an die genaue Uhrzeit nicht mehr erinnern konnte. Diesbezüglich werden die Angaben in der Anzeige als korrekt und in jeder Weise plausibel anerkannt, sodaß auch die Ausführungen des Berufungswerbers wegen der zeitlichen Unmöglichkeit ins Leere gehen. Zeitdifferenzen von vielleicht einigen Minuten sind beim gegenständlichen Deliktstypus nicht relevant, zumal weder eine Tatverwechslung (Doppelbeschuldigung) damit einhergeht noch der Beschuldigte in seinen Verteidigungsmöglichkeiten beeinträchtigt wird.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 (idF der 19. StVO Novelle) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 1 Woche bis 6 Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.2 und Abs.4 StVO 1960 sind von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, deren Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden soll, zum Zwecke der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmeßgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.

Das oben festgestellte und als erwiesen angenommene Verhalten des Berufungswerbers ist ein solches, daß sich unschwer unter die eben zitierten gesetzlichen Bestimmungen subsumieren läßt. Es konnte nach dem Lenken eines Kraftfahrzeuges vermutet werden, daß der Beschuldigte sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand, sodaß die Organe der Straßenaufsicht berechtigt waren, ihn zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Alkomat befindet, zu verbringen, um dort die Atemluft hinsichtlich des Alkoholgehaltes zu messen. Der Berufungswerber wäre zur Durchführung des Alkomattests verpflichtet gewesen.

Es liegt sohin sowol objektiv als auch subjektiv Tabildmäßigkeit vor, weshalb der Schuldspruch (mit der zulässigen Anfügung des Abs.4 durch die Berufungsbehörde) zu bestägiten war.

Zur Einrede der Verfolgungsverjährung: Wenn der Berufungswerber vermeint, daß durch die zuständige Behörde keine rechtzeitige Verfolgungshandlung gesetzt worden sei, sei entgegnet: Die erste Verfolgungshandlung, nämlich die Ladung der Bezirkshauptmannschaft L vom 26. Februar 1996, ist einerseits rechtzeitig und andererseits von der gemäß § 29a VStG zuständig gewordenen Behörde gesetzt worden. Anzumerken ist, daß auch eine unzuständige Behörde wirksam eine Verfolgungshandlung setzen dürfte.

Zur Strafhöhe: Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Berufungswerber bringt hinsichtich der Strafhöhe vor, er sei arbeitslos (nunmehr Notstandsbezieher) und für zwei Kinder sorgepflichtig. Dieser glaubwürdig vorgebrachte Umstand war schon Anlaß für die Zuerkennung der Verfahrenshilfe und ist nunmehr Grund dafür, die Geldstrafe (nicht die Ersatzfreiheitsstrafe) spruchgemäß zu reduzieren.

Die Anwendung der Rechtswohltat iSd § 20 VStG kam nicht in Betracht, weil von einem hiezu notwendigen beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe nicht die Rede sein kann.

5. Die Kostenentscheidung ist eine gesetzliche Folge der §§ 64 und 65 VStG.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Guschlbauer

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