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VwSen-104811/2/Gu/Mm

Linz, 05.08.1997

VwSen-104811/2/Gu/Mm Linz, am 5. August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Dipl. Kfm. Dr. N. V. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 1. Juli 1997, Zl. VerkR96.., wegen Übertretung des KFG 1967 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt. Der Rechtsmittelwerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 49, § 66 Abs.1 VStG, Art.4 Abs.1 7.ZP zur EMRK, § 103 Abs.2 KFG 1967, § 134 Abs.1 leg.cit.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft .. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt als das nach außen vertretungsbefugte Organ des Zulassungsbesitzers des PKW mit dem Kennzeichen ..(D), B. Verwaltungs GmbH, trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft .. vom 9.1.1997, VerkR96.., nicht binnen zwei Wochen, nämlich in der Zeit vom 19.1.1997 bis 3.2.1997 der Behörde Auskunft darüber erteilt zu haben, wer dieses Fahrzeug am 18.10.1996 um 3.54 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne. Wegen Verletzung des § 103 Abs.2 und § 134 Abs.1 KFG 1967 wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 3.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

In seiner dagegen eingebrachten Berufung macht der Rechtsmittelwerber geltend, daß ihm gegenüber keine Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft vorliege. Eine gegenüber einer Firma gemachte Aufforderung könne nicht gegen den diesbezüglichen Gesellschafter persönlich geltendgemacht werden. Er, N. V. persönlich, sei von der Behörde nie aufgefordert worden, Angaben zu der Verkehrsüberschreitung vom 25.11.1996 zu machen.

Die seinerzeitige im Januar 1997 ergangene Aufforderung zum "Vorgang Stellung zu nehmen" sei an die B. Verwaltungs Ges.mbH., ergangen. Bei der Ges.mbH. sei diese Anfrage nicht eingegangen. Der Rückschein könne ebenso über die private Post eingelaufen sein. Die Behörde habe versucht eine gegen die Firma B. verhängte Strafe im Weg über die Stadt W. einzutreiben. Es bestehe demnach ein rechtskräftiger Strafbescheid gegen die B. Verwaltungs Ges. mbH. Dies sei auch Kenntnisstand der Stadt W. Weder der Stadt W. noch der Fa. B. sei eine Aufhebung oder Rücknahme des Bescheides bekannt. Gleichzeitig bzw. parallel hiezu werde nunmehr in der gleichen Sache von der Behörde gegen ihn persönlich vorgegangen. Falls der Bescheid gegen die Firma B. noch gültig sei, dann könne die Behörde nicht den Berufungswerber belangen.

Falls jedoch das Verfahren gegen die Firma B. Verwaltungs Ges.mbH. als erledigt anzusehen sei und der Rechtsmittelwerber dennoch zur Verantwortung gezogen werde, dann bringt er vor, daß er persönlich nie angehört worden sei. Er persönlich sei nie aufgefordert worden. Als Geschäftsführer der Ges.mbH. könne er für Ordnungswidrigkeiten der Ges.mbH. nur verantwortlich gemacht werden, wenn er schuldhaft seine Pflichten als Geschäftsführer verletzt habe. Wenn die Behörde ihm persönlich einen Anhörungsbogen schicke, dann könne er diesen genausowenig beantworten, wie dies die B. Verwaltungs Ges.mbH. konnte. Es sei ihnen nicht bekannt, wer am 18.10.1996 das Fahrzeug gelenkt habe, zumal es sich um ein Firmenfahrzeug gehandelt habe und sie kein Fahrtenbuch führten. Nur wenn von der Behörde Hinweise wie Fotos etc. zur Verfügung gestellt würden, wäre seine Aussage möglich, wer am besagten Tag den Wagen gefahren habe. Dies sei allerdings nicht geschehen.

Alles in allem begehrt der Rechtsmittelwerber wegen der seines Erachtens vorliegenden Rechtswidrigkeit nicht bestraft zu werden.

Da die verhängte Geldstrafe den Betrag von 3.000 S nicht überstieg und eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich begehrt wurde, konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Eingangs ist demnach klärend festzustellen, daß gemäß § 103 Abs.2 KFG eine österreichische Behörde wegen eines Inlandsbezuges etwa durch einen bestimmten Aufenthalt eines im Ausland zugelassenen Fahrzeuges in Österreich, einen im Ausland lebenden Zulassungsbesitzer - und sei dies auch eine juristische Person - verhalten kann Auskünfte zu verlangen, wer an einem bestimmten Tag ein bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder abgestellt hat oder die Person zu benennen, die diese Auskunft erteilen kann. Diese Lenkeranfrage geschieht in einem administrativrechtlichen Verfahren, wodurch allerdings, auch wenn eine juristische Person wie eine Ges.mbH. Zulassungsbesitzerin ist und zur Auskunfterteilung verhalten wurde, die zur Vertretung nach außen berufene natürliche Person der Ges.mbH. haftet, daß die Auskunft richtig und vollständig erteilt wird und widrigenfalls auch verwaltungsstrafrechtlich dafür einstehen muß. Auch ein Verschulden (eine Fahrlässigkeit) ist insbesonders dann nicht ausgeschlossen, wenn die zur Vertretung nach außen berufene Person der Ges.mbH. die Verwendung des Kraftfahrzeuges für eine Fahrt z.B. nach Österreich oder in ein vom Blickwinkel des deutschen Staatsgebietes anderes Ausland, Kenntnis hat oder nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat und er sich über die dort geltende Gesetzeslage nicht hinreichend Kenntnis verschafft hat. Die Berufung auf bloß innerdeutsche Vorschriften (Nichtführung eines Fahrtenbuches) vermögen ihn diesbezüglich nicht zu entlasten.

