Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104916/15/Sch/Rd

Linz, 10.03.1998

VwSen-104916/15/Sch/Rd Linz, am 10. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des R vom 8. September 1997, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 14. August 1997, VerkR96-2676-1997-Pre, wegen zweier Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 18. Februar 1998 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 2 des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses diesbezüglich aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Im übrigen (Faktum 1) wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Insoweit der Berufung Folge gegeben wird, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge. Hinsichtlich des abweisenden Teils der Entscheidung ist ein Beitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 2.000 S (20 % der diesbezüglich verhängten Geldstrafe) zu leisten. Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51,19 und 45 Abs.1 Z1 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 14. August 1997, VerkR96-2676-1997-Pre, über Herrn R, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 5 Abs.1 StVO 1960 und 2) § 13 Abs.1 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 10.000 S und 2) 300 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 10 Tagen und 2) 12 Stunden verhängt, weil er am 30. April 1997 gegen 6.40 Uhr den Kombi, Marke Seat Ibiza, mit dem Kennzeichen von der Mattseer Landesstraße kommend in die Sollerner Gemeindestraße in P in Richtung Mattighofen bis auf Höhe des Hauses P gelenkt habe, und 1. sich hiebei aufgrund des bei ihm gemessenen Atemluftalkoholgehaltes von über 0,4 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe; 2. nach links nicht in weitem Bogen, sondern in kurzem Bogen eingebogen sei und dabei auf Höhe des Hauses P einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht habe, zumal er mit dem entgegenkommenden PKW mit dem Kennzeichen, zusammengestoßen sei. Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 1.030 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Zum stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung: Anläßlich der oa Berufungsverhandlung wurde die zweitbeteiligte Unfallenkerin zeugenschaftlich einvernommen. Dabei hat sie angegeben, den Berufungswerber erst unmittelbar vor dem Zusammenstoß (nahezu gleichzeitig mit diesem) wahrgenommen zu haben. Sie konnte daher über die Fahrlinie des Berufungswerbers vor dem Zusammenstoß keine Angaben machen. Des weiteren hat sich der Verkehrsunfall etwa 15 m von der Kreuzung entfernt ereignet, sodaß das Berufungsvorbringen nicht hinreichend widerlegt werden kann, demzufolge der Abbiegevorgang zu diesem Zeitpunkt schon beendet war. Diesfalls wäre die Bestimmung des § 13 Abs.1 StVO 1960 nicht anzuwenden. Das Faktum des Verkehrsunfalles alleine kann nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht als hinreichender Nachweis einer Übertretung der erwähnten Bestimmung angesehen werden. Das Verfahren war daher in diesem Punkt unter Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" einzustellen.

Zu Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses: Dem Berufungsvorbringen im Hinblick auf die vermeintliche Notwendigkeit, analog den Radar- und Lasermeßgeräten auch bei Alkomaten Verkehrsfehlergrenzen (in welcher Höhe?) berücksichtigen zu müssen, wird die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage entgegengehalten. In seinem Erkenntnis vom 14. November 1997, 97/02/0331, hat dieser festgestellt, daß die Vornahme eines Abzuges vom festgestellten Atemalkoholgehalt im Ausmaß von Fehlergrenzen nicht vorgesehen ist; vielmehr kommt es auf die vom Gerät gemessenen und angezeigten Werte an. Des weiteren ist auf das Ergebnis der von der Berufungsbehörde veranlaßten Rückrechnung des Atemalkoholgehaltes des Berufungswerbers zum Meßzeitpunkt auf den Blutalkoholgehalt zum Lenkzeitpunkt zu verweisen. Die medizinische Amtssachverständige hat gutachtlich festgestellt, daß die Tatzeit-Blutalkoholkonzentration 0,891 Promille betragen hat. Es kann - auf den allein relevanten Zeitpunkt des Lenkens bezogen - wohl nicht mehr von einer geringfügigen Überschreitung des gesetzlichen Wertes ausgegangen werden.

