Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104642/2/BI/FB

Linz, 12.08.1997

VwSen-104642/2/BI/FB Linz, am 12. August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn B S, vom 21. Jänner 1997 ua gegen die Punkte 1), 2) und 3) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Steyr vom 26. November 1996, St 5690/95, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Kraftfahrgesetz 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird in den Punkten 1) und 2) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Im Punkt 3) wird die Berufung hinsichtlich Schuld- und Strafausspruch als unbegründet abgewiesen. In den Punkten 1) und 2) fallen Verfahrenskostenbeiträge nicht an. Der Rechtsmittelwerber hat im Punkt 3) zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten den Betrag von 100 S, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten. Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z3 und 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), §§ 64 Abs.1, 102 Abs.5 lit.a und 82 Abs.4 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG). zu II.: §§ 64 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 26.11.1996 St 5690/95 wurde über den Rechtsmittelwerber ua wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1)§§ 64 Abs.1 iVm 134 Abs.1 KFG 1967, 2) §§ 102 Abs.5 lit.b iVm 134 Abs.1 KFG 1967 und 3) §§ 82 Abs.4 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 2.000 S (EFS 48 Stunden), 2) 300 S (EFS 12 Stunden) und 3) 500 S (EFS 16 Stunden) verhängt, weil er, wie am 27. September 1995 um 17.10 Uhr in S nächst dem Objekt D festgestellt worden sei, 1) den PKW mit dem Kennzeichen verwendet habe, obwohl er nicht im Besitz der erforderlichen Lenkerberechtigung gewesen sei, 2) auf der Fahrt den Zulassungsschein nicht mitgeführt habe und 3) das Unterscheidungszeichen des Heimatstaates am Fahrzeug gefehlt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 280 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, da ihm das Straferkenntnis erst am 10. Jänner 1997 zugestellt worden sei, sei Verjährung eingetreten. Der eingezäunte Parkplatz beim Haus D sei Privatgelände und daher weder eine Fahrerlaubnis, noch ein Unterscheidungskennzeichen noch das Mitführen eines Zulassungsscheines erforderlich. Überdies sei er im Besitz einer Fahrerlaubnis gewesen, die nicht grundlos in Österreich aberkannt werden könne. Das übrige Berufungsvorbringen betrifft mit dem gegenständlichen Vorfall nicht zusammenhängende Lebensweisheiten, wobei der Rechtsmittelwerber von einer als beleidigend anzusehenden Schreibweise nach wie vor nicht abzugehen bereit ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung eines Ortsaugenscheins in S beim Haus D und in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

Gemäß § 64 Abs.1 KFG 1967 ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur aufgrund einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe zulässig, in die das Kraftfahrzeug fällt. Gemäß § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967 hat der Lenker ua den Zulassungsschein auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkennntisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten, wobei diese so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist (vgl VwGH v 5. Dezember 1983, 82/10/0125, ua). Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung des Straferkenntnisses reicht nicht aus (vgl Erk v 13. Jänner 1982, 81/03/0203).

Die oben zitierten Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes gelten nur für den Lenker eines Kraftfahrzeuges. Demgemäß muß der Tatvorwurf so umschrieben sein, daß dem Beschuldigten die Begehung dieser Verwaltungsübertretungen beim Lenken eines Kraftfahrzeuges vorgeworfen werden, wobei diesbezüglich die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist - diese begann mit dem Vorfall am 27. September 1995 und endete demnach am 27. März 1996 - zu beachten ist. Im gegenständlichen Fall wurde dem Rechtsmittelwerber innerhalb dieser Frist sowohl in der Strafverfügung vom 6. Oktober 1995 als auch im Ladungsbescheid vom 25. Oktober 1995 - wie auch im danach ergangenen Straferkenntnis - vorgeworfen, er habe den PKW verwendet. Der Begriff "verwenden" hat eine relativ weite Bedeutung im Sinn von "benutzen", "gebrauchen", "einsetzen" usw (vgl Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2. Auflage, 1989). Der Begriff "lenken" umfaßt lediglich eine Art der Verwendung in Verbindung mit einem Kraftfahrzeug, das jedoch auch noch zu anderen Zwecken verwendbar ist, zB als (kurzfristiger) Aufbewahrungsort für Gegenstände, Papiere udgl oder als (nicht unmittelbar benötigtes) Transportmittel für Personen. Der Begriff "verwenden" umfaßt nicht notwendigerweise den Begriff "lenken" und ist daher im Hinblick auf das Erfordernis einer eindeutigen Umschreibung der oben angeführten Tatbestände nicht als ausreichend anzusehen.

