Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105268/7/BI/KM

Linz, 04.08.1998

VwSen-105268/7/BI/KM Linz, am 4. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn R S, T, vom 10. Februar 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20. Jänner 1998, VerkR96-9200-1997-Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 2.Alt. VStG, §§ 24 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 24 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 29. Mai 1997 in der Zeit von 00.03 Uhr bis 00.15 Uhr in L, P, den PKW, Kz. , im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" mit der Zusatztafel "ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen" abgestellt habe, obwohl er nicht dauernd stark gehbehindert gewesen sei. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 50 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.1 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, bei einer neuerlichen Besichtigung des Ortes der Übertretung habe er festgestellt, daß noch immer keine blaue Bodenmarkierung angebracht worden sei und er habe schon wieder einen PKW dort abgestellt vorgefunden. Das Provisorium bleibe über Monate bestehen und er könne sich nicht vorstellen, daß das Weglassen der Bodenmarkierung hier im Sinne des Gesetzgebers sei. Er sei sicher, daß viele Autofahrer in diese Falle tappen, und beantragt die Aufhebung des Straferkenntnisses. Der Rechtsmittelwerber legte gleichzeitig die Berufung vom 20. Jänner 1998 an den Magistrat Linz, Bezirksverwaltungsamt, vor, woraus hervorgeht, daß er das Fahrzeug nicht verkehrsbehindernd abgestellt habe. Die provisorischen Hinweistafeln seien durch parkende Autos verstellt und für ihn nicht sichtbar gewesen. Es sei auch keine Bodenmarkierung vorhanden gewesen und er empfinde es als unzumutbar, Behindertenparkplätze in zentraler Lage so schlecht zu kennzeichnen. Diese Parkplätze stellten eine Falle dar, obwohl ein Maler mit einer Schablone die Arbeit in 10 Minuten erledigt hätte. Er glaube, daß das Abschleppen hier wohl organisiert sei und daß hier gute Geschäfte gemacht würden. Dieses Unrecht wolle er nicht akzeptieren.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Einsichtnahme in die dem Halte- und Parkverbot zugrundeliegende Verordnung und Durchführung eines Ortsaugenscheins am 17. Juni 1998. Aus der Anzeige geht hervor, daß der PKW am 29. Mai 1997 in der Zeit von 00.03 Uhr bis 00.15 Uhr von der Meldungslegerin Insp. F in L, P, im Bereich des dort bestehenden Halte- und Parkverbots mit der Zusatztafel "ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen" ohne Ausweis gemäß § 29 b StVO abgestellt vorgefunden wurde. Der Lenker wurde von der Anzeigeerstattung benachrichtigt und das Fahrzeug von der Fa. K abgeschleppt. Der Rechtsmittelwerber hat sich im Rahmen der Lenkerauskunft selbst als derjenige bezeichnet, der das Fahrzeug zur angefragten Zeit dort abgestellt habe.

Schon im Einspruch gegen die Strafverfügung hat er geltendgemacht, es sei für ihn nicht erkennbar gewesen, daß es sich beim Abstellort um einen Behindertenparkplatz gehandelt habe, weil die Verkehrszeichen durch ein parkendes Auto verstellt bzw in der Nacht nicht zu sehen und Bodenmarkierungen nicht vorhanden gewesen wären. Er habe auch keinen Grund gehabt, nach Tafeln zu suchen, weil um diese Zeit keine Parkzeitbegrenzungen wie am Tag in Geltung stünden. Er hat außerdem seine Überzeugung deponiert, daß auf diesen unzureichend markierten Parkplätzen wesentlich mehr Autos abgeschleppt würden als normal, und weiters ein Foto des genannten Parkplatzes vorgelegt, auf dem auch die Kundmachung des Halte- und Parkverbots ersichtlich ist.

Die Meldungslegerin hat im Rahmen ihrer Zeugenaussage am 30. September 1997 vor der BPD Linz bestätigt, daß Anfang und Ende des Halteverbots ohne zeitliche Beschränkung eindeutig und leicht einzusehen, weil mit rückstrahlenden Verkehrszeichen beschildert seien; Bodenmarkierungen seien nicht vorhanden. Vom erkennenden Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates wurde im Rahmen eines Ortsaugenscheins festgestellt, daß vor dem Haus P drei Parkplätze für dauernd stark gehbehinderte Personen offensichtlich provisorisch eingerichtet sind. Diese sind im Kreuzungsbereich P - N durch das Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" mit der Zusatztafeln "Anfang" und "ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen" und am rechtsseitigen Ende des Hauses P durch das gleiche Vorschriftszeichen mit den Zusatztafeln "Ende" und "ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen" gekennzeichnet, wobei keinerlei zeitliche Einschränkungen bestehen. Die Vorschriftszeichen sind mit den jeweils genannten Zusatztafeln auf jeweils einer Stange angebracht, die nicht fest im Boden verankert, sondern nur provisorisch aufgestellt ist. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen: Gemäß § 24 Abs.1 lit.a StVO 1960 ist das Halten und das Parken im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" nach Maßgebe der Bestimmungen des § 52 Z13b verboten. Gemäß § 52a Z13b zeigt das Zeichen "Halten und Parken verboten" mit der Zusatztafel "Anfang" den Beginn und mit der Zusatztafel "Ende" das Ende eines Straßenabschnitts an, in dem das Halten und Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet. Eine Zusatztafel gemäß § 54 Abs.5 lit.h StVO unter dem Zeichen "Halten und Parken verboten" zeigt an, daß das Halte- und Parkverbot nicht für Fahrzeuge gilt, die nach der Bestimmung des § 29b Abs.3 gekennzeichnet sind, dh einen entsprechenden, von der Behörde ausgestellten Ausweis hinter der Windschutzscheibe angebracht haben.

Der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4. April 1994, GZ 101-5/26, ist zu entnehmen, daß zur Durchführung von Bauarbeiten, und zwar des Umbaus des A, im Bereich H, P, P, R nach Maßgabe und für die Dauer dieser Arbeiten Verkehrsbeschränkungen, -gebote und -verbote verordnet werden, die in der Stellungnahme der Bundespolizeidirektion Linz vom 24. März 1994, SW-5411Ke, ersichtlich und örtlich bestimmt sind. Als Nachtrag zu dieser Stellungnahme aus dem Jahr 1994 wurde am 28. April 1997 von der BPD Linz, Zentralinspektorat der SW, Verkehrsinspektion, eine Erweiterung der Halteverbotszone mit dem Zusatz "ausgenommen Baufahrzeuge" entlang der Pfarrkirche nordseitig über den gesamten Bereich der Kurzparkzone zu bestimmten Zeiten sowie die Verlegung der in diesem Bereich befindlichen Halteverbotszone für Behindertenfahrzeuge (3 Schrägparkplätze) vor das Objekt P festgelegt. Der Rechtsmittelwerber hat auf die mit Schreiben des UVS vom 18. Juni 1998 erfolgte Information über die oben angeführten Unterlagen, in denen auch eine Aufklärung über die Bestimmungen des § 44 Abs.1 StVO erfolgte, wonach eine Kundmachung durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen zu erfolgen hat, sodaß die Anbringung der Verkehrszeichen ohne die von ihm vermißten Bodenmarkierungen jedenfalls den gesetzlichen Bestimmungen genügt und daß außerdem die Verlegung dieser Parkplätze nur vorübergehend für die Dauer der Bauarbeiten erfolgt, dahingehend reagiert, daß er die Meinung vertritt, daß Kostengründe eine Nichtanbringung von Bodenmarkierungen nicht rechtfertigen könnten, wenn dadurch sowohl den Behinderten wie auch den übrigen Lenkern Schaden zugefügt werden würde. Außerdem seien die vielen Tafeln an einer Stange verwirrend.

Die vom Magistrat Linz, Bezirksverwaltungsamt, als Grundlage für die vor dem Haus P in L angebrachten Vorschriftszeichen vorgelegte Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz stammt aus dem Jahr 1994 und verweist auf eine - dem UVS unbekannt gebliebene weil nicht zur Kenntnis gebrachte - Stellungnahme der Bundespolizeidirektion Linz vom 24. März 1994. In dieser Stellungnahme sind die genannten Parkplätze vor dem Haus P offensichtlich nicht enthalten, weil sonst der spätere "Nachtrag" entbehrlich gewesen wäre. Die Verordnung bezieht sich nur auf diese Stellungnahme, dh auf die darin "ersichtlichen und örtlich bestimmten Verkehrsbeschränkungen, -gebote und -verbote vorübergehend für die Dauer der Bauarbeiten". Damit können selbstverständlich nur diejenigen Verkehrsbeschränkungen, -ge- und -verbote gemeint sein, die zum Zeitpunkt der Erlassung dieser Verordnung dem Verordnungsgeber bekannt, weil in dieser Stellungnahme enthalten waren.

Das als "Nachtrag zur Stellungnahme vom 24. März 1994" übertitelte Schreiben des Zentralinspektorats vom 28. April 1997, in dem die Verlegung der drei Schrägparkplätze vor das Haus P - offenbar dem Magistrat Linz, Bezirksverwaltungsamt, ein Adressat scheint nicht explizit auf - vorgeschlagen wird, erfolgte mehr als drei Jahre nach der oben genannten Verordnung. Damit kann schon begrifflich nicht mehr davon ausgegangen werden, daß der Inhalt dieses Schreibens in die bereits drei Jahre vorher erlassene Verordnung - sozusagen nachträglich - eingeflossen sein könnte, zumal sich aus den vorgelegten Unterlagen auch keinerlei Reaktion des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz auf dieses Schreiben im Sinne einer "Ausdehnung" der angeführten Verordnung auf die im Schreiben genannten zusätzlichen Regelungen erblicken läßt. Die Verordnung aus dem Jahr 1994 ist sprachlich eindeutig gefaßt und läßt sich auch nicht im Hinblick auf eine Geltung für zukünftig im Rahmen dieser Bauarbeiten noch erforderlich werdende Verkehrsregelungen - was im übrigen gegen das Bestimmtheitsgebot verstoßen würde - uminterpretieren. Sie umfaßt ausdrücklich die in der Stellungnahme vom 24. März 1994 umschriebenen Maßnahmen. Auch wurde eine Verordnung, die ausdrücklich die Verlegung der Parkplätze für dauernd stark gehbehinderte Personen vor das Haus P zum Inhalt hätte, nicht vorgelegt.

Jedes durch ein Straßenverkehrszeichen zum Ausdruck gebrachte Verkehrsverbot oder -gebot bedarf einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage. Es muß demnach eine entsprechende Verordnung nach Maßgabe der Zuständigkeitsbestimmungen des § 94d Z4 StVO bestehen; mit den in der Straßenverkehrsordnung vorgesehenen Straßenverkehrszeichen wird diese Verordnung kundgemacht, dh sie wird dadurch den Verkehrsteilnehmern gegenüber rechtsverbindlich. Wie bereits oben ausgeführt, vermag der unabhängige Verwaltungssenat eine gesetzliche Grundlage für das als Begründung für den dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegten Tatvorwurf herangezogene Halte- und Parkverbot, ausgenommen dauernd stark gehbehinderte Personen, nicht zu finden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat, wenn ein Straßenverkehrszeichen, das ein Gebot oder Verbot ausdrückt, angebracht wird, ohne daß diesem Vorgang die Erlassung einer Verordnung zugrunde liegt, dieses Zeichen keine rechtsverbindliche Kraft. Verordnungen sind grundsätzlich nach der eigentlichen Bedeutung ihrer Worte, nicht aber nach der allfälligen verborgen gebliebenen Absicht des Verordnungsgebers zu verstehen (vgl Erk v 8. September 1976, 1305/75). Daraus folgt, daß das genannte Halte- und Parkverbot im gegenständlichen Fall keine gesetzliche Grundlage hat und somit in rechtlicher Hinsicht nicht verbindlich sein kann. Ein Verstoß gegen ein solches Verkehrsverbot kann dem Rechtsmittelwerber somit nicht vorgeworfen werden, weshalb der Berufung - auch im Hinblick auf die vorgeschriebenen Verfahrenskostenbeiträge - Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden war.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Eine Verordnung, die den Inhalt einer behördlichen Stellungnahme zum Bestandteil hat, bezieht sich nicht auf Nachträge zu dieser Stellungnahme die 3 Jahre später erfolgen. Gegenständliche Verkehrsbeschränkung war nicht Bestandteil der Verordnung, daher ohne gesetzliche Grundlage --> Verfahrenseinstellung § 45 Abs.1 Z1 2. Alt. VStG.

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