Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105143/31/BI/FB

Linz, 10.12.1998

VwSen-105143/31/BI/FB Linz, am 10. Dezember 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitz: Dr. Wegschaider, Berichterin: Mag. Bissenberger, Beisitz: Dr. Weiß) über die Berufung des Herrn M S, S, B, vertreten durch RA Dr. G P, S, B, vom 15. Dezember 1997 gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 26. November 1997, VerkR96-5909-1997-Shw, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 29. Oktober 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, daß eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960 vorliegt.

Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 2.200 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z2 und 19 VStG, §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten unter anderem im Punkt 1) wegen Übertretung gemäß §§ 5 Abs.2 und 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 11.000 S (10 Tage EFS) verhängt, weil er am 19. September 1997 um 20.50 Uhr den PKW, Kennzeichen in B in der S Richtung stadtauswärts bis zu seiner Anhaltung in der S nächst Haus Nr. 15 gelenkt und sich am 19. September 1997 um 21.43 Uhr in B in der städtischen Sicherheitswache gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, einem Beamten der städtischen Sicherheitswache Braunau, geweigert habe, seine Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er verdächtig gewesen sei, das oben angeführte Kraftfahrzeug bei der gegenständlichen Fahrt in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 1.100 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 4. Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 29. Oktober 1998 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, seines rechtsfreundlichen Vertreters RA Dr. P, der Behördenvertreterin Mag. S sowie der Zeugen AI D und RI H sowie der medizinischen Amtssachverständigen Dr. H durchgeführt. Auf die Verkündung der Berufungsentscheidung wurde von beiden Parteien verzichtet. 3. In der Berufung macht der Rechtsmittelwerber geltend, es sei zwar richtig, daß er verpflichtet gewesen sei, so lange an der Beatmung des Alkomaten mitzuwirken, bis ein verwertbares Ergebnis vorliege. Wenn sich aber zeige, daß aus gesundheitlichen Gründen eine ausreichende Beatmung nicht möglich sei, so könne ihn der Beamte nicht praktisch endlos zu wiederholten Blasversuchen anhalten, weil dies gegen elementare Grundrechte verstoßen würde. Die Beamten seien keinesfalls berechtigt gewesen, ihn nach Verlassen der Dienststelle zu verhaften und in Verwahrungshaft zu nehmen. Der Behörde sei seine Identität bekannt gewesen und hätten keine Anhaltspunkte vorgelegen, die auf eine Unmöglichkeit seiner verwaltungsbehördlichen Verfolgung hätten schließen lassen. Die Erstinstanz habe an den Zeugenaussagen der befaßten Beamten der Sicherheitswache Braunau keinen Zweifel gehabt. Diese hätten aber gegen fundamentale Grundsätze eines Beweisverfahrens verstoßen und könnten daher im Strafverfahren als Beweismittel für eine Verurteilung nicht ausreichen. Der Zeuge D sei mehr als einen Monat nach dem Vorfall einvernommen worden und habe aus diesem Grund den Ablauf der Amtshandlung nicht mehr im Detail wiedergeben können. Es könne sich nur um eine Verwechslung mit einem ähnlichen Vorfall handeln, wenn angegeben werde, er sei nach dem letzten Blasversuch um 21.42 Uhr nochmals aufgefordert worden, eine Beatmung durchzuführen, was er mit "Nein" beantwortet habe. Nach seiner Erinnerung seien die Beamten nach den letzten mit erheblicher Anstrengung