Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104589/4/BI/KM

Linz, 17.07.1997

VwSen-104589/4/BI/KM Linz, am 17. Juli 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der Frau D S, B, R, vertreten durch Rechtsanwalt H Ö, Z, G, D, vom 15. April 1997, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 1. April 1997, VerkR96-15804-1996-Hu, in Angelegenheit einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlage: §§ 63 Abs.5 und 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm §§ 24 und 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem angefochtenen Bescheid den Einspruch der Beschuldigten vom 28. Februar 1997 gegen die am 3. Februar 1997 dem Beschuldigtenvertreter zugegangene Strafverfügung vom 14. November 1996 als verspätet zurückgewiesen.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) vorgelegt wurde. Da in der Strafverfügung keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Beschuldigtenvertreter macht geltend, er habe mit Schreiben vom 24. Jänner 1997 die Vertretung der Beschuldigten angezeigt, um den Zustellungsnachweis dieser Strafverfügung gebeten und rein vorsorglich gegen diese Einspruch eingelegt. Nach dem nunmehr angefochtenen Bescheid solle ihm am 3. Februar 1997 etwas zugestellt worden sein, was er aus seiner Akte nicht nachvolllziehen könne. Er ersuche daher um Überlassung der Ablichtung des Zustellnachweises. Selbst wenn etwas zu seinen Handen zugestellt worden sei, dürfte die Zustellung unwirksam sein, da er dazu nicht bevollmächtigt sei. Es hätte daher ausschließlich an seine Mandantin zugestellt werden können, was offenbar bis heute nicht geschehen sei. Er gehe daher davon aus, daß eine wirksam zugestellte Strafverfügung vom 11. November 1996 nicht existiere, andernfalls hätte er selbstverständlich innerhalb der Frist Einspruch eingelegt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie eigene Erhebungen und hat in rechtlicher Hinsicht erwogen: Aus dem Verfahrensakt ergibt sich, daß der Lenker des auf die Rechtsmittelwerberin zugelassenen PKW wegen einer am 8. August 1996 um 15.38 Uhr auf der A bei AutobahnKm 5,888 in Richtung W begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung zur Anzeige gebracht wurde, wobei diese mittels Radargerät festgestellt worden war. Die auf dieser Grundlage wegen Übertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 ergangene Strafverfügung vom 14. November 1996, VerkR96-15804-1996, wurde am 2. Dezember 1996 als RSa-Schriftstück an die Rechtsmittelwerberin abgesendet, wurde jedoch von der Post ohne Zustellnachweis retourniert. Als Reaktion auf eine Zahlungsaufforderung vom 20. Jänner 1997 machte der rechtsfreundliche Vertreter der Rechtsmittelwerberin mit Schreiben vom 24. Jänner 1997 "unter Versicherung ordnungsgemäßer Bevollmächtigung" geltend, seine Mandantin habe nie einen "Bußgeldbescheid" erhalten und könne sich außerdem nicht erinnern, im letzten Jahr in Österreich gewesen zu sein. Er erhob "rein vorsorglich" Einspruch gegen den "Bußgeldbescheid" und ersuchte, ihm eine Ablichtung mit Zustellungsnachweis zur Verfügung zu stellen.

Seitens der Erstinstanz wurde die Strafverfügung vom 14. November 1996 nochmals an die Rechtsmittelwerberin zu Handen des rechtsfreundlichen Vertreters übermittelt, wobei der Rückschein am 3. Februar 1997 vom rechtsfreundlichen Vertreter eigenhändig unterzeichnet wurde. Mit Schreiben vom 28. Februar 1997 verwies dieser nochmals auf sein Schreiben vom 24. Jänner 1997, das die "vorsorgliche" Erhebung eines Einspruches beinhaltet, mit dem Ersuchen um Stellungnahme und betonte nochmals die Wichtigkeit des Zustellnachweises an seine Mandantin.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch vom 28. Februar 1997 gegen die am 3. Februar 1997 zugestellte Strafverfügung als verspätet zurückgewiesen.

Der diese Zustellung betreffende Rückschein mit der Unterschrift des rechtsfreundlichen Vertreters wurde diesem seitens des UVS mit Schreiben vom 22. Mai 1997 zur Kenntnis gebracht und dieser auf der Grundlage des Berufungsvorbringens aufgefordert, eine schriftliche Vollmacht vorzulegen, aus der sich der genaue Umfang der Vertretungsbefugnis ersehen läßt. Er wurde zur Stellungnahme aufgefordert und aufmerksam gemacht, daß, sollte binnen zwei Wochen nach Zustellung des Schriftstückes keine Äußerung einlangen, der UVS berechtigt wäre, nach der Aktenlage zu entscheiden. Das Schreiben wurde am 25. Mai 1997 vom Beschuldigtenvertreter eigenhändig übernommen; bislang ist weder die verlangte Vollmacht vorgelegt worden noch sonst eine Stellungnahme ergangen, sodaß gemäß § 41 Abs.3 VStG der unabhängige Verwaltungssenat gemäß seiner Ankündigung berechtigt ist, ohne weitere Anhörung der Rechtsmittelwerberin eine Berufungsentscheidung zu treffen.

