Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104629 /9/WEG/Ri

Linz, 12.08.1997

VwSen-104629 /9/WEG/Ri Linz, am 12. August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine erste Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr.  Keinberger) über die Berufung des W K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P W, vom 9. Mai 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft G vom 24. April 1997, VerkR96-1-435-1996-Ga, nach der am 4. August 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Berufung betreffend die Tatbildmäßigkeit iSd § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 wird abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. Aus Anlaß der Berufung wird die Geldstrafe von 16.000 S auf 14.000 S reduziert, die Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Tagen bleibt unverändert.

Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 1.400 S, ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 19 Abs.2, letzter Satz, § 51 Abs.1, § 51i, § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft G hat mit Straferkenntnis vom 24. April 1997, VerkR96-1-435-1996-Ga, über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 Z1 und § 5 Abs.4 StVO 1960 eine Geldstrafe von 16.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Tagen verhängt, weil dieser am 19. August 1996 gegen 20.50 Uhr den Kombi S auf der Bstraße in G aus Richtung Bahnhof G kommend, in Richtung G/Stadtmitte bis auf Höhe der "Mobil-Tankstelle" E (G, Bstraße) gelenkt hat, wobei er sich im Zuge einer Kontrolle auf dem Areal der vorangeführten Tankstelle zwischen 21.00 Uhr und 21.05 Uhr des 19. August 1996 gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht weigerte, zum Zwecke der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle (GPK G) mitzukommen, obwohl vermutet werden konnte, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand bzw. zur Zeit des Lenkens befunden hat (starker Alkoholgeruch, gerötete Augenbindehäute, lallende Aussprache). Es folgt dann im Spruch des Straferkenntnisses ein grammatikalisch nicht zuzordnender Halbsatz, der im übrigen entbehrlich ist. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.600 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde stützt ihr Straferkenntnis im wesentlichen auf die Wahrnehmungen eines auch zeugenschaftlich befragten Straßenaufsichtsorganes. Die Einwendungen des Berufungswerbers, er habe den Alkotest deshalb verweigert bzw sei deshalb nicht zum Alkotest mitgefahren, weil er angeblich dringendst die große Notdurft zu verrichten gehabt habe, hat die Erstbehörde nicht als schuldbefreiend oder notstandsbegründend erachtet. Die Strafhöhe begründet die Erstbehörde unter Hinweis auf § 19 VStG (idF BGBl.Nr.117/1978-?) auf zwei einschlägige Vormerkungen und damit, daß keine mildernden Umstände vorlägen.

3. Dagegen wendet der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß ein, daß das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalte nach angefochten wird, wobei er als Berufungsgründe unrichtige Sachverhaltsfeststellung, unrichtige Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht. Die Behörde erster Instanz beziehe sich ausschließlich auf die Angaben des Meldungslegers S. Tatsächlich seien aber die Angaben dieses Zeugen, was die entscheidungswesentlichen Tatsachen betreffe, nicht in der Weise eindeutig und klar, daß sie Grundlage für eine Bestrafung sein könnten. Der Zeuge S führe nämlich in seiner Vernehmung als Zeuge aus, daß eine Amtshandlung von 21.00 Uhr bis 21.05 Uhr stattgefunden habe und er nach 5 Minuten die Amtshandlung abgeschlossen bzw für beendet erklärt habe. Nach den Angaben dieses Zeugen sei der Beschuldigte während der Amtshandlung mehrfach aufgefordert worden, sich einem Alkotest zu unterziehen. Diese zeugenschaftlichen Aussagen würden der Anzeige widersprechen. Hier sei nämlich (Seite 3 und 4 der Anzeige) ausgeführt, daß sich der Beschuldigte nach der ersten Aufforderung hinter das Tankstellengelände - mit offensichtlicher Zustimmung des Zeugen S - begeben habe um dort seine Notdurft zu verrichten. Der Zeuge S führe in der Anzeige weiters aus, daß er, nachdem er sich entfernt habe, ca. 5 Minuten beim Tankwart neben dem Dienstwagen gewartet habe, dann - nach 5 Minuten - sei er hinter das Tankstellengebäude gegangen und habe ihn (den Beschuldigten) gefragt, ob er mitfahre oder nicht. Diese Angaben, die unmittelbar nach dem Vorfall getätigt worden seien, widersprechen in den entscheidungswesentlichen Punkten den Angaben des Zeugen anläßlich dessen Vernehmung im Verfahren. Demnach habe einerseits weder eine fünfminütige Amtshandlung stattgefunden, sondern habe der Beamte ihn aufgefordert, den Alkotest zu machen, worauf er dem zugestimmt habe und erklärt habe, er müsse die Toilette aufsuchen, worauf der Zeuge S dann - nach einer fünfminütigen Wartezeit - ihn nicht mehr aufgefordert habe, sich einem Alkotest zu unterziehen, sondern zu ihm nur gesagt habe, ob er mitfahre oder nicht. Eine derartige Äußerung sei nicht geeignet, eine ordnungsgemäße Aufforderung zum Alkotest darzustellen. Die reine Aufforderung, mitzufahren oder nicht, sei nicht ausreichend den Tatbestand des § 5 Abs.4 StVO 1960 zu begründen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Gendarmeriebeamten Bez. Insp. Herbert S (Meldungsleger) sowie durch Aufnahme der persönlichen Daten iSd § 19 Abs.2 letzter Satz VStG, wobei diese Ausführungen der Rechtsfreund des Beschuldigten machte.

