Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104980/2/Le/Ha

Linz, 04.11.1997

VwSen-104980/2/Le/Ha Linz, am 4. November 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Walter F, O, A, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. S und Dr. W, F, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3.9.1997, VerkR96-12843-1995-Pc, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 400 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3.9.1997 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 23.7.1995 gegen 04.00 Uhr im Ortsgebiet von H, T Landesstraße, Richtung B, vor dem Hause T den Kombi mit dem Kennzeichen S gelenkt und habe dabei nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen der Gang des Ermittlungsverfahrens wiedergegeben, die rechtliche Beurteilung vorgenommen und die Gründe der Strafbemessung dargelegt. 2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 30.9.1997, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben, in eventu die Geldstrafe herabzusetzen bzw. eine Ermahnung auszusprechen.

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zugrunde-liegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.2. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Bw lenkte am 23.7.1995 gegen 04.00 Uhr früh seinen Kombi Chrysler Voyager auf der T Richtung B und stieß vor dem Hause T gegen den dort geparkten Kombi der Elisabeth S. Dabei wurde sowohl dieser Kombi als auch sein eigenes Fahrzeug beschädigt. Nach etwa 200 Metern hielt der Bw an; der Nachbar Otto R, der den Anstoß gehört hatte und auf die Straße geeilt war, lief zum Wagen des Bw und sprach mit dem Bw, worauf dann beide zur Unfallstelle zurückkamen. Dort bzw. im Haus der Familie S wurde sodann ein internationaler Unfallbericht ausgefüllt; die Identität hatten sich die Unfallbeteiligten gegenseitig nachgewiesen.

Nach den Angaben des Bw in seiner Stellungnahme vom 26.3.1997 wäre er durch den Anprall überrascht und geschockt gewesen; er habe sein Fahrzeug nach dem üblichen Anhalteweg hinter dem Fahrzeug der Familie S zum Stehen gebracht. Ein Anhalten direkt beim Fahrzeug der Familie S wäre aufgrund des natürlichen Brems- bzw. Auslaufweges gar nicht möglich gewesen.

In seiner Stellungnahme vom 9.4.1997 gab der Bw an, mit ca. 50 km/h gefahren zu sein, als er das Fahrzeug der Familie S gestreift hätte. Daß er dieses Fahrzeug gestreift hätte, wäre ihm erst bewußt geworden, als er zu diesem Fahrzeug zurückgekommen war bzw. den dort entstandenen Schaden festgestellt hatte.

Er widersprach den Angaben der Zeugen Johann und Elisabeth S, wonach er nur stehen geblieben sei, weil sein Fahrzeug fahruntauglich geworden wäre und gab an, mit diesem noch problemlos nach Hause gefahren zu sein.

In der Anzeige des Gendarmeriepostens N vom 23.7.1995 ist vermerkt, daß eine Nachschau am Unfallstag ergeben hatte, daß das Fahrzeug des Bw rechts vorne stark beschädigt war und einen defekten rechten Vorderreifen hatte; das Fahrzeug wurde als nicht mehr fahrbereit bezeichnet.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. § 4 Abs.1 StVO bestimmt, daß alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen, a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten haben.

Den Begriff des "sofortigen" Anhaltens hat der Verwaltungsgerichtshof folgendermaßen definiert: "Von einem sofortigen Anhalten im Sinne des § 4 Abs.1 lit.a kann nicht die Rede sein, wenn das beteiligte Fahrzeug nicht unmittelbar nach Kenntnisnahme des Verkehrsunfalles am Unfallsort, sondern erst in einiger Entfernung (hier: 40 m) davon angehalten wird" (VwGH 81/0267 vom 19.2.1982).

§ 99 Abs.2 lit.a bestimmt, daß eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis 6 Wochen zu bestrafen ist, a) der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs.1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält...

§ 100 Abs.5 StVO bestimmt, daß bei einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1, 2 oder 2a die Bestimmungen der §§ 20, 21 und 50 VStG keine Anwendung finden.

