Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105071/15/BI/FB

Linz, 13.02.1998

VwSen-105071/15/BI/FB Linz, am 13. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Ing. L S, H, W, vertreten durch Rechtsanwalt T H, M, W, vom 3. November 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8. Oktober 1997, VerkR96-19168-1996-Hu, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, auf Grund des Ergebnisses der am 4. Februar 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird. Im Punkt 2) wird das Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt, daß das Kennzeichen des Kraftfahrzeuges richtig "" lautet, die Geldstrafe wird jedoch auf 300 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden herabgesetzt.

Im Punkt 1) fallen keine Verfahrenskostenbeiträge an. Im Punkt 2) ermäßigt sich der Kostenbeitrag für das Verfahren erster Instanz auf 30 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren fällt nicht an.

Rechtsgrundlage: zu I.: §§ 66 Abs.4 und 62 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z3 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), §§ 52a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), §§ 102 Abs.1 und 82 Abs.4 iVm 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) zu II.: §§ 64, 65 und 66 VStG Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 52a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 102 Abs.1 und 82 Abs.4 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 3.000 S (72 Stunden EFS) und 2) 500 S (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 5. Oktober 1996 gegen 9.30 Uhr den PKW, Kz. (D), auf der W A in Richtung S gelenkt habe und dabei 1) in den Gemeindegebieten P und A von Strkm 178,350 bis 179,950 entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) 100 km/h" mit einer Geschwindigkeit von 146 km/h und im Gemeindegebiet von Allhaming von Strkm 179,950 bis 180,350 entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) 80 km/h" mit einer Geschwindigkeit von 116 km/h gefahren sei und 2) sich als Lenker vor Antritt der Fahrt, obwohl dies zumutbar gewesen sei, nicht davon überzeugt habe, daß das Kraftfahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprach, da am Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen an dessen Heck kein internationales Unterscheidungszeichen angebracht gewesen sei. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 350 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 4. Februar 1998 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, der Zeugen GI E und Insp. Z und des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen DI H durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist nicht erschienen.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, das ihn verfolgende Fahrzeug habe den Abstand teilweise erheblich verringert und daher sei nicht von einem gleichbleibenden Abstand auszugehen. Es sei für ihn erst erkennbar gewesen, daß es sich dabei um ein Gendarmeriefahrzeug und um Gendarmeriebeamte gehandelt habe, als diese von ihm kein Geld verlangt hätten, sondern von einer Anzeige die Rede gewesen sei. Er sei aus Ungarn gekommen und habe wegen des dort bestehenden Diebstahlsrisikos den PKW nicht als deutsches Fahrzeug kennzeichnen wollen. Der Berufung wurde jedoch ein Lichtbild beigelegt, auf dem ersichtlich ist, daß der PKW mittlerweile ein "D" aufweist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber gehört, die beiden Gendarmeriebeamten zeugenschaftlich einvernommen und Einsicht in die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst, Zl. 138.001/92-IA/31-96, samt den angeschlossenen Regelplänen sowie in den Bescheid der Erstinstanz vom 4. November 1996, VerkR10-40-191-1996-Rö, genommen wurde.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich: Der Rechtsmittelwerber lenkte am Samstag, den 5. Oktober 1996, gegen 9.30 Uhr den PKW, Kz. , auf der W aus Richtung A kommend in Richtung S. Dabei fiel er den beiden Zeugen, Beamten der Autobahngendarmerie Haid, auf, die im Rahmen des Zivilstreifendienstes mit einem nicht nach außen hin erkennbaren Gendarmeriefahrzeug mit Deckkennzeichen und eingebauter geeichter ProViDa-Anlage auf diesem Autobahnabschnitt unterwegs waren. Sie nahmen nach übereinstimmenden Aussagen die Verfolgung des BeschuldigtenPKW auf, weil dieser augenscheinlich eine überhöhte Geschwindigkeit einhielt. Dabei wurde festgestellt, daß der PKW im Bereich zwischen Strkm 178,350 und 179,950 anstelle der dort erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h eine solche von 146 km/h und im Bereich zwischen Strkm 179,950 und 180,350 anstelle der dort erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h eine solche von 116 km/h eingehalten habe. Aufgrund dieser Wahrnehmung, die auch mit Video aufgezeichnet wurde, erfolgte die Anhaltung des PKW auf dem Parkplatz A. Dort wurde dem Lenker, der die Einhaltung einer überhöhten Geschwindigkeit nicht bestritt, das Video gezeigt und ihm eine Anzeige angekündigt. Bei dieser Amtshandlung erfolgte auch die Beanstandung wegen des fehlenden Unterscheidungszeichens. Beide Zeugen haben in der Verhandlung bestätigt, der damals aufgenommene Videofilm stehe nicht mehr zur Verfügung, jedoch seien damals eindeutig die Vorschriftszeichen gemäß § 52a Z10 lit.a StVO betreffend die Beschränkung auf 100 bzw 80 km/h gut sichtbar aufgestellt gewesen. Die Nachfahrt sei auf eine Strecke von 2 km in annähernd gleichbleibendem Abstand von etwa 50 m durchgeführt worden. Beide Zeugen gaben an, im Hinblick auf die Geschwindigkeitsfeststellung mittels ProViDa geschult und auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit geübt zu sein. Damals seien Brückensanierungsarbeiten auf der W durchgeführt worden, wobei aber immer zwei Fahrstreifen in eine Richtung vorhanden gewesen seien. Bei Strkm 179,950 hätte die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h geendet und eine solche auf 80 km/h begonnen. Die Länge der 80 km/h-Beschränkung, nämlich im Hinblick auf den Anhalte-Parkplatz, konnte von den Zeugen nicht angegeben werden. Aus diesem Grund wurde von der Erstinstanz die den Beschränkungen zugrundeliegende Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst, Zl. 138.001/92-IA/31-96, samt den beiliegenden Regelplänen sowie der Bescheid der Erstinstanz vom 4. September 1996, VerkR10-40-191-1996-Rö, eingesehen. Daraus geht hervor, daß der M BauGesmbH, L, für den Zeitraum 9. September bis 13. Dezember 1996 die straßenpolizeiliche Bewilligung zur Durchführung von verkehrsbeeinträchtigenden Sanierungsarbeiten ua auf der A an Brückengesimsen in den Bereichen von km 178,150 bis 178,350, 179,100 bis 179,300, 180,200 bis 180,550, 181,200 bis 181,400 und 182,700 bis 182,900 unter bestimmten Bedingungen, Befristungen und Auflagen erteilt worden war. Den Regelplänen läßt sich entnehmen, daß im Bereich der oben angeführten Strkm jeweils eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h sowie eine Verschwenkung beider Fahrstreifen nach links, 500 m vorher eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h, 300 m vorher eine solche auf 80 km/h und in den letzten 50 m davor eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h bestand.

