Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200183/2/Gf/Km

Linz, 01.04.1996

VwSen-200183/2/Gf/Km Linz, am 1. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des G.

G., ............, ................, vertreten durch RA Dr.

J. P., ..............., ............., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 5.

März 1996, Zl. Agrar96-146-1995-Bu/Li, wegen Übertretung des Futtermittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 u. 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 5. März 1996, Zl. Agrar96-146-1995-Bu/Li, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt, weil er am 30.

Mai 1995 als verantwortlicher Beauftragter einer GmbH&CoKG ein Futtermittel (der Bezeichnung "Bestmix R-12") in Verkehr gebracht habe, das einen geringeren als den deklarierten Vitamin-A- und Vitamin-E-Gehalt aufgewiesen habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 4 Abs. 3 i.V.m. § 31 Abs. 1 Z. 2 lit. e des Futtermittelgesetzes, BGBl.Nr. 905/1993 (im folgenden: FMG), i.V.m. § 26 Abs. 1 Z. 4 und 5 der Futtermittelverordnung, BGBl.Nr. 273/1994 (im folgenden: FMV), begangen, weshalb er gemäß § 31 Abs. 1 Z. 2 lit. e FMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 6. März 1996 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 20. März 1996 und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der dem Berufungswerber zur Last gelegte Tatbestand infolge der amtlichen Probenziehungen am 30. Mai 1995 sowie durch das Gutachten des Bundesamtes für Agrarbiologie vom 7. August 1995, Zl. F-1093/95-454-DIMi/Sto, als erwiesen anzusehen sei.

Infolge offensichtlich mangelhafter Wareneingangskontrollen könne auch keine Rede davon sein, daß den Rechtsmittelwerber deshalb kein Verschulden treffe, weil schon die Zulieferprodukte mangelhaft gewesen seien.

Bei der Strafbemessung sei einerseits die nicht auszuschließende Möglichkeit der gesundheitlichen Schädigung von Tieren und in der Folge auch von Menschen, andererseits aber auch - als strafmildernd - die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu berücksichtigen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber im wesentlichen vor, daß er selbst über eine einschlägige Fachausbildung sowie sein Betrieb über eine dem höchsten technischen Standard entsprechende Ausstattung - nämlich eine computergesteuerte Mischanlage - verfüge. Eine Kontrolle der zugekauften Waren erfolge zwar nicht in jedem Einzelfall, weil dies den wirtschaftlichen Ruin jedes Unternehmens bedeuten würde, wohl aber über eine gemeinsame Dachorganisation, bei der auch die Partnerbetriebe des Unternehmens des Beschwerdeführers ihre Einkäufe tätigen würden. Ein Verschulden seiner Person läge sohin nicht vor.

Außerdem sei er lediglich für den Bereich der "Futtermittelherstellung" zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden.

Schließlich würde sich auch die Höhe der zum Ersatz vorgeschriebenen Untersuchungskosten als unzutreffend erweisen.

Aus allen diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Braunau zu Zl.

Agrar96-146-1995; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend zu klären war und mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 3.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt sowie ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 31 Abs. 1 Z. 2 lit. e i.V.m. § 4 Abs. 3 FMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, der Futtermittel in Verkehr bringt, die nicht den in der FMV festgesetzten Anforderungen entsprechen.

Nach § 21 Abs. 1 FMV i.V.m. Anlage 3 darf u.a. in Mischfuttermitteln für Mastrinder der Gehalt des Zusatzstoffes Vitamin A (als Vitamin-A-Präparat) 13.500 IE/kg nicht übersteigen, während nach dieser Bestimmung für den Zusatzstoff Vitamin E (als Vitamin-E-Präparat) keine Höchstgrenze festgelegt ist.

Nach § 26 Abs. 1 Z. 7 FMV gelten Angaben über Gehalte an Zusatzstoffen dann noch als richtig, wenn die tatsächlich festgestellten von den angegebenen Gehalten bei über 1000 Einheiten um höchstens 5% abweichen.

4.2.1. Da hinsichtlich des Zusatzstoffes Vitamin E nach Anlage 3 zu § 21 Abs. 1 FMV (der von der belangten Behörde unzutreffend herangezogenen Bestimmung des § 26 Abs. 1 FMV kommt überhaupt keine eigenständige Bedeutung zu) keine Höchstgrenze festgelegt ist, konnte dem Berufungswerber sohin eine Übertretung dieser Bestimmung von vornherein nicht angelastet werden (allenfalls wäre er zu bestrafen gewesen, weil der festgestellte Gehalt an Vitamin E nicht wie angegeben - 1000 mg/kg, sondern lediglich 420 mg/kg betragen hatte; ein darauf bezüglicher Tatvorwurf wurde gegen ihn jedoch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht erhoben).

4.2.2. Bezüglich des Zusatzstoffes Vitamin A legt Anlage 3 zu § 21 Abs. 1 FMV einen höchstzulässigen Gehalt von 13.500 IE/kg für Mastrinder fest, während im gegenständlichen Fall 500.000 IE deklariert und 88.900 IE/kg tatsächlich festgestellt wurden.

Aus der Sicht des Verordnungsgebers liegt das rechtswidrige Verhalten des Berufungswerbers hier sohin in erster Linie offensichtlich nicht in der Unterschreitung der deklarierten Angaben, sondern in der Überschreitung des höchstzulässigen Mengenanteils, also darin, eine von vornherein unzulässige Deklaration vorgenommen zu haben. Aus teleologischen Gesichtspunkten heraus wäre diese Rechtswidrigkeit von der belangten Behörde deshalb primär zu ahnden gewesen, weil man ansonsten zu dem unhaltbaren Ergebnis käme, daß vom Rechtsmittelwerber letztlich gefordert würde, daß er in noch wesentlich gesteigertem Ausmaß rechtswidrig hätte handeln müssen, wenn sein Futtermittel anstelle der festgestellten bereits rechtswidrigen, weil die Grenze von 13.500 IE weit übersteigenden - 88.900 IE mindestens die deklarierten 500.000 IE aufweisen hätte müssen.

4.2.3. Mit Blick auf § 44a Z. 1 VStG war daher das angefochtene Straferkenntnis schon mangels Tatbestandsmäßigkeit bzw. wegen Gesetzeskonkurrenz aufzuheben.

4.3. Mit schriftlicher Vereinbarung vom 1. Dezember 1987 wurde der Berufungswerber zum verantwortlichen Beauftragten für den "Unternehmensbereich Futtermittelherstellung" bestellt. Wie sich aus dieser Wendung, aus der erläuternden Beifügung "vormischen, mischen, ..." sowie schließlich daraus, daß ihm "für diese Sparte des Unternehmens die ausschließliche Anordnungsbefugnis" übertragen wurde, ergibt, bezieht sich diese Befugnis somit nur auf den - eingeschränkten (vgl. in diesem Sinne auch z.B. VwGH v. 5. April 1989, 88/03/0131; v. 20. September 1989, 88/03/0058) - Bereich der unmittelbaren Produktion der Futtermittel und reicht nicht auch über diesen hinaus (also etwa auch auf den Einkauf, den Vertrieb, o.ä.).

Das dem Berufungswerber zur Last gelegte Inverkehrbringen unrichtig bezeichneter Futtermittel zählt zweifelsfrei nicht zum unmittelbaren Produktionsbereich. Da der Beschwerdeführer im übrigen weder persönlich haftender Gesellschafter der verfahrensgegenständlichen KG noch der an dieser beteiligten, persönlich haftenden GmbH ist, hat er sohin im Ergebnis die ihm angelastete Tat auch nicht zu vertreten.

4.4. Aus diesen Gründen war sohin der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 und 2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f