durchgeführten Blasversuchen um 21.40 Uhr und 21.42 Uhr von einem verwertbaren Ergebnis ausgegangen, was vom Zeugen H mit den Worten "Segst jetzt homma wos" kommentiert worden sei und dann sei die Entlassung aus der Haft erfolgt. Es sei ihm nicht mitgeteilt worden, daß die Ergebnisse wegen zu großer Probendifferenz nicht verwertbar seien. Er sei bei Verlassen der Dienststelle der Meinung gewesen, er sei trotz seiner eingeschränkten Lungenfunktion seiner Mitwirkungspflicht bei der Untersuchung der Atemluft erfolgreich nachgekommen. Es liege somit der Tatbestand der Verweigerung der Atemluftuntersuchung nicht vor und ein Irrtum der Beamten könne nicht zu seinen Lasten gehen. Er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, einen ordnungsgemäßen Alkomattest durchzuführen, weil er eine starke Lungenerkrankung gehabt habe und die Nachwirkungen seien deutlich spürbar gewesen. Er sei nicht in der Lage gewesen, mit der zumutbaren Anstrengung eine ausreichende Blaszeit einzuhalten bzw das notwendige Luftvolumen zu erzeugen, zumal die akute Gefahr eines Lungenschadens bestanden habe. Er habe sich bei den letzten beiden Beatmungen derart überanstrengt, daß er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit bei diesen Beatmungen eine Lungenverletzung in Form eines "Lungenlochs" zugezogen habe. Diesbezüglich wird Notstand iSd § 6 VStG geltend gemacht. Im Anschluß an die Berufung hat der Rechtsmittelwerber die Krankengeschichte über einen Spitalsaufenthalt von 14. bis 19. November 1997 über einen rechtsseitigen Spontanpneumothorax vorgelegt. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört, die genannten Zeugen einvernommen und der im Rahmen der Verhandlung geltend gemachte Zeuge W D telefonisch befragt wurden. Der Antrag auf Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen wurde vom Rechtsmittelwerber zurückgezogen. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Unbestritten ist, daß der Rechtsmittelwerber am 19. September 1997 um etwa 20.50 Uhr den PKW in B, S, gegen die Einbahn lenkte und dabei von den Zeugen AI D und RI H angehalten wurde. Der Zeuge D war zu diesem Zeitpunkt Beifahrer beim Rechtsmittelwerber, entfernte sich aber bei dessen Anhaltung. Aufgrund der offensichtlichen Alkoholisierungsmerkmale wurde der Rechtsmittelwerber von AI D zum Alkotest aufgefordert und stimmte zu, zur städtischen Sicherheitswache mitzufahren. Nach Aussagen von RI H lenkte dieser das Fahrzeug in eine Parklücke und nahm den Schlüssel an sich. Der Rechtsmittelwerber wurde mit dem Patrouillenfahrzeug zur Dienststelle gebracht und das Atemluftuntersuchungsgerät vorbereitet. Nach Aussagen beider Zeugen flüchtete der Rechtsmittelwerber schon vor Beginn des Alkotests aus dem Wachzimmer und wurde von mehreren Beamten der städtischen Sicherheitswache verfolgt, beim Eingang in die Tiefgarage gefunden und unter Gewaltanwendung in das Wachzimmer zurückgebracht. Beide Zeugen haben bestätigt, daß das Atemalkoholmeßgerät bei drei Blasversuchen hintereinander nicht ausreichend beatmet worden sei, worauf dem Beschuldigten die Vorgangsweise bei der Atemluftalkoholuntersuchung erneut erklärt worden sei. Beim vierten und fünften Versuch hätten sich gültige Blasversuche, allerdings mit Probendifferenz, ergeben, wobei die Blasversuche ohne wesentliche Unterbrechung durchgeführt worden seien. Dem Rechtsmittelwerber sei anschließend mitgeteilt worden, daß die gültigen Versuche wegen der aufgetretenen Probendifferenz nicht verwertbar seien und er den Test wiederholen müsse, was er aber dezidiert abgelehnt