Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104736/24/Le/Ha

Linz, 21.04.1998

VwSen-104736/24/Le/Ha Linz, am 21. April 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Alois Peter F, Dr. K 13, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmann-schaft Wels-Land vom 18.6.1997, VerkR96-5196-1996-Om, wegen Übertretun-gen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 300 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18.6.1997 wurden über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretungen des § 20 Abs.2 und des § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO) Geldstrafen in Höhe von 1.000 S bzw. 500 S (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von zwei Tagen bzw. 24 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 11.7.1996 um 10.45 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen an näher bezeichneten Stellen der A in Richtung W gelenkt, wobei er a) die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/ um 30 km/h überschritten und weiters b) als Lenker eines Fahrzeuges beim Fahren hinter dem nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, weil er bei km 250,5, Gemeinde O, einen Abstand von höchstens 10 m zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten habe.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen auf die Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 11.7.1996 sowie auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren verwiesen. Sodann wurden die Gründe der Strafbemessung dargelegt, wobei die Erstbehörde von einem monatlichen Nettoeinkommen von 15.000 S sowie dem Nichtvorliegen von Vermögen und Sorgepflichten ausging.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 26.6.1997, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In der Begründung führte der Bw aus, zunächst vollinhaltlich auf seinen Einspruch zu verweisen. Die Tatvorwürfe wurden sodann im einzelnen bestritten; als Zeuge für die Nichtbegehung der angelasteten Verwaltungsübertretungen wurde vom Bw sein Sohn Gernot F namhaft gemacht. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur Klärung der Sach- und Rechtslage wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat für 15.1.1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu der der Berufungswerber, sein Sohn Gernot F als Zeuge sowie der die Anzeige verfassende Gendarmeriebeamte geladen wurden. Aufgrund einer begründeten Vertagungsbitte des Bw wurde die Verhandlung verschoben und für 21.4.1998 neuerlich anberaumt. Da die Ladung des Bw am 9. April 1998 als nicht behoben zurückgestellt worden war, nahm das entscheidende Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates am 14.4.1998 telefonisch Kontakt mit dem Bw auf. Dabei gab die Gattin des Bw an, daß sie es verabsäumt hätte, die Ladung von der Post zu holen. Allerdings hätte ihr Gatte den Verhandlungstermin bereits vorgemerkt, da ja auch der Sohn eine Ladung bekommen hätte.

Am 21.4.1998 wurde die Verhandlung pünktlich um 10.30 Uhr vom Vorsitzenden aufgerufen. Der Bw sowie sein Sohn waren nicht anwesend.

Nachdem eine Viertelstunde zugewartet worden war, wurde der anwesende Zeuge Bezirksinspektor Franz Z förmlich als Zeuge vernommen. Daraus ergab sich, daß er am Tattage dem nunmehrigen Bw nachgefahren und zwei voneinander unabhängige Messungen mit der Pro-Vi-Da-Anlage getätigt hat. Beide Male war der Bw mit 160 km/h unterwegs.

Zum zweiten Tatvorwurf (Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes) gab der Zeuge an, daß damals ein grüner VW Jetta mit deutschem Kennzeichen mit etwa 120 km/h das vor ihm fahrende Fahrzeug überholt hatte. Der nunmehrige Bw, der viel schneller unterwegs war, reihte sich hinter dem grünen VW Jetta ein, wobei der Abstand zu diesem Fahrzeug knapp zwei Fahrzeuglängen betrug. Der Gendarmeriebeamte fuhr seitlich versetzt hinter dem Bw und konnte auf diese Art und Weise den Abstand zum vorderen Fahrzeug ziemlich genau feststellen. Der Zeuge gab an, daß der Abstand höchstens 10 m betragen habe, wahrscheinlich sogar weniger.

3.2. Daraufhin schloß der Vorsitzende das Beweisverfahren und verkündete das Erkenntnis. 3.3. Vor dem Verhandlungssaal unterhielten sich der Gendarmeriebeamte und der Vorsitzende nach der Verhandlung, als plötzlich Herr Alois Peter F mit seinem Sohn auftauchte. Er gab an, vor dem falschen Verhandlungssaal gewartet zu haben. Dem Bw wurde mitgeteilt, daß das Verfahren geschlossen und das Erkenntnis bereits gefällt wurde.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Zum 1. Tatvorwurf:

Nach § 20 Abs.2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges ... auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h ... fahren, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt.

Es steht fest, daß im gegenständlichen Straßenabschnitt der A1 Westautobahn weder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt noch eine geringere Höchstge-schwindigkeit vorgeschrieben war.

Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesonders der glaubwürdigen, schlüssigen und in sich widerspruchsfreien Aussage des Gendarmeriebeamten, Herrn BezInsp. Z, steht fest, daß der Bw an den beiden Tatorten die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h erheblich, nämlich jeweils um 30 km/h überschritten hat. Dies hat der einschreitende Gendarmeriebeamte durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand unter Verwendung eines technischen Hilfsmittels, nämlich einer im Fahrzeug fix eingebauten Pro-Vi-Da-Anlage festgestellt.

