Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104879/10/Sch/Rd

Linz, 02.10.1997

VwSen-104879/10/Sch/Rd Linz, am 2. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof; Berichter: Dr. Schön; Beisitzer: Mag. Gallnbrunner) über die Berufung des E vom 14. August 1997, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 31. Juli 1997, VerkR96-872-1997, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Straferkenntnis vom 31. Juli 1997, VerkR96-872-1997, über Herrn E, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 11.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden verhängt, weil er am 27. Februar 1997 um 18.30 Uhr den LKW mit dem Kennzeichen in Luftenberg auf der B 3 Donau Straße in Fahrtrichtung Linz bei Straßenkilometer 230,510 in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 1.100 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Strafbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Die Erstbehörde stützt ihr verurteilendes Erkenntnis im wesentlichen auf das amtsärztliche Gutachten vom 4. Juli 1997, San20-8-6-1997, welches ohne weitergehende Begründung die Aussage enthält, der nunmehrige Berufungswerber habe deutlich erhöhte Cannabinuid-Werte aufgewiesen und sei somit zum Tatzeitpunkt suchtgiftbeeinträchtigt und fahruntüchtig gewesen.

Demgegenüber kommt allerdings die vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit der Frage, ob aufgrund des beim Berufungswerber festgestellten Cannabinuid-Wertes von 960 ng/ml von einer Fahruntüchtigkeit aufgrund Suchtgiftbeeinträchtigung auszugehen ist oder nicht, befaßte medizinische Amtssachverständige in ihrem Gutachten vom 10. September 1997, San-229862/1-1997-Has/Grü, zu folgender Feststellung:

"Anders als beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholbeeinträchtigtem Zustand gibt es nach derzeitigem Wissensstand für das Fahren unter Drogeneinwirkung keine gesicherten Grenzwerte. Nach den bisherigen Erfahrungen aus der Fachliteratur ist die Pharmakokinetik bzw. die Abbaucharakteristik der Drogen wesentlich komplexer als jene des Alkohols und Rückrechnungen bzw. ein Korrelieren des Harnwertes mit der Fahrfähigkeit bzw. Verkehrstüchtigkeit sind nach derzeitigem Wissensstand nicht möglich. Grundsätzlich ist zum Harn-Screening festzustellen, daß aus einem positiven Harnergebnis (im gegenständlichen Fall wurde Cannabis nachgewiesen) lediglich abgeleitet werden kann, daß Cannabis mißbräuchlich konsumiert wurde. Da Cannabis bzw. die Metaboliten sehr lange im Körper bzw. im Harn gespeichert und damit nachweisbar bleiben (im Fall von Cannabis sogar mehrere Wochen), kann aus dem positiven Harnergebnis nicht auf einen aktuellen Rauschzustand geschlossen werden und es kann somit auch nicht auf eine 'Wirkung' geschlossen werden. Grundsätzlich kann Cannabis die Fahrtüchtigkeit vermindern, ob Cannabis im vorliegenden Fall zum fraglichen Zeitpunkt bei Herrn G eine Fahruntüchtigkeit bewirkt hat, kann aus der Harnanalyse weder nachgewiesen noch ausgeschlossen werden. Für die Beurteilung einer suchtgiftbedingten Fahruntüchtigkeit ist somit eine klinische Untersuchung (Objektivierung körperlicher und psychophysischer Symptome) unbedingt erforderlich. Diese wurde im vorliegenden Fall nicht durchgeführt bzw. verweigert. Zusammenfassend wird aus fachlicher Sicht nochmals festgehalten, daß aus dem positiven Harn-Screening zwar die Konsumation von Cannabis nachgewiesen werden kann, es kann aus der alleinigen Harnanalyse aber nicht mit Sicherheit auf eine Fahruntüchtigkeit geschlossen werden." Angesichts dieser begründeten gutachtlichen Aussage war davon auszugehen, daß der für eine Bestrafung erforderliche hinreichende Nachweis der Fahruntauglichkeit des Berufungswerbers zum Lenkzeitpunkt aufgrund Suchtgiftbeeinträchtigung nicht erbracht werden konnte, weshalb unter Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" mit der Stattgebung des Rechtsmittels vorzugehen war.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

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