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des Landes Oberösterreich
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VwSen-104965/2/BI/FB

Linz, 09.10.1997

VwSen-104965/2/BI/FB Linz, am 9. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn F S, S, E, Deutschland, zH RA Dr. J P, M, L, vom 26. September 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. September 1997, VerkR96-8045-1997-Hu, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich des Schuldspruchs als auch der verhängten Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß das Ersuchen um Lenkerauskunft am 26. Juni 1997 dem Rechtsmittelwerber zugestellt wurde und damit die zweiwöchige Frist zu laufen begann, und unter "Behörde" die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu verstehen ist.

Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 600 S als Kostenbeitrag im Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG). zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung wegen §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 3.000 S (72 Stunden EFS) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des PKW, Kz. (D), trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20. Juni 1997, Zl. VerkR96-8045-1997, nicht binnen zwei Wochen, nämlich in der Zeit von 27. Juni 1997 bis 10. Juli 1997, der Behörde darüber Auskunft erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 21. April 1997 um 16.40 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die Behörde habe die Feststellung unterlassen, daß er formell dem Auskunftsverlangen nachgekommen sei. Er habe zusammen mit den damaligen Insassen des Fahrzeuges versucht, den Lenker am 21. April 1997 um 16.40 Uhr zu eruieren, was nicht mehr möglich gewesen sei. Bei Verlängerung der Frist oder Vorlage von Beweismitteln wäre dies wohl gelungen. Im übrigen sei es für die Behörde zulässig, im Zuge der Beweiswürdigung Schlüsse darauf zu ziehen, daß er selbst Täter der Verwaltungsübertretung nach der StVO gewesen sei. Es wäre somit nicht zu einer Bestrafung nach § 103 Abs.2 KFG gekommen. Er habe sich außerdem in unverschuldeter Unkenntnis der gegenständlichen Verkehrsvorschrift befunden und auch das Unerlaubte seines Verhaltens ohne nähere Kenntnis der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht einsehen können. Obwohl in seinem Heimatland die Auskunftserteilung anders geregelt sei, habe er formell Auskunft erteilt und sich bemüht, der Behörde die Auskunft zukommen zu lassen. Sein mangelndes Verschulden wäre zu berücksichtigen gewesen. Die Behörde habe sich auch nicht mit seinem Antrag auf Anwendung des § 21 VStG auseinandergesetzt. Er beantragt daher die Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens, in eventu Herabsetzung der verhängten Strafe, in eventu den Ausspruch einer Ermahnung.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Aus der Anzeige geht hervor, daß der PKW, Kz. (D), am 21. April 1997 um 16.40 Uhr bei km 168.525 der W A, Gemeindegebiet A, in Richtung S fahrend mittels Radargerät Microspeed 09A Nr. 242 im Bereich der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h mit einer Geschwindigkeit von 161 km/h gemessen wurde. Eine Anhaltung konnte nicht durchgeführt werden. Vom gemessenen Wert wurden gemäß den Verwendungsbestimmungen 5 %, ds 8 km/h, abgezogen und eine Geschwindigkeit von 153 km/h der Anzeige zugrundegelegt. Als Zulassungsbesitzer (Halter) des PKW wurde vom Kraftfahrt-Bundesamt Flensburg der Rechtsmittelwerber bekanntgegeben. Dieser wurde mit Schreiben der Erstinstanz vom 20. Juni 1997 "gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 als Zulassungsbesitzer aufgefordert, der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens bekanntzugeben, wer das KFZ, Kz. (D), am 21. April 1997 um 16.40 Uhr auf der W A, StrKm , Gemeindegebiet A, in Richtung S gelenkt" habe. Es wurde darauf hingewiesen, daß die Auskunft den Namen, das Geburtsdatum und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müsse, und darauf, daß der Rechtsmittelwerber, sollte er die verlangte Auskunft nicht erteilen können, jene Person benennen möge, die sie erteilen könne, da diese dann die Auskunftspflicht treffe. Die Behörde wies außerdem auf die Strafbarkeit einer nicht-, unrichtigen oder nicht fristgerechten Auskunft hin. Das Schreiben wurde vom Rechtsmittelwerber am 26. Juni 1997 eigenhändig übernommen. Mit Schreiben vom 6. Juli 1997 teilte er mit, er könne nicht einwandfrei nachvollziehen, wer damals sein Fahrzeug gelenkt habe, da mehrere Personen, die sich streckenweise abgewechselt hätten, im Auto gewesen seien. Keiner der Insassen könne sich erinnern. Da die Behörde aber sicher über Fotos oder andere Beweismittel verfüge, sei eine einwandfreie Identifizierung anhand der Fotos möglich. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Die Anwendung deutschen Rechtes kommt hier deswegen nicht in Betracht, weil nach neuer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (hier: Linz) ist, dh in Österreich gelegen ist (vgl Erk verst Senat v 31. Jänner 1996, 93/03/0156, ua). Im übrigen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte es nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991Nr. 23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist insofern gegeben, als das auf den Rechtsmittelwerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde - was nie bestritten wurde - und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem KFZ begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl ua VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095). Die Erhebung des oben zitierten letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG 1967 in den Verfassungsrang erachtete der (österreichische) Verfassungsgerichtshof als nicht im Widerspruch zu Art.6 MRK stehend (vgl VfGH v 29. September 1988, G 72/88, ua).

