Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104527/24/Ki/Shn

Linz, 30.06.1997

VwSen-104527/24/Ki/Shn Linz, am 30. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Bleier, Beisitzer Dr. Leitgeb, Berichter Mag. Kisch) über die Berufung des Wolfgang J, vom 20. März 1997 gegen das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 19. Februar 1997, VerkR96-19056-1996/Mr, nach Durchführung von mündlichen Berufungsverhandlungen am 6. Mai 1997 bzw 26. Juni 1997 hinsichtlich Faktum 2 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 14.000 S herabgesetzt wird. Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde wird hinsichtlich Faktum 2 auf 1.400 S herabgesetzt; diesbezüglich entfällt der Beitrag zu den Kosten vor dem O.ö. Verwaltungssenat.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: §§ 64 und 65 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 19. Februar 1997, VerkR96-19056-1996/Mr, ua über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 17.000 S (EFS 15 Tage) verhängt, weil er am 25.10.1996 um 23.46 Uhr in Steyr auf der Ennser Straße stadteinwärts den PKW Kz. gelenkt und in weiterer Folge diesen vor dem Objekt Ennser Straße 25 eingeparkt hat, wobei er sich in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand und entgegen der von einem Straßenaufsichtsorgan an ihn gerichteten Aufforderung am 25.10.1996 um 23.50 Uhr in Steyr, Ennser Straße 25 seine Vorführung zur nächstgelegenen mit einem Alkomat ausgerüsteten Dienststelle zwecks Feststellung des Atemalkoholgehaltes verweigerte (verletzte Rechtsvorschrift: § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.4 StVO). Außerdem wurde er diesbezüglich gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 1.700 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet. I.2. Mit Schriftsatz vom 20. März 1997 erhob der Rechtsmittelwerber gegen das Straferkenntnis Berufung. Er begründet diese Berufung hinsichtlich Faktum 2 im wesentlichen damit, daß die Erstbehörde keinesfalls hätte annehmen dürfen, daß der Beschuldigte eine Aufforderung zur Vorführung zur nächstgelegenen mit einem Alkomat ausgerüsteten Dienststelle zwecks Feststellung des Atemalkoholgehaltes verweigert habe. Es sei einerseits keine gesetzmäßige Aufforderung an ihn gerichtet worden, andererseits sei auch keine Vermutung und kein Verdacht einer Alkoholisierung vorgelegen.

Weiters wird eine unrichtige, unzweckmäßige und gesetzwidrige Ermessensausübung bei der Strafbemessung behauptet. Die Erstbehörde habe insbesondere die finanzielle Notlage des Beschuldigten, seine Sorgepflicht für ein Kind und seine Vermögenslosigkeit, nicht ausreichend gewürdigt. I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt des O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 6. Mai 1997 bzw 26. Juni 1997. Im Rahmen dieser Verhandlungen wurden der Bw sowie als Zeugen Frau Margit M und die Meldungsleger RI Helmut H und GI Reinhard P einvernommen. Der Rechtsvertreter des Bw war bei den Verhandlungen anwesend. Die Erstbehörde hat sich für die Teilnahme entschuldigt.

I.5. Der Bw führte bei seiner Einvernahme aus, daß er sich sicher sei, daß keine Aufforderung zum Alkotest ergangen sei. Die Amtshandlung dürfte ca drei Minuten gedauert haben. Es habe mit den Polizeibeamten einen Streit gegeben. Bezüglich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse führte der Bw aus, daß er für ein Kind sorgepflichtig sei. Er habe in den letzten fünf Monaten kein Einkommen gehabt und er versuche nunmehr wieder Arbeit zu finden. Er habe Unterhaltszahlungsrückstände zwischen 70.000 S und 80.000 S.

Frau M führte als Zeugin aus, daß sie die ehemalige Lebensgefährtin des Bw sei. Sie habe mitbekommen, daß es zwischen dem Bw und dem Beamten zu einer heftigen Diskussion gekommen sei, sie könne jedoch nicht sagen, um was es dabei gegangen ist. Schließlich habe sich der Bw entfernt und sie sei alleine bei dem Beamten geblieben. Bezüglich Aufforderung zu einem Alkotest sei ihr nichts aufgefallen, sie könne jedoch auch nicht ausschließen, daß tatsächlich keine Aufforderung erfolgte. Die Unterredung des Bw mit dem Polizeibeamten dürfte ca zwei bis drei Minuten gedauert haben. RI H führte aus, daß ihm der Bw amtsbekannt sei. Er habe ihn zum Vorfallszeitpunkt zu einer Lenker- bzw Fahrzeugkontrolle aufgefordert. Der Bw habe jedoch ursprünglich bestritten, daß er das Fahrzeug gelenkt hat. Nachdem er Symptome einer Alkoholisierung festgestellt hat, habe er ihn zu einer Alkomatuntersuchung aufgefordert. Der Bw hätte dieser Aufforderung entgegnet, daß ihn das nicht interessiere und er habe sich entfernt. Auf Befragen führte der Zeuge weiters aus, daß ihm als Symptome ein leichtes Schwanken sowie gerötete Augenbindehäute aufgefallen sind. Außerdem sei der Bw aggressiv gewesen. GI Pl führte im wesentlichen aus, daß auch er die Aufforderung zum Alkotest gehört hat. Er sei zu diesem Zeitpunkt ca ein bis zwei Meter vom Ort der Amtshandlung entfernt gestanden. I.6. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt der O.ö. Verwaltungssenat zur Auffassung, daß den zeugenschaftlichen Aussagen der Meldungsleger Glauben geschenkt werden kann. Die Aussagen wurden unter Wahrheitspflicht getätigt und sind schlüssig bzw stehen diese nicht in Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen. Auch ist nicht zu erkennen, daß die Meldungsleger dem Bw willkürlich eine Verwaltungsübertretung anlasten würden.

Die als Zeugin einvernommene ehemalige Lebensgefährtin des Bw wirkte ebenfalls glaubwürdig. Daß sie möglicherweise die Aufforderung zum Alkotest nicht mitbekommen hat, ist dadurch begründet, daß sie nicht unmittelbar an der direkten Amtshandlung beteiligt war.

Der Bw konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im vorliegenden Falle steht jedoch der Rechtfertigung des Bw ein eindeutiges Beweisergebnis gegenüber.

I.7. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der O.ö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

Gemäß § 5 Abs.4 StVO 1960 sind Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, deren Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden soll (Abs.2), zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmeßgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß der Meldungsleger beim Bw Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung festgestellt hat und daher zu Recht vermuten konnte, daß dieser sich zur Zeit des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand. Das Ermittlungsverfahren hat ferner ergeben, daß der Meldungsleger den Bw eindeutig zur Durchführung des Alkotestes aufgefordert hat, der Bw dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen ist. Das dem Bw zur Last gelegte Verhalten ist daher in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen. Was die subjektive Tatseite (§ 5 VStG) anbelangt, so hat der Bw keine Gründe vorgebracht, daß er nicht in der Lage gewesen wäre, sich an die Vorschrift zu halten und es sind auch im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, welche ihn diesbezüglich entlasten würde. Er hat die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung daher in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht zu vertreten. I.8. Hinsichtlich der Strafbemessung hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Die in der Straßenverkehrsordnung 1960 festgelegten "Alkoholdelikte" zählen zu den gröbsten Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung, weil sie in besonderem Maße geeignet sind, die durch die Strafdrohung geschützten Interessen der Verkehrssicherheit zu schädigen. Der erhebliche Unrechtsgehalt dieser Übertretung spiegelt sich im Strafrahmen von 8.000 S bis 50.000 S wider.

Dazu wird festgestellt, daß das Verschulden des Bw keinesfalls als geringfügig angesehen werden kann und es ist auch der Umstand zu berücksichtigen, daß zumindest eine einschlägige Verwaltungsvormerkung als straferschwerend zu werten ist. Es fällt allerdings auf, daß die Erstbehörde als straferschwerend gewertet hat, daß es sich bei einem Alkoholdelikt um eine besonders verwerfliche Verwaltungsübertretung handelt. Dieser Argumentation ist zu entgegnen, daß der Gesetzgeber die besondere Verwerflichkeit von Alkoholdelikten bereits durch einen entsprechend hohen Strafrahmen unter eine besondere Sanktion gestellt hat, weshalb eine weitere Wertung als erschwerend dem Grunde nach nicht zulässig ist. Dies käme einer Doppelverwertung gleich. Auf diesen Umstand hatte die erkennende Berufungsbehörde Bedacht zu nehmen, weshalb eine Herabsetzung der festgelegten Geldstrafe erforderlich war.

Weiters waren die sozialen Verhältnisse des Bw, insbesondere, daß er für ein Kind sorgepflichtig ist und er in den letzten fünf Monaten kein Einkommen gehabt hat, zu berücksichtigen, weshalb auch aus diesem Grund eine Herabsetzung der Geldstrafe vertretbar war.

Die erkennende Berufungsbehörde vertritt die Auffassung, daß die nunmehr festgelegte Geld- bzw die bereits im erstinstanzlichen Verfahren festgelegte Ersatzfreiheitsstrafe, unter Berücksichtigung der dargelegten Verhältnisse als tat- und schuldangemessen zu betrachten ist. Strafmildernde Umstände sind auch im Berufungsverfahren keine hervorgekommen. Zu berücksichtigen waren ferner generalpräventive sowie spezialpräventive Überlegungen. Eine weitere Herabsetzung der Geld- bzw eine Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe erscheint unter den dargelegten Umständen für nicht vertretbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Dr. B l e i e r

Beschlagwortung: Doppelverwertungsverbot

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