Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104725/2/Fra/Shn

Linz, 29.07.1997

VwSen-104725/2/Fra/Shn Linz, am 29. Juli 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn P, gegen den Bescheid der BPD Linz vom 28.5.1997, III/CST.40806/96, betreffend Zurückweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unzulässig, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 und § 69 AVG iVm §§ 16, 19, 24 und 51 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die BPD Linz hat mit Strafverfügung vom 17.1.1997, AZ. Cst 40806/LZ/96, über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 2 Abs.1 Z1 der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung (KPZ-ÜVO) iVm § 99 Abs.3 lit.a der Straßenverkehrsordnung von 1960 (StVO 1960), BGBl.Nr. 159, gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) verhängt.

2. Mit fristgerecht gegen diese Strafverfügung eingebrachten Einspruch begehrte der Bw die Einstellung des Verfahrens, da er 70 % Invalide sei, lediglich in der Konditorei K eingekauft habe und der Invalidenparkplatz verparkt gewesen wäre. 3. Im aufgrund dieses Einspruchs ergangenen Straferkenntnis der BPD Linz vom 25.2.1997 führte die Behörde aus, daß aufgrund der Einspruchsangaben des Bw in keinster Weise dargelegt würde, weshalb dem Beschuldigten nicht zumutbar gewesen wäre, sein Fahrzeug für die Dauer des Abstellens, wenn auch nur zum Zwecke eines kurzen Einkaufes in der Konditorei, mit einem entsprechenden Kurzparknachweis zu kennzeichnen. Auch wären keinerlei Anhaltspunkte für nicht rechtswidriges bzw schuldhaftes Verhalten dargelegt oder glaubhaft gemacht worden. Es wäre daher, zumal gegen den Beschuldigten mindestens zwei einschlägige rechtskräftige Vormerkungen bestünden, das Vorgehen mit einer Bestrafung aus spezialpräventiven Gründen geboten gewesen. 4. Mit als Wiedereinsetzungsantrag bzw Wiederaufnahmeantrag betiteltem Schreiben vom 13.5.1997 beantragte der Bw die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Aufhebung des Straferkenntnisses vom 27.2.1997. Der Bw begründete dies damit, daß mit Bescheid vom 20.2.1997, VerkR-240.406/J-1997/Sta, die o.ö. Landesregierung seiner Berufung vom 19.7.1996 Folge gegeben habe und ihm den Ausweis gemäß § 29b StVO bewilligt habe. Hieraus folge, daß dem Bw dieser Ausweis bereits ab Antragstellung zugestanden sei, jedenfalls zur Tatzeit. 5. Mit Bescheid der BPD Linz vom 28.5.1997 wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unzulässig zurückgewiesen. Die erkennende Behörde begründete dies dahingehend, als die Erhebungen ergeben hätten, daß der Bescheid vom 20.2.1997 unter der Zahl VerkR-240.406/J-1997/Sta, mit welchem die o.ö. Landesregierung der Berufung des Beschuldigten Folge gegeben hat, mittels RSb-Brief durch Hinterlegung am 25.2.1997 gültig zugestellt worden wäre. Das gegenständliche Straferkenntnis wegen der Übertretung der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung sei eigenhändig zugestellt und vom Beschuldigten am 28.2.1997 persönlich übernommen worden. Somit sei dieses Straferkenntnis mit 14.3.1997 in Rechtskraft erwachsen. Zu diesem Zeitpunkt hätte der Beschuldigte offensichtlich bereits Kenntnis vom nunmehr vorgebrachten Wiederaufnahmsgrund gehabt. Gemäß der Bestimmung des § 69 Abs.2 AVG sei der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen, von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Der gegenständliche Antrag sei jedoch erst am 13.5.1997 bei der erkennenden Behörde eingebracht worden, somit eindeutig nicht innerhalb der im Gesetz bestimmten Frist, weshalb der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unzulässig, weil verspätet, zurückzuweisen gewesen wäre. 6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig bei der zuständigen Behörde eingebrachte Berufung. Darin führt der Bw aus, daß die Tatsache seiner Behinderung gemäß § 29 StVO letztlich festgestellt worden wäre und er den Behindertenausweis des Bundessozialamtes Nr.8259361 als Grundlage längst gehabt hätte. Daher ergebe sich ex lege die Rechtswidrigkeit aller entgegenstehenden Aktionen. Der Bw verwies weiters "auf die im Gesetz verankerte Möglichkeit der amtswegigen (ex offo) Wiederaufnahmemöglichkeit gemäß § 68 AVG, dies da wir in einem Rechtsstaat leben würden und die Grundsätze von Recht und Ordnung, gute Sitten etc noch gelten sollten, um begangenes Unrecht zu beseitigen, anstelle es zu zementieren". Der Bw beantragte daher die ersatzlose Aufhebung, sowie die Verfahrenseinstellung, wobei so der Bw es ein Vorgang "extra legem" sei, ihn auf angebliche Fristversäumnisse bei einem amtsbekannten Tatbestand (§ 29 StVO) festnageln zu wollen.

7. Die BPD Linz - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt - da der Bw nicht schlüssig dargelegt habe, weshalb der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens fristgerecht im Sinne des § 69 Abs.2 AVG eingebracht worden wäre - und legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

8. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

8.1. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

Der Bescheid vom 20.2.1997, mit dem die o.ö. Landesregierung der Berufung des Beschuldigten vom 19.7.1996 Folge gegeben hat und diesem daher ein Ausweis gemäß § 29b StVO bewilligt wurde, ist mittels RSb-Briefes durch Hinterlegung am 25.2.1997 gültig zugestellt worden. Das gegenständliche Straferkenntnis wegen der Übertretung der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung wurde eigenhändig zugestellt und vom Bw am 28.2.1997 persönlich übernommen. Der Bw hätte somit spätestens am 28.2.1997 von der hinterlegten Sendung (Ausweis nach § 29b StVO) Kenntnis erlangen können.

