Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105221/2/BI/FB

Linz, 02.02.1998

VwSen-105221/2/BI/FB Linz, am 2. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn S S, L, V, vom 22. Dezember 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 10. Oktober 1997, VerkR96-5175-1-1996, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt abgeändert wird: "Sie haben als Zulassungsbesitzer des PKW, Kz. , der Bezirkshauptmannschaft Gmunden auf ihre schriftliche Aufforderung vom 11. November 1996 nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber erteilt, wer das Kraftfahrzeug, Kz. , am 12. Mai 1996 um 8.14 Uhr gelenkt hat, da Sie mit Schriftsatz vom 14. November 1996 anführten,...". Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten den Betrag von 100 S, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag im Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG). zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe: zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem oben genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung wegen §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 500 S (12 Stunden EFS) verhängt, weil er es unterlassen habe, als Zulassungsbesitzer des PKW, Kz. , innerhalb von zwei Wochen (zwischen 13. und 27. November 1996) nach Erhalt einer schriftlichen Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden mitzuteilen, wer am 12. Mai 1996 um 8.14 Uhr das Kraftfahrzeug auf der S Straße B im Ortsgebiet B in Richtung G gelenkt habe, zumal er mit Schriftsatz vom 14. November 1996 angeführt habe, daß es sich beim Lenker um einen nahen Angehörigen handle, welchen er nicht nennen wolle. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 50 S auferlegt.

2. Gegen das am 11. Dezember 1997 zugestellte Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er sei zwar der Zulassungsbesitzer des PKW, habe diesen aber damals den Kindern für den Urlaub überlassen. Er habe auf Grund des Schreibens der Erstinstanz Sohn und Schwiegertochter nach dem Lenker gefragt, jedoch hätten beide nicht mehr nachvollziehen können, wer damals den PKW gelenkt habe. Daraufhin habe er sich auf das ihm nach deutscher Rechtsordnung zustehende Aussage- und Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Abgesehen davon überzeuge ihn die Tatortbegründung der Erstinstanz nicht. Seiner Meinung nach gelte das österreichische Strafrecht nur für Taten, die ein Ausländer in Österreich begehe. Außerdem mache er Strafverfolgungsverjährung geltend und ersuche auch unter dem Aspekt der Geringfügigkeit um Einstellung des Verfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß der PKW, Kz. , am 12. Mai 1996 um 08.14 Uhr auf der B bei Strkm 66,470, Ortsgebiet B, in Fahrtrichtung G mittels Radargerät Microspeed 09, Nr. 318, im Bereich der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h mit einer Geschwindigkeit von 69 km/h gemessen wurde. Eine Anhaltung konnte nicht durchgeführt werden. Vom gemessenen Wert wurden gemäß den Verwendungsbestimmungen 5 km/h abgezogen und eine Geschwindigkeit von 64 km/h der Anzeige zugrundegelegt. Als Zulassungsbesitzer (Halter) des PKW wurde vom Kraftfahrt-Bundesamt Flensburg der Rechtsmittelwerber bekanntgegeben. An diesen erging eine Strafverfügung vom 18. September 1996, VerkR96-5175-1996, die dieser mit der Begründung beeinspruchte, er habe den PKW nicht gelenkt. Er wurde mit Schreiben der Erstinstanz vom 11. November 1996 gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 als Zulassungsbesitzer aufgefordert, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens der Erstinstanz mitzuteilen, wer (Name und genaue Anschrift) das KFZ mit dem Kz. am 12. Mai 1996 um 8.14 Uhr gelenkt habe. Als Grund für die Lenkeranfrage wurde der Verdacht der Begehung einer Verwaltungsübertretung auf der B, km 66,470 im Ortsgebiet B in Richtung G angegeben. Es wurde weiters darauf hingewiesen, daß bei Nichteinlangen einer fristgerechten Auskunft und auch bei einer unvollständigen oder unrichtigen Auskunft ein Strafverfahren wegen Verletzung der Auskunftspflicht eingeleitet werde. Das Auskunftsersuchen wurde dem Rechtsmittelwerber am 14. November 1997 zugestellt. Mit Schreiben vom selben Tag teilte dieser unter Hinweis auf die ihm nach deutschem Recht zustehenden Verweigerungsrechte erneut mit, das Fahrzeug sei zum maßgeblichen Zeitpunkt von sehr nahen Verwandten seinerseits geführt worden und er bitte um Verständnis, daß er diese nicht "verraten" würde. Daraufhin erging die Strafverfügung vom 2. Dezember 1996 gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 und schließlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Die Anwendung deutschen Rechtes, auch im Hinblick auf das in bezug auf Familienmitglieder eingewendete und in Deutschland geltende Aussageverweigerungsrecht, kommt hier deswegen nicht in Betracht, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (hier: Gmunden) ist, dh in Österreich gelegen ist (vgl Erk verst Senat v 31. Jänner 1996, 93/03/0156, ua). Im übrigen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte es nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991Nr. 23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist insofern gegeben, als das auf den Rechtsmittelwerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde - was nie bestritten wurde - und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem KFZ begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl ua VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095).

