Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104553/5/Le/Ha

Linz, 06.10.1997

VwSen-104553/5/Le/Ha Linz, am 6. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Josef F, H B, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Christoph A, U, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 17.3.1997, VerkR96-14918-1996-Ro, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung hinsichtlich des 2. Tatvorwurfes (betreffend das Haus H Nr. 9) wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Punkt ersatzlos aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt. Im übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu lauten hat: "Sie haben es als handelsrechtlicher GeschäftsF und somit als gemäß § 9 VStG strafrechtlich Verantwortlicher der Josef F - Exclusivfenster- Türen- und Sonnenschutz Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, daß diese Gesellschaft zumindest am 6.2.1996 außerhalb des Ortsgebietes innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand Werbungen in Form von Werbetafeln mit der Aufschrift "Josef F Ges.m.b.H. - Exclusivfenster- Türen- und Sonnenschutz, Fenster-Türen-Markisen-Wintergärten-Rolläden, B, H 9" angebracht hat, und zwar 1. nächst der B am Hause H Nr. 1 (Werbetafel mit den Ausmaßen von ca. 200 x 100 cm und 2. nächst der B am Hause M. 30 (Werbetafel mit den Ausmaßen von 100 x 40 cm), obwohl außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten sind". Im übrigen bleibt der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses unberührt.

II. Der Verfahrenskostenausspruch des angefochtenen Bescheides hinsichtlich des behobenen Tatvorwurfes wird ersatzlos aufgehoben.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 17.3.1997 wurden über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretungen des § 84 Abs.2 Straßenver-kehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO) drei Geldstrafen in Höhe von je 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je 48 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 6.2.1996 an drei näher bestimmten Häusern außerhalb des Ortsgebietes innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand näher bezeichnete Werbetafeln angebracht.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen aufgrund der vorliegenden Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos B als erwiesen anzusehen sind. Sodann wurde der Gang des Ermittlungsverfahrens dargestellt und die Zeugenaussagen G, A, E und K wiedergegeben sowie die Rechtfertigung des Beschuldigten dazu.

Nach einer Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen kam die Erstbehörde zum Ergebnis, daß die gegenständlichen Tafeln nach den ersten Montagearbeiten wieder zu entfernen und erst dann wieder anzubringen wären, wenn die neuerlichen Bestellungen tatsächlich geliefert und montiert würden. Sodann wurden die Gründe der Strafbemessung dargelegt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 4.4.1997, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Im einzelnen wurde ausgeführt, daß sich der Strafvorwurf des Verstoßes nach § 84 Abs.2 StVO nicht gegen den Beschuldigten richte sondern gegen die Josef F Ges.m.b.H., vertreten durch den Geschäftsführer. Zwischen dem Beschuldigten und der juristischen Person Josef F Ges.m.b.H. bestehe keine Personenidentität und habe sich sowohl die Strafverfügung als auch das angefochtene Straferkenntnis gegen die falsche Person gerichtet. Überdies sei die Begründung der Behörde erster Instanz unrichtig, weil die Zeugenaussagen unrichtig wiedergegeben worden wären. Die gewerbliche Tätigkeit der Firma F Ges.m.b.H. beziehe sich sowohl auf den Handel mit Fenstern als auch auf deren Einbau. Gemäß § 66 GewO sei jede vorübergehende Gewerbeausübung in einem bestimmten Standort durch eine äußere Geschäftsbezeichnung ersichtlich zu machen, die erkennen lasse, wer für die gewerbliche Tätigkeit verantwortlich ist. Unter gewerbliche Tätigkeit falle auch die Naturmaßabnahme. Bezüglich des Tatortes H Nr. 9 (G) sei mit der Stellungnahme vom 9.7.1996 zum Ergebnis der Beweisaufnahme der Auftrag bezüglich eines Fensters und der Anbringung von Fliegengittern an sämtlichen Fenstern vom 10.10.1995 vorgelegt worden. Aus diesem Auftrag ergebe sich eindeutig, "daß nicht ein Jahr vor dessen Einvernahme am 10.6.1996, sohin am 10.6.1995, die gewerbliche Tätigkeit der Firma F Ges.m.b.H. abgeschlossen" gewesen sei. Darüber hinaus wurde bemängelt, daß Ermittlungsergebnisse, ob Tafeln durchgehend oder zwischenzeitig wieder entfernt waren, nicht vorlägen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Der Bw hat ausdrücklich die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung beantragt, welche am 30. September 1997 in den Amtsräumlichkeiten der Bezirkshauptmannschaft Braunau durchgeführt wurde. Dabei wurden in Beisein einer Vertreterin der Erstbehörde die Zeugen Helmut G, Johann A, Franz E und Gr.Insp. Johann K gehört. Weiters wurde in das Endabnahmeprotokoll vom 5.3.1996, welches die Firma F dem Zeugen Franz E ausgestellt hatte, Einsicht genommen; auch in das Schreiben der Firma F vom 14.6.1996 an die Ehegatten A, worin mitgeteilt wurde, daß die bestellten zwei Stück Kunststoffenster bereits bei der Firma auf Lager wären, wurde Einsicht genommen.