Demnach steht fest, daß der Gendarmeriebeamte Bez. Insp. S mit seinem Patrouíllenfahrzeug zur Tankstelle E in G fuhr, dort (im Bereiche der Zapfsäulen) das Patrouíllenfahrzeug abstellte und sich in den Verkaufsraum dieser Tankstelle begab. Von diesem Verkaufsraum aus war gute Sicht auf das Geschehen außerhalb der Tankstelle. Bez.Insp. S konnte dabei beobachten, daß sich knapp vor Geschäftsschluß (21.00 Uhr) ein PKW der Tankstelle näherte und im unmittelbaren Nahebereich des Patrouíllenfahrzeuges abgestellt wurde. Der Tankwart vermeinte, daß noch eine Kundschaft Benzin benötige, was aber nicht der Fall war, weil dieser PKW-Lenker ausstieg und in Richtung Tankstelle torkelte. Er betrat jedoch das Innere des Verkaufsraumes der Tankstelle nicht sondern kehrte wieder um, möglicherweise, weil er das Patrouíllenfahrzeug wahrgenommen hat und somit einen Gendarmeriebeamten in der Nähe der Tankstelle vermutet haben könnte. Daraufhin begab sich Bez.Insp. S zu dieser Person und konnte feststellen, daß diese stark alkoholisiert war. Es handelte sich um den späteren Beschuldigten, der torkelte und lallte sowie aus dem Mund nach Alkohol roch. In der Tasche, die der Beschuldigte auf dem Wege zur Tankstelle und zurück mitführte, befanden sich mehrere Doppelliterflaschen, allerdings in geleertem Zustand. Der Gendarmeriebeamte vermeinte, daß sich der Beschuldigte in der Tankstelle Nachschub holen wollte.