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die eine Verfolgung ausschließen. Da dem Rechtsmittelwerber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist kein ausreichend bestimmter Tatvorwurf zur Last gelegt wurde und dieser Umstand wegen der eingetretenen Verjährung nicht mehr nachholbar ist, war in den Punkten 1) und 2) mit der Einstellung des Verfahrens vorzugehen.

Hinsichtlich Punkt 3) des Straferkenntnisses ist auszuführen, daß gemäß § 82 Abs.4 1. Satz KFG 1967 Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen hinten das heimatliche Kennzeichen und das Unterscheidungszeichen des Heimatstaates führen müssen. Gemäß § 1 Abs.1 KFG 1967 sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf Kraftfahrzeuge anzuwenden, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet werden. Das sind gemäß der Definition des § 1 Abs.1 StVO 1960 Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

Der beim Haus D durchgeführte Ortsaugenschein hat ergeben, daß die D selbst eine in das öffentliche Straßennetz der Stadt S eingebundene Straße, die die Verbindung zwischen der N und der B bzw D und zweifelsohne eine Straße mit öffentlichem Verkehr darstellt. Neben dem Haus Nr. befindet sich ein mit einem Zaun abgegrenzter asphaltierter Parkplatz, der abschließbar und offenbar für einen eingeschränkten Personenkreis bestimmt ist. Bei dieser Fläche ist trotz Fehlen entsprechender Tafeln oä von einer privaten Fläche, auszugehen, die nicht für den öffentlichen Verkehr bestimmt ist.

Aus der Anzeige geht hervor, daß der Rechtsmittelwerber vom Meldungsleger RI G als Lenker eines PKW auf der D stadtauswärts fahrend angetroffen und beim Haus Nr. angehalten wurde. Dabei sei das Fehlen des Unterscheidungszeichens festgestellt und der PKW letztlich auf der angeführten Parkfläche abgestellt worden. Auch wenn der Rechtsmittelwerber darauf hinweist, daß auf dem Parkplatz kein Unterscheidungszeichen erforderlich sei, ist ihm entgegenzuhalten, daß einem Polizeibeamten die Beurteilung dahingehend zuzumuten ist, ob ein PKW auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr oder einem abschließbaren Parkplatz angehalten wird. Im gegenständlichen Fall erfolgte das Abstellen auf dem Parkplatz, weil der Rechtsmittelwerber keine Lenkerberechtigung besaß und ansonsten Zwangsmaßnahmen zur Hinderung der weiteren Inbetriebnahme zu treffen gewesen wären. Die Beschuldigtenverantwortung ist daher als unglaubwürdig anzusehen, weshalb der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung gelangt, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand, der im Hinblick auf das Wort "verwenden" hier ausreichend umschrieben ist, erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, daß die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf den Unrechts- und Schuldgehalt ebenso wie auf die finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers - dieser hat sich bei seinem Aufenthalt in Österreich als Kaufmann bezeichnet, sodaß anzunehmen ist, daß er diesen Beruf auch in Deutschland ausübt und seine Existanz gesichert ist - angemessen ist, wobei mildernde oder erschwerende Umstände nicht zu finden waren.

Die Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens - § 134 Abs.1 KFG 1967 sieht Geldstrafen bis zu 30.000 S bzw bis zu 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe vor - und ist im Hinblick auf ihren general- und vor allem spezialpräventiven Zweck geboten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Hinsichtlich der Berufung zu Punkt 4) des Straferkenntnisses ergeht eine gesonderte Berufungsentscheidung durch das dafür zuständige Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates.

zu II.: Der Verfahrenskostenausspruch gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Voraussetzung für § 64 Abs.1 und § 102 Abs.5b ist "Lenker" eines KFZ, das auch im Spruch enthalten sein muß; hier wurde nur ein "Verwenden" des KFZ vorgeworfen - Verjährung eingetreten; für § 82 Abs.4 reicht "Verwendung" aus.

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