3.2. Daraus steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

3.2.1. Nach den widerspruchsfreien Angaben des Zeugen Franz E wurden von der Firma F Ges.m.b.H. bei seinem Hause M 30 im Zeitraum von November 1995 bis 5. März 1996 sechs Fenster, eine dreiteilige Tür, mehrere Fensterbänke für andere Fenster und eine Holzverschalung bei einer Tür ausgetauscht. Die Bauarbeiten begannen im November 1995, bei welchen zwei oder vier Fenster montiert wurden; die restlichen zwei bis vier Fenster wurden im Jänner 1996 montiert, die Tür dann ca. zwei Monate später. Aus der schlüssigen Aussage des Zeugen Johann K geht hervor, daß am 6.2.1996 bei diesem Hause keine Arbeiten von der Firma F Ges.m.b.H. durchgeführt wurden.

3.2.2. Aus der Zeugenaussage des Johann A geht hervor, daß er im Jahre 1992 und im Jahre 1996 von der Firma F Ges.m.b.H. Fenster geliefert und montiert bekommen hätte. Die Lieferung der Fenster im Jahre 1996 geschah im Juni oder Juli. Die Firmentafel der F Ges.m.b.H. befand sich seit 1992 am Stadl beim Hause A. Am 6.2.1996 wurde von der Firma F Ges.m.b.H. nicht gearbeitet; dies bestätigte auch der Zeuge Johann K.

3.2.3. Hinsichtlich der Firmentafel am Hause des Zeugen Helmut G gab dieser an, daß sein Haus die Anschrift H Nr. 8 trägt. Wo das Haus Nr. 9 ist, konnte er nicht angeben. Der Zeuge G bestätigte, Anfang Februar 1996 mit Herrn Gr.Insp. K über die Firmentafel der Firma F Ges.m.b.H. gesprochen zu haben. Er bestätigte auch die Lieferung von etwa 20 Fenster durch diese Firma, konnte sich jedoch nicht mehr an das Lieferdatum erinnern. Der Zeuge Johann K gab dazu an, daß die Firmentafel der Firma F nicht am Haupthaus, sondern am Nebenhaus angebracht war; sie war zu sehen, wenn man auf der Straße Richtung Braunau fuhr. Zum Zeitpunkt der Nachschau wurde in diesem Bereich nicht gearbeitet. Das Gespräch mit Herrn G gab er so wieder, daß dieser angegeben hatte, "früher" Fenster von der Firma F gekauft zu haben. Herr Gr.Insp. K wies darauf hin, daß er die Firmentafel beim Anwesen G schon ein Jahr zuvor angezeigt und daher wieder Nachschau gehalten hatte.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Der Bw ist im Recht, wenn er darauf verweist, daß ihm die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen nicht ad personam, sondern als Geschäftsführer der F Ges.m.b.H. angelastet werden dürfen. Es war daher das Straferkenntnis diesbezüglich richtigzustellen.

Diese Richtigstellung konnte außerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG erfolgen. Ob der Beschuldigte die Tat in eigener Verantwortung oder als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer Gesellschaft oder als verantwortlicher Beauftragter zu verantworten hat, ist nämlich nicht Sachverhaltselement der ihm zur Last gelegten Übertretung, sondern ein die Frage der Verantwortlichkeit der von Anfang an als Beschuldigten angesprochenen Person betreffendes Merkmal, das aber auf die Vollständigkeit der Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG ohne Einfluß ist. Es liegt daher keine Verjährung vor, wenn dem Beschuldigten erstmals im Berufungsbescheid, und zwar nach Ablauf der Frist des § 31 Abs.2 VStG vorgeworfen wird, die Übertretung in seiner Eigenschaft als Verantwortlicher nach § 9 VStG begangen zu haben (VwGH verstärkter Senat, 16.1.1987 Slg. 12375a u.a.) (siehe hiezu auch HA-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 808f und die dort zitierte Judikatur).

4.3. § 84 Abs.2 StVO bestimmt, daß außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten sind. (Der zweite Satz dieser Bestimmung ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar).

Der Bw verantwortet sich im gesamten Verfahren damit, daß die von ihm angebrachten Tafeln keine Werbungen, sondern Kennzeichnungen von Betriebsstätten wären, zu deren Anbringung er nach § 66 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 (im folgenden kurz: GewO) verpflichtet wäre. Die Verpflichtung, die Baustellen mit einer äußeren Geschäftsbezeichnung zu versehen, obliege nicht nur den Baugewerbetreibenden, sondern handle es sich hiebei um eine generelle Verpflichtung der Gewerbetreibenden. Als erster Teil der Ausübung des Gewerbes durch die Firma F Ges.m.b.H. sei die "Naturmaßnahme" am Objekt zu verstehen und bestehe ab diesem Zeitpunkt die gesetzliche Verpflichtung zur Kennzeichnung der vorübergehenden Betriebsstätte.

