Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104946/8/Sch/Rd

Linz, 07.11.1997

VwSen-104946/8/Sch/Rd Linz, am 7. November 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des K vom 22. September 1997, gegen die Fakten 2 und 3 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 8. September 1997, VerkR96-4581-1997-Pre, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 5. November 1997 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 3 insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt wird. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Bezüglich Faktum 3 wird der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz mit 100 S festgesetzt und entfällt die Verpflichtung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 200 S (20 % der zu Faktum 2 verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 8. September 1997, VerkR96-4581-1997-Pre, über Herrn K, ua wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 und § 45 Abs.4 KFG 1967 Geldstrafen von 1.000 S und 2.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 48 Stunden und 72 Stunden verhängt, weil er am 27. Juli 1997 um 5.35 Uhr den PKW der Marke Mercedes 190 mit dem Probefahrtkennzeichen auf der Deimledter Gemeindestraße und weiter auf der Perleitner Gemeindestraße vom Deimledter Wiesenfest kommend in Richtung Pischelsdorf bis zur Anhaltung vor dem Haus Pischelsdorf gelenkt und er der auf der Perleitner Gemeindestraße ca. 500 m vor dem Haus Pischelsdorf durch deutlich sichtbare Zeichen mittels Blaulicht und Anhaltestab gegebenen Aufforderung zum Anhalten zwecks Lenkerkontrolle durch ein Organ der Straßenaufsicht keine Folge geleistet sowie bei der gegenständlichen Fahrt ein Probefahrtkennzeichen verwendet habe, obwohl es keine Probefahrt gewesen sei (Fakten 2 und 3). Überdies wurde der Berufungswerber zu einem diesbezüglichen Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 300 S verpflichtet.

2. Gegen die Fakten 2 und 3 dieses Straferkenntnisses hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Zur Übertretung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960:

Der anläßlich der oa Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger hat glaubwürdig und schlüssig angegeben, mit dem Gendarmeriefahrzeug vorerst etwa 50 m hinter dem vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeug nachgefahren zu sein. Zum Zwecke einer Fahrzeug- und Lenkerkontrolle wurde in der Folge aufgeschlossen, das Blaulicht eingeschaltet und mit dem beleuchteten Anhaltestab das entsprechende Zeichen zum Anhalten gegeben. Dies erfolgte hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers im Zuge der Nachfahrt, da ein Überholen und eine anschließende Anhaltung aufgrund der geringen Fahrbahnbreite nicht möglich gewesen sei. Obwohl der Rechtsmittelwerber mehrere Gelegenheiten (Bankette, Hauszufahrt) gehabt hätte, sein Fahrzeug anzuhalten, um das Gendarmeriefahrzeug vorbeizulassen, habe er diese nicht genützt. Etwa 500 m danach erfolgte beim Haus des Berufungswerbers die Fahrzeug- und Lenkerkontrolle, nachdem er dort angehalten hatte. Der Berufungswerber habe als Rechtfertigung angegeben, daß es ihn als Fahrzeuglenker nicht interessiere bzw. nichts angehe, was hinter ihm passiere. Diese Äußerung hat er im übrigen bei der Berufungsverhandlung bestätigt.

Nach der Aussage des Meldungslegers wäre es ihm also zum einen möglich gewesen, das Anhaltesignal gleich zu beachten und sein Fahrzeug an einer der vom Zeugen erwähnten Örtlichkeiten anzuhalten. Dennoch ist er bis zu seinem Wohnhaus, also eine Strecke von etwa 500 m, weitergefahren. Zum anderen war er der einzige Fahrzeuglenker, auf den sich die Zeichen bezogen haben konnten, da keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß zur selben Zeit an dieser Örtlichkeit auch noch andere Fahrzeuglenker unterwegs gewesen wären. Die Meinung des Berufungswerbers, daß Vorgänge hinter ihm ihn nicht interessierten bzw. ihn nichts angingen, vermag ihn keinesfalls zu entschuldigen. Da er sohin die entsprechenden Aufforderungen zum Anhalten wahrgenommen hat, wäre er auch verpflichtet gewesen, diesen umgehend zu entsprechen.

