Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-105300/12/GU/Pr

Linz, 10.06.1998

VwSen-105300/12/GU/Pr Linz, am 10. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des P. U., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30.1.1998, VerkR-96-12455-1997-Hu, wegen Übertretung der StVO 1960 nach der am 4. Juni 1998 in Gegenwart des Beschuldigten durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung gegen den Schuldspruch wird keine Folge gegeben und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Die verhängte Geldstrafe wird auf 300,--, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Stunden und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 30,-- herabgesetzt. Der Rechtsmittelwerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 6, § 19, § 65 VStG, § 8 Abs.4 StVO 1960, § 99 Abs.3 lit.a leg.cit.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, in Linz, mit dem Kombi-Kennzeichen, verbotenerweise den Gehsteig benutzt zu haben, indem er das Fahrzeug auf diesem abgestellt habe und dadurch § 8 Abs.4 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verletzt habe. Deswegen wurde ihm in Anwendung der letztzitierten Strafnorm eine Geldstrafe von 500,-- im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 10 % auferlegt. In seiner dagegen eingebrachten Berufung macht der Rechtsmittelwerber unter Hinweis auf seine bisherigen Ausführungen geltend, daß für ihn im gegenständlichen Fall eine Notsituation vorgelegen sei. Er und seine beiden Schwestern seien von einem Arzt des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder dahingehend verständigt worden, daß sie am 20.5.1997 um 10.30 Uhr im Krankenhaus der Barmh. Brüder bei der Überstellung ihrer Mutter, die an schweren Folgen eines Gehirnschlages gelitten habe und dort im Krankenhaus nicht mehr behalten werden könne, in das WJK zugegen sein sollen. Um ca. 10.15 Uhr des genannten Tages sei es zu einem Stau in der Einbahnstraße - verursacht durch eine Lenkerin, die auf einem beschrankten Gebührenparkplatz gegenüber dem Krankenhaus der B. Sch. einbiegen wollte - gekommen. Er, der im Besitze eines Behindertenausweises gewesen sei, habe einen Behindertenparkplatz auf der Ss. ansteuern wollen. Zufolge des Staus und der drängenden Zeit sei er zur Spitalsmauer herangefahren und habe sein Fahrzeug hinter einem dort parkenden Volkswagen geparkt.

Im übrigen sei der Gehsteig baulich nicht erhöht und im Stau schwer als Gehweg zu erkennen gewesen.

Als Zweck der Berufung leuchtete hervor, wegen der Sache nicht bestraft zu werden.

Aufgrund der Berufung wurde am 4. Juni 1998 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen und ihm Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten und in das Vorstrafenregister über Verwaltungsübertretungen Einsicht genommen.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen: Unstrittig ist, daß der Rechtsmittelwerber das vorbezeichnete Fahrzeug zum vorbezeichneten Tatort, einem Gehsteig beim Krankenhaus der B.B. in L., gelenkt und abgestellt hat. Für diesen Gehsteig ist die Benützung zum Abstellen von Fahrzeugen zum Halten und Parken, nicht durch eine Ausnahmeregelung kundgemacht. Der Versuch des Beschuldigten, die Gehsteigeigenschaft in Zweifel zu ziehen, muß insofern als gescheitert angesehen werden, als er zugestanden hat, seine seit März 1997 bis Mai 1997 im Krankenhaus aufhältige schwer erkrankte Mutter täglich besucht zu haben und ihm daher die Örtlichkeit bekannt war.

Was den geltend gemachten Notstand anlangt, so war im Sinne der Regelung des § 6 VStG über den Notstand zu bedenken, daß ein solcher nur dann entschuldigt, wenn jemand sich oder einen anderen aus einer unmittelbar drohenden schweren Gefahr, einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine ansonsten strafbare Handlung begeht.

Zutreffend hat die I. Instanz ausgeführt, daß sich die schwer erkrankte Mutter ohnedies in der Obhut einer Krankenanstalt und in Gegenwart von vertrauten Töchtern, welche ihr seelisches Leid zu lindern vermochten, befand. Darüber hinaus war dem Beschuldigten ein rechtmäßiges Alternativverhalten insoferne möglich und zumutbar, als er bei einem ihm zuvor bekannten Termin sich rechtzeitig auf die Fahrt in die Großstadt machen könnte, wobei er Zeit für Staus, mit denen in der Großstadt immer wieder zu rechnen ist, einzuplanen und auch Zeit zum Aufsuchen eines geeigneten Parkplatzes zu berücksichtigen gehabt hätte.

Im übrigen berechtigte der Behindertenausweis des Beschuldigten infolge nicht Vorliegens von Sonderregelungen für die Gehsteigbenutzung vor dem Krankenhaus der B. B., auf der Seite der Ss., nicht zum Abstellen seines Kraftfahrzeuges auf dem Gehsteig (vergl. § 29 b VStG 1960).

Gemäß § 8 Abs.4 StVO 1960 ist die Benutzung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art verboten.

Da der Rechtsmittelwerber sich nicht mit Erfolg auf entschuldigenden Notstand berufen konnte und auch infolge seines Behindertenausweises zum Abstellen des Fahrzeuges auf dem Gehsteig nicht berechtigt war, erfolgte der Schuldspruch der I. Instanz im Ergebnis zu Recht.

Übertretungen der verbotenen Gehsteigbenutzung sind nämlich gemäß § 99 Abs.3 lit a StVO 1960 mit Geldstrafe bis zu 10.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

Bei der Strafbemessung war zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Unrechtsgehalt der Tat war nicht atypisch und das Verschulden unter Berücksichtigung der im persönlichen Bereich gelegenen verständlichen Reaktion einer erkrankten Mutter gegenüber, jedoch aufgrund der Kenntnis der örtlichen Verhältnisse von mittlerem Gewicht, sodaß ein Absehen von einer Bestrafung im Sinne des § 21 VStG nicht in Betracht kam. Die I. Instanz hat auf das monatliche Einkommen von 13.000,--, das Hälfteeigentum an einem Einfamilienhaus und das Nichtvorliegen von Sorgepflichten Bedacht genommen. An verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen schien eine am 5.4.1993 rechtskräftige Abstrafung wegen einer Übertretung einer Verkehrsvorschrift auf. Diese erscheint aufgrund der fünfjährigen Tilgungsfrist durch Zeitablauf getilgt. Zwei weitere Ermahnungen aus dem Jahre 1996 gelten nicht als Strafe und waren auch nicht einschlägig, sodaß ein diesbezüglicher Erschwerungsgrund, wie ihn die I. Instanz benannte, nicht in Anschlag zu bringen war.

Der besondere Milderungsgrund des § 34 Z2 StGB kam jedoch nicht in Betracht, weil damit von keinem untadeligen Vorverhalten gesprochen werden kann. Im Hinblick auf die verständliche Gemütsregung, angesichts der schwer erkrankten Mutter, fand der O.ö. Verwaltungssenat, daß die Strafhöhe im Umfang der seinerzeit angebotenen Organstrafverfügung im Betrag von 300,-- zur Ahndung der Verkehrsübertretung angemessen erschien, um allen Strafzwecken zu genügen.

Davon ausgehend war die Ersatzfreiheitsstrafe und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag dementsprechend herabzusetzen. Aufgrund des im Ergebnis vorliegenden Teilerfolges der Berufung bei der Überprüfung der Strafhöhe im amtswegigen Verfahren ist der Berufungswerber gemäß § 65 VStG von Beiträgen zu den Kosten des Berufungsverfahrens befreit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr.Guschlbauer Beschlagwortung: Behindertenausweis berechtigt nicht zum Abstellen eines Fahrzeuges auf dem Gehsteig.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum