Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-104913/2/GU/Mm

Linz, 25.09.1997

VwSen-104913/2/GU/Mm Linz, am 25. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der M. V. vertreten durch die RAe Dr. R.E., Dr. H. V. und Dr. G.G., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 18. Juli 1997, Zl. VerkR96-3650-1997-Hu, wegen Übertretung des KFG 1967 zu Recht:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Die Rechtsmittelwerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 600 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 19, § 51e Abs.2, § 64 Abs.1 und 2 VStG, §§ 103 Abs.2 und 134 Abs.1 KFG 1967.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft .. hat die Rechtsmittelwerberin mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als Zulassungsbesitzerin des PKW mit dem Kennzeichen .. trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft ..vom 4.6.1997 zur Zl. VerkR96-3650-1997, nicht binnen zwei Wochen, nämlich in der Zeit vom 10.6.1997 bis 23.6.1997, der Behörde Auskunft darüber erteilt zu haben, wer dieses Fahrzeug am 14.1.1997 um 12.27 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne.

Wegen Verletzung des § 103 Abs.2 wurde ihr deswegen in Anwendung des § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 300 S) auferlegt.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung ficht die Beschuldigte das Straferkenntnis dem gesamten Inhalt nach an und führt aus, daß dem vorliegenden Straferkenntnis nicht zu entnehmen sei, welcher Vorwurf Gegenstand der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich sei.

Der Spruch des Straferkenntnisses sei nicht ausreichend und entspreche nicht der Bestimmung des § 44 a VStG. Dem Straferkenntnis könne insbesonders nicht entnommen werden, wo das gegenständliche Fahrzeug zum 14.1.1997 gefahren sein soll. Es sei daher nicht erkennbar, ob die Erstbehörde überhaupt zu einer Lenkererhebung berechtigt gewesen sei.

Die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG könne nicht dahingehend ausgelegt werden, daß einem Zulassungsbesitzer der grundsätzlich keine näheren Aufzeichnungen über den Einsatz des Fahrzeuges zu führen habe, keine Mittel zur Hand gegeben würden, die Frage des Lenkers entsprechend abzuklären.

Nachdem die Behörde selbst durch Nichtzurverfügungstellung der im erstinstanzlichen Verfahren von der Beschuldigten erbetenen entsprechenden Mittel die Abklärung der Sache verhindert habe, könne dies keineswegs ihr als Zulassungsbesitzerin zur Last gelegt werden.

Darüber hinaus sei davon auszugehen, daß derartige Aufforderungen Zulassungsbesitzer ausländischer Fahrzeuge nicht betreffen könne.

Der Tatvorwurf sei daher aus dieser Sicht verfehlt.

Hinsichtlich der Strafbemessung wird festgehalten, daß die Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht ausreichend geklärt und bestehende Sorgepflichten nicht berücksichtigt worden seien. Aus all diesen Gründen beantragt die Rechtsmittelwerberin das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Da einerseits im angefochtenen Straferkenntnis keine Geldstrafe, die den Betrag von 3.000 S überstieg, ausgesprochen wurde, im übrigen der Sachverhalt nicht strittig ist und darüber hinaus nur Rechtsfragen zur Prüfung heranstanden und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich begehrt wurde, konnte die Entscheidung aufgrund der Aktenlage ergehen.

Demnach steht fest, daß nach einer Radarmessung auf der ..autobahn bei km 168,525 im Gemeindegebiet von A., Richtungsfahrbahn S., ein PKW mit dem Kennzeichen .. - deren Zulassungsbesitzerin die Beschuldigte ist - mit einer Geschwindigkeit von 146 km/h gemessen worden ist, wogegen die erlaubte Geschwindigkeit durch die kundgemachten Verkehrszeichen der Geschwindigkeitsbeschränkung nur 100 km/h betragen hatte.

Daraufhin bedachte die erste Instanz mit der Vermutung der Täterschaft die Zulassungsbesitzerin wegen der Geschwindigkeitsübertretung mit einer Strafverfügung, die aufgrund eines rechtzeitigen Einspruches außer Kraft trat, wobei allerdings durch die rechtzeitige Verfolgungshandlung dieses Verwaltungsstrafverfahren noch nicht eingestellt worden ist.