Der Bw hat die Geschwindigkeitsüberschreitungen bestritten und zum Beweis dafür seinen im Fahrzeug mitfahrenden Sohn Gernot F als Zeugen namhaft gemacht. Sein Sohn war bei der gegenständlichen Fahrt neben ihm auf dem Beifahrersitz gesessen. Dessen zeugenschaftliche Vernehmung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat war jedoch nicht möglich, da er zur Verhandlung trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen war. Die Aussage des Gendarmeriebeamten ließ aber keinen Zweifel an der Richtigkeit und Vollstän-digkeit des festgestellten Sachverhaltes, weshalb eine Vertagung der Verhandlung mit den Grundsätzen des Verwaltungsverfahrens, insbesonders der Amtswe-gigkeit und der Verwaltungsökonomie, unvereinbar erschien. Die Würdigung der aufgenommenen Beweise ergab folgendes: Es ist dem einschreitenden Gendarmeriebeamten durchaus zuzutrauen, daß er einerseits die Pro-Vi-Da-Anlage vorschriftsmäßig bediente und andererseits das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung richtig ablesen konnte. Dafür spricht sowohl seine Einschulung auf diesem Gerät sowie seine langjährige berufliche Erfahrung im Streifendienst auf der Autobahn. Vor dem unabhängigen Verwaltungssenat gab Herr Bezirksinspektor Z an, den nunmehrigen Bw vorher nie gesehen zu haben. Bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat vermittelte Herr Bezirksinspektor Z einen außerordentlich besonnenen, sachlichen und kompetenten Eindruck. In Verbindung mit der Schlüssigkeit und Widerspruchsfreiheit seiner Angaben war daher bei der Würdigung der aufgenommenen Beweise von der Richtigkeit seiner Aussagen auszugehen.

Eine Vertagung der mündlichen Verhandlung zur Aufnahme des beantragten Zeugenbeweises Gernot Fs war daher nicht mehr erforderlich, da selbst dann, wenn Herr Gernot F die Angaben seines Vaters bestätigt hätte, im Rahmen der freien Beweiswürdigung von der Richtigkeit der Aussagen des Gendarmeriebeamten auszugehen gewesen wäre. Schließlich ist auch festzustellen, daß es sich bei der vorliegenden Angelegenheit um keinen komplizierten Lebenssachverhalt handelt, sondern um zwei (bedauerlicherweise) alltägliche Delikte auf Österreichs Autobahnen. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, daß Beifahrer nicht so sehr auf Geschwindigkeit und Sicherheitsabstände achten wie dies Gendarmeriebeamte tun, deren Aufgabe es ist, für die Sicherheit auf den Straßen zu sorgen.

Es war daher davon auszugehen, daß der Bw tatsächlich die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 30 km/h überschritten und sohin den objektiven Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt hat.

4.3. Zu Tatvorwurf 2:

§ 18 Abs.1 StVO bestimmt, daß der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten hat, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Nach Lehre und Judikatur ist als solcher Abstand mindestens der Reaktionsweg einzuhalten.

Der Bw wandte sich gegen diesen Tatvorwurf mit der Begründung, daß er kein Selbstmörder sei.

Der einschreitende Gendarmeriebeamte gab anläßlich seiner Vernehmung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat an, daß er seitlich versetzt hinter dem Bw fuhr und aus dieser Position sicher erkennen konnte, daß der Bw keine zwei Fahrzeuglängen hinter dem grünen VW Jetta mit deutschem Kennzeichen fuhr.

Bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 120 km/h (mit dieser Geschwindigkeit hatte der Gendarmeriebeamte die Fahrgeschwindigkeit des grünen VW Jetta - und damit zwangsläufig auch die der nachfahrenden Fahrzeuge festgestellt) ist sohin ein Abstand von mindestens 36 m einzuhalten.

Die Einhaltung eines Abstandes von lediglich 10 m verletzt somit die gesetzliche Bestimmung, zumal dann ein sicheres Anhalten bei einer plötzlichen Abbremsung des vorderen Fahrzeuges nicht mehr möglich ist.

Bei der Beweiswürdigung kam der erkennende Verwaltungssenat auch in diesem Punkt zum Ergebnis, daß den Angaben des einschreitenden Gendarmeriebeamten, die dieser als Zeuge vor dem unabhängigen Verwaltungssenat klar und eindeutig wiederholte, mehr Glauben zu schenken war als den Berufungsausführungen. Die oben unter 4.2. getroffenen Aussagen zur Beweiswürdigung sind auch hier maßgeblich.

4.4. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, daß dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da auch die beiden angelasteten Verwaltungsübertretungen in die Gruppe der Ungehorsamsdelikte einzuordnen sind, war somit Verschulden zumindest in Form der Fahrlässigkeit anzunehmen. Damit ist aber auch die subjektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsüber-tretungen erfüllt.

4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Die Voraussetzungen des § 21 VStG (Absehen von der Strafe bzw. Ausspruch einer Ermahnung) sind nicht erfüllt, weil weder das Verschulden des Bw geringfügig ist noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. In § 99 Abs.3 StVO ist für Verwaltungsübertretungen der gegenständlichen Art eine Geldstrafe bis zu 10.000 S vorgesehen. In Anbetracht dieses Strafrahmens und der Erkenntnis, daß gerade das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit sowie das Nichteinhalten des erforderlichen Sicherheitsabstandes immer wieder Anlaß für schwere und schwerste Verkehrsunfälle bildet, die gerade auf Autobahnen wegen der hohen Geschwindigkeiten oft fatal enden, ist die Bemessung der Strafen durch die Erstbehörde ohnedies als sehr mild anzusehen. Dadurch, daß der Bw nicht gänzlich unbescholten ist, konnte auch der Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit nicht Anwendung finden. Andererseits bewirkt das Fehlen einer einschlägigen Vorstrafe den Ausschluß eines Erschwerungsgrundes.

Selbst wenn man der Strafbemessung lediglich ein Nettoeinkommen von 9.000 S monatlich (= Angabe des Bw) der Strafbemessung zugrunde legt, so muß doch in Anbetracht der Schwere der Delikte von einer Angemessenheit der verhängten Strafe ausgegangen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da Geldstrafen in Höhe von insgesamt 1.500 S verhängt wurden, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 300 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an: Dr. Leitgeb Beschlagwortung: Sicherheitsabstand, ProViDa

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