Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104613/7/Ki/Shn

Linz, 21.10.1997

VwSen-104613/7/Ki/Shn Linz, am 21. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Luka M vom 29. April 1997, gegen das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 7. April 1997, VerkR96-1395-1995-Hu, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8. Oktober 1997 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 7. Arpil 1997, VerkR96-1395-1995-Hu, über den Berufungswerber (Bw) 1) gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und 2) gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 9.12.1994 um 08.50 Uhr in Linz, (Hauseinfahrt), den LKW, Kz., gelenkt und es dabei nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, unterlassen hat 1) das von ihm gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten und 2) die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten unterblieben ist (verletzte Rechtsvorschriften: 1) § 4 Abs.1 lit.a und § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960, 2) § 4 Abs.5 und § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960). Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 250 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 29. April 1997 Berufung. Er bestreitet den ihm zur Last gelegten Sachverhalt und ersucht, daß er persönlich angehört werde. I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8. Oktober 1997. Darüber hinaus wurde noch ein Augenschein am vorgeworfenen Tatort vorgenommen. An der mündlichen Berufungsverhandlung hat ausschließlich der Bw teilgenommen. Ein Vertreter der Erstbehörde ist zur Verhandlung nicht erschienen.

Der Bw hat bei seiner Einvernahme ausgesagt, daß er den Umstand, daß er ein anderes Fahrzeug beschädigt habe, damals nicht bemerkt hätte. Die Einfahrt sei ca 8 m breit und er habe ohne Probleme am Fahrzeug des anderen vorbeifahren können. Er habe daher keine Veranlassung gehabt, mit erhöhter Aufmerksamkeit vorbeizufahren. Er bestreite, daß es sich im vorliegenden Fall um eine Engstelle gehandelt hat. Er habe zum Vorfallszeitpunkt kein Autoradio eingeschaltet gehabt und es habe sich zum Zeitpunkt der Begegnung mit dem anderen Kfz im Bereich der Einfahrt kein weiteres abgestelltes Kfz befunden. Eine Überprüfung der Angabe hinsichtlich der Einfahrtsbreite im Rahmen eines Augenscheines hat ergeben, daß diese im Vorfallsbereich tatsächlich eine Breite von ca 7,90 m aufweist.

Der damalige Unfallsgegner hat, wie aus einer Niederschrift vom 9. Dezember 1994 zu ersehen ist, unter anderem ausgesagt, daß er mit seinem Fahrzeug so weit wie möglich an den rechten Mauerrand gefahren sei und er dann das Fahrzeug angehalten habe. Die Weiterfahrt des LKWs wäre nun leicht möglich gewesen. Weiters findet sich im erstinstanzlichen Verfahrensakt das Gutachten eines Amtssachverständigen, wonach der Bw den Anstoß bzw das Anstoßgeräusch nicht unbedingt wahrnehmen mußte. Allerdings hätte er den Anstoß optisch im rechten Außenspiegel erkennen müssen. I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten. Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 die in Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Voraussetzung für die Anhaltepflicht nach § 4 Abs.1 lit.a und die Meldepflicht nach § 4 Abs.5 ist nicht nur das objektive Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens, sondern in subjektiver Hinsicht das Wissen oder das fahrlässige Nichtwissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens (VwGH 6.7.1984, 82/02A/0072).

Der Bestrafung liegt die Annahme zugrunde, daß der Bw den Anstoß optisch im rechten Außenspiegel hätte erkennen müssen und so zumindest ein fahrlässiges Nichtwissen von dem Eintritt des Schadens gegeben ist. Das im Berufungsverfahren durchgeführte Ermittlungsverfahren hat jedoch - zumindest in dubio pro reo - ergeben, daß dem Bw im vorliegenden Fall ein fahrlässiges Nichtwissen nicht unterstellt werden kann. Im Hinblick auf die Breite der Einfahrt bzw den Umstand, daß, wie der Unfallgegner bei seiner Einvernahme selbst ausgeführt hat, dem Bw die Weiterfahrt des LKWs leicht möglich gewesen wäre, war es nach Auffassung der erkennenden Berufungsbehörde nicht unbedingt notwendig, daß sich der Bw durch einen Blick in den rechten Außenspiegel davon überzeugte, daß es zu keiner Berührung mit dem Kraftfahrzeug des anderen Verkehrsteilnehmers gekommen ist. Daß er den Verkehrsunfall im vorliegenden konkreten Fall nicht als Anstoß bzw Anstoßgeräusch wahrnehmen mußte, hat der im erstinstanzlichen Verfahren beigezogene amtssachverständige Gutachter bestätigt. Demnach hat der Bw das subjektive Tatbestandsmerkmal des Wissens bzw des fahrlässigen Nichtwissens von dem Eintritt eines Schadens nicht verwirklicht, weshalb die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht als begangen angesehen werden können.

Was das Verhalten des Bw nach dem Zeitpunkt, als er vom anderen Verkehrsteilnehmer auf den Unfall aufmerksam gemacht wurde, anbelangt, so vermag auch in diesem Punkt die Berufungsbehörde der Argumentation der Erstbehörde nicht zu folgen. Es wurde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zwar richtig zitiert, daß der Identitätsnachweis iSd § 4 Abs.5 StVO das Vorweisen eines Lichtbildausweises verlangt, es ist jedoch weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren hervorgekommen, daß ein konkreter Identitätsnachweis nicht zustandegekommen ist. Schließlich hat der andere Verkehrsteilnehmer bei seiner Einvernahme am 9. Dezember 1994 ausgesagt, daß nach der Anhaltung kurz einige Daten ausgetauscht wurden. Nachdem nicht erwiesen werden kann, daß dieser Datenaustausch nicht iSd § 4 Abs.5 StVO 1960 erfolgte, kann auch dieser Umstand nach dem Grundsatz in dubio pro reo dem Bw nicht zur Last gelegt werden.

Aus den dargelegten Gründen war der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h

Beschlagwortung: Verhalten nach Verkehrsunfall

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