Nach dem Einspruch richtete die Bezirkshauptmannschaft .. mit Schreiben vom 4.6.1997 zu VerkR96-3650-1997-Hu, an den, nach vorgängiger Vollmachtbekanntgabe ausgewiesenen Vertreter der Beschuldigten das Auskunftsbegehren im Sinn des § 103 Abs.2 KFG 1967, namens der Zulassungsbesitzerin binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens bekanntzugeben, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen .. am 14.1.1997 um 12.27 Uhr im Gemeindegebiet von A. ..autobahn bei Straßenkilometer 168,525 in Richtung S. gelenkt habe. Diese Aufforderung wurde dem Rechtsvertreter der Beschuldigten am 9.6.1997 zugestellt.

Dieser beantwortete die Aufforderung mit den am 1.7.1997, (sohin verspätet), der Post zur Beförderung übergebenen Schreiben dahingehend, daß der Beschuldigten eine Auskunftserteilung infolge der verstrichenen Zeit nicht mehr möglich sei. Aufgrund dieser Mängel in der Auskunftserteilung erließ die erste Instanz wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG eine Strafverfügung und nach dem Einspruch des Rechtsvertreters der Beschuldigten das angefochtene Straferkenntnis.

Rechtlich war in der Sache zu bedenken: Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde darüber Auskünfte verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Diese Auskünfte, welchen den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen. Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen. Wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnung nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. In Anknüpfung daran hat der Gesetzgeber im Verfassungsrang angeordnet, daß gegenüber der Befugnis der Behörde derartige Auskünfte zu verlangen, Rechte auf Auskunftsverweigerung zurücktreten.

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen ist, wer unter anderem die vorstehende gesetzliche Bestimmung übertritt.

Dem Vertreter der Rechtsmittelwerberin ist zunächst beizupflichten, daß nach dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses für einen unbeteiligten Betrachter der Eindruck entsteht, daß darin ein auf Österreich bezughabender Anknüpfungspunkt für den Geltungsbereich der inländischen Rechtsordnung fehlt.

Im großen Gegensatz zum Gewerbesenat des Verwaltungsgerichtshofes, stellt der Verkehrssenat des Verwaltungsgerichtshofes für die Konkretisierung eines Spruches eines Straferkenntnisses keine hohen Ansprüche. Im Interpretationswege hat der Letztere festgestellt, daß der Tatort im Falle des Lenkens im Spruch nicht auszuformuliert sein brauche, zumal es sich bei der erbetenen Auskunft um eine Bringschuld handle und automatisch als Tatort der Sitz der anfragenden Behörde anzunehmen sei. Des weiteren hat der Verwaltungsgerichtshof aufgrund des bloßen Gesetzestextes - der den Ort der Verwendung des Kraftfahrzeuges im Auskunftsbegehren bei einem fraglichen Lenken nicht verlangt - vergl. § 103 Abs.2 KFG 1967 1.Satz - eine solche Anführung im Spruch eines Straferkenntnisses nicht als notwendig erachtet (vergl. VwGH 2.7.1982, 82/02/0069).

Demnach könnte in der Tat der Eindruck entstehen, daß eine österreichische Kraftfahrbehörde berechtigt sei, sanktionsbewehrt einen Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges in einem beliebigen Staat der Welt zur Auskunft zu verhalten, wer ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt habe.

Wie erwähnt, hat der Verwaltungsgerichtshof es für nicht notwendig erachtet den inländischen Anknüpfungspunkt im Spruch eines Straferkenntnisses zur Konkretisierung der vorliegenden Tat zu verlangen.

Da es sich um eine Verkehrsangelegenheit handelt, sieht der O.ö. Verwaltungssenat keinen Anlaß von der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes abzuweichen.

Im übrigen ist festzuhalten, daß die Pflicht zur Auskunfterteilung, deren Mißachtung durch § 134 Abs.1 KFG unter Strafsanktion gestellt wurde, vom Bundesgesetzgeber durch Erhebung der Bestimmung in den Verfassungsrang immunisiert und daher unangreifbar gemacht hat, auch wenn diese Bestimmung die Gefahr der Selbstbezichtigung und damit die Durchbrechung des Anklagegrundsatzes in Art.6 Abs.1 MRK beinhaltet.

