Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104640/2/ u. VwSen104455/4/BR

Linz, 03.06.1997

VwSen-104640/2/ u. VwSen-104455/4/BR Linz, am 3. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufungen der Frau B, vertreten durch Dr. Jur. F, Rechtsanwälte, L, gegen den Bescheid vom 4. April 1997 (wegen der Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) und gegen den Zurückweisungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. Februar 1997 (betreffend die Zurückweisung des Einspruches gegen die Strafverfügung vom 4. Dezember 1996 als verspätet), Zlen. jeweils VerkR96-19480-1996-O, zu Recht:

Beide Berufungen werden als unbegründet a b g e w i e s e n.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4, § 71 Abs.1 Z1 und § 33 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.471/1995 iVm § 24, § 49 Abs.1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.620/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Über die Berufungswerberin wurde von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit der Strafverfügung vom 4. Dezember 1996 wegen der Übertretung nach § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 3.000 S, im Nichteinbringungsfall 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie als Lenkerin eines Pkw am 26. September 1996 um 08.54 auf der A1 bei A die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 58 km/h überschritten habe, wobei diese Geschwindigkeitsüberschreitung durch eine Radarmessung festgestellt wurde.

1.1. Diese Strafverfügung wurde der Berufungswerberin am 13. Dezember 1996 zugestellt. Dagegen erhob sie mittels Telegramm vom 28. Dezember 1996 einen unbegründeten und nicht datierten Einspruch. Ein offenbar bereits am 24. Dezember 1996 verfaßtes Einspruchsschreiben, verbunden mit einem Nachtrag und den darin "vorsorglich" gestellten Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand, wurde per FAX am 30. Dezember 1996 um 11.41 Uhr an die Erstbehörde übermittelt. Bereits darin beruft sich die Berufungswerberin auf den Umstand, daß sie nicht damit rechnen habe können, daß das FAX der Behörde außerhalb der Dienststunden nicht eingeschaltet sei. Diese Praxis sei in Deutschland nicht gängig, dort sei eine Behörde per FAX rund um die Uhr erreichbar.

1.1.1. Die Erstbehörde wies folglich der Berufungswerberin den Einspruch mit dem erstangefochtenen Bescheid als verspätet zurück und führte begründend aus, daß die Einspruchsfrist bereits am 27. Dezember 1996 abgelaufen gewesen wäre.

1.1.2. Gegen diesen Bescheid erhob die Berufungswerberin durch ihre ag. Rechtsvertreter Berufung, worin sie im Ergebnis wie bereits im Einspruch ausführte und abermals auf den gestellten Wiedereinsetzungsantrag hinwies.

2. Die Erstbehörde erließ nach zwischenzeitiger Vorlage des Aktes an die Berufungsbehörde einen abweisenden Bescheid (vom 4. April 1997) im Hinblick auf den gleichzeitig mit dem Einspruch gestellten und in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid (vom 7. Februar 1997) wiederholten Wiedereinsetzungsantrag.

2.1. Auch in dem gegen den Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand abweisenden Bescheid erhob die Berufungswerberin durch ihre ag. Rechtsvertreter fristgerecht Berufung. Sie führte abermals im Ergebnis aus, daß sie an der Fristversäumung im Hinblick auf den erst am 28. Dezember 1996 per Telegramm erhobenen Einspruch kein Verschulden treffe. Sie verweist diesbezüglich u.a. auf eine Presseveröffentlichung, wonach nach der deutschen Rechtsprechung nicht eingeschaltete Faxe und dadurch bedingt verspätet einlangende Eingaben nicht zum Nachteil des rechtsuchenden Bürgers gehen dürften. Für die Einspruchsfrist müsse eben die gesamte Zeit, nämlich bis Mitternacht des Ablauftages zur Nutzung offenbleiben.

Über beide angefochtenen Bescheide ist nun in einem abzusprechen. 3. Unbestritten ist, daß der Einspruch gegen die Strafverfügung erst am 28. Dezember 1996 der Post zur Beförderung übergeben wurde. Bemerkenswert ist, daß die Berufungswerberin diesen undatierten und unbegründeten Einspruch nicht in Form jenes Schriftsatzes übermittelte, welchen sie offensichtlich bereits am 24. Dezember 1996 in begründeter Form und mit persönlicher Unterschrift versehen verfaßt hatte, wobei sie diesen erst am 30. Dezember 1996 per FAX an die Erstbehörde übermittelte. An diesem Schriftstück wurde schließlich noch ein undatierter und auch von den Rechtsvertretern unterzeichneter Nachsatz angebracht, mit welchem bereits der Wiedereinsetzungsantrag ausgeführt wurde. Daraus kann zumindest gefolgert werden, daß der Berufungswerberin die Unmöglichkeit der Übermittlung per FAX - so diese tatsächlich versucht wurde - bewußt gewesen ist. Keine Ausführungen tätigt die Berufungswerberin dahingehend, was an der früheren Übermittlung des scheinbar bereits am 24. Dezember 1996 verfaßten Einspruches entgegengestanden ist. 4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hiezu erwogen:

4.1. Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn (§ 71 Abs.1 AVG): 1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder 2. die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, daß keine Berufung zulässig sei.

Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen (§ 71 Abs.3 AVG).

Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt wurde (§ 71 Abs.4 AVG).

4.1.1. Die von der Berufungswerberin im Hinblick auf die Fristversäumung angeführten Gründe vermag der unabhängige Verwaltungssenat als nicht stichhaltig finden. Im Gegensatz zur Rechtsansicht der Berufungswerberin muß von jedem Rechtsuchenden erwartet werden, daß er (sie) sich über die Übermittlungsmöglichkeiten von Eingaben an eine im Ausland etablierte Behörde informiert. Im Gegensatz zur angeblichen Rechtslage in Deutschland besteht in Österreich für Behörden keine Verpflichtung ein FAX auch während der Nachtstunden in Betrieb zu halten, damit Anbringen (Einsprüche, Berufungen udgl.) quasi rund um die Uhr möglich sind. Lediglich im Fall, daß ein Telekopiergerät auch während der Nacht eingeschaltet bleibt, ist ein entsprechendes Anbringen fristgerecht eingebracht (VwGH 20.12.1996, 96/02/0296). Es kann daher als nicht bloß ein geringes Verschulden erachtet werden, wenn die Berufungswerberin ein ohnedies bereits seit Tagen (nämlich seit 24. Dezember) verfaßtes Schriftstück bis zum Dienstschluß des letzten Tages liegen läßt um es dann - was im übrigen kaum beweisbar ist - per FAX zu übermitteln versucht. Die dadurch eingetretene Säumigkeit vermag daher nicht als fehlendes Verschulden erachtet oder von einem bloß minderem Grad des Versehens umfaßt beurteilt werden. Vielmehr ist diese Vorgangsweise geradezu typisch für eine mangelnde Sorgfaltsübung in eigener Sache.

Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der VwGH bereits wiederholt ausgesprochen (s E Slg 9710 A und 28.10.1980, 2244/80), daß der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Handelnden versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig wird dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an dessen Stelle sich anders verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169). Indem die Berufungswerberin einerseits das Schriftstück offenbar grundlos liegen lies und folglich auch keine Erkundigungen eingeholt hat ob in Österreich ein Anbringen per FAX außerhalb der Amtsstunden möglich ist, hat sie die ihr zumutbaren Sorgfaltspflichten in diesem Zusammenhang verletzt. Die objektiven Sorgfaltspflichten legen immer nur das Mindestmaß der anzuwendenden Sorgfalt fest. In atypischen Situationen wird von einem einsichtigen und besonnenen Menschen in der Lage des Handelnden ein erhöhtes Maß an Sorgfalt verlangt.

4.2. Gemäß § 49 Abs.1 VStG ist ein Einspruch von der Partei binnen zwei Wochen einzubringen. Die Berechnung dieser Frist ist nach § 32 Abs.2 AVG vorzunehmen. Demnach endete im konkreten Fall die Frist mit Ablauf des 27. Dezember 1996. Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat (dies war der 13. Dezember 1996).

4.3. Der Einspruch wurde jedoch trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung nachweislich erst am 28. Dezember 1996 der Post zur Beförderung übergeben (siehe Pkt. 2.). Sie wurde sohin nicht innerhalb der zweiwöchigen Einspruchsfrist eingebracht und gilt sohin als verspätet.

4.3.1. Gemäß § 33 Abs.4 AVG ist es der Behörde und auch dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, durch Gesetz festgelegte Fristen zu verlängern. Der unabhängige Verwaltungssenat ist daher gemäß § 66 Abs.4 AVG nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, verspätete Berufungen zurückzuweisen. Der Berufung war demgemäß auch in diesem Punkt der Erfolg zu versagen. Eine Sachentscheidung ist daher gesetzlich nicht mehr zulässig.

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 23.11.1989, 88/06/0210 u.a.) wurde von der Berufungswerberin der Umstand der verspäteten Einbringung des Einspruches nie bestritten, so daß diesbezüglich ein gesondertes Parteiengehör unterbleiben konnte. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß jeweils, von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen, von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r Für die Richtigkei der Ausfertigung:

Beschreibender Name: FAX, Eingabe, Faxbetrieb, Nachtzeit Dokumentart: Erstellt am: 06.06.97 09:22:21 Geändert am: 17.06.97 13:27 Verfasser/in: Rechenzentrum Schreibkraft: Rechenzentrum Betreff: Bezug: Stichpunkte: Beschlagwortung:

 

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