Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105054/5/Fra/Rd

Linz, 04.02.1998

VwSen-105054/5/Fra/Rd Linz, am 4. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn V, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 6. Oktober 1997, S 2615/ST/97, betreffend Übertretung des § 9 Abs.2 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird infolge eingetretener Verfolgungsverjährung stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt; der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit Straferkenntnis vom 6. Oktober 1997, S 2615/ST/97, über den Berufungswerber (im folgenden: Bw) wegen Übertretung des § 9 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) verhängt, weil er am 3.3.1997 um 11.02 Uhr in Steyr, Reindlgutstraße in Richtung Sierninger Straße, auf dem Schutzweg, der von der LKH-Auffahrt zum Parkplatz führt, als Lenker des KFZ mit dem polizeilichen Kennzeichen mehreren Fußgängern, die sich auf dem Schutzweg befanden, nicht das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn ermöglicht hat. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Steyr - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsakt dem O.ö. Verwaltungssenat vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet.

3. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Regelung des § 44a Z1 VStG erfordert, die als erwiesen angenommene Tat im Spruch entsprechend zu konkretisieren, wozu es der Anführung aller Tatbestandsmerkmale bedarf, die zur Individualisierung und Konkretisierung des Verhaltens erforderlich ist. Zu dieser Konkretisierung des Tatvorwurfes iSd § 44a Z1 VStG ist die individualisierte Beschreibung jener Handlungen erforderlich, die dem Täter als inkriminiertes Verhalten (Handlung oder Unterlassung) zur Last gelegt wird.

Dies bedeutet, daß die Sachverhaltselemente im Spruch des Straferkenntnisses derartig festgestellt werden müssen, daß unmißverständlich klargestellt ist, welche Tat als erwiesen angenommen wird. Der Spruch ist so hinreichend zu konkretisieren, daß über den Inhalt dessen, was dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht wird, kein Zweifel bestehen kann.

Was die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale betrifft, sind entsprechende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen (den abstrakten Wortlaut der übertretenen Norm) ersetzt werden können (vgl. VwGH 13.6.1984, Slg. 11.466A [vS]; 4.7.1985, 85/02/0026 uva).

Durch die Umschreibung im angefochtenen Straferkenntnis insofern, als der Lenker des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges am Tatort und zur Tatzeit mehreren Fußgängern, die sich auf diesem Schutzweg befanden, nicht das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn ermöglicht hat, liegt nicht die nach § 44a Z1 VStG notwendige Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat, sondern bereits ihre rechtliche Würdigung iSd § 9 Abs.2 StVO 1960 vor. Es hätte konkret umschrieben werden müssen, worin (durch welches Verhalten des Bw) die Behinderung oder Gefährdung der Fußgänger gelegen ist. Zufolge der Bestimmung des § 66 Abs.4 AVG (§ 24 VStG) ist im Rahmen der Tatidentität eine Modifizierung des Schuldspruches zulässig. Da jedoch gegenständlich das konkrete Tatverhalten nicht konkretisiert wurde und einerseits aufgrund der Anzeige der Bundespolizeidirektion Steyr vom 7.3.1997 sowie andererseits aus den Zeugenaussagen der Meldungsleger vom 25.6.1997 nicht zweifelsfrei geschlossen werden kann, welches Verhalten die Strafbehörde annehmen hätte können, sieht es der O.ö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Falle als unzulässig an, den Schuldspruch entsprechend den Kriterieren des § 44a Z1 VStG zu ergänzen. Diesbezüglich bedürfte es eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens entsprechend den Anträgen des Berufungswerbers, woraus dann der konkrete strafbare Vorwurf resultieren könnte. Da jedoch die Verfolgungsverjährungsfrist bereits abgelaufen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Im übrigen ist es nicht Aufgabe eines unabhängigen Verwaltungssenates, der gemäß Art. 129 B-VG als Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle eingerichtet ist, strafbehördliche Versäumnisse insofern nachzuholen, als er quasi erstinstanzlich den Tatvorwurf aussprechen würde. Damit würde er wohl die Position eines unabhängigen Richters verlassen und gegen Art. 6 Abs.1 MRK verstoßen.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. 4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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