Nachdem der Beschuldigte einen PKW gelenkt hatte und nachdem er augenscheinlich alkoholisiert war, wurde dieser von Bez.Insp. S (geschult und von der Behörde ermächtigt) aufgefordert, sich einem Alkotest zu unterziehen. Dieser Aufforderung erwiderte der Beschuldigte, er müsse vorerst noch aufs WC. Dieses WC befand sich hinter der Tankstelle. Der Zeuge Bez. Insp. S begleitete den Beschuldigten zum WC hinter der Tankstelle, weil er befürchtete, daß dieser flüchtet oder möglicherweise weitere alkoholische Getränke zu sich nimmt. Die WC-Tür war jedoch verschlossen, sodaß der Beschuldigte seiner Notdurft nicht nachkommen konnte. Der Gendarmeriebeamte vermeinte zuerst, der Beschuldigte müsse sich mittels kleiner Notdurft seiner Plage entledigen, sodaß er ihn aufforderte, dies im Freien zu tun. Der Beschuldigte machte jedoch geltend, er müsse die große Notdurft verrichten, worauf ihm der Gendarmeriebeamte das Angebot eröffnete, die große Notdurft am Gendarmerieposten in G verrichten zu dürfen. Der Beschuldigte wollte jedoch seine Notdurft nicht am Gendarmerieposten Gmunden verrichten sondern auf dem - allerdings versperrten - WC hinter der Tankstelle. Der Beschuldigte machte auch keine Anstalten, sich den Schlüssel vom Tankwart zu holen, um seinem Geschäft an dem von ihm gewünschten Ort nachkommen zu können. Im Gegenteil er blieb dort vor der Clotür stehen. Die Aufforderung zum Alkotest erfolgte durch Bez.Insp. S, der in jeder Phase der Vernehmung einen äußerst glaubwürdigen Eindruck machte, zumindest dreimal und zwar in einer derartig eindeutigen Weise, daß es zu keinen Mißverständnissen kommen konnte. Selbst wenn Bez.Insp. S anläßlich seiner letzten Aufforderung die Worte gebrauchte "Fahrst Du jetzt nach G mit oder nicht?", so wird darin im Hinblick auf die gesamte Amtshandlung und den vorausgegangenen eindeutigen Aufforderungen zum Alkotest auch eine eindeutige Alkotestaufforderung gesehen. Die Verweigerung erfolgte zumindest konkludent, der Berufungswerber hätte eben der Aufforderung, zum Gendarmerieposten G zwecks Alkotest mitzufahren, nachkommen müssen. Das Hinauszögern und die im übrigen unglaubwürdige Behauptung, die große Notdurft verrichten zu müssen, stellt in Anbetracht der Gesamtsituation eine Verweigerung dar. Daß die Dringlichkeit zur großen Notdurft nicht so bedeutend gewesen sein kann, wie es der Beschuldigte nunmehr hinzustellen versucht, wird darin gesehen, daß er doch eine geraume Weile (bis zu einer Viertelstunde) vor der versperrten Clotür stand und keine Anstalten machte, sich einen Closchlüssel zu besorgen. Allfällige geringfügige Differenzen betreffend die Tatzeit fallen im Hinblick auf die eindeutige Zuordnungsmöglichkeit dieser Verwaltungsübertretung (ohne jede Doppelbestrafungsgefahr) nicht ins Gewicht. Ob nun der Berufungswerber fünf Minuten vorher oder fünf Minuten später den Alkotest verweigerte, spielt in Anbetracht der Gesamtsituation und im Hinblick auf § 44a VStG keine entscheidungswesentliche Rolle.

Es steht sohin mit einer für ein Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit fest, daß der Berufungswerber ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, eindeutige Alkoholisierungssymptome aufwies, zum Alkotest in deutlicher Weise von einem zuständigen Organ aufgefordert wurde und diesen Alkotest verweigerte.

Nach Aussagen des Rechtsfreundes des Berufungswerbers befindet sich der Berufungswerber derzeit auf Entziehungskur in der Landesnervenklinik Salzburg. Der Berufungswerber ist sohin gewillt, mit dem Problem Alkohol abzuschließen. Das sei nach Meinung des Rechtsfreundes des Berufungswerbers ein Milderungsgrund. Desweiteren möge bei der Höhe der Strafe berücksichtigt werden, daß der Berufungswerber derzeit über kein Einkommen verfügt.

Diese Ausführungen des Rechtsfreundes des Berufungswerbers sind glaubwürdig.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Hinsichtlich der Rechtsgrundlagen wird - um Wiederholungen zu vermeiden - auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hingewiesen.

Der oben angeführte und als erwiesen geltende Sachverhalt läßt sich unschwer unter die Bestimmungen des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 und jene der Bestimmungen des § 5 Abs.2 Z1 und § 5 Abs.4 StVO 1960 subsumieren. Der Berufungswerber hat somit tatbildmäßig und auch schuldhaft gehandelt. Eine Notstandsituation oder eine schuldausschließende bzw. schuldmindernde Situation wird in der Behauptung, die große Notdurft verrichten zu müssen, nicht gesehen, zumal - wie schon ausgeführt - eine außergewöhnliche Dringlichkeit des Notdurftbegehrens nicht als vorliegend angenommen wird. Zur Strafhöhe: Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Der Strafrahmen beträgt zwischen 8.000 S und 50.000 S.

Die Strafbehörde hat ihrer Strafbemessung mit Recht keine mildernden Umstände zugrundegelegt. Selbst das nunmehr zutagegelegte Abstinenzbemühen des Beschuldigten wird noch als kein Milderungsgrund gewertet, wenngleich zu diesem Bemühen ein gutes Gelingen ausgesprochen wird. Zu Recht wurden zwei einschlägige Vormerkungen als erschwerend gewertet. Im Hinblick auf die derzeitige Einkommenssituation (Aufenthalt im Krankenhaus bei zu vernachlässigendem Einkommen) des Beschuldigten war jedoch im Sinne des letzten Satzes des § 19 Abs.2 VStG die Geldstrafe (nicht auch die Ersatzfreiheitsstrafe) spruchgemäß zu reduzieren.

Die Kostenentscheidung ist eine gesetzliche Folge der §§ 64 und 65 VStG.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Guschlbauer

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