4.3. Bei Würdigung der aufgenommenen Beweise kam der unabhängige Verwaltungssenat zum Ergebnis, daß dem Bw die vorgeworfene Tat angelastet werden muß. Dabei sind folgende Überlegungen maßgeblich:

Bei Einhaltung einer Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h, wie dies der Bw selbst angegeben hat, beträgt der übliche Anhalteweg (berechnet nach der Faustformel als Summe von Reaktions- und Bremsweg) 40 m (siehe hiezu etwa Messina, Straßenverkehrsordnung, 9. Auflage, Seite 461f). Tatsächlich hat der Bw jedoch nach dem Anstoß noch eine Strecke von ca. 200 m zurückgelegt, was durch die Aussagen der Zeugen Johann und Elisabeth S bestätigt und vom Bw nicht ausdrücklich widersprochen wurde. Es ist daher davon auszugehen, daß der Bw nach dem Anstoß noch etwa 160 m weiter gefahren ist als unbedingt notwendig. Wenn der Bw in diesem Zusammenhang von einem "üblichen Anhalteweg" spricht, so steht diese Angabe nicht im Einklang mit den verkehrstechnischen Gegebenheiten und den technischen Möglichkeiten eines modernen Kraftfahrzeuges, bei dem bekanntlich der Bremsweg bereits bis auf die Hälfte der nach der Faustformel berechneten Länge reduziert werden kann. Es ist daher davon auszugehen, daß der Bw innerhalb von 40 m ab dem Anstoßpunkt hätte stehenbleiben können; da er dies erst ca. 200 m nach der Anstoßstelle getan hat, hat er den Tatbestand der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt. Dabei kommt dem Umstand, daß zum Unfallszeitpunkt (04.00 Uhr früh) noch (weitgehend) Dunkelheit herrschte, erhebliche Bedeutung zu, ist es doch gerade bei solchen Sichtverhältnissen (noch mehr) erforderlich, unverzüglich die Unfallstelle abzusichern, um Folgeschäden zu verhindern. Überdies entspricht es (bedauerlicherweise) der allgemeinen Lebenserfahrung, daß manche Unfallenker im Schutze der Dunkelheit unerkannt das Weite suchen wollen. Daher ist die Verpflichtung zum "sofortigen" Anhalten bei Unfällen in der Dunkelheit noch restriktiver auszulegen.

4.4. Der Bw berief sich in seiner Stellungnahme vom 9.4.1997 (nicht aber in jener vom 26.3.1997) darauf, daß er sich den Kopf "an der linken Säule" seines Fahrzeuges angeschlagen hätte und er dadurch benommen gewesen wäre. Es ist ihm mit dieser Argumentation nicht gelungen glaubhaft zu machen, daß ihn an der Einhaltung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, zumal er keine Beweise für seine Behauptung, etwa ein ärztliches Attest über eine festgestellte Verletzung, angeboten bzw. vorgelegt hat. In Verbindung mit dem Umstand, daß der Bw 200 m nach der Anstoßstelle angehalten hat, den Schaden an seinem Wagen besichtigte und anschließend - in Begleitung des Zeugen Otto Rosenauer - zum Fahrzeug der Ehegatten S zurückkam, er weiters den Unfallbericht an Ort und Stelle ausfüllte und schließlich noch mit seinem Fahrzeug nach Hause fuhr, ist vielmehr davon auszugehen, daß der Bw beim Unfall nicht verletzt wurde, sondern dispositions- und diskretionsfähig war. Damit ist auch die subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen.

4.5. Zur Strafbemessung ist darauf hinzuweisen, daß durch § 100 Abs.6 StVO die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes sowie des Absehens von der Strafe und Ausspruch einer Ermahnung gesetzlich ausgeschlossen wird, sodaß den diesbezüglichen Anträgen in der Berufung nicht gefolgt werden kann.

Weitere Gründe für eine Herabsetzung der Strafe, insbesonders ein geringeres Einkommen, hat der Bw nicht einmal behauptet. Eine amtswegige Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß die Strafe vor allem im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen sowie die Vorstrafen des Bw wegen Übertretungen der StVO tat- und schuldangemessen festgesetzt wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrens-kostenbeitrag für das Berufungsverfahren 400 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an: Beilage Dr. Leitgeb

Beschlagwortung: Sofort anhalten nach Verkehrsunfall

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