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des Landes Oberösterreich
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VwSen-104657/2/Ki/Shn

Linz, 07.08.1997

VwSen-104657/2/Ki/Shn Linz, am 7. August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der Ingrid Wo, vom 5. Mai 1997 gegen das Straferkenntnis der BPD Linz vom 15. April 1997, III/S 30483/96 V1S SE, hinsichtlich der Fakten 2, 3 und 4 zu Recht erkannt:

I. Hinsichtlich Faktum 2 wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 3.000 S bzw die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt wird. Im übrigen wird diesbezüglich die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. II. Hinsichtlich der Fakten 3 und 4 wird die Berufung in Ermangelung eines begründeten Berufungsantrages als unzulässig zurückgewiesen.

III. Hinsichtlich Faktum 2 wird der Beitrag der Berufungswerberin zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde auf 300 S herabgesetzt; für das Berufungsverfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat sind keine Verfahrenskosten zu entrichten.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: § 63 Abs.3 und 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 51e Abs1 VStG zu III: §§ 64 und 65 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BPD Linz hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 15. April 1997, III/S 30483/96 V1S SE, der Berufungswerberin (Bw) vorgeworfen, sie habe am 14.9.1996 um 13.35 Uhr in Linz, Zollamtstr. - Rechte Donaustr. den PKW1) in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt, 2) es als Lenker dieses Kfz unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit dem ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, ihr Fahrzeug sofort anzuhalten, 3) als Lenker dieses Kfz auf der Fahrt den Führerschein und 4) den Zulassungsschein nicht mitgeführt und einem Organ des öffentl. Sicherheitsdienstes auf Verlangen zur Überprüfung nicht ausgehändigt zu haben. Übertretene Rechtsvorschriften: 1) § 5 Abs.1 StVO, 2) § 4 Abs.1 lit.a StVO, 3) § 102 Abs.5 lit.a KFG, 4) § 102 Abs.5 lit.b KFG.

Gemäß §§ 99 Abs.1 lit.a StVO, 99 Abs.2 lit.a StVO und 134 Abs.1 KFG wurden nachstehende Geldstrafen verhängt: 1) 18.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Tage), 2) 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage), 3) 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden), 4) 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Stunden). Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 2.300 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Die Bw hat am 5. Mai 1997 Berufung gegen das Straferkenntnis erhoben. Sie führt aus, daß sie gegen den Bescheid Berufung erhebe, weil keine Fahrerflucht vorliege. I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte hinsichtlich der Fakten 2, 3 und 4, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte unterbleiben, zumal nur eine rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes vorzunehmen ist (Faktum 2) bzw bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß die Berufung zurückzuweisen war (Fakten 3 und 4). Die Durchführung einer Verhandlung wurde nicht ausdrücklich verlangt (§ 51e VStG). I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und wie folgt erwogen:

I.4.1. Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten. Es blieb bereits im erstinstanzlichen Verfahren unbestritten, daß die Bw als Lenkerin des Kraftfahrzeuges ein Verkehrszeichen streifte und dadurch umstieß. Sie hat somit - unbestritten - als Lenkerin eines Fahrzeuges einen Verkehrsunfall verursacht. Sinngemäß ist ihrer Rechtfertigung zu entnehmen, daß sie diesen Unfall nicht bemerkt hat und deshalb nicht anhielt. Voraussetzung für die Anhaltepflicht ist nicht nur das objektive Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens, sondern in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens. Der Tatbestand ist schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit wenigstens einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (VwGH 6.7.1984, 82/02A/0072).

Im gegenständlichen Fall hat die Bw ein Verkehrszeichen gestreift und dieses, wie aus den im Akt aufliegenden Fotos zu ersehen ist, umgestoßen. Durch diesen Vorfall wurde auch, was ebenfalls aus den im Akt aufliegenden Fotos belegt ist, ihr PKW beschädigt. Von einer zum Lenken eines Personenkraftwagens befugten und befähigten Person ist nach allgemeiner Lebenserfahrung zu erwarten, daß sie einen derartigen Vorfall sofort realisiert und sich dann entsprechend der gesetzlichen Anordnung verhält. Das Verhalten der Bw stellt daher zumindest ein fahrlässiges Nichtwissen vom Eintritt des Schadens dar und es vermag sie dieser Umstand nicht zu entlasten. Andere Umstände, wonach die Bw subjektiv nicht in der Lage gewesen wäre, sich dem Gesetz gemäß zu verhalten, wurden nicht behauptet und sind im Verfahren auch nicht hervorgekommen. Dazu wird bemerkt, daß die festgestellte Alkoholisierung keinen derartigen Umstand darstellen könnte. Der von der Erstbehörde erhobene Tatvorwurf ist daher zu Recht erfolgt.