Im gegenständlichen Fall ist folgendes konkret zu bedenken: Aufgrund einer Geschwindigkeitsüberschreitung, begangen mit dem auf die B. Verwaltungs Ges.mbH., zugelassenen PKW mit dem Kennzeichen .., wurde am 18.10.1996 um 03.45 Uhr im Gemeindegebiet von A. auf der Westautobahn an einen näher bestimmten Ort eine Geschwindigkeitsübertretung begangen, worauf die erste Instanz nach Ermittlung der als juristische Person organisierten Zulassungsbesitzerin an diese am 9.1.1997 eine Aufforderung zur Bekanntgabe des Lenkers bezüglich des vorerwähnten Zeitpunktes richtete. Diese Anfrage wurde der B. Verwaltungs Ges.mbH. am 18.1.1997 zugestellt und von Dr. V. - dem Berufungswerber persönlich - in Empfang genommen. Da daraufhin keine Antwort einlangte, erließ die erste Instanz mit Strafverfügung vom 26.2.1997, Zl. VerkR.., eine Strafverfügung wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967, welche an die B. Verwaltungs Ges.mbH. adressiert war, sich jedoch offensichtlich gegen den zur Vertretung nach außen Berufenen richtete, welche Strafverfügung von Herrn Dr. V. - dem Beschuldigten - am 5.3.1997 persönlich übernommen wurde, was durch die Unterschrift des Genannten am Zustellnachweis beurkundet erscheint. Ein Einspruch gegen diese Strafverfügung erfolgte nicht, wodurch diese nach der zweiwöchigen Einspruchsfrist mit Ablauf des 19.3.1997 in Rechtskraft erwachsen ist.

Erst als die Bezirkshauptmannschaft .. diese rechtskräftige Strafverfügung aufgrund des Verwaltungshilfeabkommens im Wege der Stadt W. einzutreiben versuchte, reklamierte der Beschuldigte namens der B. Verwaltungs Ges.mbH. am 12.5.1997 die Durchführung eines ordnungsgemäßen Verwaltungsstrafverfahrens. Anschließend versuchte die erste Instanz die Stellung des Beschuldigten als das außenvertretungsbefugte Organ der B. Verwaltungs Ges.mbH. von den deutschen Behörden bestätigen zu lassen, stellte mit Aktenvermerk vom 5.6.1997 dieses Verfahren ein, wovon allerdings Dr. N. V. - der Beschuldigte - keine Kenntnis erlangte. Anschließend erließ die Bezirkshauptmannschaft .. am 6.6.1997 ebenfalls zur Zl. VerkR96.., eine Strafverfügung gegen den Beschuldigten wegen Mißachtung des Auskunftsbegehrens als das zur Außenvertretung befugte Organ der B. Verwaltungs Ges.mbH. Diese Strafverfügung wurde dem Beschuldigten am 21.6.1997 zugestellt und von ihm ebenfalls persönlich übernommen, worauf über rechtzeitigen Einspruch hin das angefochtene Straferkenntnis erging.

Rechtlich bedeutsam ist aus dieser Übersicht des Verfahrensablaufes, daß die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft .. vom 26.2.1997, welche, wenn auch nicht ausdrücklich, so nach dem wahren Gehalt, die unterbliebene Auskunft dem Beschuldigten als deliktsfähigem Organ unterstellte, rechtskräftig geworden ist und diese Wirkung auch noch andauert, zumal die erstinstanzliche Behörde weder einen Bescheid nach § 52 a Abs.1 VStG oder etwa nach § 68 Abs.2 AVG erlassen hat und der Aktenvermerk, der den Bereich der Behörde nicht verließ, somit keine rechtliche Wirkung zeitigte, insbesonders nicht die Aufhebung der Strafverfügung vom 26.2.1997 und keine Einstellung des Verfahrens bewirken konnte. Da diese erste Strafverfügung noch Wirkung zeigt, wurde der Beschuldigte durch das angefochtene Straferkenntnis vom 1.7.1997 im Ergebnis ein zweites Mal bestraft. Dies läuft jedoch der Bestimmung des Art.4 Z1 des 7. Zusatzprotokolles zur EMRK zuwider, dessen Anwendbarkeit der europäische Gerichtshof für Menschenrechte auch in einem österreichischen Verwaltungsstrafverfahren bejaht hat.

Aus diesem Grunde war der Berufung ein Erfolg zuzubilligen.

Ausführungen, ob in Deutschland in Hinblick auf das im Verwaltungsstrafverfahren bestehende Amts- und Rechtshilfeabkommen - jedoch infolge der in diesem völkerrechtlichen Vertrag enthaltenen Vorbehaltsklausel im Interesse des "ordre public" im Hinblick auf das in Deutschland bestehende Verbot der Selbstbezichtigung und der Bezichtigung naher Angehöriger - eine Vollstreckung einer Strafe die wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 erging, durchgesetzt werden kann, erscheinen demnach entbehrlich.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G u s c h l b a u e r Beschlagwortung: Doppelbestrafung liegt vor wenn eine rechtskräftige Strafverfügung vorliegt, die offensichtlich den Beschuldigten treffen sollte und ausschließlich ein Straferkenntnis erging.

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