Der Rechtsmittelwerber hat anläßlich der oa Berufungsverhandlung den Beweisantrag auf Einholung eines Gutachtens eines technischen Sachverständigen zum Beweise dafür gestellt, daß Nikotingenuß vor der Alkomatmessung diese negativ beeinflussen kann, da im vorliegenden Fall ein relevanter Nikotingenuß erfolgt sei. Die Berufungsbehörde hat diesen Beweisantrag mangels Entscheidungsrelevanz abgewiesen, da aufgrund von bloßen Behauptungen, die nicht einmal ansatzweise untermauert sind, keine Beweisverfahren abzuführen sind, insbesondere, wenn die Glaubwürdigkeit äußerst eingeschränkt ist, da diese Behauptung des Nikotinkonsums erstmals etwa 10 Monate nach dem Vorfallszeitpunkt erfolgt ist. Allein aus dem Umstand, daß das im vorliegenden Fall - im offenkundigen Unterschied zu anderen - verwendete Formular "Beilage zur Anzeige" keine Rubrik im Hinblick auf einen allfälligen Nikotingenuß aufweist, den Schluß zu ziehen, daß ein solcher erfolgt ist, erscheint auch nicht schlüssig bzw überzeugend. Die Angaben in der erwähnten Beilage zum konsumierten Alkohol stehen vielmehr keinesfalls im Widerspruch zum Ergebnis der Alkomatuntersuchung.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Übertretungen des § 5 StVO 1960, also die sogenannten "Alkoholdelikte", gehören zu den gravierendsten Verstößen gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, daß es durch alkoholbeeinträchtigte Fahrzeuglenker immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen kommt. Solche Lenker stellen daher häufig nicht nur eine abstrakte, sondern eine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit dar.

Beim Berufungswerber wurde auf den Unfallzeitpunkt hin ein Blutalkoholwert von 0,891 Promille festgestellt. Ein solcher Wert bedingt eine relevante Alkoholisierung. Von jeder Person, insbesondere aber vom Inhaber einer Lenkberechtigung, muß erwartet werden, daß sie in der Lage ist, konsumierte alkoholische Getränke hinsichtlich ihres Alkoholgehaltes zu bewerten. In der Ausbildung im Rahmen einer Fahrschule werden die Bewerber um eine Lenkberechtigung entsprechend informiert, welchen Blutalkoholgehalt in etwa welche Menge bestimmter alkoholischer Getränke bewirkt und welche Menge in einer bestimmten Zeiteinheit wieder abgebaut wird. Es kann daher nicht angenommen werden, daß dem Berufungswerber dies nicht bekannt war. Die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S hält einer Überprüfung anhand dieser Erwägungen stand. Die Berufungsbehörde vertritt entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers nicht die Meinung, daß es sich gegenständlich um einen Anwendungsfall des § 20 VStG handelt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 20.1.1993, 92/02/0280) sind völlige Unbescholtenheit des Beschuldigten, geringe Überschreitung des in Rede stehenden Grenzwertes und keine nachteiligen Folgen der Tat Umstände, die zur Anwendung der erwähnten Bestimmung zu führen haben. Ob ein Blutalkoholgehalt von 0,891 Promille noch als geringfügig im Sinne dieser Judikatur angesehen werden kann, ist wohl eine Wertungsfrage, nach Ansicht der Berufungsbehörde muß sie aber schon verneint werden. Tatsache ist aber, daß der Berufungswerber einen Verkehrsunfall verursacht hat, wobei lebensnah nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Alkoholbeeinträchtigung hiebei eine Rolle gespielt hat. Von mangelnden Folgen der Tat kann daher nicht die Rede sein. Die Berufungsbehörde gewichtet die beim Rechtsmittelwerber zweifellos gegebenen Milderungsgründe nicht so gravierend, daß diese zwingend eine Anwendung des § 20 VStG herbeiführen müßten. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers ist insofern zu relativieren, als er erst seit dem 13. Dezember 1995 im Besitze einer Lenkberechtigung, also noch im Stadium des "Probeführerscheines", war. Inwieweit die an sich selbstverständliche Schadenersatzleistung der Haftpflichtversicherung eines schuldtragenden Unfallenkers tatsächlich einen Milderungsgrund darstellt, muß ebenfalls angezweifelt werden.

Der Berufungswerber leistet derzeit seinen Präsenzdienst ab, was von ihm als Verschlechterung seiner persönlichen Verhältnisse angesehen wird. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß in dieser Zeit für ihn kaum Lebenshaltungskosten anfallen, da für Kost und Unterkunft gesorgt ist.

Die verhängte Geldstrafe entspricht sohin nach Ansicht der Berufungsbehörde den derzeitigen persönlichen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers ebenfalls, sodaß der Berufung auch hinsichtlich der Strafbemessung kein Erfolg beschieden war. Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

S c h ö n

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