Was die Strafbemessung (§ 19 VStG) anbelangt, so wird festgestellt, daß die sogenannten "Fahrerfluchtdelikte" zu den gravierendsten Verstößen der Straßenverkehrsordnung zählen und zur Hintanhaltung aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung erforderlich ist. Dies kommt auch in dem vom Gesetzgeber festgelegten Strafrahmen (Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S) zum Ausdruck. Im Hinblick darauf, daß der Erschwerungsgrund einer einschlägigen Vormerkung nur hinsichtlich des - hier nicht zur Debatte stehenden - Alkoholdeliktes vorliegt, sohin im gegenständlichen Fall keine besonderen Erschwerungsgründe festgestellt werden können, erscheint jedoch die Herabsetzung sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe auf das nunmehr festgelegte Ausmaß vertretbar. Strafmildernde Umstände konnten auch im Berufungsverfahren keine festgestellt werden.

Unter Berücksichtigung der im erstinstanzlichen Verfahren erhobenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw, welche nicht bestritten wurden, erscheint die nunmehr festgelegte Strafe für die Bw zumutbar. Eine weitere Herabsetzung ist sowohl aus spezialpräventiven als auch aus generalpräventiven Gründen nicht vertretbar. I.4.2. Gemäß § 63 Abs.3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Diese Vorschrift gilt zufolge § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Lediglich wenn die Berufung mündlich eingebracht wird, bedarf diese keines begründeten Berufungsantrages (§ 51 Abs.3 VStG).

Die verfahrensgegenständliche Berufung wurde schriftlich eingebracht und hätte daher entsprechend begründet werden müssen.

Wenn auch die obzitierte Bestimmung des § 63 Abs.3 AVG nicht formalistisch auszulegen ist, so ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Berufung nur dann gesetzmäßig erhoben worden, wenn sie einen Berufungsantrag und eine Berufungsbegründung enthält. Die Berufung muß wenigstens erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (VwGH vom 15.4.1986, 85/05/0179 ua).

Im vorliegenden Fall enthält die Berufung hinsichtlich der Fakten 3 und 4 nicht einmal eine Andeutung darüber, worin die Unrichtigkeit des bekämpften Bescheides gelegen sein soll und es fehlt somit an dem unabdingbaren Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages. Nachdem in der Rechtsmittelbelehrung des bekämpften Bescheides ausdrücklich auf dieses Formerfordernis hingewiesen wurde, handelt es sich um einen inhaltlichen und daher nicht der Verbesserung (§ 13 Abs.3 AVG) zugänglichen Mangel. Mit dem gegenständlichen Straferkenntnis wurden mehrere Bestrafungen hinsichtlich verschiedener, rechtlich trennbarer Tatbestände ausgesprochen. Besteht eine rechtliche Trennbarkeit des im Bescheid der Unterbehörde enthaltenen Abspruches, so muß ein den Gesamtbescheid betreffender Berufungsantrag hinsichtlich jedes trennbaren Teiles eine Begründung enthalten, um der Bestimmung des § 63 Abs.3 AVG zu entsprechen (vgl VwGH 94/08/0029 vom 22.10.1996 ua). Im gegenständlichen Fall bestreitet die Bw ausschließlich den Vorwurf der "Fahrerflucht". Hinsichtlich der anderen Delikte hat sie sich nicht einmal andeutungsweise geäußert. In Ermangelung jeglicher Begründung hinsichtlich der Fakten 3 und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses ist es daher dem O.ö. Verwaltungssenat verwehrt, in eine Sachentscheidung einzugehen. Die Berufung ist diesbezüglich daher unzulässig und gemäß § 66 Abs.4 AVG als unzulässig zurückzuweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Mag. K i s c h

Beschlagwortung: Zurückweisung der Berufung hinsichtlich einzelner Fakten als unzulässig, wenn - bei rechtlicher Trennbarkeit - zwar gegen das gesamte Straferkenntnis berufen, diese aber nur hinsichtlich einzelner Fakten begründet wurde; subjektive Verwirklichung des Fahrerfluchtdelikts auch bei Alkoholbeeinträchtigung

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