habe. AI D hat ausgeführt, daß seitens der Sicherheitswache ein Interesse daran bestanden habe, ein verwertbares Ergebnis zu erhalten und deshalb sei der Rechtsmittelwerber mit Sicherheit aufgefordert worden, erneut Blasversuche durchzuführen. Er habe das abgelehnt. Der Führerschein sei ihm zurückgegeben worden, weil kein positives Alkotestergebnis vorgelegen habe. Der Autoschlüssel sei bei der Sicherheitswache verblieben. Der Rechtsmittelwerber habe weder auf gesundheitliche Probleme hingewiesen noch seien solche erkennbar gewesen. Die ungültigen Blasversuche seien so entstanden, daß er das Mundstück zunächst überhaupt nur 2 cm vor dem Mund gehabt habe; die Probendifferenz von beinahe 20 % konnte sich auch der Zeuge nicht erklären. Er hat ausgeführt, daß die letzte Gerätewartung vor dem Vorfall am 28. August 1997 stattgefunden habe. Das Davonlaufen des Rechtsmittelwerbers sei nicht als Alkotestverweigerung gewertet worden, und er sei nur zurückgeholt worden, weil ein verwertbares Meßergebnis erzielt werden sollte. RI H hat ausgeführt, dem Rechtsmittelwerber sei die Durchführung eines Alkotests mehrmals erklärt und ihm sei auch gesagt worden, daß die beiden letzten gültigen Versuche wegen der aufgetretenen Probendifferenz nicht verwertbar seien und er den Test wiederholen müsse. Sie hätten keinesfalls gesagt, daß das Ergebnis gültig und die Amtshandlung beendet sei. Den Alkotest habe AI D mit dem Beschuldigten durchgeführt und er habe auch die Anzeige verfaßt. Beide Zeugen haben ausgeführt, der Rechtsmittelwerber sei vor Beginn der Messungen schon aus der Dienststelle davongelaufen. RI H hat dann aber über Vorhalt des im Akt befindlichen Meßstreifens, aus dem hervorgeht, daß um 21.13 Uhr, 21.14 Uhr und 21.15 Uhr jeweils Fehlversuche wegen zu kurzer Blaszeit, ein weiterer solcher Fehlversuch um 21.39 Uhr und zwei gültige, aber wegen der Probendifferenz nicht verwertbare Messungen um 21.40 Uhr und 21.42 Uhr durchgeführt worden sind, zugestanden, daß der Fluchtversuch des Rechtsmittelwerbers doch nicht vor Beginn der Messungen, sondern nach den ersten drei Fehlversuchen erfolgt sein müsse. AI D hat darauf hingewiesen, daß bereits in der Anzeige enthalten sei, daß die Meßergebnisse nicht verwertbar gewesen seien. In der Anzeigenbeilage sei der Vermerk "Besondere Bemerkungen: keine" enthalten, weil im wesentlichen die Anzeige das Geschehen wiedergebe und die dortige Rubrik nur ausgefüllt werde, wenn etwas besonderes passiert sei. RI H hat ausgeführt, sie seien dem Beschuldigten deshalb nachgelaufen, weil die Personalien zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgenommen gewesen seien. Sie hätten ihn zurückzugeholt, weil sie ihm "noch eine Chance geben" wollten. AI D hat ausgeführt, der Führerschein sei zu diesem Zeitpunkt schon abgenommen gewesen und RI H sei diesen kopieren gegangen. Die "Rückholung" sei deshalb erfolgt, weil ein gültiges Testergebnis erzielt werden hätte sollen. Der Rechtsmittelwerber hat den Vorfall so geschildert, daß er am Vorfallstag gegen 15.00 Uhr und gegen 20.00 Uhr je ein Bier getrunken habe und dann gegen die Einbahn gefahren sei, wobei in der dortigen Einbahn die Fahrtrichtung umgedreht worden sei und er sich geirrt habe. Er meine, er sei zum Test aufgefordert worden, weil er gegen die Einbahn gefahren sei. Er habe aber sicher selbst sein Fahrzeug noch in die Parklücke gelenkt - der dafür geltend gemachte Zeuge W D konnte dies mangels Erinnerung telefonisch nicht bestätigen - habe sich aber zum Alkotest bereiterklärt. Nach drei Blasversuchen, bei denen die