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VwSen-104939/2/WEG/Ri

Linz, 06.07.1998

VwSen-104939/2/WEG/Ri Linz, am 6. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung der G K, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. O H, Dr. G W, Dr. K H und Dr. S H, vom 15. September 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft R. vom 28. August 1997, VerkR96-1602-1997, zu Recht erkannt:

Das Straferkenntnis wird wegen örtlicher Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft R. behoben.

Als Folge dieser Aufhebung des Straferkenntnisses wird die Berufung zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm. § 24, § 27, § 29a, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft R. hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 4 Abs.1 lit.c iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 2.) § 4 Abs.2 2.Satz iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 1.000 S und 2.) 1.000 S sowie Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 1 Tag und 2.) 1 Tag verhängt, weil diese als Lenkerin des PKWs R am 24. September 1996 um ca. 19.40 Uhr es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall in H auf der B bei km, mit dem ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil sie ohne anzuhalten, mit dem von ihr gelenkten Kraftfahrzeug die Unfallstelle verlassen habe und es 2.) unterlassen habe, nach dem im Punkt 1.) angeführten Verkehrsunfall mit Personenschaden, mit dem ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 200 S in Vorschreibung gebracht.

Die der Berufungswerberin zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen wurden in der Gemeinde H, die zum Sprengel der Bezirkshauptmannschaft G gehört, gesetzt. In der Folge wurde eine Strafanzeige an den Bezirksanwalt beim Bezirksgericht G erstattet, welche der Bezirkshauptmannschaft G  mit dem Ersuchen zugesendet wurde, das der Strafanzeige beiliegende Erhebungsergebnis "verwaltungsstrafrechtlich zu beurteilen". Eine gesonderte Anzeige unter Herausschälung der verwaltungsstrafrechtlichen Sachverhaltselemente wurde nicht erstattet. Demgemäß enthält die Strafanzeige im wesentlichen Sachverhaltselemente, welche von justizstrafrechtlicher Bedeutung sind, für das Verwaltungsstrafverfahren jedoch wenig verwertbare Sachverhaltselemente beinhaltet. Es ist bezogen auf die angelasteten Verwaltungsübertretungen des § 4 Abs.1 lit.c und des § 4 Abs.2 2.Satz, jeweils StVO 1960, in der Verkehrsunfallanzeige, die der Strafanzeige offenbar angeschlossen war, lediglich davon die Rede, daß sich G K nicht um den Verkehrsunfall gekümmert habe. Sie sei am Firmengelände aus dem PKW ausgestiegen und habe sich in die Firma F begeben. In der schon erwähnten Strafanzeige vom 26. Oktober 1996 sind neben der Geschäftszahl offenbar zwei Bestimmungen der StVO handschriftlich beigefügt, nämlich 19/5 und 4/1, wobei bei letzterer Zahlenkombination ein Fragezeichen angehängt ist. Dieses Aktenkonvolut wurde von der Bezirkshauptmannschaft G mit Schreiben vom 7. März 1997 gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft R abgetreten. Aus dem Gegenstand dieses Abtretungsschreibens ist von einem Verdacht der Übertretung des § 4 StVO 1960 die Rede. In der Folge erging seitens der Bezirkshauptmannschaft R. die mit 14. März 1997 datierte Strafverfügung, in welcher - wie später im Straferkenntnis - Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.c und § 4 Abs.2 2.Satz, jeweils StVO 1960, zum Vorwurf gemacht werden und 3.) auch eine Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.5 StVO 1960 zum Tatvorwurf erhoben wurde. Letztere Verwaltungsübertretung wurde jedoch offensichtlich wegen des gerichtlich erfolgten Schuldspruches nach § 88 Abs.1 StGB in das Straferkenntnis nicht mehr aufgenommen.

Es ist nun im Hinblick auf die zur Abtretung eines Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 29a VStG vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 3.10.1984, Slg. 11536A und 30.10.1990/90/04/0195) zu prüfen, ob die Abtretungshandlung gemäß § 29a VStG vom 7. März 1997 die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft R begründen konnte.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Nach Meinung des unabhängigen Verwaltungssenates wurde durch diese Abtretung iSd § 29a VStG die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft R zur Durchführung des Strafverfahrens nach § 4 Abs.1 lit.c und § 4 Abs.2 2.Satz, jeweils StVO 1960, nicht begründet. Nach der diesbezüglichen Judikatur steht fest, daß ein Verwaltungsstrafverfahren nur hinsichtlich der den entsprechenden Sachverhaltselementen nach in der Anzeige ausdrücklich angeführten Verwaltungsübertretungen übertragen wird, wenn die Abtretung eines Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 29a VStG an eine Anzeige knüpft. Eine direkte Anzeige der Gendarmerie an die Bezirkshauptmannschaft G im Hinblick auf die Verfolgung der verwaltungsstrafrechtlichen Aspekte des Verkehrsunfalles ist nicht erfolgt. Es erfolgte lediglich eine Übermittlung der Strafanzeige zum Zwecke der verwaltungsstrafrechtlichen Beurteilung. Umso mehr hätte diese Strafanzeige bzw die Darlegung des Sachverhaltes gegenüber der Bezirkshauptmannschaft G die Sachverhaltselemente des § 4 Abs.1 lit.c und des § 4 Abs.2 2.Satz, jeweils StVO 1960, enthalten müssen. Dies war jedoch lediglich hinsichtlich der Übertretung nach § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.5 StVO 1960 der Fall (die Sachverhaltsdarstellung läßt eindeutige Rückschlüsse auf diese Verwaltungsübertretung zu), nicht jedoch hinsichtlich der Verwaltungsübertretungen nach § 4. Daran ändert auch nichts die handschriftliche Zitierung des § 4/1 in der Strafanzeige, noch dazu wo diese mit einem Fragezeichen versehen ist. Die Sachverhaltsdarstellung in der Verkehrsunfallanzeige und im gesamten Aktenkonvolut des Gendarmeriepostens G enthält nicht im ausreichenden Ausmaß jene Elemente, die auf die letztlich gemäß § 4 StVO 1960 vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen zielen.

Das bedeutet, daß im Licht der zitierten Rechtsprechung die vorgenommene Übertragung keine Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft R. bewirkte, sodaß das Straferkenntnis von einer örtlich unzuständigen Behörde erging. Die diesbezügliche Rechtswidrigkeit führte zur spruchgemäßen Aufhebung des Straferkenntnisses.

Der Behebung kommt ex tunc - Wirkung zu, weshalb sich die Berufung als obsolet und unzulässig erweist, was wiederum zur Folge hat, daß der Berufungsantrag gemäß § 66 Abs.4 AVG zurückzuweisen war. Nur eine Behebung des Bescheides, ohne also den Berufungsantrag (der ein Einstellungsbegehren beinhaltet) in Behandlung zu ziehen, würde iSd § 66 Abs.4 AVG und der auch dazu ergangenen VwGH-Judikatur nicht ausreichend sein und letztlich bewirken, daß das Verfahren als eingestellt gälte.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an:

Dr. Wegschaider

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