Dies ergibt sich aus der Aktenlage und wird auch vom Bw nicht bestritten. 8.2. Gemäß § 69 Abs.2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen vom Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Der Wiederaufnahmeantrag hat den Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Wiederaufnahmegrundes datumsgemäß (oder sonst genau) zu enthalten. Der Wiederaufnahmewerber muß daher schon im Antrag angeben, wann er von dem Vorhandensein des von ihm geltend gemachten Beweismittels Kenntnis erlangt hat. Ein Fehlen dieser Angaben über die Rechtzeitigkeit der Antragstellung kann nicht nach § 13 Abs.3 AVG als bloßes Formgebrechen behandelt werden (vgl VwGH 15.12.1994, 94/09/0342 ua). Der vorliegende Wiederaufnahmeantrag ist daher bereits aus diesem Grund zurückzuweisen gewesen.

Der Wiederaufnahmeantrag ist jedoch auch dann als unzulässig, weil verspätet, zurückzuweisen, wenn man annimmt, daß der Bw zumindest (spätestens) am Tag, an dem ihm der Bescheid der BPD Linz zugestellt wurde, dem 28.2.1997, vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangte (gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz, gelten hinterlegte Sendungen mit dem Tag an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt; im Falle der Abwesenheit des Empfängers von der Abgabestelle, spätestens an dem Tag, an dem der Empfänger vom Zustellvorgang hätte Kenntnis erlangen können und die hinterlegte Sendung hätte behoben werden können). Dies daher, da der Wiedereinsetzungsantrag erst am 13.5.1997 bei der zuständigen Behörde eingebracht wurde und somit eindeutig nicht innerhalb der im § 69 Abs.2 AVG bestimmten Frist von zwei Wochen ab Kenntnis vom Wiederaufnahmegrund. Eine weitere Voraussetzung für den Antrag gemäß § 69 AVG ist das Vorhandensein eines Wiederaufnahmegrundes. Als Wiederaufnahmegrund führt der Bw den Bescheid der Oö Landesregierung vom 20.2.1997 an, mit dem ihm der Ausweis nach § 29b StVO zugestellt wurde. Tatsachen und Beweismittel können jedoch nur dann einen Grund für die Wiederaufnahme eines rechtskräftigen abgeschlossenen Verfahrens darstellen, wenn sie bei Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens schon vorhanden gewesen sind, nicht aber, so wie im gegenständlichen Fall, wenn es sich um erst nach Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt (vgl. VwGH 21.1.1992, 91/11/0059 uva.). So stellt auch die Entscheidung einer Verwaltungsbehörde in einer bestimmten Rechtssache (hier Ausstellung eines Ausweises mittels Bescheid) weder eine neue Tatsache noch ein Beweismittel dar, sondern basiert vielmehr selbst auf Beweismitteln (VwGH 26.4.1994, 91/14/0129 uva.). Der Wiederaufnahmeantrag ist daher auch wegen Fehlens eines Wiederaufnahmegrundes zurückzuweisen gewesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu der vom Bw behaupteten Rechtswidrigkeit und die im Verweis auf die im Gesetz verankerte Möglichkeit der amtswegigen Wiederaufnahmemöglichkeit ist folgendes zu sagen:

Gemäß § 29b Abs.2 lit.b StVO 1960 dürfen dauernd stark gehbehinderte Personen das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug oder Lenker von Fahrzeugen in der Zeit, in der sie eine dauernd stark gehbehinderte Person befördern, in einer Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung parken. Diese Begünstigung kommt jedoch nur jenen dauernd stark gehbehinderten Personen zugute, die als Lenker oder Mitfahrer im Besitz eines in Abs.4 oder 5 umschriebenen Ausweises sind (vgl. VwGH 14.10.1994, 94/02/0145). Der Bw war zum Tatzeitpunkt nicht im Besitz eines in § 29b StVO beschriebenen Ausweises und war die Bestrafung daher nicht rechtswidrig.

Zur Anregung, wonach der O.ö. Verwaltungssenat in Anwendung des § 68 AVG das von der BPD Linz erlassene Straferkenntnis aufheben sollte ("um begangenes Unrecht zu beseitigen") ist der Bw auf § 52a VStG (amtswegige Aufhebung rechtskräftiger Bescheide) zu verweisen. Danach kann von Amts wegen ein rechtskräftiger erstinstanzlicher Bescheid, durch den zum Nachteil des Bestraften das Gesetz offenkundig verletzt worden ist, von der Behörde, die ihn erlassen hat, oder von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. Das gleiche steht den unabhängigen Verwaltungssenaten für die von ihnen erlassenen rechtskräftigen Erkenntnisse zu. Auf die Ausübung dieses Rechtes hat niemand einen Anspruch. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß hiefür die belangte Behörde zuständig ist und dem unabhängigen Verwaltungssenat die Stellung einer sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde im Verhältnis zur belangten Behörde nicht zukommt.

Auch ist die Behörde im Falle der Anregung zur Ausübung des Aufhebungs- bzw. Abänderungsrechts zu keiner Entscheidung verpflichtet und gewährt § 52a Abs.1 VStG kein subjektives Recht auf Aufhebung eines rechtskräftig erstinstanzlichen Strafbescheides sowie es auch im Falle der Ablehnung eines darauf abzielenden Antrages des Bestraften keine Beschwerdelegitimation an den VfGH oder VwGH gibt (Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahrensrecht, 5. Auflage, 1996, S 1090ff).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. F r a g n e r

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