Blaszeit jeweils zu kurz gewesen sei, sei der Test unterbrochen worden und er habe sich hingesetzt. Im Raum habe sich zu diesem Zeitpunkt ein Polizeibeamter in Zivil befunden, der ständig gegen ihn Drohungen ausgestoßen habe, man würde ihn schon noch erwischen, und er habe die Beamten darauf hingewiesen, daß er sich das nicht zu gefallen lassen brauche. Er sei dann aufgrund dieser Drohungen davongelaufen, und zwar habe er sich in der Tiefgarage der Oberbank versteckt. RI H und AI D hätten ihn dort gestellt und wieder ins Wachzimmer zurückgebracht, wobei ihm der Arm auf den Rücken gedreht worden und die Rückverbringung mit Gewaltanwendung erfolgt sei. Im Wachzimmer habe er sich gegenüber RI H nochmals zu einem Alkotest bereiterklärt, wobei der vierte Versuch wegen zu kurzer Blaszeit erneut ohne Ergebnis geblieben sei. Er habe dann zwei weitere Blasversuche durchgeführt, die gültig gewesen seien, worauf RI H gesagt habe, "Segst, jetzt homma do wos" und danach habe ihm AI D den Führerschein, nicht aber die Autoschlüssel, ausgehändigt und gesagt, er könne gehen. Er habe daraufhin die Sache für erledigt betrachtet und sich am nächsten Tag den Autoschlüssel abgeholt. Ihm sei nicht gesagt worden, daß er wegen Verweigerung des Alkotests angezeigt würde. Er sei dann keinesfalls mehr aufgefordert worden, neuerlich zu blasen und ihm sei weder der Meßwert mitgeteilt noch ein Meßstreifen gezeigt worden. Er sei dann neuerlich auf ein Bier gegangen und dann mit dem Taxi heimgefahren. Etwa ein Monat nach dem Vorfall seien zum ersten Mal Schmerzen im Lungenbereich aufgetreten, am Vorfallstag sei er diesbezüglich nicht beeinträchtigt gewesen. Aus dem Verfahrensakt, insbesondere der Anzeige geht hervor, daß der Meldungsleger AI D zur Durchführung von Atemluftuntersuchungen mittels Atemalkoholmeßgerät seit April 1997 besonders geschult und behördlich ermächtigt ist. Die Nichtabnahme des Führerscheins wurde damit begründet, daß kein positives Ergebnis vorgelegen habe und der Führerschein gemäß den gesetzlichen Bestimmungen nicht abgenommen werden habe können. Aus der Anzeige geht hervor, daß sich der Rechtsmittelwerber damit verantwortet habe, er habe seit 14.00 Uhr zwei Bier getrunken und sei noch fahrtüchtig gewesen. Aus der Beilage zur Anzeige geht hervor, der Beschuldigte habe keine Angaben über seinen Alkoholkonsum gemacht. Als Alkoholisierungssymptome sind in der Anzeigenbeilage deutlicher Geruch der Atemluft nach Alkohol, schwankender Gang, veränderte Sprache, deutliche Rötung der Augenbindehäute und unhöfliches, enthemmtes und renitentes Benehmen angeführt. Laut Meßstreifen ergab die erste Messung um 21.40 Uhr eine AAK von 0,98 mg/l, die Messung um 21.42 Uhr eine solche von 1,19 mg/l. Auf dem Meßstreifen ist deutlich ausgeführt, daß die Messungen wegen der Probendifferenz nicht verwertbar seien. Auf dieser Grundlage stellt sich für den unabhängigen Verwaltungssenat die Frage, welcher Aussage die größere Glaubwürdigkeit zukommt, wobei auf der einen Seite die Aussagen des Rechtsmittelwerbers stehen, ihm sei mitgeteilt worden, die letzten beiden Meßergebnisse seien gültig und die Amtshandlung damit beendet, ohne daß er zu einem weiteren Blasversuch aufgefordert worden sei, auf der anderen Seite die Aussagen der beiden Zeugen, wonach, wie auch aus dem Meßstreifen ersichtlich, die letzten beiden Messungen wegen der Probendifferenz nicht verwertbar gewesen seien, worauf der Rechtsmittelwerber erneut zur Durchführung einer Atemluftalkoholuntersuchung aufgefordert worden sei, die er dann ausdrücklich abgelehnt habe.