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde diese jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294, ua).

Der zitierten Rechtsprechung hat sich auch der unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre und deshalb in dieses Konzept alle die österreichischen Straßen benützenden, dh auch ausländische, Fahrzeuge einbezogen werden müssen. Die Nichtbekanntgabe des Lenkers durch den Rechtsmittelwerber bedeutet daher, daß er in objektiver Hinsicht den ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt hat, zumal das Auskunftsbegehren eine ausdrückliche Belehrung über die maßgeblichen Rechtsvorschriften enthielt. Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall stand mit der gesetzlichen Bestimmung im Einklang, war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nichterteilung der gewünschten Auskunft war unmißverständlich. Der Rechtsmittelwerber hat daher insofern schuldhaft gehandelt, als in Anbetracht des Hinweises auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 im Auskunftsbegehren zumindest grob fahrlässige Begehung anzunehmen war. Bei einem zur Unübersichtlichkeit führenden Fahrerwechsel hätte er entsprechende Aufzeichnungen zu führen gehabt, wenn er ohne solche zur Auskunftserteilung nicht imstande gewesen wäre, wobei es auch einem ausländischen Fahrzeuglenker zuzumuten ist, sich über ihn in Österreich betreffende gesetzliche Bestimmungen entsprechend zu informieren. Sein Einwand, er habe zumindest formell Auskunft erteilt, geht ebenso ins Leere wie der - zusammenhanglose - Hinweis auf die unverschuldete Unkenntnis der höchstgerichtlichen Rechtsprechung in Österreich. Er hat daher sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten. Das Argument, die Behörde hätte ihn nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung wegen des Grunddelikts bestrafen können, ist zum einen nach dem Inhalt des Schreibens vom 6. Juli 1997 nicht nachvollziehbar und zum anderen geradezu grotesk, zumal daraus keine Verbesserung seiner Position zu erwarten gewesen wäre. Die Spruchänderung war im wesentlichen kosmetischer Natur. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 30.000 S Geldstrafe bzw bis zu 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht. Die verhängte Strafe entspricht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ebenso wie den von der Erstinstanz geschätzten und unwidersprochen gebliebenen finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers (3.000 DM Monatseinkommen, keine Sorgepflichten, kein Vermögen). Auch dessen verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit wurde zutreffend als strafmildernd berücksichtigt. Die verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und ist im Hinblick auf general- und vor allem spezialpräventive Überlegungen gerechtfertigt. Der Ausspruch einer Ermahnung war insofern nicht zu erwägen, weil die Übertretung sehr wohl Folgen hatte - der tatsächliche Lenker konnte nicht eruiert und damit auch der Strafanspruch des Staates nicht durchgesetzt werden - und, wie bereits oben erwähnt, kann von geringfügigem oder gar mangelndem Verschulden nicht die Rede sein. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Lenkerauskunft gilt auch für ausländische Zulassungsbesitzer; Strafe herabgesetzt wegen Nichtberücksichtigung der Unbescholtenheit.

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