Einerseits besitzt der O.ö.Verwaltungssenat nicht die Befugnis verfassungsgesetzliche Bestimmungen gegenüber anderen verfassungsrechtlichen Normen vor dem Verfassungsgerichtshof auf den Prüfstand zu stellen. Ferner fehlt das in Art.145 B-VG angekündigte besondere Bundesgesetz, welches dem Verfassungsgerichtshof die Verletzung völkerrechtlicher Bestimmungen zu prüfen erlaubt.

Schließlich ist anzumerken, daß die Europäische Kommission für Menschenrechte in ihrer Entscheidung vom 11.10.1989, Zl. 15226/89, es als nicht rechtswidrig erkannt hat, daß - wenn ein entsprechender Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges gegeben ist - ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staate aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedacht ist.

Darüber, ob das gegenständliche Straferkenntnis in Deutschland auch vollstreckt werden kann und ob wegen des im innerdeutschen Verfassungsrecht herrschenden Verbotes der Selbstbezichtigung ein Verstoß gegen den "ordre public" vorliegt (vergl. Art.4 Abs.1 des Vertrages der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl.Nr. 526/1990) waren im Berufungsverfahren keine weiteren Ausführungen erforderlich, zumal es sich - wie auch der Verwaltungsgerichtshof bereits erkennen ließ - beim Vollstreckungsverfahren um ein vom Verwaltungsstrafverfahren abgehobenes Verfahren handelt.

Ob ein Verwaltungshandeln, welches möglicherweise nicht umgesetzt werden kann, sinnvoll und zweckmäßig erscheint und nicht bloß Kosten verursacht, die der Steuerzahler zu tragen hat, war vom O.ö. Verwaltungssenat nicht zu würdigen.

Nachdem die objektive Tatseite unbestreitbar vorliegt und die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ, war auch im Sinn des § 5 Abs.1 VStG, Fahrlässigkeit anzunehmen zumal eine Zulassungsbesitzerin, die ihr Fahrzeug auf das Gebiet der Republik Österreich einbringen läßt, sich von den Vorschriften zu vergewissern hat, welche sie aus diesem Anlaß treffen können.

Was die Strafbemessung anlangt, so war gemäß § 19 VStG zu bedenken: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Rechtsmittelwerberin rügt hilfsweise die Strafbemessung und den Umstand, daß ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht ausreichend geklärt und bestehende Sorgepflichten nicht berücksichtigt worden seien.

Die erste Instanz hat das Monatseinkommen der Rechtsmittelwerberin mit 3.000  DM geschätzt, Vermögenslosigkeit angenommen und ist von keinen Sorgepflichten ausgegangen. In der Berufung unterläßt es die Rechtsmittelwerberin konkrete Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu machen und auf konkrete Sorgepflichten hinzuweisen.

Die Rechtsmittelwerberin hat es daher selbst zu tragen, wenn ihre Einkommens- und persönlichen Verhältnisse weiters nur auf der von der ersten Instanz angenommenen Schätzung beurteilt werden können.

Im übrigen wurde von der ersten Instanz kein Umstand erschwerend angenommen und die bisherige Unbescholtenheit als mildernd gewertet.

Nachdem die verlangte Auskunft weder rechtzeitig war noch einen konkreten Inhalt aufwies, konnte der in der Strafnorm mitbedachte Unrechtsgehalt als nicht so unbedeutend betrachtet werden, daß ein Absehen von einer Strafe im Sinn des § 21 Abs.1 VStG in Betracht gekommen wäre.

In der Zusammenschau der Umstände war daher der ersten Instanz kein Ermessensmißbrauch vorzuwerfen, wenn sie den Strafrahmen mit einem Zehntel ausgeschöpft hat.

Auch die ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe ist am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientiert.

Aufgrund der Erfolglosigkeit der Berufung trifft die Rechtsmittelwerberin gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG die gesetzliche Pflicht einen Beitrag von 20 Prozent der bestätigten Geldstrafe zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. Guschlbauer Beschlagwortung: Beim Vorwurf der Mißachtung eines Auskunftsbegehrens bzw. Lenken eines KFZ ist im Spruch keine Anführung eines Tatortes notwendig.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum