Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-105088/5/Sch/Rd

Linz, 17.03.1998

VwSen-105088/5/Sch/Rd Linz, am 17. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des M vom 14. November 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. November 1997, VerkR96-4340-1997-Pc, wegen Übertretungen des GGSt, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 bzw 3 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 4. November 1997, VerkR96-4340-1997-Pc, über Herrn M, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) Rn 2002 Abs.9 ADR und § 32 Abs.3 GGSt, 2) Rn 2002 Abs.5 lit.a ADR und § 32 Abs.1 Z3 GGSt und 3) Rn 10240 ADR und § 32 Abs.3 GGSt Geldstrafen von 1) 1.000 S, 2) 1.000 S und 3) 1.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 24 Stunden, 2) 24 Stunden und 3) 24 Stunden verhängt, weil er am 10. März 1997, um 10.10 Uhr (Anhaltung: beim Parkplatz Franzosenhausweg), im Ortsgebiet von Linz, A7, Richtung Süd, Km 6,0, eine Beförderungseinheit (Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger mit den Kennzeichen) 1) ohne Absendervermerk in bezug auf die Zulässigkeit des beförderten Gefahrgutes auf dem Beförderungspapier gelenkt habe, 2) gelenkt habe, wobei die Gefahrzettel bzw. die UN-Nummern nicht sichtbar bzw. nicht zugänglich gewesen seien und 3) in Betrieb genommen habe, obwohl beide Feuerlöscher nicht mehr den Vorschriften entsprochen haben, da sie mit Jänner 1997 abgelaufen seien.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 300 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Die Berufungsbehörde vertritt in ihrer Judikatur zum ADR bzw. GGSt grundsätzlich die Rechtsansicht, daß in den Spruch eines Strafbescheides Angaben über die Art und Menge des beförderten gefährlichen Gutes aufzunehmen sind (vgl. etwa VwSen-110074/2/Weg/Ri vom 27. Februar 1996, VwSen-104582/2/Sch/Rd vom 1. Juli 1997). Nach dem inneren Aufbau des ADR geht dieses als Anknüpfungspunkt für die zahlreichen und unter Umständen verschiedenen anzuwendenden Rechtsvorschriften davon aus, welches Gut/welcher Stoff befördert wird. Aber auch die Menge des Gefahrgutes ist von Bedeutung, wobei ua auf die Frage der allfälligen Anwendbarkeit der Randnummer 10011 des ADR verwiesen wird.

Unbeschadet dessen ist zu Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses zu bemerken: Gemäß § 42 Abs.2 Z13 GGSt begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker entgegen § 32 Abs.3 bei der Beförderung die im § 22 Abs.1 Z7 angeführten Begleitpapiere, Bescheide und Ausrüstungsgegenstände nicht dem ADR entsprechend mitführt oder den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht auf Verlangen zur Überprüfung aushändigt.

Aufgrund dieser gesetzlichen Formulierung stellt sich die Auslegungsfrage, ob der Lenker auch dafür verantwortlich ist, daß die erwähnten Papiere bzw Ausrüstungsgegenstände an sich dem ADR entsprechen oder nur dafür, daß der Mitführvorgang vorschriftsgemäß abläuft. Für die zweitere Auslegungsvariante spricht etwa die Anmerkung 16 in "Grundtner-Stratil, Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, 2. Auflage" zu der mit der obigen Bestimmung im wesentlichen inhaltsgleichen Ziffer 8 des § 22 Abs.1 GGSt, wo auf die Randnummer 10385 Abs.2 ADR (vor der Novelle 1997) verwiesen wird. Dort heißt es ua, daß eine Ausfertigung dieser Weisungen sich im Führerhaus befinden muß. Es geht hiebei also offenkundig um die vorschriftsmäßige Aufbewahrung dieses Begleitpapiers und nicht um dessen Inhalt. Auch die Anmerkung 7 in der oben erwähnten Gesetzesausgabe zu § 32 Abs.3 GGSt unterstützt diese Auslegung, da es in der dort zitierten Regierungsvorlage heißt: "Die Begleitpapiere müssen sowohl im Interesse einer wirksamen Überwachung als auch zur Gewährleistung schneller Maßnahmen bei Zwischenfällen und Unfällen stets sofort greifbar sein. Daher muß der Lenker verpflichtet werden, für das Mitführen dieser Dokumente die Verantwortung zu tragen ...".

Die Berufungsbehörde vermag sohin eine eindeutige verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Lenkers für den Inhalt des Beförderungspapiers - hier für den mangelnden Absendervermerk - nicht zu erkennen. Zu Faktum 2: Gemäß § 32 Abs.1 Z3 GGSt darf der Lenker eine Beförderungseinheit nur in Betrieb nehmen, wenn die Tafeln mit den Nummern zur Kennzeichnung der Gefahr und des Stoffes und die sonstigen Aufschriften und bildlichen Darstellungen vorschriftsmäßig angebracht sind.

Diese Bestimmung kann nur so interpretiert werden, daß es hiebei um die Anbringung der erwähnten Tafeln etc an der Beförderungseinheit geht, nicht aber um die Bezettelung der Versandstücke bzw um Beladungsvorschriften.

Ob allenfalls § 32 Abs.1 Z2 GGSt für den vorliegenden Sachverhalt die übertretene Verwaltungsvorschrift gebildet hätte, kann dahingestellt bleiben, da hiefür der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wesentliche Tatbestandselemente nicht enthält und überdies ohnehin Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Lediglich der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, daß der Spruch des Straferkenntnisses in diesem Punkt auch einer Überprüfung anhand der verba legalia der Randnummer 2002 Abs.5 lit.a ADR nicht standhält.

Zu Faktum 3: Gemäß Randnummer 10240 Abs.3 ADR müssen die an einer Beförderungseinheit anzubringenden Feuerlöschgeräte eine Aufschrift mit dem Datum der nächsten Überprüfung enthalten. Abgesehen davon, daß ein Feuerlöscher nicht "ablaufen" kann, sondern nur eine Überprüfungsfrist, wird die von der Erstbehörde gewählte Spruchformulierung ebenfalls nicht der erwähnten Vorschrift gerecht.

Auch in diesem Punkt wird abschließend auf die obigen Ausführungen zur Bestimmung des § 42 Abs.2 Z13 GGSt verwiesen und die Rechtsansicht vertreten, daß eine zweifelsfreie Verantwortlichkeit und Strafbarkeit des Lenkers für die Anbringung des Vermerkes der nächsten Überprüfung an den Feuerlöschgeräten nicht erblickt werden kann.

Der Berufung hatte sohin Erfolg beschieden zu sein, ohne auf das - zur Beweislage großteils im Widerspruch stehende - Vorbringen im Rechtsmittel einzugehen.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

S c h ö n

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum