Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-105349/2/BI/FB

Linz, 09.04.1998

VwSen-105349/2/BI/FB Linz, am 9. April 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn R S, pA E GmbH, A, I, vom 16. März 1998 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. Februar 1998, S - 29.851/97 4, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, daß unter "Behörde" die Bundespolizeidirektion L zu verstehen ist und der Tatvorwurf an den Rechtsmittelwerber als verantwortlichen Geschäftsführer der Firma E GmbH gerichtet ist. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 240 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgestz - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 9 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz - VStG, §§ 103 Abs.2 und 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 - KFG 1967. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs.1 VStG iVm §§ 103 Abs.2 und 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 1.200 S (36 Stunden EFS) verhängt, weil er als vom Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, Kennzeichen (D), der Firma E GmbH, nach außen hin vertretungsbefugte und verantwortliche Person auf Verlangen der Behörde nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung der schriftlichen Aufforderung - zugestellt am 16. Oktober 1997 bis zum 30. Oktober 1997 - Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Kraftfahrzeug am 6. August 1997 um 9.27 Uhr gelenkt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 120 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, nach deutschem Recht könnten Einschreiben und internationale Einschreiben nur vom Postbevollmächtigten eines Unternehmens entgegengenommen werden. Die deutsche Post dürfe das Einschreiben keiner anderen Person aushändigen. In seinem Unternehmen sei die Geschäftsführung postbevollmächtigt, aber die Lenkeranfrage sei nicht vom Postbevollmächtigten quittiert und entgegengenommen und somit nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Eine Unterschriftenprobe könne dies einwandfrei nachweisen. Eine Haftung der Geschäftsführung sei somit ausgeschlossen und der Bescheid beruhe auf falschen Annahmen, sodaß auch ein Verschulden der Geschäftsführung nicht vorliege und die Aufhebung des Bescheides beantragt werde. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß der Lenker des PKW zur Anzeige gebracht wurde, weil er am 6. August 1997 um 9.27 Uhr in L, S stadtauswärts, trotz der im Ortsgebiet erlaubten Geschwindigkeit von 50 km/h eine solche von 77 km/h gefahren sei. Die Übertretung sei mit dem Radargerät Multanova 6F (Stativmessung) festgestellt worden. Als Halter bzw Zulassungsbesitzer des PKW wurde vom Kraftfahrt-Bundesamt Flensburg die E GmbH, A, I, genannt.

Mit Schreiben vom 26. September 1997 erging seitens der Erstinstanz an die genannte GmbH die Aufforderung, als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967, der Behörde binnen zwei Wochen nach Zustellung des Schreibens Auskunft darüber zu erteilen, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen , am 6. August 1997 um 9.27 Uhr in Österreich, L, S stadtauswärts gelenkt habe. Es wurde auch darauf hingewiesen, daß die Auskunft den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müsse und sollte diese Auskunft nicht erteilt werden können, jene Person genannt werden möge, welche die Auskunft erteilen könne. Es wurde auch darauf hingewiesen, daß bei Nichterteilung, unvollständiger, unrichtiger oder nicht fristgerechter Erteilung der verlangten Auskunft Strafbarkeit eintreten werde. Laut internationalem Rückschein wurde das Schreiben am 6. Oktober 1997 vom Empfänger übernommen und ist mit "St 6/10" und dem Vermerk "Ang." unterschrieben. Auf das Schreiben erfolgte keinerlei Reaktion. Laut Polizeipräsidium W, Polizeistation I, handelt es sich beim verantwortlichen Geschäftsführer der Firma E GmbH um den Rechtsmittelwerber, geb. 14.06.1969/B-K, wohnhaft W, W. An diesen erging die Strafverfügung wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 vom 5. Dezember 1997, gegen die mit der Begründung Einspruch erhoben wurde, das Schreiben vom 10. Oktober 1997 sei nicht eingegangen und das angeblich per Einschreiben zugestellte Schriftstück nicht von der Geschäftsführung entgegengenommen worden. Daraufhin erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen befugt ist. Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Der unabhängige Verwaltungssenat nimmt auf der Grundlage des Akteninhalts an, daß der Rechtsmittelwerber als Geschäftsführer der E GmbH für die Vertretung der GmbH nach außen berufen und daher auch für die Erteilung von Lenkerauskünften, die die GmbH als Zulassungsbesitzerin des genannten PKW betreffen, verantwortlich ist. Nach der Rechtsprechung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (vgl Erk verst Sen v 31. Jänner 1996, 93/03/0156 ua). Daraus folgt, daß derjenige, der die von einer österreichischen Behörde nach § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangte Auskunft nach dem Lenker eines Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erteilt, nach österreichischem Recht eine Verwaltungsübertretung begangen hat und zu bestrafen ist, auch wenn er seinen Wohnsitz im Ausland hat. Diese Regelung gründet sich darauf, daß die verlangte Auskunft am Sitz der anfragenden Behörde, im gegenständlichen Fall bei der Bundespolizeidirektion L, fristgerecht zu erteilen gewesen wäre. Aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem internationalen Rückschein der von der deutschen Post nach den dort geltenden Bestimmungen der E GmbH in I zugestellt wurde, geht hervor, daß offensichtlich ein Angestellter der GmbH, der mit dem Kurzzeichen "St" unterschrieben hat, das Schreiben für die E GmbH in Empfang genommen hat, was auch vom Postbeamten durch seine Unterschrift bestätigt wurde. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist, wenn es den Vorschriften bei der E GmbH entspricht, daß eingeschriebene Schriftstücke nur von der Geschäftsleitung entgegengenommen werden dürfen, anzunehmen, daß unter den Angestellten der GmbH diese Bestimmungen auch eingehalten werden und daß der Postbeamte, der mit einem eingeschriebenen Schriftstück zur GmbH kommt, intern zu einem Angestellten weitergeleitet wird, der jedenfalls bevollmächtigt ist, für die GmbH Einschreibebriefe unter Leistung der vorgesehenen Unterschrift entgegenzunehmen. Auch einem Briefkuvert, das erkennbar von einer österreichischen Behörde abgesendet wurde, ist normalerweise von außen ohne Kenntnis des Inhalts nicht anzusehen, wenn es ausschließlich für die Geschäftsleitung bestimmt ist, dh der die Unterschrift Leistende muß von vornherein berechtigt sein, auch Einschreibebriefe entgegenzunehmen, die für die Geschäftsleitung bestimmt sind. Es ist auch nicht nachvollziehbar und wurde nicht einmal vom Rechtsmittelwerber behauptet, daß sich gerade im gegenständlichen Fall konkret ein Angestellter der GmbH mit dem Kurzzeichen "St" über eine solche Regelung hinweggesetzt und eine ihm nicht zustehende Unterschrift geleistet hätte. Außerdem ist von der Organisation eines Unternehmens her vorauszusetzen, daß die übernommenen Schriftstücke sofort dem zuständigen Bearbeiter bzw bei nicht alltäglichen Angelegenheiten (in Deutschland gibt es Lenkeranfragen in dieser Form nicht) dem verantwortlichen Geschäftsführer vorgelegt werden. Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß das Schreiben der E GmbH zugegangen ist und der Rechtsmittelwerber als der für die Erteilung solcher Lenkerauskünfte verantwortliche Geschäftsführer dieses Schreiben auch bekommen hat. Die Frist für die Erteilung der Lenkerauskunft begann somit mit der Zustellung des Schreibens an die Zulassungsbesitzerin des genannten PKW am 6. Oktober 1997 und endete demnach am 20. Oktober 1997. Erwiesen ist, daß eine Reaktion auf dieses Schreiben in keiner Weise erfolgt ist. Es war daher davon auszugehen, daß der Rechtsmittelwerber durch die Nichterteilung der verlangten Auskunft in objektiver Hinsicht den ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt hat, zumal das Auskunftsbegehren eine ausdrückliche Belehrung über die maßgeblichen Rechtsvorschriften enthielt. Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua). Dieser Rechtsprechung hat sich auch der unabhängige Verwaltungssenat anzuschließen, weil eine effektive Verkehrsüberwachung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit ansonsten nicht ausreichend gewährleistet wäre. Aus diesem Grund müssen in dieses Konzept alle die österreichischen Straßen benützenden, dh auch ausländische, Kraftfahrzeuge einbezogen werden. Die Lenkeranfrage im gegenständlichen Fall stand mit der gesetzlichen Bestimmung im Einklang, war klar und eindeutig formuliert und auch der Hinweis auf die Begehung einer Verwaltungsübertretung im Fall der Nichterteilung der gewünschten Auskunft war unmißverständlich. Der Rechtsmittelwerber hat daher bei der Nichterteilung der Auskunft schuldhaft gehandelt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten. Zur Strafbemessung ist auszuführen: Der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 reicht bis 30.000 S Geldstrafe bzw bis zu 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe. Die Erstinstanz hat bei der Strafbemessung zutreffend mildernd berücksichtigt, daß der Rechtsmittelwerber keinerlei verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen aufweist, dh unbescholten ist, und keine erschwerenden Umstände erblickt. Das Nettomonatseinkommen wurde mit umgerechnet 10.000 S geschätzt, wobei auch davon ausgegangen wurde, daß der Rechtsmittelwerber weder Vermögen noch Sorgepflichten hat. Der Rechtsmittelwerber hat dieser Schätzung seiner finanziellen Verhältnisse nicht widersprochen, sodaß sie auch der Berufungsentscheidung zugrundezulegen ist. Der unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, daß die Erstinstanz bei der Strafbemessung den ihr zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe entspricht sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung als auch den Einkommensverhältnissen des Rechtsmittelwerbers. Die Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und ist im Hinblick auf general- und vor allem spezialpräventive Überlegungen gerechtfertigt. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Lenkerauskunft gilt auch für ausländische Zulassungsbesitzer.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum