Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105258/7/BI/FB

Linz, 23.10.1998

VwSen-105258/7/BI/FB Linz, am 23. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M S, G, R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G G, S, V, vom 5. Februar 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 21. Jänner 1998, VerkR96-9413-1997, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 20. Oktober 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in beiden Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 erste Alternative und 66 VStG, §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960, §§ 64 Abs.1 iVm 134 Abs.1 KFG 1967.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 64 Abs.1 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 3.500 S (3 Tage und 12 Stunden EFS) und 2) 3.000 S (3 Tage EFS) verhängt, weil er am 12. August 1997 um ca 17.30 Uhr das Kraftrad, Kennzeichen , auf der P B bei Strkm 18,395 in V Richtung K gelenkt habe, wobei er 1) die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 43 km/h überschritten habe und 2) sich nicht im Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung für die Gruppe A befunden habe.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von insgesamt 650 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 20. Oktober 1998 fand eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, seines rechtsfreundlichen Vertreters RA Dr. G und des Behördenvertreters Herrn W statt. Die Berufungsentscheidung wurde im Anschluß daran mündlich verkündet.

3. Der Rechtsmittelwerber bestreitet, das Kraftrad zum damaligen Zeitpunkt gelenkt zu haben und führt aus, die Behörde sei unrichtigerweise davon ausgegangen, daß es sich bei der irrtümlich von ihm erteilten Lenkerauskunft um eine Willenserklärung gehandelt habe, die Rechtsfolgen auslöse und nach dem objektiven Erklärungswert zu verstehen sei. Er habe aber eine Wissenserklärung abgegeben, die keine Willensäußerung enthalte, sondern bloß eine Nachricht über Tatsachen. Er habe bei seiner Einvernahme vor der Erstinstanz am 24. September 1997 den Irrtum bemerkt und insofern aufgeklärt, als er wahrheitsgemäß angegeben habe, daß er nicht der Lenker des auf ihn zugelassenen Motorrades zum angefragten Zeitpunkt gewesen sei. Er sei irrtümlicherweise der Ansicht gewesen, die Lenkerauskunft beziehe sich auf seinen PKW, weil er das Motorrad, das er günstig gekauft habe, bis zum Erwerb seiner Lenkerberechtigung für die Gruppe A nie gelenkt habe. Die Erstinstanz habe den Umstand, daß er weder in der Lage gewesen sei, den eigenen Aufenthalt sowie den tatsächlichen Lenker des Motorrades am 12. August 1997 zu benennen, keineswegs als mangelnde Bereitschaft, an der Ermittlung des Sachverhalts mitzuarbeiten, deuten dürfen. Sie hätte auch aus den fehlenden Angaben nicht den Schluß ziehen dürfen, er selbst sei der Lenker des Motorrades gewesen. Er sei ungeachtet dessen weiter bemüht gewesen zu erforschen, welche Person bestätigen könnte, daß er die ihm vorgeworfenen Übertretungen nicht begangen habe und auch nicht begehen hätte können, sodaß er vorsichtshalber die Einvernahme der Zeugin W S zum Beweis dessen beantrage. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört wurden. Auf die Einvernahme der zur Verhandlung erschienenen Zeugin W S wurde letztlich verzichtet. Folgender Sachverhalt ist wesentlich: Am 12. August 1997 um 17.30 Uhr wurde vom Meldungsleger GI P, der zusammen mit RI H beim Standort km 18,334 der B im Ortsgebiet V Geschwindigkeitsmessungen mittels Lasergerät Nr. 005622 durchführte, die Geschwindigkeit des in Richtung K fahrenden Motorrades mit einem Wert von 96 km/h gemessen. Unter Abzug der vorgeschriebenen Toleranzen ergab sich ein Wert von 93 km/h, sohin eine Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet von 43 km/h. Die Messung wurde im abfließenden Verkehr auf eine Entfernung von 61 m durchgeführt und laut Anzeige war eine Anhaltung des Lenkers nicht mehr möglich. Die Messung sei aber eindeutig dem Kraftrad zuzuordnen gewesen. Seitens der Erstinstanz erging mit Schreiben vom 25. August 1997 an den Rechtsmittelwerber als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 das Ersuchen um Lenkerauskunft betreffend das Kraftfahrzeug , wobei darin angeführt wurde, daß der Lenker des Kraftfahrzeuges angezeigt wurde am 12. August 1997 um 17.30 Uhr auf der B138 eine Übertretung nach der Straßenverkehrsordnung begangen zu haben. Das Lenkerauskunftsersuchen wurde dem Rechtsmittelwerber am 27. August 1997 zu eigenen Handen zugestellt und erteilte dieser eine mit 8. September 1997 datierte Lenkerauskunft, daß er selbst das Fahrzeug zum angeführten Zeitpunkt gelenkt habe.

Laut Aktenvermerk der Erstinstanz wurde daraufhin erhoben, daß der Rechtsmittelwerber zum Lenkzeitpunkt nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung für die Gruppe A war, zumal das genannte Kraftrad ein Motorrad mit 33 kW sei und somit laut Typenschein kein Leichtmotorrad darstelle. Der Rechtsmittelwerber wurde mit Schreiben vom 11. September 1997 zu einer Vernehmung vor der Erstinstanz geladen, zu der er den Typenschein des Motorrades mitbringen solle. Am 24. September 1997 hat der Rechtsmittelwerber vor der Erstinstanz ausgesagt, er habe angenommen, in dem Ersuchen um Lenkerauskunft würde nach dem Lenker seines PKW gefragt. Da nur er diesen lenke, habe er sich als Lenker zum Tatzeitpunkt angegeben. Das Motorrad habe zum angefragten Zeitpunkt entweder ein Bekannter aus Deutschland, nämlich F W, oder sonst Freunde aus seinem Bekanntenkreis gelenkt. Er selbst habe es sicher nicht gelenkt, weil er zum damaligen Zeitpunkt nur einen Führerschein der Gruppen AL und B besessen habe. Wo er sich am Vorfallstag um 17.30 Uhr aufgehalten habe, konnte er nicht mehr sagen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Rechtsmittelwerber ausgeführt, es kämen etwa vier bis fünf Freunde in Frage, denen er bis zum Erwerb seiner eigenen Lenkerberechtigung der Gruppe A das Motorrad fallweise zur Verfügung gestellt habe. Er habe alle seine Freunde gefragt, jedoch habe sich ein Lenker für den angefragten Zeitpunkt nicht ergeben. Er selbst konnte nicht mehr sagen, wo er sich am Vorfallstag zur angefragten Zeit aufgehalten habe, er hat aber betont, daß er, wäre er sich bei der Erteilung der Lenkerauskunft bewußt gewesen, daß es sich um das Motorrad gehandelt hätte, er sich sicher nicht selbst als Schwarzfahrer bezeichnet hätte. Eben weil ihm bekannt gewesen sei, daß bei diesem Motorrad eine Lenkerberechtigung der Gruppe A erforderlich sei, habe er sich schon vor diesem Vorfall für den Erwerb des A-Führerscheins angemeldet gehabt. Er sei damals tatsächlich der Meinung gewesen, das Ersuchen um Lenkerauskunft betreffe seinen PKW und er habe sich selbst als Lenker bezeichnet, weil nur er mit diesem Fahrzeug fahre. Er habe nicht rekonstruiert, ob er tatsächlich in V sein hätte können. Als er die Lenkerauskunft persönlich bei Herrn W abgegeben habe, sei zwar die Rede von einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 43 km/h in V gewesen, aber nicht vom Motorrad.

Die zeugenschaftliche Einvernahme von W S wurde zunächst zum Beweis dafür beantragt, daß der Rechtsmittelwerber kein Kraftfahrzeug ohne die erforderliche Lenkerberechtigung gelenkt hätte und daher auch die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung im Hinblick auf das Lenken des Motorrades nicht begangen haben könne. Da die Zeugin zum Tatzeitpunkt selbst jedoch keinerlei Wahrnehmungen gemacht haben konnte, sondern letztlich sozusagen zur Bekräftigung seines guten Rufs - den ohnehin niemand angezweifelt hatte - aussagen sollte, wurde auf ihre Einvernahme auch seitens des Rechtsmittelwerbers verzichtet. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen: Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren. Gemäß § 64 Abs.1 KFG 1967 ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur aufgrund einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe zulässig, in die das Kraftfahrzeug fällt. Auch wenn der Rechtsmittelwerber bei der Beantwortung des Ersuchens um Lenkerauskunft offenbar sehr großzügig über das dort klar und eindeutig angegebene Kennzeichen seines Motorrades hinweggelesen hat, besteht nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates keinerlei Hinweis darauf, daß tatsächlich er selbst zur angeführten Zeit der Lenker des Motorrades war. In objektiver Hinsicht erfolgte keinerlei Feststellung des Lenkers, zumal das Motorrad nach der Lasermessung nicht angehalten wurde. Der Verdacht des Lenkens des Motorrades ohne die erforderliche Lenkerberechtigung ergab sich erst aufgrund der Lenkerauskunft, sodaß auch diesbezüglich keinerlei Aussage darüber getroffen werden kann, wer der Lenker zum Vorfallszeitpunkt war und schon gar nicht, daß dies tatsächlich der Rechtsmittelwerber war. Seine Aussagen im Hinblick auf die Überlassung des Motorrades an mehrere Freunde bis zum Erwerb der eigenen Lenkerberechtigung ist grundsätzlich glaubwürdig und durch nichts zu widerlegen. Die Frage, ob er tatsächlich eine klare und eindeutige Lenkerauskunft gegeben hat, die er, als ihm der Irrtum auffiel, sofort berichtigt hat, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, wobei am Rande zu bemerken ist, daß diesbezüglich nie eine Verfolgungshandlung seitens der Erstinstanz gesetzt wurde.

Es war daher im Zweifel zugunsten des Rechtsmittelwerbers spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß auch keine Verfahrenskostenbeiträge anfallen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Beweisverfahren ergab keinen Hinweis auf Lenkereigenschaft -> Einstellung

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