In objektiver Hinsicht steht fest, daß die beiden Messungen wegen zu hoher Abweichungen nicht verwertbar waren, sodaß, wenn der Rechtsmittelwerber tatsächlich zu neuerlichen Blasversuchen aufgefordert wurde und diese verweigert hat, von einer Verweigerung des Alkotests auszugehen wäre. Die objektive Sachlage ist aus den Meßstreifen einwandfrei ersichtlich, wobei sich daraus auch ergibt, daß zwischen den ersten drei Fehlversuchen bis 21.15 Uhr und dem nächsten Fehlversuch um 21.39 Uhr eine Zeitspanne von etwa 20 min liegt. Denkbar und sogar naheliegend wäre nun, daß der Rechtsmittelwerber nicht schon vor Beginn der Messungen aus dem Wachzimmer davongelaufen ist sondern nach den ersten drei Fehlversuchen, weil sich sonst die auf dem Meßstreifen ersichtliche Zeitspanne von 20 min nicht erklären ließe. RI H hat auch die Möglichkeit eingeräumt, daß der Rechtsmittelwerber erst nach den ersten drei Fehlversuchen davongelaufen sei. Der unabhängige Verwaltungssenat hält diese Version aufgrund Angaben auf dem Meßstreifen für naheliegender. Nicht erklärbar ist jedoch die Diskrepanz in den Aussagen der beiden Zeugen dahingehend, der Rechtsmittelwerber sei laut RI H zurückgeholt worden, weil die Personalien noch nicht festgestanden seien, zumal ihm der Rechtsmittelwerber damals persönlich unbekannt gewesen sei, und der Aussage von AI D, wonach dieser sehr wohl den Führerschein in Händen hatte, woraus sich die Personalien ja zweifellos ergeben hätten, dem Rechtsmittelwerber aber noch eine weitere Chance zur Erreichung eines gültigen Meßergebnisses eingeräumt werden sollte. Wenn der Rechtsmittelwerber tatsächlich nach den ersten drei Fehlversuchen davongelaufen ist und - bei solchen Amtshandlungen durchaus üblich - der Führerschein schon bei der Anhaltung abgenommen wurde, sodaß er sich zum Zeitpunkt des Beginns der Blasversuche schon in Händen der Zeugen befunden hat, so wäre eine weitere Feststellung der Identität gar nicht notwendig gewesen, sodaß das Davonlaufen des Rechtsmittelwerbers schon als Verweigerung des Alkotests anzusehen gewesen wäre. Schon gar kein Grund hätte dafür bestanden, den Rechtsmittelwerber unter Gewaltanwendung aus der Tiefgarage ins Wachzimmer zurückzuverfrachten, auch wenn AI D - nicht unlogisch - erklärt hat, er habe ein größeres Interesse daran, mit einem Probanden ein gültiges Meßergebnis zu erzielen, als daß dieser den Alkotest verweigere.

Der Rechtsmittelwerber wurde nach seiner Rückverbringung ins Wachzimmer jedenfalls erneut aufgefordert, einen Alkotest durchzuführen und er ist dieser Aufforderung auch nachgekommen, wenn auch zunächst durch einen weiteren Fehlversuch. Bei den beiden Messungen um 21.40 Uhr und 21.42 Uhr, die mit einem annähernd gleichen Blasvolumen in der Blaszeit von jeweils 3 sec absolviert wurden, ergab sich eine Abweichung von mehr als 10 % des ersterlangten Wertes. Nach der Version des Rechtsmittelwerbers, wonach RI H sich zum Meßergebnis dahingehend geäußert habe, daß er sich offenbar über die zustande gebrachten Meßwerte (nämlich im Gegensatz zu den vorangegangenen Fehlversuchen) gefreut habe, indem er gesagt habe, "Segst jetzt homma ja wos", wurde er nicht darauf aufmerksam gemacht, daß die Meßversuche ungültig seien und er den Test wiederholen müsse. Die Bemerkung des Zeugen zum erlangten Meßergebnis ist durchaus lebensnah und auch glaubhaft, zumal es aufgrund der zahlreichen Blasversuche des Rechtsmittelwerbers vielleicht sogar auch in dessen Interesse lag, ein gültiges Meßergebnis zustande zu bringen. Nicht nachvollziehbar sind aber die Schilderungen des Rechtsmittelwerbers, ihn habe keiner der Zeugen darauf aufmerksam gemacht, daß die Messungen wegen der großen Abweichung nicht verwertbar seien. Zu bedenken ist nämlich, daß - wäre es verwertbar gewesen - das günstigste vom Rechtsmittelwerber erlangte Meßergebnis immerhin 0,98 mg/l Atemluftalkoholgehalt betragen hätte, was aber nach dem im § 5 Abs.1 zweiter Satz StVO 1960 enthaltenen Umrechnungsschlüssel immerhin einem Blutalkoholwert von knapp unter 2 %o entspricht, sodaß nicht auszuschließen ist, daß der Rechtsmittelwerber doch eine nicht mehr als geringfügig anzusehende Alkoholisierung aufgewiesen hat, die möglicherweise Erinnerungslücken hervorzurufen geeignet war, bzw dazu geführt haben kann, daß der Rechtsmittelwerber bei der Amtshandlung, die offenbar eher tumultartig verlief - vom vierten Fehlversuch bis zur zweiten Messung waren ja nur 3 min vergangen - möglicherweise nur das verstanden hat, was er verstehen wollte, eben der Hinweis von RI H auf das Zustandekommen gültiger Meßergebnisse. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist die Glaubwürdigkeit des Rechtsmittelwerbers aufgrund seiner offensichtlich bestehenden erheblicheren Alkoholisierung eingeschränkt.

