Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104646/2/BI/FB

Linz, 25.05.1998

VwSen-104646/2/BI/FB Linz, am 25. Mai 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W S, G, D, vom 6. Mai 1997 (Datum des Poststempels) gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 21. April 1997, VerkR96-5743-1996, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl im Schuld- wie auch im Strafausspruch bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 140 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz - VStG, §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 700 S (21 Stunden EFS) verhängt, weil er am 2. August 1996 um 10.50 Uhr im Gemeindegebiet von P, Bezirk G, O, auf der I A auf Höhe des Strkm 45,920 in Fahrtrichtung S als Lenker des PKW der Marke VW, Type 35 I (Passat) mit dem behördlichen Kennzeichen (D) die auf österreichischen Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 20 km/h überschritten habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 70 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, man könne und dürfe ihm nicht unterstellen, daß er die Unwahrheit gesagt habe und er verwehre sich dagegen, daß seine Verantwortung als Schutzbehauptung gewertet werde. Das Radarfoto lasse keine Person erkennen, weshalb keine Übertretung und auch keine Kostenentscheidung aufrechterhalten werden könne. Wenn die Behörde keine weiteren Beweise vorbringen könne, die den Tatbestand gegen seine Person erhärten, betrachte er die Angelegenheit als erledigt und ersuche um schriftliche Bestätigung. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß der PKW am 2. August 1996 um 10.50 Uhr auf der A I bei km 45,920 bei der Betriebsumkehr P in Fahrtrichtung S mit einer Geschwindigkeit von 158 km/h gemessen wurde. Die Messung erfolgte mit einem Radargerät der Marke Multanova VR 6FM mit der Nr. 511 durch den Meldungsleger GI F, wobei im dortigen Bereich eine Geschwindigkeit von 130 km/h erlaubt ist. Der Meldungsleger hat gemäß den Verwendungsbestimmungen für das Radargerät bei der Geschwindigkeit über 100 km/h 5 % Toleranzabzug vorgenommen und eine Geschwindigkeit von 150 km/h der Anzeige zugrundegelegt. Laut Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes Flensburg ist der PKW auf die Deutschland GmbH in R zugelassen. Seitens der Halterin des PKW wurde mit Lenkerauskunft vom 31. Oktober 1996 der Rechtsmittelwerber als Lenker zum in der Anzeige genannten Zeitpunkt bekanntgegeben. Dieser hat im Rahmen des Einspruchs gegen die daraufhin wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 ergangenen Strafverfügung vom 11. November 1996 ausgeführt, er habe sich auf einer Urlaubsreise befunden und in Wien drei Anhalter, nämlich zwei Damen und einen Herrn, bis Köln mitgenommen und sie hätten sich beim Fahren abgewechselt. Er könne leider nicht mehr sagen, wer zum Zeitpunkt der Übertretung gefahren sei und bedauere das sehr. Mit Schreiben vom 14. Dezember 1996 teilte der Rechtsmittelwerber mit, er wolle zu seinem Einkommen nicht Stellung nehmen, allerdings bestünden mehrere Kredite und er sei mit mehreren Konten im Soll. Er besitze weder Eigenkapital noch Besitztümer.

Im Akt befindet sich außerdem eine Kopie des Radarfotos, auf dem der PKW samt deutlich ablesbarem Kennzeichen und die Einblendung der Daten des Radargeräts und der Messung erkennbar sind.

Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates stellt sich der Vorfall so dar, daß der Rechtsmittelwerber als Sachbearbeiter der oben angeführten GmbH den auf diese zugelassenen PKW als Dienstwagen überantwortet bekommen hat. Wenn er nunmehr anführt, er habe in Wien drei Anhalter mitgenommen und hätte sich mit diesen bis Köln bzw Düsseldorf abgewechselt, weil die Fahrt so lange gewesen sei, so entspricht dies zum einen weder der allgemeinen Lebenserfahrung noch logischen Überlegungen. Anhalter sind in der Regel Fremde, die weder ein Interesse haben, ein Kraftfahrzeug zu lenken oder sonst in irgendeine Verantwortung verwickelt zu werden, sondern lediglich Personen, die auf (auch kosten-) günstigstem Weg von einem Ort zum gewünschten Ziel gebracht werden wollen. Zum einen ist es gänzlich unüblich, daß Anhalter die von ihnen angehaltenen Kraftfahrzeuge selbst lenken, und zum anderen ist es nach logischen Überlegungen auch aus der Sicht des einen Anhalter mitnehmenden Kraftfahrzeuglenkers ausgeschlossen, daß dieser wildfremden Personen sein Fahrzeug zum Lenken überläßt. Gerade im Fall des Rechtsmittelwerbers ist davon auszugehen, daß er das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug, das nicht auf ihn sondern auf seinen Arbeitgeber zugelassen war, was schon eine erhöhte Verantwortung im Hinblick auf die beim Lenken des Kraftfahrzeuges aufzuwendende Sorgfalt nach sich zieht, nur Personen zum Lenken überläßt, die er kennt und von denen er weiß, daß sie eine Lenkerberechtigung der entsprechenden Klasse besitzen und entsprechend sorgfältig mit dem Kraftfahrzeug und auch im Hinblick auf die beim Lenken zu beachtenden (Geschwindigkeits-)Bestimmungen umgehen werden. Nach der Verantwortung des Rechtsmittelwerbers hat dieser drei Personen mitgenommen, die ihm offenbar nicht einmal namentlich bekannt sind und er hat auch keinerlei Umstände angeführt, die den Schluß zulassen, daß es sich hinsichtlich deren Fähigkeit und Berechtigung ein Kraftfahrzeug zu lenken überhaupt vergewissert hat. Warum er diesen drei Personen sein Fahrzeug, wie er nunmehr angibt, der Reihe nach bis Köln zum Lenken überlassen haben soll, ist für den unabhängigen Verwaltungssenat nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern gänzlich unglaubwürdig. Abgesehen davon ist auch eine zeugenschaftliche Einvernahme dieser Anhalter wegen der nicht bekannten persönlichen Daten nicht möglich, sodaß der unabhängige Verwaltungssenat in freier Beweiswürdigung davon ausgeht, daß der Rechtsmittelwerber dem seitens seines Arbeitgebers dieses Kraftfahrzeug zum Lenken überantwortet wurde, dieses Kraftfahrzeug zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort auch selbst gelenkt hat.

Wenn der Rechtsmittelwerber in der Berufung ausführt, er verwahre sich dagegen, daß seine Verantwortung als Schutzbehauptung qualifiziert werde, so ist dem entgegenzuhalten, daß der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren selbstverständlich das Recht hat, sich in jeder ihm günstig erscheinenden Richtung zu verantworten, ohne irgendwelche Sanktionen (zB strafrechtlicher Art wie ein Zeuge) befürchten zu müssen. Seine Verantwortung unterliegt jedoch der freien Beweiswürdigung der Behörde, die bei ihrer Beurteilung der Glaubwürdigkeit dieser Verantwortung alle Beweismittel heranzuziehen hat, die ihr zur Verfügung stehen. Namentlich unbekannte Personen können nicht zeugenschaftlich einvernommen werden, auch wenn sie den Rechtsmittelwerber möglicherweise entlasten würden.

Im Ergebnis gelangt der unabhängige Verwaltungssenat auf dieser Grundlage zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber selbst das genannte Kraftfahrzeug gelenkt hat. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren. Im gegenständlichen Fall war bei km 45,920 der A8 in Fahrtrichtung S weder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, noch eine sonstige Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet, sodaß die üblicherweise auf österreichischen Autobahnen geltende erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h einzuhalten war. Die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit wurde mit einem geeichten Radargerät durch einen hiefür geschulten und entsprechend geübten Beamten der Autobahngendarmerie Ried durchgeführt und vom gemessenen Wert die in den Verwendungsbestimmungen vorgesehene Toleranz von 5 % abgezogen. Die auf diese Weise errechnete Geschwindigkeit von 150 km/h wurde der Anzeige und auch dem Tatvorwurf zugrundegelegt, wobei keinerlei Zweifel an der Richtigkeit der Radarmessung und der Berechnung dieses Geschwindigkeitswertes bestehen. Auf der Grundlage des durchgeführten Beweisverfahrens gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber selbst den PKW zum damaligen Zeitpunkt gelenkt hat, wobei er als ausländischer Kraftfahrzeuglenker verpflichtet war, sich über die in Österreich auf Autobahnen geltende erlaubte Höchstgeschwindigkeit entsprechend zu informieren. Die Geschwindigkeit von 150 km/h stellt eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 20 km/h dar. Der Rechtsmittelwerber hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal es ihm nicht gelungen ist, iSd § 5 Abs.1 VStG glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 10.000 S bzw bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht. Die Erstinstanz hat die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als mildernd berücksichtigt und erschwerende Umstände nicht gefunden. Das Einkommen des Rechtsmittelwerbers wurde auf 2.000 DM netto monatlich geschätzt und davon ausgegangen, daß er weder über Sorgepflichten noch über Vermögen verfügt. Da der Rechtsmittelwerber sich zu seinem Einkommen nicht geäußert hat, andererseits der Halter des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges den Rechtsmittelwerber als "Sachbearbeiter" bezeichnet hat, geht auch der unabhängige Verwaltungssenat davon aus, daß der Rechtsmittelwerber über ein durchschnittliches Einkommen in der Größenordnung wie bisher eingeschätzt verfügt, wobei er selbst das Fehlen von Vermögen bestätigt und Sorgepflichten nicht erwähnt hat. Auf dieser Grundlage kann der unabhängige Verwaltungssenat nicht finden, daß die Erstinstanz bei der Bemessung der Strafe den ihr zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG vor allem dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung und liegt außerdem im untersten Rahmen des gesetzlichen Strafrahmens. Sie hält auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Beschuldigtenverantwortung mehrere Anhalter hätten PKW gelenkt, ist unglaubwürdig, auch weil Anhalter namentlich nicht angeführt + Firmenfahrzeug -> bestätigt.

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