Zur Prüfung dieser Verantwortung ist daher zunächst die Bestimmung des § 66 Abs.1 GewO einer näheren Prüfung zu unterziehen: Demnach sind die Gewerbetreibenden verpflichtet, ihre Betriebsstätten mit einer äußeren Geschäftsbezeichnung zu versehen. Diese Verpflichtung gilt auch für Betriebsstätten, die einer nur vorübergehenden Ausübung des Gewerbes dienen, ferner für Magazine und dgl., für Gewinnungsstätten und für Baustellen.

Was unter einer "Betriebsstätte, die einer nur vorübergehenden Ausübung eines Gewerbes" dient bzw. was unter einer "Baustelle" zu verstehen ist, ist in der GewO nicht näher definiert. Nach der Wiedergabe der EB in Mache-Kinscher, GewO, 5. Auflage, Seite 253, soll jede vorübergehende Gewerbeausübung in einem bestimmten Standort (vgl. z.B. die Gewerbeausübung im Sinne des § 46 Abs.5), nicht nur die aufgrund einer Sonderbewilligung gemäß § 195 ausgeübte gastgewerbliche Tätigkeit, durch eine äußere Geschäftsbezeichnung ersichtlich gemacht werden, die erkennen läßt, wer für die gewerbliche Tätigkeit verantwortlich ist. Die gewerbliche Tätigkeit des Bw ist der Handel und der Einbau von Fenstern und wird diese Tätigkeit sicherlich nicht von den einzelnen Baustellen, sondern von seiner Betriebsstätte in B, H 9, durchgeführt. Die einzelnen Orte sind daher nicht als Betriebsstätten, die einer nur vorübergehenden Ausübung des Gewerbes dienen, anzusehen.

Zur Erhellung des Begriffes "Baustelle" ist der GewO weiters nichts zu entnehmen. Allerdings finden sich in arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen entsprechende Definitionen: So erklärt etwa § 2 Abs.3 2. Satz des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl.Nr. 450/1994, "Baustellen" im Sinne dieses Bundesgesetzes als zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen, an denen Hoch- und Tiefbauarbeiten durchgeführt werden. Dazu zählen insbesondere folgende Arbeiten: Aushuberdarbeiten, Bauarbeiten im engeren Sinne, Errichtung und Abbau von Fertigbauelementen, Einrichtung oder Ausstattung, Umbau, Renovierung, Reparatur, Abbauarbeiten, Abbrucharbeiten, Wartung, Instandhaltungs-, Maler- und Reinigungsarbeiten, Sanierung. § 2 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung BGBl. 340/1994 definiert Baustellen als jene Bereiche, in denen Arbeitnehmer Arbeiten nach § 1 Abs.2 durchführen.

Bauarbeiten nach § 1 Abs.2 BauV sind Arbeiten zur Herstellung, Instandhaltung, Sanierung, Reparatur, Änderung und Beseitigung von baulichen Anlagen aller Art, einschließlich der hiefür erforderlichen Vorbereitungs- und Abschlußarbeiten. Bauarbeiten sind insbesondere auch Zimmerer-, Dachdecker-, Glaser-, Maler-, Anstreicher-, Spengler-, Fliesenleger-, Estrich-, Isolierarbeiten und Gerüstbauarbeiten, Stahlbauarbeiten, Gas-, Wasser-, Heizungs-, Lüftungs- und Elektroinstallationsarbeiten, Sprengarbeiten, Abbrucharbeiten sowie Fassadenreinigungsarbeiten und Rauchfangkehrerarbeiten.

Allen diesen Begriffsbestimmungen ist gemeinsam, daß auf den so bezeichneten Baustellen gerade ein Arbeitsprozeß im Gange ist, der nach außen erkennbar und geeignet ist, geschützte Interessen (der Arbeitnehmer) zu beeinträchtigen.

Eine teleologische Interpretation der Kennzeichnungspflicht des § 66 Abs.1 GewO läßt deren Zweck einerseits in einem Schutz der Nachbarn (vor Belästigungen) und andererseits in einem Kenntlichmachen der Baustelle zur Kenntlichmachung des Bestandes eines bestimmten Gewerbebetriebes für jedermann (Mache-Kinscher, aaO, Seite 252f) erkennen. In Anbetracht dieser gesetzlichen Vorschriften und dem dargelegten Zweck der Kennzeichnung von Baustellen ergibt sich, daß der Bw seine Firmentafeln zu früh anbringt und zu spät entfernt:

Durch die Auftragsannahme und die Abnahme der Naturmaße (die lediglich der Konkretisierung und Individualisierung des Auftrages dienen, um den Vertrag vollständig abschließen zu können) allein wird noch keine "Baustelle" im Sinne der gewerberechtlichen Vorschriften begründet, sondern geschieht dies vielmehr erst bei der Ausführung der eigentlichen Arbeiten am Objekt, nämlich beim (allfälligen Ausbau bereits eingebauter alter Fenster sowie beim) Einbau der neuen Fenster bzw. Türen. Wenn diese Arbeiten am Objekt, die auch von außen sichtbar sind, abgeschlossen sind, so endet die "Baustelle" und somit auch die Pflicht zu deren Kennzeichnung. Die laut Bw nach dem Einbau zwei- bis dreimal erforderlichen Einstellarbeiten, die durch Drehen der Fensterscharniere oder durch neues Einrichten der Fenstergläser udgl. bewerkstelligt werden, treten nach außen hin im Sinne einer Beeinträchtigung geschützter Interessen der Öffentlichkeit oder der Nachbarschaft nicht in Erscheinung, sodaß damit auch keine "Baustelle" im Sinne der GewO, die gekennzeichnet werden müßte, vorliegt. Außerhalb dieser echten Bauzeit angebrachte Firmentafeln dienen sohin nicht dem Zwecke des § 66 Abs.1 GewO, sondern dienen ausschließlich dazu, die Aufmerksamkeit der vorübergehenden oder vorüberfahrenden Personen auf die Firma F Ges.m.b.H. zu lenken, um diese Personen zum Kauf der Produkte dieser Firma zu animieren.

4.4. Damit aber handelt es sich um eine echte Werbung im Sinne des § 84 Abs.2 StVO, die jedoch innerhalb eines Bereiches von 100 m vom Fahrbahnrand verboten ist, um die Aufmerksamkeit der Straßenbenützer, vor allem der Kraftfahrer, nicht zu beeinträchtigen (VwGH vom 21.9.1994, 94/03/0082).

Dadurch, daß der Bw dieser Bestimmung zuwidergehandelt hat, hat er die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht verwirklicht.

4.5. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist Vorsatz im Sinne eines zumindest bedingten Vorsatzes anzunehmen:

Die hohe Zahl von einschlägigen Vorstrafen (27 laut dem Auszug aus dem Verwaltungsstrafregister vom 22.2.1996) zeigt, daß dem Bw das Verbotene seiner Handlungsweise bekannt und auch bewußt sein müßte. Seine Verantwortung, daß das Anbringen der Firmentafeln auch von seiner Konkurrenz im gleichen Ausmaß gehandhabt werde, vermag den Bw nicht zu entlasten, sondern ist lediglich ein weiteres Indiz für die vorsätzliche Begehensweise.

Der Verantwortung, daß er nach den Bestimmungen der GewO verpflichtet wäre, seine Baustellen zu kennzeichnen, sind die unter 4.3. dargestellten Rechtsausführungen entgegenzuhalten. Wenn bei einem Normunterworfenen Zweifel über die Anwendbarkeit gesetzlicher Vorschriften bestehen, so ist er verpflichtet, bei der Behörde darüber Auskünfte einzuholen. Daß er dies getan hätte, hat der Bw aber nicht einmal behauptet.

4.6. Hinsichtlich des 2. Tatvorwurfes, nämlich der Werbetafel am Haus H Nr. 9, liegt offensichtlich eine falsche Tatortbezeichnung vor. Es blieb zwar im gesamten Verfahren unbestritten, daß mit diesem Haus das Haus des Helmut G gemeint war, doch trägt dieses, wie aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren hervorgeht, nicht die Nr. 9 sondern die Nr. 8. Dadurch, daß sowohl in der Strafverfügung als auch im angefochtenen Straferkenntnis das Haus Nr. "9" bezeichnet wurde, wurde der Tatort falsch bezeichnet. Es ist nicht erwiesen, daß der Bw auch am Hause Nr. 9 eine Firmentafel unbefugt angebracht hätte.

Es war daher hinsichtlich dieses Tatvorwurfes das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

4.7. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde. Die Voraussetzungen des § 21 VStG (Absehen von der Strafe bzw. Ausspruch einer Ermahnung) sind nicht erfüllt, weil weder das Verschulden des Bw geringfügig ist noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Zu II.: Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von Amts wegen zu tragen. Da der zweite Tatvorwurf ersatzlos aufgehoben wurde, entfallen diesbezüglich alle Verfahrenskostenbeiträge. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG nicht aufzuerlegen, weil seiner Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an:

Beilage Dr. L e i t g e b

Beschlagwortung: Baustelle; vorübergehende Betriebsstätte, Werbung

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