Die Schilderungen der beiden Zeugen korrespondieren nicht nur mit den Ausdrucken auf dem Meßstreifen, sondern geben auch die übliche Vorgangsweise bei solchen nicht verwertbaren Meßergebnissen wieder, wobei konkrete Beweise dafür, daß die gesetzliche Vorgangsweise nicht eingehalten worden sein könnte - beide Zeugen sind für solche Amtshandlungen entsprechend geschult - nicht erbracht werden konnten. Daß beide Beamte im Rahmen einer tumultartigen Amtshandlung übersehen hätten, daß die Meßergebnisse so weit voneinander abweichen, daß sie nicht mehr verwertbar sind, ist eher unglaubwürdig. Nach übereinstimmenden Aussagen sowohl der Zeugen als auch des Rechtsmittelwerbers hat dieser den Führerschein zurückerhalten, aber nicht die Autoschlüssel, wobei der Rechtsmittelwerber ausgeführt hat, er sei nach der Amtshandlung erneut auf ein Bier gegangen und ihm sei dann bewußt geworden, daß er den Schlüssel bei der Polizei vergessen hatte, worauf er mit dem Taxi heimgefahren sei. Selbst wenn die Amtshandlung durch den Fluchtversuch des Rechtsmittelwerbers in gespannter Atmosphäre vor sich ging, ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates eher unwahrscheinlich, daß die beiden Zeugen sich dadurch so weit aus der Fassung bringen ließen, daß sie dem Rechtsmittelwerber irrtümlich ein gültiges Meßergebnis zugestanden haben. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, lag der günstigste Atemalkoholwert immerhin bei nicht unbedeutenden 0,98 mg/l, sodaß von einer damit beendeten Amtshandlung ohne Mitteilung einer Anzeige wegen § 5 StVO nicht die Rede sein kann. Außerdem müßte dem Rechtsmittelwerber dann in der Folge auch noch irrtümlich der Führerschein zurückgegeben worden sein, obwohl bei einem positiven Meßergebnis eine vorläufige Führerscheinabnahme zwingend vorgesehen ist. Eine derartige Aneinanderreihung von Irrtümern, wie sie der Rechtsmittelwerber behauptet, ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates aber schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung weitgehend auszuschließen. Zusammenfassend wird daher nach reiflicher Überlegung die Ansicht vertreten, daß die Beschuldigtenverantwortung insgesamt als unglaubwürdig, weil mit den allgemeinen Grundsätzen der Logik nicht in Einklang zu bringen, anzusehen ist. Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß der Rechtsmittelwerber nach Zustandekommen der Probendifferenz bei den beiden gültigen Meßergebnissen auf deren Nichtverwertbarkeit hingewiesen und zur neuerlichen Durchführung von Blasversuchen aufgefordert wurde, die er ausdrücklich abgelehnt hat. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen... Gemäß § 5 Abs.2 Z1 leg.cit. sind ua besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht ... außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen. Im gegenständlichen Fall war die an den Rechtsmittelwerber gerichtete Aufforderung, zwecks Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt zum Wachzimmer der städtischen Sicherheitswache Braunau/Inn mitzukommen, insofern rechtmäßig, als dieser beim Lenken eines Fahrzeuges auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr angetroffen wurde und auch mit seinen Trinkangaben korrespondierende Alkoholisierungssymptome aufwies. AI D ist gemäß § 5 StVO für solche Amtshandlungen besonders geschult und behördlich ermächtigt. Anzeichen für eine gesundheitsbedingte Unmöglichkeit des Rechtsmittelwerbers, ordnungsgemäße Blasversuche zu absolvieren ergaben sich bei der Amtshandlung nicht und wurden solche auch in der mündlichen Verhandlung vom Rechtsmittelwerber konkret ausgeschlossen. Es wurden nach mehreren Fehlversuchen zwei Meßergebnisse erzielt, die allerdings auf Grund der erheblichen Probendifferenz nicht verwertbar waren, was vom verwendeten Meßgerät der Fa. Siemens erkannt und auf dem Meßstreifen dokumentiert wurde. Bei einem Gerät der Type "Alkomat M52052 A15" der Fa. Siemens sind für ein verwertbares Meßergebnis zwei gültige Blasversuche erforderlich. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist demnach eine Untersuchung mit dem "Alkomaten" erst abgeschlossen, wenn zwei gültige Meßergebnisse vorliegen. Es reicht daher die Vornahme einer einzigen gültigen Atemprobe nicht aus. Bei der zweiten erforderlichen Atemprobe handelt es sich nicht um eine zweite Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt, sondern um eine Maßnahme im Rahmen der noch laufenden (ersten) Untersuchung. Wird dabei nicht entsprechend mitgewirkt, gilt die als Verweigerung der Atemluftprobe (vgl VwGH v 30. Mai 1997, 96/02/0021).