Zur Übertretung gemäß § 45 Abs.4 KFG 1967: Der Berufungswerber hat nach der Aktenlage am Vortag mit einem Kaufinteressenten für eines seiner Fahrzeuge eine als Probefahrt angesehene Fahrt von Pischelsdorf nach Steyr und zurück unternommen. Hiebei waren am Fahrzeug Probefahrtkennzeichen angebracht. Nach der Rückfahrt wurde das Fahrzeug aber nicht sogleich zum Firmenstandort des Berufungswerbers gelenkt, sondern auf ein etwa einen Kilometer hievon entferntes Wiesenfest. Sowohl der Berufungswerber als auch der Kaufinteressent hielten sich von etwa 21.00 Uhr des Vorabends bis etwa 5.30 Uhr des Tattages dort auf. Als der Berufungswerber den Genannten zum Aufbruch aufforderte, verblieb dieser noch auf dem Fest, sodaß der Berufungswerber alleine in Richtung seines Betriebes bzw. Wohnhauses fuhr.

Selbst wenn man die überaus lange "Probefahrt" von Pischelsdorf nach Steyr und zurück entgegen einer zur Frage der Fahrtlänge schon ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 7.3.1977, 1631/76) noch als solche im rechtlichen Sinne ansieht, so kann diese Qualifikation jedenfalls für die Heimfahrt von einem längeren Besuch eines Festes nicht mehr gelten. Diese Fahrt hat keinem der in der obigen Bestimmung zitierten Zwecke mehr gedient, sondern muß als reine Privatfahrt des Berufungswerbers angesehen werden. Privatfahrten vermögen aber keine Probefahrten darzustellen.

Der Berufungswerber hat, aus seiner Sicht nicht ganz unverständlich, den einfacheren Weg gewählt und das Fahrzeug mit den Probefahrtkennzeichen nach Hause gelenkt. Angesichts der obigen Rechtslage vermag diese Erwägung aber an der Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens nichts zu ändern.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die Bestimmung des § 97 Abs.5 StVO 1960 soll es den Organen der Straßenaufsicht ermöglichen, jederzeit Fahrzeug- und Lenkerkontrollen durchführen zu können, ohne daß es darauf ankäme, ob sich ein Fahrzeuglenker auffällig verhält oder nicht. Im Sinne der Verkehrssicherheit besteht daher ein beträchtliches öffentliches Interesse daran, daß solche Anordnungen auch befolgt werden.

Der Berufungswerber hat konzediert, daß er die Anhaltesignale sehr wohl wahrgenommen hat, diese seien aber vermeintlich nicht auf ihn bezogen gewesen bzw. vertrete er die Ansicht, daß ihn Vorgänge im Straßenverkehr, die sich hinter ihm ereignen, nichts angingen. Nach der hier gegeben gewesenen Sachlage muß davon ausgegangen werden, daß der Rechtsmittelwerber zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt hat, da er als einziger Fahrzeuglenker im tatörtlichen Bereich die Signale nur auf sich beziehen konnte. Angesichts des Grades des Verschuldens erscheint daher die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 1.000 S nicht überhöht. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit lag überdies nicht vor.

Hinsichtlich der Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 erschien der Berufungsbehörde die Herabsetzung der Geldstrafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß angezeigt bzw. vertretbar. Die mögliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen durch die vorschriftswidrige Zurücklegung eines Weges von etwa einem Kilometer mit am Fahrzeug angebrachten Probefahrtkennzeichen kann noch als relativ geringfügig angesehen werden. Sohin konnten die kurze zurückgelegte Wegstrecke, der Tatzeitpunkt (sonntags am frühen Morgen) und der Umstand zugunsten des Berufungswerbers gewertet werden, daß er die Rückstellung des Fahrzeuges zu seinem Firmen- bzw. Wohnsitz, wenngleich rechtsirrig, noch als vom Begriff "Probefahrt" umfaßt angesehen hat.

Angesichts mehrerer einschlägiger Verwaltungsstrafvormerkungen nach § 45 KFG 1967 müßte aber beim Berufungswerber im Falle der neuerlichen Begehung eines entsprechenden Deliktes ein beträchtliches Maß an Uneinsichtigkeit angenommen werden, das dann jedenfalls die Verhängung einer empfindlich höheren Strafe rechtfertigen würde. Den im Straferkenntnis ausgeführten persönlichen Verhältnissen wurde nicht entgegengetreten, sodaß sie auch der Berufungsentscheidung zugrundegelegt werden konnten. Diese lassen dem Berufungswerber die Bezahlung der Geldstrafe ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung zu.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

S c h ö n

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