Die Nichtbekanntgabe des Lenkers durch den Rechtsmittelwerber bedeutet daher, daß er in objektiver Hinsicht den ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt hat, zumal das Auskunftsbegehren eine ausdrückliche Belehrung über die maßgeblichen Rechtsvorschriften enthielt. Die Erhebung des oben zitierten letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG 1967 in den Verfassungsrang erachtete der (österreichische) Verfassungsgerichtshof als nicht im Widerspruch zu Art.6 MRK stehend (vgl VfGH v 29. September 1988, G 72/88, ua).

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde diese jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Die auf Grund einer behördlichen Anfrage nach § 103 KFG erteilte Auskunft darf daher nicht in sich widersprüchlich oder unklar sein (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294, ua). Dieser Rechtsprechung hat sich auch der unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre. Aus diesem Grund müssen in dieses Konzept alle die österreichischen Straßen benützenden, dh auch ausländische, Fahrzeuge einbezogen werden. Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall stand mit der gesetzlichen Bestimmung im Einklang, war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nichterteilung der gewünschten Auskunft war unmißverständlich. Der Rechtsmittelwerber hat daher bei der Nichterteilung der Auskunft schuldhaft gehandelt - er hätte entsprechende Aufzeichnungen zu führen gehabt, wenn er ohne solche zur Auskunftserteilung nicht imstande war - und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Die Spruchänderung war kosmetisch, aber auch gesetzlich begründet, zumal die Frage nach dem Lenken an einem bestimmten Ort nicht zum in Rede stehenden Tatbestand gehört. Die Verfolgungsverjährungsfrist begann mit dem Tag des Einlangens der "Auskunft" vom 14. November 1996 bei der Erstinstanz, das war laut Eingangsstempel der 18. November 1996, und endete demnach am 18. Mai 1997. Die die Frist unterbrechende Verfolgungshandlung erfolgte jedoch bereits mit der Erlassung der Strafverfügung vom 2. Dezember 1996, sodaß vom Eintritt der Verjährung nicht die Rede sein kann. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 30.000 S Geldstrafe bzw bis zu 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht. Die verhängte Strafe entspricht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ebenso wie den mangels eigenen Angaben von der Erstinstanz geschätzten finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers (ca 2.000 Mark netto monatlich, keine Sorgepflichten, kein Vermögen), die nicht angefochten wurden und daher auch der Berufungsentscheidung zugrundezulegen waren. Zutreffend wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als strafmildernd und kein Umstand als erschwerend gewertet. Die Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und ist im Hinblick auf general- und vor allem spezialpräventive Überlegungen gerechtfertigt. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Lenkerauskunft gilt auch für ausländische Zulassungsbesitzer.

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