Der Lenker eines KFZ ist so lange verpflichtet, sich der Atemluftuntersuchung zu unterziehen, als noch kein gültiges Meßergebnis zustandegekommen ist. Führt der Lenker nach einer nicht verwertbaren Untersuchung weitere Blasversuche so unzureichend aus, daß kein gültiges Meßergebnis zustandekommt, so sind seine zu kurzen und zu schwachen Blasversuche als Verweigerung der Atemluftprobe anzusehen (vgl VwGH v 24. Februar 1993, 91/03/0343).

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens in freier Beweiswürdigung zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber nach Erzielung des wegen der zu hohen Probendifferenz nicht verwertbaren Meßergebnisses erneut aufgefordert wurde, sich weiteren Blasversuchen zu unterziehen. Er ist dieser neuerlichen Aufforderung insofern nicht nachgekommen, als er die weitere Atemluftuntersuchung nach den zweifellos glaubwürdigen - diesbezüglich wird auf die obigen Ausführungen verwiesen - Zeugenaussagen der beiden Beamten der städtischen Sicherheitswache Braunau/Inn dezidiert abgelehnt und damit die Atemluftuntersuchung verweigert hat. Anzeichen für eine gesundheitliche Unmöglichkeit zur Ablegung ordnungsgemäßer Blasversuche konnten nicht gefunden werden und wurden die entsprechenden Behauptungen und Beweisanträge durch den Rechtsmittelwerber nicht aufrechterhalten, weshalb sich die Erstattung eines medizinischen Sachverständigengutachtens in der mündlichen Verhandlung erübrigte. Auf dieser Grundlage war für den unabhängigen Verwaltungssenat davon auszugehen, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Die Spruchkorrektur basiert auf den Bestimmungen des § 44a Z2 VStG iVm der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl Erk verst Sen v 2. Juli 1979 Slg 9898A).

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß nach den Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die vom Rechtsmittelwerber selbst bekanntgegebenen finanziellen Verhältnisse (15.000 S netto monatlich, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) zugrundegelegt wurden. Ebenso ergibt sich daraus, daß eine nicht näher definierte Verwaltungsvormerkung als straferschwerend gewertet, aber - zutreffend - keine Milderungsgründe gefunden wurden. Nach der Aktenlage geht der unabhängige Verwaltugnssenat davon aus, daß der Rechtsmittelwerber im Jahr 1994 einige Vormerkungen aufweist, die aber nicht einschlägiger Natur und sohin nicht als straferschwerend heranzuziehen sind. Der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO 1960 reicht von 8.000 S bis 50.000 S Geldstrafe bzw von einer bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe. Eine Herabsetzung der durchaus dem nicht unerheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung entsprechenden und bei nicht ungünstigen finanziellen Verhältnissen ohnehin mild bemessenen Strafe wird jedoch aus general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen weder für erforderlich noch für zweckmäßig erachtet, sodaß der Berufung auch diesbezüglich keine Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden war.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Wegschaider Beschlagwortung: Beweisverfahren ergab höhere Glaubwürdigkeit der Gendarmeriebeamten -> Bestätigung.

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