Beide Zeugen schilderten die Nachfahrt sowie die technischen Belange der Geschwindigkeitsfeststellung mittels ProViDa, der Eichschein für das eingebaute Gerät wurde eingesehen (letzte Eichung 4. Oktober 1994. Nacheichfrist bis 31. Dezember 1997) und die Adjustierung der beiden Beamten im Zivilstreifendienst und bei damit verbundenen Anhaltungen - der Rechtsmittelwerber hatte nach eigenen Angaben die Zeugen nicht als Gendarmeriebeamte erkannt, sondern einen Überfall befürchtet - wurde geklärt. Insp. Z bestätigte ebenso wie GI E das eher geringe Verkehrsaufkommen und gab insbesondere an, konkret bei km 179,950 sei der Beginn einer 80 km/h- nach vorheriger 100 km/h-Beschränkung ersichtlich gewesen, wie auch in der Anzeige angeführt. Weder in der Verordnung noch im Baustellenbescheid konnte bei km 179,950 der Beginn einer 80 km/h-Beschränkung gefunden werden. Laut Regelplan für das Brückenbauwerk W40 hätte sich bei km 179,800 der Beginn der 100 km/h-Beschränkung und bei km 180,000 der Beginn der 80 km/h-Beschränkung befinden müssen. Es muß daher von einer ungenauen Aufstellung der Verkehrszeichen gemäß § 52a Z10a StVO ausgegangen werden. In rechtlicher Hinsicht ist im Hinblick auf die dem Rechtsmittelwerber vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung auszuführen, daß die fehlerhafte Kundmachung einer Verordnung - der oben erwähnte Regelplan ist Bestandteil dieser Verordnung - bewirkt, daß diese keinerlei Rechtswirkungen gegenüber Verkehrsteilnehmern zu entfalten in der Lage ist. Für den Rechtsmittelwerber bedeutet das, daß die ihm im Punkt 1) des Straferkenntnisses zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet, sodaß diesbezüglich mit der Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG vorzugehen war.

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses, dem - nicht bestrittenen - Vorwurf des nicht angebrachten internationalen Unterscheidungszeichens am BeschuldigtenPKW ist zu sagen, daß die Bestimmung des § 82 Abs.4 KFG 1967 ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG darstellt, bei dem Fahrlässigkeit dann anzunehmen ist, wenn der Beschuldigte nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Rechtsmittelwerber hat glaubhaft ausgeführt, er habe wegen der Diebstahlsgefahr bei deutschen PKW in Ungarn den PKW nicht auch noch als deutsches Fahrzeug kennzeichnen wollen. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist zwar vorauszusetzen, daß das amtliche Kennzeichen für jemanden, der konkret einen deutschen PKW stehlen will, bereits einen ausreichenden Hinweis auf die Herkunft des Fahrzeuges darstellt, sodaß das Fehlen des "D" ihn sicher nicht davon abhalten wird. Jedoch konnte in der mündlichen Verhandlung nicht geklärt werden, ob tatsächlich dem Rechtsmittelwerber ein Organmandat diesbezüglich angeboten wurde, das dieser wegen Geldmangel nicht bezahlen konnte. Aus diesem Grund ist bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, daß er an Ort und Stelle - wie auch vom Meldungsleger bestätigt - lediglich 300 S bezahlen hätte müssen. Außerdem wurde mit der Berufung ein Foto vorgelegt, auf dem der BeschuldigtenPKW mit angebrachtem "D" zu sehen ist. Die nunmehr herabgesetzte Strafe entspricht gemäß der Bestimmung des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ebenso wie den in der Berufung dargelegten finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers (17.000 S Pension, Sorgepflicht für die Gattin, kein Vermögen). Mildernd war die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, erschwerend kein Umstand zu werten. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw dessen Entfall ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Fehlerhaft kundgemachte Verordnung entfaltet keine Rechtswirkungen hinsichtlich Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung - Verfahrenseinstellung § 45 Abs.1 Z1 2. Alternative VStG.

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