Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220499/9/Kon/Fb

Linz, 03.11.1994

VwSen-220499/9/Kon/Fb Linz, am 3. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des J. H., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H.K.

gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt W. wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes (AZG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Der Bestrafte hat 20 % der jeweils gegen ihn verhängten Strafen, ds insgesamt 1.080 S, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 28 Abs.1 AZG; § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5 Abs.1 VStG und §§ 16 und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten in seiner Eigenschaft als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs.2 VStG für die Bereiche Einkauf, Verkauf und Verwaltung der Obst H. Fruchtimport GmbH, W., dafür verantwortlich zu sein, daß wie aufgrund einer Überprüfung der Arbeitsaufzeichnungen dieses Betriebes durch das Arbeitsinspektorat W. am 21.8.1992 festgestellt wurde, vier namentlich angeführte Arbeitnehmer an datumsmäßig angegebenen Tagen entgegen den Bestimmungen des § 9 AZG über die höchstzulässige tägliche Arbeitzeit beschäftigt zu haben (Faktum A) und diese namentlich angeführten Arbeitnehmer in den jeweils datumsmäßig angeführten Wochenzeiträumen entgegen den Bestimmungen des § 9 AZG über die höchstzulässige Wochenarbeitszeit beschäftigt zu haben.

Gemäß § 28 Abs.1 AZG wurden über den Beschuldigten zu Faktum A: 1 x 500 S, 1 x 300 S und 3 x 1.000 S Geldstrafe verhängt; Faktum B: 2 x 300 S und 2 x 500 S Geldstrafe verhängt.

Das Gesamtausmaß der über den Beschuldigten verhängten Geldstrafen beträgt 5.400 S.

Ferner wurde der Beschuldigte verpflichtet 540 S insgesamt als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H. K., rechtzeitig Berufung erhoben und darin gegen die Bestrafung im wesentlichen eingewandt:

Die seinem Verantwortungsbereich unterliegenden Arbeitnehmer hätten die Pflicht, bei Beginn ihrer täglichen Arbeit und bei jedem Verlassen ihres Arbeitsplatzes, die Arbeitsaufzeichnungen entsprechend zu stempeln. Zu diesem Zweck sei eine Stempeluhr angebracht worden. Da die verfahrensgegenständlichen Arbeitnehmer jedoch nicht stundenweise bezahlt worden seien, hätten sie die Stempelanordnung nur sehr lasch oder gar nicht befolgt. So sei es bei allen angeführten Arbeitnehmern immer wieder vorgekommen, daß sie einfach bei Beginn der Mittagspause gestempelt hätten, allenfalls im Gebäude geblieben seien und nicht zum Eingang hinuntergegangen um die Stempeluhr zu betätigen. Weiters sei es vorgekommen, daß sie wohl außer Haus Mittagessen gegangen seien, ohne dabei ihre Abwesenheit durch Stempeluhrgebrauch dokumentiert zu haben. Abends komme es immer wieder vor, daß trotz Beendigung der Tätigkeit die Arbeitnehmer noch im Betrieb sitzenbleiben, um sich dort miteinander zu unterhalten, ohne daß diese Anwesenheit als Arbeitszeit gewertet werden könne. Ausschließlich aufgrund der geschilderten Umstände sei es zu erklären, daß die Tagesarbeitszeit und natürlich auch die Wochenarbeitszeit nicht eingehalten worden sei. Trotz vielfacher Aufforderungen und Anordnungen, komme es immer wieder zu derartigen Vorfällen. Es sei im erstbehördlichen Verfahren beantragt worden, die angeführten Arbeitnehmer, I.

H., J. S., M. S., W. S.

und M. W. als Zeugen diesbezüglich einzuvernehmen, da diese die Richtigkeit der Angaben bestätigen könnten. Die Erstbehörde habe es jedoch, ohne dies in ihrem Erkenntnis zu begründen, unterlassen die nominierten Zeugen zu vernehmen, sodaß ihr Verfahren mangelhaft geblieben sei. Der Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung der angeführten Arbeitnehmer werde daher aufrecht erhalten. Das angefochtene Straferkenntnis weise auch keinerlei Begründung auf, das Zitieren gesetzlicher Bestimmungen sei diesbezüglich zu wenig und entspreche sohin nicht den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes. Auch von diesem Gesichtspunkt aus sei das angefochtene Straferkenntnis nichtig.

In bezug auf die Strafhöhe bringt der Berufungswerber vor, daß bei der Festsetzung des Strafausmaßes vorliegende Milderungsgründe nicht berücksichtigt worden seien. Als Milderungsgrund käme insbesondere seine bisherige Unbescholtenheit und sein Tatsachengeständnis in Betracht.

Auch die Höhe der Geldstrafe entspreche nicht seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen, bei deren Berücksichtigung höchstens eine Geldstrafe in der Höhe von 2.500 S hätte verhängt werden dürfen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den erstbehördlichen Verfahrensakt Einsicht genommen und einen ausreichend ermittelten und unter Beweis gestellten Sachverhalt vorgefunden, dessen Zutreffen vom Beschuldigten auch nicht bestritten wird.

Von einer zeugenschaftlichen Einvernahme der verfahrensgegenständlichen Arbeitnehmer wurde Abstand genommen, weil sich deren Aussagen nicht auf Angaben des Beschuldigten beziehen, mit denen der Sachverhalt oder sein Verschulden bestritten wird.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Die dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretungen (Überschreitungen der zulässigen Tagesarbeitszeit und der Überschreitung der zulässigen Wochenarbeitszeit) sind aufgrund der Feststellungen des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk erwiesen. Das Vorbringen des Beschuldigten vermag die volle Tatbestandsmäßigkeit der Verwaltungsübertretungen nicht zu beseitigen, da, untermauert durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 23.5.1989, Zl.

88/08/0005), die Arbeitszeit mit dem jeweiligen Betätigen der Stempeluhr beim Kommen und Gehen in den und vom Betrieb beginnt bzw endet. Es ist für die Qualifizierung als Arbeitszeit iSd AZG dabei nicht von Bedeutung, ob die Arbeitnehmer während dieses Zeitraumes intensiv ihrer Beschäftigung nachgehen oder, wie dies nach dem Vorbringen des Beschuldigten der Fall wäre, sich mehr freizeitartig im Betrieb aufhalten. Vielmehr wäre es Aufgabe des Beschuldigten gewesen, dafür zu sorgen, daß die Arbeitnehmer nach Ableistung der höchstzulässigen Tagesarbeitszeit den Betriebsbereich verlassen. So wäre der Beschuldigte selbst dann strafbar, wenn Verstöße gegen Arbeitszeitregelungen gegen seinen Willen und Wissen begangen wurden, es sei denn, er hätte solche Maßnahmen getroffen, die unter den gegebenen Voraussetzungen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund hätten erwarten lassen.

Dem gesamten Berufungsvorbringen ist aber nicht zu entnehmen, daß der Beschuldigte solche Maßnahmen im Sinne eines wirksamen Kontrollsystems in bezug auf die Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes geschaffen hätte, noch daß ihn aus anderen Gründen an der Übertretung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Schuldspruch der Erstbehörde ist - wenngleich, wie zutreffend eingewendet, unzureichend begründet - sohin zu Recht ergangen.

Zur Strafhöhe:

Gemäß § 28 Abs.1 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 300 S bis 6.000 S oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Die über den Beschuldigten verhängten Geldstrafen betragen zwischen 300 S und 1.000 S und liegen sohin im untersten Bereich des Strafrahmens. In dieser Höhe sind die verhängten Strafen dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat voll angemessen, da nicht übersehen werden darf, daß die Strafbestimmungen des AZG dem Schutz eines hochrangigen Rechtsgutes, nämlich der Gesundheit des Arbeitnehmers, dient. Ein Unterschreiten der ohnehin geringen Strafen würde einerseits dem Schutzzweck der Strafnorm unterlaufen und wäre andererseites auch aus Gründen der General- und Spezialprävention nicht vertretbar.

Aus den dargelgeten Gründen war der Berufung der Erfolg zu versagen und wie im Spruch zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über die Kosten ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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