Der Parteienvertreter hat deponiert, er sei von der Rechtsmittelwerberin "ordnungsgemäß bevollmächtigt" worden in dem Sinn, daß diese ihn mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen beauftragt habe. In der Berufung hat er erstmals geltend gemacht, er sei gar nicht zustellbevollmächtigt und aus diesem Grund sei eine Zustellung an ihn unwirksam. Dazu ist von seiten des UVS auszuführen, daß zum einen die Bevollmächtigung eines berufsmäßigen Parteienvertreters üblicherweise auch die Zustellbevollmächtigung einschließt und zum anderen der Beschuldigtenvertreter gegenteiliges zwar behauptet, jedoch wohlweislich unterlassen hat, die ihm von der Rechtsmittelwerberin erteilte Vollmacht offenzulegen. Für den UVS war daher zweifelllos davon auszugehen, daß der Beschuldigtenvertreter Zustellbevollmächtigter der Rechtsmittelwerberin ist. In dieser Eigenschaft hat er am 3. Februar 1997 eigenhändig ein Schriftstück übernommen, nämlich die zum zweiten Mal von der Erstinstanz abgesendete Strafverfügung vom 14. November 1996. Bereits aus der Bezeichnung des Empfängers war eindeutig und zweifelsfrei ersichtlich, daß das Schriftstück für die Rechtsmittelwerberin zu Handen des Parteienvertreters bestimmt war, sodaß für diesen eindeutig ersichtlich sein mußte, daß dieses Schriftstück nicht für ihn persönlich, sondern im Rahmen des Bevollmächtigungsverhältnisses für die Rechtsmittelwerberin bestimmt war. Da vorauszusetzen ist, daß ein Rechtsanwalt als berufsmäßiger Parteienvertreter sich der ihm obliegenden Standespflichten und der ihm aus dem Bevollmächtigungsverhältnis erwachsenden Rechte und Verpflichtungen vollständig bewußt ist und deshalb ausgeschlossen werden kann, daß er Handlungen setzt, die über seine Bevollmächtigung hinausgehen - eine Geschäftsführung ohne Auftrag wäre im Rahmen des Bevollmächtigungsverhältnisses auch nicht finanziell abzugelten - ist von seiten des UVS davon auszugehen, daß, wäre der Beschuldigtenvertreter tatsächlich nicht zustellbevollmächtigt gewesen, er dieses nicht an ihn persönlich adressierte Schriftsück keinesfalls für die Rechtsmittelwerberin übernommen hätte. Auch diese Vorgangsweise des Beschuldigtenvertreters spricht für seine Zustellbevollmächtigung entgegen seiner Ausführungen im Rechtsmittel. Damit geht jedoch auch seine Behauptung, über eine Übernahme dieses Schriftstückes finde sich nichts in seinen Akten, ins Leere.

Gemäß § 48 Abs.2 VStG sind Strafverfügungen zu eigenen Handen zuzustellen. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann die Erlassung einer Strafverfügung dann nicht in der an den Beschuldigten persönlich erfolgten Zustellung erblickt werden, wenn zum Zeitpunkt der so erfolgten Zustellung bereits ein Zustellbevollmächtigter im Sinn des § 9 Zustellgesetz bestellt war und dies der Behörde auch mitgeteilt wurde (vgl. Erk vom 22. Juni 1988, 87/03/263, 0264). Bei aufrechtem Bestand einer Zustellungsbevollmächtigung kann nicht an die Partei selbst rechtswirksam zugestellt werden (vgl. Erk v. 15. September 1993, 92/13/0308 ua).

Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeutet das, daß die Strafverfügung am 3. Februar 1997 dem Beschuldigtenvertreter rechtswirksam zugestellt wurde und damit auch die zweiwöchige Einspruchsfrist (§ 63 Abs.5 AVG iVm § 24 VStG) ausgelöst wurde, auf die in der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung ausdrücklich hingewiesen wurde. Die Einspruchsfrist endete somit am 17. Februar 1997; das Rechtsmittel wurde jedoch erst am 28. Februar 1997 zur Post gegeben und war sohin zweifellos als verspätet anzusehen. Daraus folgt, daß die Strafverfügung in Rechtskraft erwachsen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Zustellung der Strafverfügung an den bevollmächtigten RA stellt wirksame Erlangung der Strafverfügung dar.

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